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Bücherfee

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Insgesamt 389 Bewertungen
Bewertung vom 24.02.2020
Die Liebe gibt Pfötchen / Lichterhaven Bd.4
Schier, Petra

Die Liebe gibt Pfötchen / Lichterhaven Bd.4


ausgezeichnet

"Die Liebe gibt Pfötchen" ist bereits der 4. Band aus der "Lichterhaven"-Reihe der deutschen Schriftstellerin Petra Schier, die sich nicht nur durch ihre maritimen Wohlfühl- und romantischen Weihnachtsromane, sondern auch durch ihre historischen Romane und (unter dem Pseudonym Mila Roth) ihre packenden Krimis einen festen Platz in den Buchhandlungen meines Vertrauens gesichert hat. Streng genommen, ist es sogar der 6. Denn wir dürfen die Ebooks "Auf den Wellen des Glücks" und "Hundeherz und Liebesglück" nicht vergessen, welche die Wohlfühlromane mit Herz und Hund vervollständigen.

Ehrlich gestanden, sind es die wunderschönen Cover der "Lichterhaven"-Reihe, die mein Herz sofort höher schlagen lassen. Auf dem Roman "Die Liebe gibt Pfötchen" sieht man einen entzückenden Hund mit einem hellem Fell, einen ungarischen Mudi, wie ich im Laufe dieses Romans gelernt habe. Das quirlige Fellbündel hört (mal mehr, mal weniger) auf den schönen Namen "Capone", stammt aus dem Tierschutz, passt auf die verwitwete Geschäftsfrau Martina Claussen und ihre Kinder Annika und Basti auf und spielt in diesem Roman eine wichtige Rolle.

Mit Martina Claussen hat Petra Schier eine starke Frauengestalt in den Mittelpunkt ihres neuen Romans gestalt. Sie ist 33 Jahre alt, hat ihren Mann vor einigen Jahren durch einen tragischen Unfall verloren und die Liebe nach diesem Schicksalsschlag aus ihrem Leben gestrichen. Sie lebt für ihre Kinder und das Lebenswerk ihres Mannes, das sie um jeden Preis fortführen möchte. Wie für alle Allelinerziehenden ist es für Martina nicht einfach, Beruf, Haushalt und Kinderziehung zu wuppen. Auf den ersten Blick scheint sie eine erfolgreiche kluge Geschäftsfrau zu sein, die ihre Interessen vertreten kann. Hinter dieser Maske verbirgt sich eine sensible Frau, die starke Minderwertigkeitskomplexe wegen einer kurvigen Figur und ein nicht bewältigtes Trauma mit sich herum schleppt.

Nach und nach gelingt es Thorsten Brunner den eisernen Panzer, mit dem Martina sich vor allen Versuchungen schützt, mit seinem behutsamen Werben zu durchbrechen. Auch er hat es nicht leicht gehabt; als unehelicher Sohn eines gutsituierten Geschäftsmannes ist er in ärmlichen Verhältnissen bei seiner alleinerziehenden Mutter aufgewachsen und hat sich seine berufliche Karriere aus eigener Kraft aufgebaut. Seit zwei Jahren lebt er in Lichterhaven und führt eine Werft in Lichterhaven mit seinem Halb-Bruder Lars, den er zufällig in den USA kennen- und schätzen gelernt hat. Thorsten ist ein attraktiver, sympathischer, tierlieber Mann, der sich in Lichterhaven gut eingelebt und durch seine ausgeprägte Hilfsbereitschaft viele Freude gewonnen hat.

Wieder ist es Petra Schier gelungen, mich mit einer glaubhaft erzählten, charmanten, mit einer feinen Prise Erotik gewürzten Geschichte mit erwachsenen Protagonisten, die Ecken und Kanten besitzen und sich auf Augenhöhe begegnen, einzufangen. Dank ihres bildhaften, mitreißenden Erzählstils fühlte ich mich gleich in den idyllischen (fiktiven) Ort Lichterhaven an der Nordsee versetzt und konnte ein Wiedersehen mit vielen lieb gewonnen Figuren (und ihren Haustieren!) aus den zuvor erschienen Bänden feiern.

Für mich ist dieses wunderschöne Buch mein klares Highlight im Monat Februar, das mein Herz in der kalten Jahreszeit gewärmt und die kräftigen Sturmböen weit weggeweht hat!

Bewertung vom 08.02.2020
Sonne, Mord und Sterne
Minck, Lotte

Sonne, Mord und Sterne


ausgezeichnet

Nein, ich habe das Erscheinungsdatum dieses Buches nicht in den Sternen gesehen. Endlich ist es soweit: Mit der Ruhrpott-Krimödie "Sonne, Mord und Sterne" hat Lotte Minck den dritten Band ihrer erfolgreichen Reihe um die Astrologin Stella Albrecht vorgelegt.

Das Cover von Ommo Wille ist wieder eine Klasse für sich. Der Betrachter schaut in ein Hotelzimmer, das in völlige Dunkelheit getaucht und lediglich von dem schwachen Licht mehrerer Kerzen erhellt wird. Im angrenzenden Badezimmer mustert sich eine junge Frau selbstgefällig im Spiegel und zieht sich sorgfältig die Lippen nach. Offensichtlich erwartet sie Besuch; denn sie ist aufreizend mit knallroten Dessous bekleidet. Auf einen Eindringling, der sich mit einem schweren Gegenstand in der Hand auf leisen Sohlen ins Badezimmer scheint, kann sie kaum vorbereitet sein. Auch der Titel "Sonne, Mord und Sterne" ist schlichtweg genial. Denn er nimmt das zentrale Motiv "Astrologie" auf eine lässige, selbstironische Art auf, in dem er ein bekanntes Kinderlied kurzerhand umdichtet.

Wie die Vorgänger "Planetenpolka" und "Venuswalzer" spielt das Buch "Sonne, Mord und Sterne" wieder mitten im Ruhrpott. Lotte Minck, die ungekrönte Queen of Crimedy, hat sich ein ausgefallenes Setting einfallen lassen. Sie gewährt uns einen Blick hinter die Kulissen eines Astrologie-Kongresses in Bochum, zu dem die seriöse Astrologin Stella Albrecht und ihre flotte Oma Maria Schmidt, besser bekannt als geheimnisumwitterte "Madame Pythia", geladen sind. Dort lernen sie Marlene Silberstein, den atraktiven, berühmt-berüchtigten Star der Astrologie-Szene, kennen, die sich weniger durch Fachwissen denn durch Cleverness auszeichnet. Sie ist sehr geschäftstüchtig, manipuliert ihre Mitmenschen nach Belieben, hat einige Leichen im Keller und ist mit allen Wassern gewaschen. Demzufolge ist es keine große Überraschung, das sie den ersten Preis des Events abräumt und mit dem "Saturn" für ihre Verdienste ausgezeichnet wird. Dass sich diese Statue als Tatwerkzeug entpuppt, mit dem sie selbst hinterrücks in ihrem Badezimmer erschlagen wird, dürfte sie nicht vorhergesehen haben. Verdächtige gibt es mehr als genug. Statt das schillernde Event in ihrer Heimatstadt zu genießen, steckt Stella Albrecht mitten in einem komplizierten Mordfall und unterstützt ihren Freund, Kommissar Arno Tillikowski, auf der Suche nach dem Täter...

Wieder einmal bin ich restlos begeistert von dem neuen Buch meiner Lieblingsautorin Lotte Minck. Es ist witzig-spritzig geschrieben und bietet vergnügliche, spannende Unterhaltung mit viel Lokalkolorit und tollen, schrägen Protagonisten, die jeden Leser in ihren Bann schlagen wird. Einfach eine großartige Mischung aus Krimi und Kömodie! Bitte mehr davon!

Bewertung vom 03.02.2020
Someone Else / Someone Bd.2 (eBook, ePUB)
Kneidl, Laura

Someone Else / Someone Bd.2 (eBook, ePUB)


sehr gut

"Someone Else" ist die lang erwartete Fortsetzung des Bestsellers "Someone New", mit dem die deutsche Schriftstellerin Laura Kneidl wieder die Bestseller-Listen gestürmt hat. Folglich trifft man viele vertraute Figuren wieder, deren Schicksal weiter erzählt wird. Die Lektüre des ersten Bandes der Reihe ist nicht zwingend notwendig, jedes Buch ist in sich abgeschlossen und kann für sich allein gelesen werden.

Ist ein Moment des Glücks wirklich den Preis unserer Freundschaft wert? Wenn man so will, ist diese rhetorische Frage der zentrale Dreh- und Angelpunkt, um den dieser neue New Adult Roman von Laura Kneidl kreist. Cassie und Auri leben nicht nur in einer Wohngemeinschaft, sie bewegen sich im gleichen Freundeskreis, teilen die gleichen Interessen und sind durch ihre gemeinsame Liebe zur Fantasy und zum Cosplay und die entsprechenden Aktivitäten eng verbunden. Die Chemie zwischen ihnen stimmt. Es ist also nicht die Frage, ob sie sich zueinander bekennen, sondern nur wann.

Das Geschehen wird ausschließlich aus der Ich-Perspektive von Cassie erzählt, was sich in diesem Falle als großer Nachteil erweist. Durch diese Entscheidung bleibt die Figur von Auri merkwürdig blass; wir erleben ihn nur aus der Sicht von Cassie und können seine Gedanken- und Gefühlswelt nicht nachvollziehen. Cassie selbst ist eine reizende Protagonistin; sie ist eine blasse, zierliche Studentin, leidet an Diabetes und muss stets auf ihre Gesundheit achten. Dennoch badet sie nicht in Selbstmitleid, sondern nimmt sich selbst nicht so wichtig, sie ist ein introvertiertes Mädchen und zeigt sich loyal, süß und zuverlässig. Wenn man so will, das perfekte Gegenstück zu dem großen, starken, fürsorglichen farbigen Studenten Auri, der nach außen sein Image als cooler Football-Spieler pflegt und nach innen für die schillernde Welt der Fantasy schwärmt.

Grundsätzlich hat dieser leicht und flüssig geschriebene Roman viel Potenzial; allein der alltägliche Rassismus in den USA und die krassen Vorurteile gegenüber Cosplay, die von Laura Kneidl thematisiert werden, machen ihr neues Buch lesenswert. Trotzdem hat er mich nicht völlig überzeugen können. Für meinen Geschmack ist dieses Buch viel zu simpel und vorhersehbar gestrickt. Seine Protagonisten müssen sich nicht mehr neu entdecken, sie kennen sich in- und auswendig und kreisen ausschließlich um sich selbst. Man kann alle schüchternen Annäherungen, verliebten Blicke und zärtlichen Geste lange vorausahnen. Sie spielen ständig das gleiche Spiel und schleichen umeinander wie hungrige Katzen um ein Töpfchen mit Sahne - um vor dem letzten entscheidenen Schritt wieder zurückzuzucken. Auch wenn Laura Kneidl die (etwas überladene) Handlung mit künstlich eingebauten Konflikten in die Länge zieht, will Dramatik, Spannung und Tiefe einfach nicht aufkommen. Schade!

Bewertung vom 31.01.2020
Das kleine Haus in den Dünen (eBook, ePUB)
Rogasch, Julia

Das kleine Haus in den Dünen (eBook, ePUB)


sehr gut

Mit dem Roman "Das kleine Haus in den Dünen" hat Julia Rogasch ihr fünftes Buch vorgelegt, das auf der größten nordfriesischen Insel Sylt spielt.

Im Mittelpunkt steht die Erzieherin Clara, die mit ihrer Kraft so gut wie am Ende ist. Seitdem beim gemeinsamen Sohn eine schwere Atemwegserkrankung festgestellt wurde, stehen sie und ihr Mann Paul unter Druck. Finanziell ist es eng, da Clara weniger arbeitet, um ganz für ihren Sohn da zu sein. Sie und Paul streiten viel. Da tritt von einem auf den anderen Tag ihr alter Jugendfreund, ihre erste große Liebe Max wieder in ihr Leben. Max, der sein Leben lang nichts anbrennen ließ, erfolgreich im Job ist und der damals nach einer gemeinsamen Nacht mit Clara den Kontakt zu ihr abbrach. Er bietet der erschöpften Familie völlig überraschend sein Ferienhaus auf Sylt an, um dort wieder zu Kräften zu kommen. Clara nimmt widerwillig an, um der Gesundheit ihres Sohnes Willen. Doch kaum auf Sylt angekommen, bemerkt sie, dass ihre Gefühle für Max immer noch stark sind. Aber ist es mehr als Freundschaft? Und sie ahnt: Max‘ Sinneswandel und Großzügigkeit müssen einen Grund haben …

Das ansprechende Cover lässt gleich eine heitere, gelöste Urlaubsstimmung aufkommen. Man sieht eine dunkelhaarige Frau auf einem Strandspaziergang in den Dünen. Im Hintergrund ist ein gemütliches Reetdachhaus zu erkennen, das durchaus für das "kleine Haus in den Dünen" Pate gestanden haben könnte.

Das Geschehen wird aus zwei verschiedenen Perspektiven geschildert; nämlich aus der Sicht von Max, einem gutsituierten Mann in den besten Jahren, der auf der Sonnenseite des Lebens zu stehen scheint, bis er eine niederschmetternde medizinische Diagnose erhält, die sein ganzes Leben infrage stellt, und aus der Sicht von Clara, seiner ehemaligen besten Freundin aus Kindertagen, die durch die schwere Krankheit ihres einzigen Sohns Lennart an ihre Grenzen gekommen ist.

Wenn man sich auf einen oberflächlichen, heiteren Wohlfühl-Roman vor einer malerischen Kulisse eingestellt hat, wird man enttäuscht sein. Julia Rogasch nimmt ihre Leser mit auf eine Achterbahnfahrt der Gefühle und erzählt eine hochemotionale, ernste und tiefgründige Geschichte mit authentisch agierenden, sympathischen Protagonisten, die mich hin und wieder zu Tränen gerührt hat. Wirklich lesenswert!

Bewertung vom 31.01.2020
Der Tag, an dem Theo starb (eBook, ePUB)
Uhlen, Mara

Der Tag, an dem Theo starb (eBook, ePUB)


sehr gut

"Der Tag, an dem Theo starb. Ein Krimi mit Hund" ist das Krimi-Debüt von Mara Uhlen, die in Berlin lebt und arbeitet. Ihr Roman führt mitten in eine trügerische Idylle in der Lüneburger Heide.


Seit Jahren schon lebt Tilda in Berlin ihren Einheitstrott. Da kommt ihr das Erbe ihrer Tante gerade recht. Endlich kann sie die Hektik der Großstadt hinter sich lassen und in die beschauliche Lüneburger Heide ziehe. Und bei einer Tasse Tee im eigenen Garten und langen Spaziergängen mit Hündin Susi muss sie einfach zur Ruhe kommen. Doch nicht alles scheint so idyllisch zu sein, wie Tilda auf den ersten Blick vermutet hat. Auf ihrer Morgenrunde mit Susi, findet sie den Dackel Theo an einem Baum erhängt. Sachbeschädigung, meint die hinzugerufene Polizei bloß, aber Tilda will sich damit nicht zufriedengeben und beginnt auf eigene Faust zu ermitteln. Schließlich ist sie Journalistin. Außerdem will ihr das Bild des armen Hundes einfach nicht aus dem Kopf gehen. Verdächtige scheinen schnell gefunden, doch für eine Anzeige braucht es bekanntlich Beweise …

Wie es sich für cosy crime gehört, ist das Setting auf dem Lande angesiedelt. Mara Uhlen hat das dörfliche Leben gut eingefangen; man hat das Gefühl, die Protagonisten auf ihren Ausflügen in die Natur zu begleiten und alles mit eigenen Augen zu sehen.

Im Mittelpunkt steht Tilda, eine etwas ausgebrannte Journalistin in der Midlife-Crisis, die sich dem Klatsch und Tratsch verschrieben hat und von einer neuen beruflichen Herausforderung träumt. Die unerwartete Erbschaft ist für sie, eine willkommene Gelegenheit, einen Strich unter ihr Leben in Berlin zu ziehen und auf dem platten Land in dem beschaulichen Dorf Ahrensbostel am Rande der Südheide ihre Mitte zu finden und zur Ruhe zu kommen. Stattdessen stößt sie auf einem Spaziergang auf einen brutal erhängten alten Dackel, dessen gewaltsamer Tod von den Polizisten als "Sachbeschädigung" eingestuft und zu den Akten gelegt wird. Tilda kann die schrecklichen Bilder nicht mehr aus ihrem Kopf verbannen und ermittelt auf eigene Faust, unterstützt von der weißen Terrier-Mischlings-Hündin Susi und dem unkonventionellen Naturschützer Ludwig Grunenberg, der in einem Bauwagen haust und nicht wohlgelitten bei den "mordsanständigen" bürgerlichen Nachbarn ist.

Ich bin etwas zwiegespalten, was eine gerechte Beurteilung dieses Buches angeht. Es liest sich leicht und flüssig, und wie es sich für einen cosy crime gehört, kommt der Humor nicht zu kurz. Leider ist der Krimi mässig spannend und recht vorhersehbar, so dass man dem Täter relativ schnell auf die Schliche kommt. Auch die Zeichnung der Charaktere ist nicht vollständig gelungen. Mara Uhlen hat einige Bewohner des Dorfes sehr anschaulich und realistisch wiedergegeben,, während andere Personen absolut überzeichnet und ihre Handlungsweisen nicht logisch nachvollziehbar sind.

Alles in allem bietet dieser Krimi nette Unterhaltung für zwischendurch, genau das Richtige für verregnete Nachmittage. Empfindsamen Tierfreunden möchte ich ihn nicht empfehlen, weil die dargestellten Morde an Haustieren grausam und schwer zu verdauen sind.

Bewertung vom 29.01.2020
Das Gerücht
Kara, Lesley

Das Gerücht


ausgezeichnet

Eine Lüge ist bereits dreimal um die Erde gelaufen, bevor sich die Wahrheit die Schuhe anzieht. (Mark Twain)

Als ich den Klappentext dieses Buches gelesen habe, fühlte ich mich an den authentischen Fall "Mary Bell" aus den späten 1960er Jahren in Großbritannien erinnert, in dem ein heranwachsendes Mädchen zu einer Kindsmörderin wurde. Die Resozialisierung von jugendlichen Straftätern ist ein extrem heikles Thema. Haben sie eine zweite Chance verdient, wenn sie die vorgesehene Strafe abgesessen und für ihr Verbrechen gebüsst haben? Oder sollen sie lieber für immer weggesperrt werden, um die Gesellschaft vor ihnen zu schützen? Deshalb hat es mich sehr gereizt, dieses literarische Debüt von Lesley Kara zu lesen.

Joanna zieht mit ihrem Sohn Alfie von London in eine Kleinstadt am Meer. Zunächst ist es die pure Idylle – dann hört sie, dass die Kindermörderin Sally McGowan, die als Zehnjährige einen Spielkameraden umbrachte, unter anderem Namen in der Stadt leben soll. Vor Jahrzehnten machte der Fall Schlagzeilen, inzwischen ist Sally längst aus dem Gefängnis entlassen worden. Unbedacht erzählt Joanna anderen Müttern von dem Gerücht und ihrem Verdacht, wer die Mörderin von damals sein könnte. Sie ahnt nicht, was für eine verheerende Spirale von Ereignissen sie damit in Gang setzt. Und wie sehr sie selbst in diese Geschichte verstrickt ist.

Von dem in dunklen Farben gehaltenen Cover geht eine bedrohliche, düstere Atmosphäre aus. Alles ist in tiefes Schwarz getaucht, am Himmel ziehen dunkle Wolken auf, die nichts Gutes verheißen. Automatisch bleibt der Blick des Betrachters an dem in Großbuchstaben gesetzten schlichten Titel des Buches hängen, der schwachen Lichtschein in den altmodischen Häusern aufnimmt.

"In unserer Stadt lebt eine Mörderin." Dieser kurze Satz ist der zentrale Dreh- und Angelpunkt, um den dieser spannende Psychothriller kreist. Das Geschehen wird überwiegend aus der Perspektive von Joanna, einer alleinerziehenden Immobilienmaklerin, vermittelt, deren Gedanken und Gefühle wir hautnah miterleben. Durch eine unbedachte Bemerkung hat sie das Interesse der Klatschbasen in einem kleinen Dorf angefacht und eine ganze Lawine ins Rollen gebracht, die sie selbst zu vernichten droht. Sensationslüsterne Bewohner zerreissen sich ihr Maul und wühlen die Erinnerung an ein vor langer Zeit begangenes, gesühntes Verbrechen auf. Es bleibt nicht bei gewisperten Verdächtigungen; nein, bald kommt es zu Protestaktionen von 'besorgten Bürgern', die sich in brutaler Gewalt gegenüber unschuldigen Dritten entladen, die - aus welchen Gründen auch immer - aus der breiten Masse hervorstechen. Was wird geschehen?

Lesley Kara hat ein beeindruckendes literarisches Debüt vorgelegt, das ein wahres Schreckensszenario entwirft, in dem es unsere gesellschaftliche Realität spiegelt. Es ist nicht nur spannend zu lesen, sondern vermittelt eine wichtige Botschaft. Deshalb gibt es eine klare Lese-Empfehlung.

Bewertung vom 29.11.2019
Die Wanderschriftsteller
Lorentz, Iny

Die Wanderschriftsteller


sehr gut

Wer erinnert sich nicht an den spannenden Film "Die Wanderhure", welcher die Schauspielerin Alexandra Neldel endgültig zum Star gemacht hat? Spätestens seit dem Jahre 2010 ist der Name "Iny Lorentz" in aller Munde. Die Wanderhure, die Kastratin, die Pilgerin: Hinter diesen Bestsellern von Iny Lorentz steckt das Autoren-Ehepaar Iny Klocke und Elmar Wohlrath. Die Inspiration zu ihren Geschichten erhalten die beiden in erster Linie auf ihren Reisen mit ihrem Campingwagen. Dieser autobiografische Reisebericht nimmt uns mit auf die Entstehungsreise ihrer meistgelesenen historischen Romane. Er liefert authentische und vor allem persönliche Einblicke in das Leben und Denken der Autoren, die dem Leser helfen, ihre Romane noch besser zu verstehen. Ein Muss für jeden Iny-Lorentz-Fan!

Zwischen Apulien und dem Nordkap, zwischen Pyrenäen und dem östlichsten Polen waren sie mit ihrem Wohnwagen unterwegs. Auf den Spuren ihrer Pilgerin sind Iny und Elmar durch Frankreich gezogen, haben im Vatikan für die "Töchter der Sünde" recherchiert. Die Pfade, die Marie in den Wanderhuren-Romanen zwischen dem Schwarzwald, Konstanz und Böhmen gewandert ist, sind sie nachgereist.

Das Cover zeigt das sympathische Ehepaar vor einer historischen Burg, die durchaus als Motiv für einen historischen Roman gedient haben könnte. Der Titel "Die Wanderschriftsteller. Auf den Spuren unserer historischen Romane" ist an ihren Riesenerfolg angelehnt, gleichzeitig nimmt er ihn auf eine humorvolle Weise auf die Schüppe.

Der Ton dieses Buches ist locker, die Bestseller-Autoren sind angenehme, bodenständige, normale Menschen, die mit ihrem Wohnwagen durch die Welt reisen, weit entfernt von allen Star-Allüren. Sie nehmen ihre Leser mit auf ihre ausgedehnten Touren durch Europa und zeigen alle wichtigen Schauplätze, an denen ihre Bücher spielen. Auf diese Weise erhält man jede Menge Hintergrundinformationen über die Entstehung ihrer historischen Romane, die auf einer umfassenden Recherche vor Ort und der Lektüre von vielen Fachbüchern beruhen. Hinter der Produktion von "trivialer Literatur" steckt harte Arbeit, was viele scharfe Kritiker allzu gern vergessen. Das Arbeitspensum von Elmar Wohlrath und Iny Klocke ist enorm; ihre Zusammenarbeit ist perfekt aufeinander abgestimmt; ihre Kreativität nötigt hohen Respekt ab.

Alles in allem ist dieses Buch ein Muss für jeden Iny-Lorentz-Fan; auch Freunde von Reiseberichten werden begeistert sein.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 27.11.2019
Sehnsucht nach St. Kilda / Hebriden Roman Bd.3
Morland, Isabel

Sehnsucht nach St. Kilda / Hebriden Roman Bd.3


ausgezeichnet

"Sehnsucht nach St. Kilda" ist das erste Buch, das ich von der deutschen Autorin Isabel Morland gelesen habe. Durch ihre Reisen hat sie ihre Liebe für das rauhe Schottland entdeckt, welches die Kulisse für ihre mystisch anmutenden Liebesromane bildet. In ihrem neuen Roman geht es um die verlassene Hebriden-Insel St. Kilda, deren letzte Einwohner vor fast 90 Jahren aufs Festland evakuiert worden.
Wenn man sich auf dieses Buch einlässt, wird man sofort von dem eigenwilligen Charme dieser Hebriden-Insel gefangengenommen. Dank der anschaulichen Landschaftsbeschreibungen springt das Kopfkino sofort an, und man taucht ein in eine fremde, faszinierende Welt, in der die Grenzen von Vergangenheit und Gegenwart verschwimmen.

Das Geschehen spielt auf zwei zeitlichen Ebenen, nämlich in der Vergangenheit, die wir in der Kindheit von Annie gegen Ende der 1920er Jahre bis Anfang der 1930er Jahre verorten können, und in der aktuellen Gegenwart, die auf 2005 festgelegt wird. Die Handlung wird aus zwei verschiedenen Perspektiven vermittelt. Hierbei wird die Vergangenheit aus dem Blickwinkel des kleinen Mädchens Annie betrachtet, die ihre geliebte Heimat aufgrund der sich extrem verschlechternden Lebensbedingungen auf St. Kilda verliert, während die Gegenwart aus der Sichtweise der alleinerziehenden jungen Mutter Rachel geschildert wird.

Im Mittelpunkt des Romans stehen zwei starke Frauengestalten, die schlimme Schicksalsschläge in ihrem Leben ertragen mussten. Annie und Rachel sind sehr sympathisch; dies gilt vor allem für Rachel, die ihren Mann durch eine unheilbare Krankheit verloren hat und mit ihrem kleinen Sohn Sam in der Metropole London lebt. Mit mehreren Jobs versucht sie, sich in der Metropole London über Wasser zu halten, bis sie sich ihr Scheitern eingestehen muss und nach Schottland zu ihrer betagten Großmutter Annie zieht. Durch einen glücklichen Zufall erhält sie einen Aushilfsjob als Köchin für einen Workshop des National Trust for Scotland und darf 4 Wochen lang auf der Hebriden-Insel St. Kilda verbringen, die für ihre Großmutter Annie untrennbar mit den Erinnerungen an ihre entbehrungsreiche, glückliche Kindheit in einer intakten Gemeinschaft und ihren zwei Jahre älteren besten Freund Finlay verbunden ist. Auf der Suche nach einem verloren gegangenen "Schatz" ihrer Großmutter verliert sie ihr Herz an den berühmten Landschaftsfotografen Ailic Burnett, der aufgrund eines traumatischen Erlebnisses einer festen Beziehung aus dem Weg gehen möchte.

Der Roman "Sehnsucht nach St. Kilda" ist eine reizvolle Mischung aus historischen Fakten und literarischer Fiktion. Für mich persönlich ist die Schilderung der geschichtlichen Ereignisse, die zur Evakuierung der einheimischen Bevölkerung auf das Festland führten, etwas interessanter gewesen als die romantische Liebesgeschichte zwischen Rachel und Ailic, die etwas zu vorhersehbar gestaltet worden ist. Dafür wird Isabel Morland jeden Leser zu Tränen rühren, weil sie gegen Ende des Buches mit einer riesengroßen Überraschung aufwartet, die man niemals erwartet hätte.

Alles in allem ist "Sehnsucht nach St. Kilda" ein Buch der leisen Töne, das jeden Leser betroffen macht. Isabel Morland beschönigt nichts, das entbehrungsreiche, harte Leben der Bewohner von St. Kilda wird anschaulich geschildert, so dass man ihre schwere Entscheidung gegen ihre Heimat und für eine Evakuierung logisch nachvollziehen kann. Auch wenn sie St. Kilda verlassen mussten, in alle Winde zerstreut wurden und gezwungen waren, ein neues Leben fernab von ihren vertrauten Nachbarn zu führen, sind ihre Herzen fest mit diesem Ort verwurzelt; die einstigen Bewohner halten die Vergangenheit lebendig und träumen von einer Rückkehr an diesen Sehnsuchtsort - und für Annie McViccar wird sich dort der Kreis wieder schließen.

Diese berührende, emotionale und unterhaltsame Familiengeschichte könnte sich zu meinem persönlichen Lese-Highlight entwickeln. Auf jeden Fall vergebe ich gern die Höchstnote und spreche eine kla

Bewertung vom 27.11.2019
Everything I Didn't Say
Ocker, Kim Nina

Everything I Didn't Say


sehr gut

Reden ist Silber, Schweigen ist Gold? Wenn man den neuen Roman "Everything I didn t say" von Kim Nina Ocker gelesen hat, wird man diesem Sprichwort nicht mehr zustimmen wollen. In dem ersten Band ihrer "Everything"-Reihe stellt sie Jamie und Carter in den Mittelpunkt des Geschehens, die in den entscheidenden Momenten ihres Lebens gar nicht miteinander oder aneinander vorbei reden.

Als Jamie und Carter sich zum ersten Mal gegenüberstehen, sprühen zwischen ihnen augenblicklich die Funken. Dabei wissen sie beide, dass sie unbedingt die Finger voneinander lassen müssen: Jamie hat gerade erst ihren Job als Regieassistentin angetreten, und Carter ist als Star der Show vertraglich dazu verpflichtet, sich nicht mit einer Frau an seiner Seite in der Öffentlichkeit zu zeigen. Doch mit jedem Tag, den sie miteinander verbringen, knistert es heftiger zwischen ihnen, bis sie sich ihrer Leidenschaft hingeben - nicht ahnend, dass diese Entscheidung ihr Leben gehörig durcheinander bringen wird ...

Das Cover ist ganz schlicht gehalten und wirkt mit seinen breiten Streifen in verschiedenen Blau- und Brauntönen erfrischend anders. Ein echter Hingucker in jeder Buchhandlung - genauso vielversprechend wie der aussagekräftige Titel, der auf die hier erzählte Geschichte neugierig macht.

Der Plot ist interessant, das Setting in den USA für einen New Adult Roman obligatorisch. Wie in fast jedem modernen Liebesroman wird das Geschehen abwechselnd aus der Perspektive der weiblichen und der männlichen Hauptfigur geschildert. Die Handlung spielt auf zwei zeitlichen Ebenen, nämlich 2015 und 2019. Mich haben die ständigen Zeitsprünge nicht gestört, andere Leser könnten eine andere Auffassung vertreten.

Kim Nina Ocker hat einen wunderschönen locker-leichten Schreibstil, man träumt sich in ihre Bücher hinein, die eine fremde Welt vor unseren Augen erstehen lassen. Ihren Protagonisten Jamie und Carter verleiht sie viel Tiefe, wir dürfen sie auf ihrer charakterlichen Entwicklung von einer unsicheren Regieassistentin und einem aufstrebenden Star einer Show zu verantwortungsbewussten erwachsenen Menschen begleiten. Der Reifeprozess läuft nicht immer reibungslos, Jamie und Carter sind ganz normale Menschen, die sich hin und wieder mal wieder auf ihr Bauchgefühl statt auf ihren Verstand verlassen und mit ihren Aktionen auf die Nase fallen. Leider ist die eigentliche Handlung viel zu früh vorhersehbar, Kim Nina Ocker wartet nicht mit großen Überraschungen auf, sondern verlässt sich auf bewährte gängige Konflikte, die wir aus anderen Romane kennen.

Alles in allem ist "Everything I didn't say" ein emotionaler, unterhaltsamer Liebesroman, etwas zu vorhersehbar für meinen persönlichen Geschmack. Dennoch ist er unbedingt lesenswert, weil er jungen Menschen eine wichtige Botschaft vermittelt: Wir sollten uns nicht nur auf die digitale Welt verlassen, sondern lieber ganz offen von Angesicht zu Angesicht miteinander reden und etwaige Missverständnisse aus der Welt räumen!