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anette1809 - katzemitbuch.de
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Bewertungen

Insgesamt 957 Bewertungen
Bewertung vom 24.11.2017
Lennart Malmkvist und der ziemlich seltsame Mops des Buri Bolmen / Lennart Malmkvist Bd.1
Simon, Lars

Lennart Malmkvist und der ziemlich seltsame Mops des Buri Bolmen / Lennart Malmkvist Bd.1


ausgezeichnet

Lennart ist erfolgreich in seinem Beruf, ein rational denkender Mensch, pflegt einen freundlichen, doch distanzierten Umgang zu seinen Nachbarn und besitzt die Neigung Hautausschlag zu entwickeln, sobald eines seiner Dates sich Chancen auf eine engere Bindung ausrechnet. Lennart ist ein Karrieremensch, der mit beiden Beinen fest im Leben steht und keine besonders engen zwischenmenschlichen Beziehungen pflegt, kurz gesagt... ein ziemlicher Langweiler und vom Charakter her nicht sonderlich attraktiver Mensch. Zu Beginn sind es deshalb viel mehr die Nebencharaktere, die den Leser für die Geschichte einnehmen. Buri Bolmen, der einen verschrobenen, ungeordneten Laden für Zaubereibedarf unterhält und die herzensgute Italienerin Maria, die es sich als Lebensaufgabe auserkoren hat ihre beiden männlichen Nachbarn mit Köstlichkeiten der italienischen Küche zu verwöhnen. Daneben tritt immer wieder ein seltsamer Leierkastenmann auf, bei dem lange im Unklaren bleibt, welche Rolle er in dieser Geschichte spielt und... der ziemlich seltsame Mops des bereits erwähnten Buri Bolmen. Was es mit diesem auf sich hat, erfährt der Leser - und vor allen Dingen Lennart - als sein Nachbar eines Tages zu Asche verbannt in seinem Ladengeschäft aufgefunden wird. Ab diesem Moment geben sich die seltsamen und irrationalen Vorfälle die Klinke in die Hand und Lennarts ehemals so vorhersehbares Leben ist Vergangenheit. Nicht nur, dass Buri Bolmen ihn als Erben seines Geschäfts und seines Mops eingesetzt hat und damit der Mordverdacht an seinem ehemaligen Nachbarn auf ihn fällt, verschwindet eine junge Frau spurlos, mit der er wenige Tage zuvor ein Date hatte. Als der Mops namens Bölthorn bei Gewitter anfängt mit Lennart zu sprechen ist sich dieser ganz sicher, dass er kurz davor ist seinen Verstand zu verlieren, doch das ist erst der Anfang der Geschichte!

Es passieren viele verrückte Dinge, trotzdem lässt sich der Autor Zeit seine Figuren vorzustellen und gibt ihnen Raum, sich dem Leser zu präsentieren. Lars Simon hat einen ausgeschmückten Erzählstil, der manchem vielleicht einen langen Atem abverlangt, aber ich habe die ausführlichen Beschreibungen von Göteborg und Umgebung sowie den einzelnen Charakteren sehr genossen! Man hat hier wirklich das Gefühl die einzelnen Personen besser und besser kennenzulernen und gerade was die Figur des Lennart angeht spürt man beinahe am eigenen Leib, wie dessen Leben eine hundertachtzig Grad Wendung erfährt und völlig auf den Kopf gestellt wird. Gerade für einen so nüchternen Menschen wie Lennart muss es an blanken Horror grenzen, wenn man sich übernatürlichen Erscheinungen gegenübergestellt sieht.
Daneben ist es ein überaus gelungener Mix zwischen spannenden Krimielementen, nordischer Mythologie, fantastischen Elementen und einen überaus köstlichem Humor, der genau meinen Nerv getroffen hat. Ich habe das Buch allein dafür geliebt, wenn sich Lennart im späteren Verlauf der Geschichte mit einem reimenden Orakel herumschlagen muss und das Ganze auf einem sehr niedrigen poetischen Niveau seitens Lennarts à la "Reim ich nicht, dann spricht es nicht" abläuft. Allein für diese Episoden kann ich nur sagen: wem die Einführung in Lennarts fantastische Abenteuer zu lang vorkommt - haltet durch, es lohnt sich!
In den letzten Kapiteln kommen dann aber auch die Leser auf ihre Kosten, denen im Vorfeld möglicherweise zu wenig passiert ist, denn am Ende überschlagen sich die Ereignisse und lassen erahnen, dass das Tempo im Folgeband möglicherweise rasant anzieht, zumal wir die Figuren ja nun ausführlich kennengelernt haben.
Ich für meinen Teil habe den humorvollen Mix aus fantastischen Elementen, Schwedenroman und Krimi sehr genossen, insbesondere auf Grund des genialen Humors und den verschrobenen und skurrilen Haupt- und Nebenfiguren. Auf jeden Fall will ich erfahren, wie es für Lennart und Bölthorn weitergeht und welche Rolle einige der Nebencharaktere in ihrem Leben noch spielen werden.

Bewertung vom 16.09.2017
Verwunschen / Almost a Fairy Tale Bd.1
Lang, Mara

Verwunschen / Almost a Fairy Tale Bd.1


sehr gut

"Verwunschen" ist der Auftakt der "Almost a Fairy Tale" Dilogie von Mara Lang, in der die Autorin eine hoch technisierte Welt mit Märchenelementen erschaffen hat.
Zu Beginn der Geschichte stürzen die Ereignisse nur so auf den Leser herein und man lernt sehr schnell die meisten der hauptsächlich agierenden Personen kennen, so dass ich eine Weile gebraucht habe, um richtig in die Story hineinzufinden, eine Bindung zu den Figuren zu entwickeln und komplett hinter das gesellschaftliche und politische Gefüge von Mara Langs erschaffener Märchenwelt zu steigen. Wenn man jedoch erstmal richtig in der Geschichte Fuß gefasst hat, kann man sich Mara Langs Ideenreichtum und Weltengefüge sowie ihrem lockeren Schreibstil nicht mehr entziehen. Wobei die Geschichte zwar viele witzige Elemente, aber auch erstaunlich viele ernste und teilweise düstere Szenen enthält. Nach dem lockeren Beginn, der ein wenig wie "Sex in the City" im Märchenland anmutete, hätte ich mit so viel Tiefgang und einer höchst komplexen Handlung kaum gerechnet und wurde auf das Angenehmste überrascht!

Eine der Hauptfiguren ist die junge Magische Natalie, die ihr Herz an Prinz Kilian verloren hat. In einer brenzligen Sitution, in der Natalie Kilian unterstützen will, als er mit einem Einsatz als Agent der OMB an seine Grenzen zu geraten droht, benutzt sie jedoch verbotenerweise Magie und damit gerät sie in einen Strudel unangenehmer, teilweise lebensgefährlicher Ereignisse, die nicht nur ihr eigenes Leben auf den Kopf stellen, sondern auch das ihrer Familie und Freunde beeinflussen oder gar zerstören. Damit komme ich zu dem großen politischen Thema, dass sich wie ein roter Faden durch die Storyline zieht - den beiden Völkern, die Mara Langs Welt bevölkern. Dies zum zum einen Magische, wie Natalie, und die Menschen, zu denen Prinz Kilian, aber auch ihre beste Freundin Jolly und deren Schwester Paige gehören. Da die Geschichte abwechselnd aus Sicht der drei Figuren Natalie, Killian und Paige erzählt wird, kann man sich in beide Seiten sehr gut hineinversetzen und erhält einen umfassenden Einblick in die Intrigen und Machenschaften beider Seiten, wobei die Autorin den Spannungsbogen gekonnt bis zum - vorläufigen - Ende erhöht und immer wieder Elemente einbringt, die für neue Überraschungen sorgen.
Durch die drei Erzählperspektiven fällt es nach und nach auch leichter mit der doch recht hohen Anzahl an wichtigen Figuren zurechtzukommen, mit denen ich in den ersten Kapiteln doch heillos überfordert war. Wem es genauso geht, sollte sich nicht entmutigen lassen, die Verwirrung legt sich wirklich schnell und weicht einer uneingeschränkten Begeisterung für die erschaffene Märchenwelt.

Auch wenn der Einstieg in die Dilogie für meinen Geschmack etwas zu schnell und überbordend war, so bietet der Auftaktband letzten Endes doch alles, was man sich von einer Geschichte, die in der Urban Fantasy angesiedelt ist, wünschen kann: eine leicht nachvollziehbare Welt mit modernen, gut konzipierten Elementen, einen fesselnden und sich bis zum Ende hin stetig steigenden Spannungsbogen, so dass man froh sein kann, dass der Abschlussband des Zweiteilers nur ein halbes Jahr auf sich warten lässt, und interessante und grundverschiedene Figuren, die den Plot mit Leben füllen und für jede Menge Abwechslung und Lesevergnügen sorgen!
Da ich jetzt alle Personen dieses Romans und die anspruchsvolle und mit einem höchst aktuellen politischen Hintergrund versehene Gesellschaftsstruktur kenne und verstehe, freue ich mich sehr auf den zweiten und abschließenden Band der Dilogie und könnte darauf schwören, dass dieser den Auftaktband noch überbieten wird!

Reihen-Info:
Almost a Fairy Tale:
Verwunschen
Vergessen (16. Februar 2018)

Bewertung vom 13.09.2017
Blütenpracht und Schmetterlingszauber
Jones, Rebecca

Blütenpracht und Schmetterlingszauber


ausgezeichnet

"Blütenpracht und Schmetterlingszauber" unterscheidet sich von der Vielzahl an Ausmalbüchern, die in den letzten Monaten den Buchmarkt überschwemmt haben. Denn hier findet man nicht nur Motive zum Ausmalen, die ausgemalten Seiten können im Anschluss an die kreative Auszeit als Postkarten und Umschläge aus dem Buch herausgetrennt und versendet werden.
Zum Thema Blumen und Schmetterlinge befinden sich je 24 Postkarten, Umschläge und Sticker darin. Sehr gut gefällt mir, dass die Briefumschläge beidseitig bedruckt sind, so dass das Optimum an Ausmalvergnügen garantiert ist.
In der vorderen Umschlagklappe befindet sich eine kurze Anleitung zum Heraustrennen der Karten und Umschläge sowie zum Falten der Umschläge.
Die Postkarten entsprechen von der Papierqualität einer dünnen Kartonage, die Umschläge sind jedoch wesentlich dünner, daher empfehle ich diese nicht mit Filzstiften auszumalen, sondern mit Buntstiften, da die Farbe der Filzstifte je nach Stiftqualität auf die Rückseite der Papiere durchgeht.

Außer dem frühlingshaften "Blütenpracht und Schmetterlingszauber" sind weitere Ausmalbücher mit Postkarten und Umschlägen zum Verschicken von Rebecca Jones erschienen, in ihrem deutschen Verlag zwar nur "Farbenfrohe Weihnachtspost", welches in der Vorweihnachts- und Weihnachtszeit sicher für den einen oder anderen interessant sein dürfte, auf englisch gibt es jedoch noch weitere Titel von ihr.

Wer die Karten nicht persönlich überreicht, beispielsweise als Zugabe zu einem Präsent, oder als Glückwunschkarte in einem Paket mitversendet, der sollte darauf achten, dass auf Grund des Formats von 14cmx14cm Porto für einen Großbrief fällig wird.

Für Leute, die sich gerne beim Ausmalen eine kreative Auszeit nehmen, aber zuätzlich einen Nutzen aus ihren Werken ziehen wollen, bietet "Blütenpracht und Schmetterlingszauber" die richtige Wahl!

Bewertung vom 23.08.2017
Schandglocke / Ernestine Nachtigall Bd.4
Weichmann, Helge

Schandglocke / Ernestine Nachtigall Bd.4


ausgezeichnet

Im neuen Roman von Helge Weichmann erwartet den Leser nach dem Stand-Alone "Schwarze Sonne Roter Hahn" in "Schandglocke" endlich ein neues Abenteuer der beiden ungleichen Ermittler Ernstine "Tinne" Nachtigall und Elmar "Elvis" Wissmann.

Tinne besucht in einem Seniorenheim einen früheren Dozenten aus ihrer Studienzeit, der Mann leidet an Demenz und ihr Besuch ist von der Krankheit überschattet. Scheinbar wirres Zeug erzählt er Tinne, zusammenhanglose Satzfetzen, die nichts miteinander zu tun haben, trotzdem oder gerade deswegen, notiert sich Tinne während dem Besuch alles stichwortartig. So kennt sie ihren damaligen Lehrer nicht und sie ist dementsprechend mitgenommen von ihrem Besuch. Nur kurz darauf verschwindet der alte Mann aus dem Seniorenheim und wird wenig später tot in der Stephanskirche in Mainz aufgefunden. Die Ermittlungen der Polizei ergeben jedoch, dass weder ein Unfall noch ein Selbstmord die Ursache dafür gewesen sein kann, wie man den Professor aufgefunden hat und schon befinden sich Tinne und Elvis mitten in einem kriminalistischen Puzzle, das sie zurück in die Zeit Napoleons führt. Doch was haben der Schinderhannes, die Kupferbergterrassen und eine Schrebergartenanlage mit dem Geheimnis zu tun? Immer tiefer graben sich Tinne und Elvis in das Geheimnis, welches für Tinne letzten Endes tatsächlich unter die Erde führt und beinahe tödlich endet...

Auch im vierten Teil der Schand-Reihe gelingt es Helge Weichmann einen aktuellen Kriminalfall mit geschichtlichen Hintergründen zu verknüpfen, die zum größten Teil tatsächlich belegt sind und den Leser auf eine historische und geologische "Rheinhessenrundfahrt" mitnehmen. Für den humorvollen Aspekt sorgen diesesmal die Vorbereitungen für die 200 Jahre Rheinhessen Festivitäten, die im Jahre 2016 stattfanden, und bei denen Elvis zum Gesicht Rheinhessens gekührt wurde, als das er für verschiedene Werbespots und Plakate öffentlich in Erscheinung treten muss. Auch Tinnes WG-Kommune hat zahlreiche Auftritte in "Schandglocke" und die dringend notwendige Renovierung des Hauses, in der die WG ihr Zuhause hat ist ein weiterer Erzählstrang im vierten Abenteuer der beiden ungleichen Helden, der einerseits für Ablenkung vom eigentlich Fall sorgt, andererseits aber genau die 200 Jahre Rheinhessenfeier auch ein Puzzleteilchen für Weichmanns Gesamtkonzeption des Falles darstellt.
Ich war am Ende wieder einmal sehr begeistert davon, mit welcher Sorgfalt und welchem Einfallsreichtum Helge Weichmann historische, rheinhessische und selbst kreierte Puzzleteilchen Stück für Stück zusammenträgt und zu einem stimmigen Gesamtbild verknüpft. Zudem waren mir zwar einige geschichtliche Ereignisse vor der Lektüre von "Schandglocke" bekannt, aber es gab doch so einiges, was ich erst durch diesen Roman erfahren habe.
Die Romane der Schand-Reihe sind dank Weichmanns Schreibstil locker zu lesen und auf Grund der unkonventionellen Hauptfiguren und seines Humors auch oftmals sehr witzig, gleichzeitig sind sie aber auch durchaus anspruchsvoll, weil er versucht seine künstlerische Freiheit auf ein notwendiges Minimum zu beschränken und fast alles auf historisch belegten Fakten beruht und die Geschehnisse meistens in drei verschiedenen Zeitebenen aufeinander aufbauen: aus einem Fall, der lange zurückliegt, einem Ereignis aus der jüngeren Vergangenheit und den aktuellen Geschehnissen.
Ich hoffe sehr, dass Tinne und Elvis auch in Zukunft in Kriminalfälle verwickelt werden, auch wenn Kommissar Pelizaeus sicherlich etwas dagegen hat, wenn sich Tinne weiterhin in Lebensgefahr begibt ;) Außerdem möchte ich doch zu gerne weiterlesen, wie sich die Beziehung zwischen Tinne und "ihrem" Kommissar weiterentwickelt - also bitte weiterschreiben Herr Weichmann!

Reihen-Info:
Schandgrab
Schandgold
Schandkreuz

Bewertung vom 21.08.2017
Amrita
Khorana, Aditi

Amrita


sehr gut

Amrita, die sechszehnjährige Prinzessin von Shalingar soll mit dem despotischen Herrscher von Makedon verheiratet werden, damit der Frieden bewahrt bleibt. Sikander spielt jedoch falsches Spiel und Amritas Herz ist an einen anderen vergeben. Als Sikander ihr die Seherin Thala zum Geschenk macht, wird offensichtlich, dass er mit falschen Karten spielt und Amrita ergreift mit ihrer Liebe Arjun und der Seherin Thala die Flucht. Sikander braucht nur Augenblicke, um Amritas Welt zu zerstören. Nun liegt die Hoffnung in der "Bibliothek des Seins", in der für jeden Menschen ein Buch steht, welches neu geschrieben werden kann. Ob Amrita es schafft die "Bibliothek des Seins" zu finden und die Zerstörungen und Morde durch Sikander rückgängig zu machen?

Die Autorin nimmt den Leser mit auf eine magische Reise, die mit Wendungen aufwartet, die man zu Beginn der Geschichte nicht für möglich gehalten hätte. Denn was zu Beginn wie eine bloße Geschichte ähnlich 1001 Nacht wirkt mit authentisch orientalischem Flair, entpuppt sich mehr und mehr als eine magische Reise, die zwar auch im weiteren Verlauf diesen morgenländischen Touch beibehält, aber fantastische Elemente offenbart, die frisch und unverbraucht sind. Von den auftretenden fantastischen Figuren habe ich noch in keiner anderen Geschichte gelesen und die Entwicklung und insbesondere das Ende der Geschichte fand ich überraschend und kaum vorhersehbar.

Leider bin ich nicht ohne Kritik, auch wenn mich die erfrischenden Ideen und der lockere Schreibstil flott durch das Buch getrieben haben. Die Emotionen kamen mir bei den meisten Figuren zu kurz, so konnte ich nicht einmal zu Amrita eine tiefe Bindung entwickeln, obwohl sie mir durchaus sympathisch war. Arjun und ein weiterer männlicher Charakter hätten für meinen Geschmack eine größere Rolle in der Geschichte einnehmen dürfen. Des Weiteren lösten sich einige Probleme auf der Flucht Amritas und Thalas zu schnell in Luft auf, Schwierigkeiten wurden fast auf Anhieb gelöst, Hürden ohne großen Einsatz umgangen, das nahm der Geschichte einiges an Spannung.

Wer gerne fantastisch angehauchte Geschichten mit orientalischem Flair liest, liegt mit "Amrita: Am Ende beginnt der Anfang" goldrichtig. Die Ideen sind unverbraucht und der Schreibstil wunderbar zu lesen. Trotz der Kritik an der Charakterausarbeitung und dem stellenweise zu reibungslosen Ablauf, was das Auffinden der "Bibliothek des Seins" durch die beiden Heldinnen Amrita und Thala angeht, ist die Geschichte empfehlenswert!

Bewertung vom 14.08.2017
Hannover - unterm Schwanz und ümme Ecke
Hänel, Wolfram;Gerold, Ulrike

Hannover - unterm Schwanz und ümme Ecke


ausgezeichnet

Neben Regionen, die in der Reihe "Lieblingsplätze" in einer Mischung aus persönlichem Reisebericht und Reiseführer vorgestellt werden, gibt es auch Bände, die sich einzelnen Städten widmen.
In "Hannover unterm Schwanz und ümme Ecke" stellt das Autorenduo Hänel und Gerold 66 Lieblingsplätze und 11 Kneipen aus der - wie sie selbst sagen - liebenswerten Provinzhauptstadt mit kleinen Macken vor.
Alle Punkte sind mit einer bildhaften Überschrift übertitelt, gleichzeitig wird in vorangestellten Inhaltsverzeichnis aber auch aufgeführt, um welchen Lieblingsplatz es sich handelt, denn außer Einheimischen dürften wohl die wenigsten etwas mit Aussagen wie "Der Bauch von Hannover", "Das Versailles des Nordens" oder aber "unterm Schwanz" anfangen können.
Der Inhalt besteht aus Tipps, die sich direkt in Hannover befinden, also "unterm Schwanz" und Lieblingsplätzen aus dem Umland, eben "ümme Ecke". Abgerundet wird das Ganze durch eine Karte und ein Register im Anhang, so dass sich auch Urlauber und Besucher der Stadt schnell und einfach zurechtfinden.
Wie ich es schon von anderen Titeln aus der Reihe Lieblingsplätze kenne, werden die einzelnen Plätze und Lokationen in Text und Bild vorgestellt. Die Mischung aus geschichtlichen Hintergründen, Entstehungsgeschichten einzelner Plätze und aktuellen Informationen ist auf jeden Fall für Einheimische als auch für Besucher der Stadt interessant, denn gerade die Kneipentipps oder Plätze wie Altstadt, Maschsee oder Markthalle sind ja Plätze, die man sowohl als Bewohner der Stadt als auch als Besucher derselbigen aufsuchen möchte. So ist "Hannover unterm Schwanz und ümme Ecke" sowohl ein Stück Reiseliteratur, um Lust auf einen Besuch zu wecken und dabei erste Informationen zu sammeln und Plätze zu entdecken, die einen Besuch lohnen, als auch ein schönes und interessantes Buch für Hannoveraner und Bewohner des Umlandes, die sich für die Hintergründe einzelner Gebäude und Plätze interessieren und vielleicht noch die eine oder andere Ecke entdecken möchten, die sich ihnen bislang verschlossen hat, denn eines haben die Lieblingsplätze gemein: hier werden viele Seiten einer Region oder einer Stadt aufgezeigt, die man in anderen Reise- oder Stadtführern oftmals vergeblich sucht.
Trotz einzelner und voneinander unabhängigen Topics liest sich das Buch sehr homogen und kurzweilig, die beiden Autoren schreiben nämlich nicht nur Sachbücher, sondern auch erzählende Literatur, und das merkt man diesem Buch auch sehr positiv an.

Bewertung vom 14.08.2017
Stadt der tanzenden Schatten
Older, Daniel J.

Stadt der tanzenden Schatten


sehr gut

Sierra Santiago verbringt die Ferien damit ein Kunstprojekt umzusetzen. An die Fassaden eines großen Turmes sprüht sie einen riesigen Drachen. Doch plötzlich fangen die vorhandenen Graffiti an zu weinen, bevor sie allmählich verblassen. Über ihren Großvater, der seit einem Schlaganfall eigentlich nur noch verständnisloses Zeug vor sich hinbrabbelt, erfährt sie in einem klaren Moment, dass sie einer Familie von "Shadowshapern" (Schattenbildnern) entstammt, die die Fähigkeit besitzt den Geist von Verstorbenen in die Bilder hineinfließen zu lassen und diese somit zum Leben erweckt. Ihr Großvater gibt ihr zu verstehen, dass er sehr dringend ist den Drachen fertig zu stellen, und dass sie sich dafür Hilfe eines Mitschülers holen soll, der ebenfalls Schattenbildner ist. Schon bald wird Sierra von unheimlichen Wesen verfolgt und gemeinsam mit Robbie, der die bei der Arbeit an ihrem Drachen unterstützt hat und sie in die Gemeinschaft der Schattenbildner eingeführt hat, versucht sie nicht nur ihr Leben zu retten, sondern den Geheimnissen dieses urbanen und magischen Totenkults auf die Spur zu kommen.

Die Idee hinter "Stadt der tanzenden Schatten" ist erfrischend und genial, trotzdem konnte Daniel José Older mich mit seinem Debüt nicht vollständig abholen.
Die Geschichte startet gleich zu Beginn sehr rasant mit den weinenden Graffiti und den geheimnisvollen Fragmenten, die sowohl bei Sierra als auch beim Leser Angst und Spannung schüren. Da die Geschichte aus Sierras Sicht erzählt wird, ist der Leser immer nur genauso schlau, was die Geheimnisse der Shadowshaper angeht wie sie, und nur nach und nach kommt man diesen auf die Spur, so dass man dank der anhaltenden Spannung und des flüssigen Schreibstils durch die bildhaften und kurzen Kapitel getrieben wird. Langeweile kommt an keiner Stelle auf, dennoch hätte ich mir manches Mal eine Atempause gewünscht, da die Schauplätze zwar zum Anfassen realistisch und detailliert geschildert werden, die Figuren aber recht oberflächlich und blass bleiben.
Außer Sierra, ihrer engsten Familie und Robbie, konnte ich ihre Freunde bis zum Ende kaum auseinanderhalten und habe die meisten Namen bereits kurz nach dem Lesen vergessen. Sierras Bruder Juan kommt bei weitem am authentischsten rüber, da der Autor ihm sein eigenes Hobby auf den Leib geschneidert hat, so singt Juan in einer Band und schreibt auch Songs und Texte, worunter einer ist, der Sierra gegen Ende des Buches auf die richtige Spur bringt, das Geheimnis um die Schattenbildner zu lösen.
Die Schauplätze Brooklyn und Coney Island werden jedoch sicher das Herz jedes New York Liebhabers höher schlagen lassen und das Manko der unzureichend ausgearbeiteten Figuren eher verzeihen können.
Die Passagen, in denen der Autor spanisches Vokabular verwendet, sind zwar sehr authentisch, leider stolpert man beim Lesen aber auch darüber, wenn man keine Kenntnisse in dieser Sprache besitzt, da die Bedeutung der eingesetzten Wörter weder als Fußnote noch in einem Glossar erklärt wird.
So fällt mir die Bewertung des Titels wirklich schwer, da viele Pluspunkte gleichzeitig einen Minuspunkt ergeben. Der rasante, durch die Erzählung treibende Stil sorgt für konstante Spannung, geht aber zu Lasten der Charaktere. Das verwendete Vokabular lässt Sierras puertorikanische Abstammung noch authentischer wirken, sorgt aber für Stolpersteine beim Lesen.
Insgesamt ist Older so ein Debüt gelungen, welches mit einer erfrischenden Idee punkten kann und eine stimmungsvolle, den Leser komplett vereinnahmende Atmosphäre erzeugt, nur in der Ausarbeitung der Charaktere hapert es noch, sowie den Leser an den richtigen Stellen "Atem holen" lassen, damit er eine Bindung zum Personal aufbauen und ab und an einen Moment innehalten kann, um die erlangten Informationen zu verarbeiten. Denn ich merke schon beim Schreiben: so schnell ich die Geschichte gelesen habe, so schnell werde ich den Inhalt auch vergessen.