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Elchi130
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Bewertungen

Insgesamt 423 Bewertungen
Bewertung vom 24.10.2021
Pacific Crest Trail Killer
Piskulla, Christian

Pacific Crest Trail Killer


sehr gut

Spannender Thriller, jedoch zu detailliert

Mark Stetson ist ein ehemaliger Polizist und war die letzten 8 Jahre bei der Militärpolizei. Bevor er sich zurück in den USA ein neues Leben aufbaut, will er den 4.300 km langen Pacific Crest Trail (PCT) erwandern. Doch kaum ist er unterwegs, landet er Mitten in einer Mordermittlung. Ein Killer ermordet Frauen, die alleine auf dem PCT unterwegs sind. Das FBI will ihn mit der Hilfe von Mark Stetson stoppen.

Der Erzählstil des Autors Christian Piskulla ist gut und extrem mitreißend. Er hält die Spannung über weite Teile des Buches auf einem sehr hohen Niveau. Den Figuren, wie z. B. Mark Stetson oder die Mitarbeiter des FBI, fühle ich mich sehr schnell Nahe, denn ihre Charaktere werden gut herausgearbeitet.

Der Autor nutzt mehrere Erzählebenen. Zum einen begleiten wir die Hauptfigur Mark Stetson auf seiner Wanderung und bei seiner Ermittlung. Wir erfahren seine Gedanken, bekommen einen Einblick in sein Können, erleben seine Zweifel und vieles mehr. Ebenso erleben wir, wie der Täter lebt, seine Taten plant, nehmen Anteil an seinen Überlegungen. Dazu lernen wir das Team des FBI kennen. Wir erfahren etwas über ihr Miteinander, das Privatleben einzelner Ermittler, ihre Sorgen und Nöte. Das ist sehr abwechslungsreich und sorgt dafür, dass ich mich gut unterhalten gefühlt habe.

Allerdings geht der Autor oftmals viel zu sehr ins Detail. So wird z.B. zu Beginn des Buches ein Motelzimmer in allen Einzelheiten beschrieben. Das war mir viel zu ausführlich. Dazu kommt, dass er immer wieder Nebenhandlungen einfügt, die das Buch aufblähen, für die Geschichte jedoch nicht notwendig gewesen wären. Beispielsweise, indem er uns wissen lässt, was mit den Angehörigen der Opfer geschieht, nachdem sie den geliebten Menschen beerdigt haben.

Meiner Ansicht nach hat das Buch das Zeug zum Bestseller. Dafür müsste es jedoch überarbeitet und um etwa 150 Seiten gekürzt werden. Der Autor verfügt über ein umfangreiches Wissen, an dem er uns in diesem Buch teilhaben lassen wollte. Allerdings denke ich, dass er sein Wissen besser auf zwei Bücher und damit zwei Geschichten aufgeteilt hätte. Oder eine schlankere Form dieses Thrillers und einen Reisebericht über seine Erlebnisse auf dem Trail geschrieben hätte.

Sehr gut hat mir das Nachwort des Autors gefallen. Dieses ist informativ, bietet Links, um die Themen des Buches zu vertiefen und verdeutlicht noch einmal, worum es Christian Piskulla in diesem Buch gegangen ist.

Den Autor werde ich im Blick behalten, hoffe jedoch, dass er lernt, Wichtiges von Unwichtigem zu unterscheiden.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 17.10.2021
Drachenprinz / Flame & Arrow Bd.1 (MP3-Download)
Grauer, Sandra

Drachenprinz / Flame & Arrow Bd.1 (MP3-Download)


ausgezeichnet

Die Geschichte hat genau meinen Geschmack getroffen

In unserer Welt gibt es neben den Menschen auch Fae, Drachen und Hexen. Als die Fae den Drachen ein Ultimatum stellen, steht die Welt vor einem Krieg zwischen diesen beiden Völkern. Es scheint so, als ob die Fae alles tun, damit es zum Krieg kommt und die Drachen möchten diesen um jeden Preis verhindern. Als der Drachenkönig seinen Sohn aufs Trinity-College nach Dublin schickt, um ihn in Sicherheit zu bringen, entsendet die Königin der Fae ihre beste Kriegerin Kailey, damit sie das Vertrauen des Prinzen gewinnt…

Zuerst einmal gefällt mir das Setting des Buches sehr gut. Wir erleben eine Young Adult Atmosphäre am College. Es geht um Annäherung, Anziehung zwischen den Geschlechtern. Sehr schnell wird klar, dass es zwischen der Fae Kailey und dem Drachenprinzen knistert. Sie verspüren eine Anziehung zueinander, obwohl sie Feinde sein sollten. Die Chemie zwischen den beiden Protagonisten hat mir sehr gut gefallen.

Aber auch die Welt der Fae und die Welt der Drachen war für mich sehr spannend. Immer wieder habe ich versucht, die Motivation der Völker, aber auch der einzelnen Figuren zu durchschauen. Wer ist gut, wer ist böse, wer spielt ein falsches Spiel, wer ist Verräter, wer Freund, wer Feind? Tausend Fragen, die bei mir für Spannung gesorgt haben.

Zudem habe ich die Handlung als sehr abwechslungsreich empfunden. Es gab typische Teenagerszenen, mehrere Kampfszenen, interessante Gespräche, aber auch Szenen, in denen es um Freundschaft oder um Politik ging.

Als sehr positiv ist mir zu Beginn des Hörbuches aufgefallen, dass mit Vanida Karun eine Sprecherin gewählt wurde, die anders ist, als ich es erwartet habe. Bücher aus dem Jugendfantasybereich werden oft von Sprecherinnen gesprochen, die eine sehr hohe, oft fast piepsige Stimme haben. Vanida Karun hat jedoch eine sehr angenehme, eher tiefere Stimme. Sie hat mich sehr gut durch die Geschichte getragen. Auch die Art und Weise, wie sie das Buch spricht, habe ich jederzeit als genau richtig empfunden, sodass ich mich komplett dem Genuss der Erzählung widmen konnte.

Ich freue mich schon sehr auf den zweiten Teil der Dilogie und auch auf die Sprecherin, die das Buch zu einem besonderen und angenehmen Erlebnis für mich gemacht hat.

Bewertung vom 08.10.2021
Was man bei Licht nicht sehen kann / Vergissmeinnicht Bd.1
Gier, Kerstin

Was man bei Licht nicht sehen kann / Vergissmeinnicht Bd.1


sehr gut

Das Warten hat sich gelohnt

Nachdem Quinn durch einen Zusammenstoß mit einem Auto fast gestorben wäre, ist nichts mehr, wie es vorher war. Plötzlich sieht er Gesichter in Blumen, kann Menschen oder Gegenstände, die weit entfernt sind, sehen wie durch eine Lupe und auch sein Gehör wird immer besser. Er entdeckt eine ganz neue Welt neben unserer Welt. Mit seinen Freunden kann er darüber nicht reden, die finden ihn sowieso schon seltsam seit seinem Unfall. Doch zum Glück gibt es Matilda. Matilda, die aus einer streng gläubigen Familie stammt, in der alle Mädchen gleich aussehen und der er schon als Kind mit Vorliebe Streiche gespielt hat. Doch auf einmal ist auch mit Matilda alles anders…

Ehrlich gesagt, fällt es mir verdammt schwer, „Vergissmeinnicht – Was man bei Licht sehen kann“, den ersten Teil der neuen Trilogie von Kerstin Gier, zu bewerten. Was schreibe ich über das neue Fantasybuch einer Autorin, die nach meiner Meinung mit ihrer ersten Fantasytrilogie, der Edelsteinreihe, bereits ein Meisterstück abgeliefert hat!?

Quinn und Matilda sind tolle Figuren, die mir als Leserin schnell ans Herz gewachsen sind. Sie sind einfach perfekt miteinander. Matilda, die kein Blatt vor den Mund nimmt und meistens einfach sagt, was sie denkt und damit oft den Nagel auf den Kopf trifft. Quinn, der zu Beginn ein arroganter Mädchenschwarm ist, plötzlich ganz neue Seiten an sich entdeckt und schnell merkt, wie toll Matilda ist. Diese beiden Hauptfiguren werden durch viele Nebenfiguren ergänzt, die alle eine ganz eigene Persönlichkeit haben – im Guten wie im Schlechten.

Sehr gut gefallen hat mir zudem der Saum, die Fantasywelt, die neben unserer Erde existiert. Diese weist viele tolle Fantasyfiguren auf und ich würde sie gerne einmal erkunden.

Der Schreibstil ist, wie immer bei Kerstin Gier, gelungen. Ich mag ihren Humor, der ungemein unterhaltsam und oft urkomisch ist. Immer wieder habe ich leise in mich hineingekichert oder auch laut aufgelacht. Diesen Erzählstil weiß ich sehr zu schätzen. Dazu kommen tolle Ideen und immer wieder Wendungen, die ich nicht vorhergesehen habe. Und doch habe ich mit diesem Buch auch das bekommen, was ich erwartet habe, nämlich eine zuckersüße Liebesgeschichte.

Das Warten auf dieses Buch hat sich auf jeden Fall gelohnt, auch wenn es nicht an die Edelsteintrilogie heranreicht. Dennoch warte ich nun sehr ungeduldig auf die weiteren Bände von Vergissmeinnicht.

Bewertung vom 08.10.2021
Götterfeuer (MP3-Download)
Kappler, Julian

Götterfeuer (MP3-Download)


ausgezeichnet

Rasante Abenteuer, die Spaß machen

Unsere drei Helden Gero, Esme und Derio machen sich wieder auf die Suche nach den Steinen der Götter. Während die drei in Talunis nach dem nächsten Stein suchen, versuchen die Schwarzmagier mit Hilfe von Dämonen an die Steine zu gelangen, die Esme, Derio und Gero bereits gefunden haben. Bei einem Angriff der Schwarzmagier auf unsere Helden, kommt ihnen Shylandra, die Auftragsmörderin des Kaisers, zur Hilfe. Derweil befindet sich der legendäre Sandfuchs auf der Flucht und findet in einem der Tempel der zehn Götter Zuflucht…

Nachdem mir der erste Teil „Götterpfade“ der Tetralogie „Die Steine der Götter“ von Julian Kappler als Hörbuch sehr gut gefallen hat, habe ich mich auf Teil zwei „Götterfeuer“ sehr gefreut und ich wurde nicht enttäuscht.

In Band 2 geraten die Gefährten wieder in ein Abenteuer nach dem anderen. Wir erleben viele spannende Szenen. Wurden in Band 1 die Gefahren oft schnell und unkompliziert gemeistert, so gibt es im zweiten Teil schwierigere Verwicklungen, gefährlichere Angriffe und größere Abenteuer zu bestehen. Dadurch wird das Hörbuch an keiner Stelle langweilig. Sehr gefreut habe ich mich darüber, dass auch der Sandfuchs weiter eine Rolle in der Geschichte spielt und dass mit der Auftragsmörderin Shylandra eine weitere spannende und geheimnisvolle Figur die Bühne betreten hat. Die Stellen, an denen der Rat der Grauen aufgetaucht ist, lassen mich als Leserin darüber rätseln, welche Rolle dieser Rat bei der Jagd auf die Steine einnimmt. Insgesamt bietet das Buch eine spannende Geschichte.

Zudem hat mir der humorvolle Erzählstil des Autors sehr viel Spaß bereitet und mich gut unterhalten. Ich mag es einfach, wenn abenteuerliche Fantasy mit einem großen Schuss Humor serviert wird.

Zu etwas Besonderem wird dieses Hörbuch durch den Sprecher Max Hoffmann. Er macht das Geschehen durch seine Lesung so lebendig, dass ich am liebsten das gesamte Hörbuch an einem Stück hören möchte. Max Hoffmann wirkt, als hätte ihm das Lesen von „Götterfeuer“ viel Spaß bereitet. Er bringt die humorvollen Stellen gekonnt rüber und lässt uns die Abenteuer fast live erleben. Für mich gehört er zu meinen Top Five der männlichen Sprecher und ich freue mich jetzt schon darauf, von ihm den dritten Teil der Tetralogie zu hören.

Bewertung vom 04.10.2021
Gejagt / Underworld Chronicles Bd.2
May, Jackie

Gejagt / Underworld Chronicles Bd.2


sehr gut

Nicht so überzeugend wie Band 1

Nora ist nun Teil der Unterwelt. Damit ihre Freunde sie im Blick behalten können, arbeitet sie in Zukunft im Underworld. Doch das reicht natürlich nicht aus, um Nora vor den Gefahren der Unterwelt zu bewahren und sie davon abzuhalten, in neue Schwierigkeiten zu geraten.

Auch Teil 2 der Underworld Chronicles von Jackie May lässt sich wieder schnell und mit Freude lesen. Das Buch ist unterhaltsam, spannend und kurzweilig.

Nora hat stets eine eigene Meinung und einen eigenständigen Willen. Da sie jedoch „nur“ ein Mensch ist, ist sie schwächer als die meisten Unterweltler, da diese ihr in Größe und Kraft überlegen sind. Doch im Laufe des Buches lernt Nora immer mehr über ihre Fähigkeiten. Sie beweist Mut und steht für sich ein. Das gefällt mir sehr gut an dieser Figur.

Problematisch ist für mich das Männerbild, das hier gezeichnet wird. Der Mann, der seinen Urinstinkten ausgeliefert ist. Er strotzt vor Testosteron, akzeptiert keine schwächeren Männer neben sich. Die Frau, die er sich aussucht, gehört ihm – wörtlich sagt und denkt er „Mein“. Die Frau? Sie kann nur gute Miene zum bösen Spiel machen. Wenn sie sich zur Wehr setzt, wird der Mann davon erregt und sie verschlimmert die Situation. Auf Hilfe braucht sie gar nicht zu hoffen, denn ihre Hilflosigkeit und ihr Ausgeliefertsein ist Anlass für Hohn und Spott. Da heißt es stillhalten und abwarten, bis es vorbei ist. Mir hat diese Überschreitung der persönlichen Grenzen, die uneingeschränkte Dominanz, das Bedrängen und Nötigen, schon beim Lesen die Luft zum Atmen geraubt. Gerade in Zeiten, in denen wir über den eigenen Willen, sexuelle Übergriffe und Belästigungen diskutieren, haben mich die Schilderungen in diesem Buch irritiert, verstört und auch verwundert.

Zudem ist es mir im Laufe des Buches allmählich auf die Nerven gegangen, dass Nora einen Männer-Harem um sich versammelt. Auf der einen Seite will sie keinen Mann, denn sie vertraut ihnen nicht. Auf der anderen Seite findet sie alle Männer sexy und will sie doch ohne Konsequenzen ausprobieren. Das war für mich anstrengend. Mittlerweile wünsche ich mir, dass Nora sich auf sich selbst besinnt, ihr Ding macht und die Männer in die Wüste schickt.

Trotz dieser gewichtigen Kritikpunkte, an dem sehr gewöhnungsbedürftigen Geschlechterverständnis, hat mir das Lesen des Buches auch viel Spaß gemacht. Es war nie langweilig. Geheimnisse, Intrigen und unvorhersehbare Ereignisse sorgten dafür, dass es immer spannend war. Als Leserin konnte ich viel Miträtseln, z.B. welcher Spezies gehört Nick an, woher hat Nora ihre Fähigkeiten, entscheidet sie sich für einen Partner? Aber auch die eigentliche Geschichte von Band 2 „Gejagt“, die wie das Cover bereits vermuten lässt, viel mit Werwölfen zu tun hat, hatte es in sich und war spannend wie ein Krimi.

Bewertung vom 20.09.2021
Diese Frauen
Pochoda, Ivy

Diese Frauen


ausgezeichnet

Diese Frauen sind mir unter die Haut gegangen

Western Avenue, Los Angeles: Dorian lebt schon ewig hier. Sie hat alles verloren und doch bleibt sie hier. Sie kämpft um ihr Überleben und das der anderen Frauen. Feelia ist eine Überlebende. Sie hat das Grauen erlebt und ist immer noch hier. Julianna ist hier aufgewachsen. Sie will das Leben voll auskosten, Party machen, das schnelle Geld verdienen. Für Detective Esmerelda Perry zählen nur Fakten. Denn Fakten führen zu Lösungen.

Sie alle sind diese Frauen. Diese Frauen, über die geurteilt wird. Diese Frauen, über die geredet wird. Diese Frauen, denen niemand zuhört. Diese Frauen denen niemand glaubt.

Die Autorin Ivy Pochada schafft es, dass ich das Leben dieser Frauen sehe, ihr Leben verstehe, nachfühlen kann. Sie vermittelt mir die Atmosphäre dieses Stadtteils, der Leben dieser Frauen. Ich kann es fühlen, schmecken, erspüren. Denn Ivy Pochada schreibt so, als wäre sie in dem Viertel nicht nur Beobachterin, sondern Teil der Geschichte, als teile sie das Leben mit diesen Frauen.

Das Buch beginnt mit zwei Erzählsträngen, auf zwei Zeitebenen und es hat eine ganze Weile gedauert, bis ich mich in das Buch eingelesen hatte. Gerade die Erzählungen von Feelia wirken am Anfang wirr und ein bisschen verstörend. Ich habe sie erst einmal für sich stehen gelassen und denke, das war die richtige Entscheidung. Denn Feelia findet sich in den Rest der Geschichte ein. Der zweite Strang spielt im Jahr 2014 und stellt verschiedene Frauen in den Mittelpunkt der jeweiligen Abschnitte. Und obwohl die Figur im Mittelpunkt wechselt, entwickelt sich die Geschichte weiter. Es werden nicht viele unterschiedliche Geschichten erzählt, sondern sie gehören alle zusammen. Es zieht sich ein roter Faden durch das gesamte Geschehen.

Das Buch „Diese Frauen“ trägt einen fantastischen Titel, denn wenn ich erklären sollte, worum es geht, würde ich genau das sagen. Es geht darum, dass wir die Frauen zu diesen Frauen machen. Nachdem ich es geschafft habe, mich auf das Buch einzulassen, hat es eine Sogwirkung entwickelt. Ich bin ganz tief in die Geschichte eingetaucht und die Geschichte ist ganz tief in mich eingetaucht. Hat mich berührt, hat mich vorgeführt, mich aufgeweckt. Das passiert selten und macht dieses Buch genau deshalb zu einem Highlight für mich.

Für alle, die eine Kriminalgeschichte erwarten, habt Geduld. Sie kommt und ich finde, auch sie ist fantastisch eingewoben in die Geschehnisse. Klar, ich habe sie kommen sehen. Sie verliert dadurch jedoch nichts von ihrer Kraft.

Fazit: Unbedingt lesen. Ich habe in diesem Jahr noch kein besseres, eindrucksvolleres Buch gelesen.

Bewertung vom 15.09.2021
Glitterschnitter
Regener, Sven

Glitterschnitter


ausgezeichnet

Ich könnte Sven Regener ewig lauschen

Frank Lehmann befindet sich nun seit drei Wochen in Berlin. Neben seinem Putzjob im Cafe Einfall, übernimmt er auch die ersten Schichten hinter dem Tresen. Charlie möchte mit seiner neuen Band Glitterschnitter auf der Wall City Noise spielen. H-R könnte auf der Wall City Noise ausstellen, wenn er bereit wäre, dafür ein Bild zu malen. Doch das will er zum Verdruss von Wiemer, seinem Manager, nicht. In der ArschArt-Galerie steuert alles auf eine Meuterei zu, denn Kacki fühlt sich von seinem besten Freund P. Immel hintergangen.

„Glitterschnitter“ führt den Erzählfaden aus der „Wiener Straße“ fort. Doch auch wer die Wiener Straße nicht gelesen oder gehört hat, kann der Erzählung gut folgen, wenn er sich auf die schrägen Charaktere und ihre wirren Gedankengänge einlässt.

Bereits zweimal hatte ich das Vergnügen, Sven Regener auf einer Lesung seines jeweils aktuellen Buches live zu erleben. Beide Male war ich hellauf begeistert, denn ich mag es, wie lebendig er liest. Und genau das kommt auch bei diesem Hörbuch rüber. Es ist einfach ein riesiges Vergnügen, dem Autor beim Lesen zu lauschen. Das könnte ich ewig. Dabei stört es mich überhaupt nicht, dass man deutlich merkt, dass da kein geschulter Hörbuchleser am Werk ist. Regner liest immer einen Tacken zu schnell und seine Herkunft hört man auch immer deutlich heraus.

Den Schreibstil von Sven Regener empfinde ich als schnoddrig und dadurch sehr lebendig. Tempo gewinnt die Geschichte noch mehr dadurch, dass das Buch zu weiten Teilen aus Dialogen bzw. Selbstgesprächen besteht. Die Figuren reden, wie ihnen der Schnabel gewachsen ist. Das Buch ist humorvoll. Und auch dieser Erzählstil macht mir als Hörerin eine Menge Spaß. Dazu kommt, dass mir die Figuren so vertraut sind, dass ich den Eindruck habe, ich treffe alte Bekannte wieder und wir erinnern uns daran, wie es damals in den 80ern war in unseren Leben.

Gefehlt hat mir ein Spannungsbogen. Bei „Glitterschnitter“ hatte ich den Eindruck, dass ich an einem willkürlichen Punkt in das Geschehen eintauche und an einem ebenso willkürlichen Punkt die Geschichte wieder verlasse. Das ein oder andere Mal hatte ich beim Hören auch den Eindruck, allzu alltäglichen Geschehnissen zu lauschen, die im Grunde keine Erzählung wert sind. Wirklich gestört hat das nicht, dafür habe ich „Glitterschnitter“ einfach zu sehr genossen, aber es ist mir aufgefallen.

Besonders gut gefallen hat mir das Shakespeare-Battle zwischen Kacki und P. Immel. Die beiden versuchen ihre Diskussionen im Stile eines Werkes von Shakespeare auszutragen. Das ist einfach super und das Zuhören war die reine Freude für mich.

Fazit: Insgesamt hat mir das Hörbuch sehr gut gefallen. Sven Regener beim Lesen zuzuhören ist ein außerordentlicher Genuss, sodass kleine Schwächen in der Geschichte überdeckt werden. Lediglich auf einen deutlichen Spannungsbogen könnte er in Zukunft gerne achten.

Bewertung vom 08.09.2021
Schach mit dem Tod
Jacobsen, Steffen

Schach mit dem Tod


sehr gut

Ein Spionageroman der leisen Töne

David Adler ist als einziger Zivilist im 2. Weltkrieg auf einem Konvoischiff unter amerikanischer Flagge unterwegs, als dieses torpediert wird und sinkt. David überlebt schwer verletzt und wird in einem englischen Hospital gepflegt, bis der englische Geheimdienst ihn als Privatsekretär seines Vetters Niels Bohr rekrutiert. Bohr arbeitet mit vielen namhaften Wissenschaftlern in Los Alamos an der Entwicklung der Atombombe. Doch auch andere Mächte haben von der Arbeit in Los Alamos erfahren und wollen wissen, was dort geforscht wird…

Der Autor Steffen Jacobsen hatte mich bereits zu Beginn des Buches „Schach mit dem Tod“ gewonnen. Ich fand es sehr spannend, zu erfahren, wie David Adler nach Los Alamos gekommen ist. Ich hatte damit gerechnet, dass das Buch direkt in Los Alamos startet und war positiv überrascht, dass die Geschichte auf hoher See startet und wir erst eine Einführung in die Lebensumstände unserer Hauptfigur erhalten.

Sehr gut gefallen hat mir auch, dass der Autor uns den Unterschied in der Denkweise von Politikern und Wissenschaftlern aufzeigt. Die Wissenschaft forscht unabhängig von politischen Zielen und Einschränkungen. Sie möchte, dass ihre Forschungsergebnisse allen Ländern gleichermaßen zugänglich sind. Genauso kommt regelmäßig die Frage auf, ob Wissenschaft Ungeheuer erschaffen darf, nur weil sie es kann oder ob es auch von ihrer Seite eine Verantwortung der Welt gegenüber gibt. Diese Gedankengänge habe ich äußerst spannend, wichtig und interessant gefunden.

Ein wenig überfordert haben mich die Unterrichtseinheiten in Physik. Der Autor bringt uns viele physikalische und technische Details rund um den Bau der Atombombe nahe. Mir war das zu viel Theorie. Allerdings kann ich mir vorstellen, dass Menschen mit einem höheren Interesse an diesen wissenschaftlichen Ausführungen, sich sehr freuen werden, dass diese Teil des Romans sind.

Verkehrt ist hier, wer eine knallharte und actionreiche Spionagegeschichte lesen will. In diesem Buch geht es mehr um die stillen, heimlichen Spionageakte inmitten einer relativ geschlossenen Gemeinschaft. Das Flair der Zeit ist gut eingefangen, angefangen beim allgegenwärtigen Rauchen und dem erhöhten Alkoholkonsum der damaligen Zeit. Genauso gut geschildert wird die selbstständige, unabhängige Femme fatale, die Hosen trägt, raucht, trinkt und sich den Raum nimmt, der sonst eher den Männern vorbehalten ist.

Das Ende des Buches hat mich dann, genauso wie der Beginn, positiv überrascht. Der Autor überzeugt mit einer guten Lösung. Nicht für den Bau der Atombombe, denn diese wurde ja wirklich gebaut, sondern für die Spione und ihre Tätigkeit für die Sowjetunion.

Fazit: Ein Buch mit einem starken Anfang und starkem Ende. Im Mittelteil gab es mir zu viel Physikunterricht und Alltäglichkeiten.