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Wedma

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Insgesamt 546 Bewertungen
Bewertung vom 30.11.2018
Treibts zua!
Brandstätter, Lisa;Wenger, Clemens

Treibts zua!


sehr gut

Ein guter Regio-Krimi, der zwischen Berchtesgadener Land und Salzburg spielt und zur Geschichte und den alten Sagen der Region einen klaren Bezug hat: atmosphärisch, leicht humorig, mit einer deutlichen Portion Gesellschaftskritik.

Klappentext beschreibt den Krimi sehr gut.

Bei einem Toten bleibt es nicht. Bald folgen einige andere. Das deutsch-österreichische Ermittlerduo tappt lange im Dunklen, bis die beiden auf Karl den Großen und sein Wappen kommen. Zum Schluss wird es richtig spannend. Es gilt, ein weiteres Opfer zu retten und den Mörder zu fassen.

Die beiden Ermittler Lilly Engel und Sigmund Huber bilden einen schönen Kontrast. Sie ist eine hübsche, alleinerziehende Mutter zweier kleiner Kinder, im täglichen Kampf mit ihrem mühsam-chaotischen Mutteralltag. Ihr Kollege Huber, der in Salzburg allein lebt, ist ein Gourmet, hat das Herz auf dem rechten Fleck und ruht in sich. Abgeklärt-humorig bringt er die Dinge stets auf den Punkt. Huber mag Lilly. Eine Art zarte Annäherungsgeschichte, die evtl. in der Fortsetzung weitergesponnen wird, trug zur subtilen Spannung bei.
Die Dialoge habe ich genossen. Paar Schmunzler haen sie mir entlockt.

Auch die Nebenfiguren erwiesen sich als eine große Bereicherung für diese Geschichte: Da ist eine Wahrsagerin, die ein Kosmetiksalon betreibt; da der Prof. Lange, seines Zeichens Schaumschläger, eine lustige Szene mit ihm; da ist ein Geistlicher, der die Ermittler mit schmackhaften Kuchen füttert; da ist ein Obdachloser, der über den Sinn des Lebens philosophiert. Zum Schluss kommen noch die bayrischen Herren, die regionale Bräuche dem norddeutschen Licht Lilly offenbaren usw.

Man kann noch viel über diesen Krimi schreiben. Besser, man liest den selbst.

Fazit: Ein netter, atmosphärischer Regio-Krimi, der durchaus einen verregneten Sonntag retten kann. Sehr gute Idee, die alten Sagen einer Krimigeschichte zugrunde zu legen, prima umgesetzt. Gern vergebe ich vier hell leuchtende Sterne und eine Leseempfehlung.

Bewertung vom 22.11.2018
Ofirs Küche
Graizer, Ofir Raul

Ofirs Küche


ausgezeichnet

Auf dieses Kochbuch habe ich mich gefreut. Meine Erwartungen wurden vollauf erfüllt. So gemütlich das Coverfoto wirkt, so ist auch der Inhalt, nur viel vielfältiger.
Ofir Graizer habe ich auf der Webseite des Verlages entdeckt in einem Video, in dem er ein ganz einfaches Gericht, eine Art Quiche, genauer gesagt eine Oliven-Käse-Tarte, zubereitete. Ich fand ihn irgendwie witzig, sympathisch mit seinem lustigen Deutsch. Da wollte ich mehr über Ofirs Küche wissen.
Als das Buch dann kam, fand ich es einfach toll. Schon allein beim Durchblättern habe ich gute Laune bekommen: Schlichte Rezepte begleitet mit schönen Food-Fotos, die sehr gemütlich wirken und zum sofortigen Nachmachen einladen. Kurze Texte zwischendurch erklären so manche Besonderheit, z.B. was man beim Zubereiten von Humms wissen muss, begleitet von Tipps und Antworten auf häufig gestellte Fragen.
Bei den Rezepten musste ich oft schmunzeln, insb. bei Tacheles. Es ist ein Satz, bei jedem Rezept, das einem Anfänger im Wesentlichen beschreibt, was man tun muss, um dieses Gericht fertig zu bekommen. „So einfach geht das“, vermittelt Tacheles und nimmt den Neulingen auf dem Gebiet Kochen die Angst, etwas verkehrt zu machen und ermuntert zum selbstständigen Kochen. Finde ich sehr richtig. Es gibt nichts Schöneres als ein schmackhaftes, frisch selbstgefertigtes Essen. In diesen Genuss soll jeder kommen können.
Man hat über siebzig vegetarische Rezepte, fünf davon mit Eiern, z.B. klassische und grüne Shakshuka, gegrillte Paprika mit Eiern und Balkankäse.
Auch der Aufbau konnte mich für sich einnehmen. Das Buch fängt mit der Zubereitung von Brot und seinen Variationen an. Hier gibt es acht Rezepte. Dann geht es zu den Salaten, Dips, Frischkäseselbstmachen, weiter zu den Beilagen, Gerichten mit Gemüse, Suppen und Eintöpfen. Die Abteilung Süßes führt elf Rezepte, darunter ein aromatischer Grießkuchen, Kuchen mit Zitrusfrüchten, Baklava. Nach den Rezepten folgt ein kurzes ABC von typischen Zutaten, Gewürzen und Kräutern, und wie sie in dieser Küche verwendet werden. Für mehr Details s. Inhaltsverzeichnis auf der Webseite des Verlages.
Die Gerichte sind einfach zuzubereiten, daher eignet sich das Buch prima für Anfänger.
Es gibt keine Kalorien- oder Zeitangaben, i.e. wie lang man für Gerichte braucht, was ich auch gut finde. Letzteres ist eh reine Spekulation, mit dem ersteren sollen sich die Großstadtneurotiker befassen.
Hier geht es um ein gutes, bezahlbares Essen für Freunde und Familie, das praktisch jeder zubereiten kann. Die Geselligkeit, das schöne Miteinander, das schmackhaftes Essen in der Regel mit sich bringt, ist dann auch nicht mehr weit.
Für mich konnte ich hier einige Anregungen finden, was ich bei Beilagen, Dips, Eintöpfen anders machen könnte, andere Gewürze verwenden usw.

Fazit: Ein schönes Buch über einfaches, gutes Essen, das nicht nur viele vegetarische Rezepte sehr zugänglich erklärt, sondern sich auch als sehr unterhaltsam erweist. Schön gestaltet, passend zu den Rezepten, mit vielen Farbfotos, ein Lesebändchen in Rot ist auch dabei. Alles wirkt so menschlich, so authentisch; einladend, die Gerichte nachzukochen und Freunde einzuladen. Prima auch als Geschenk.

Bewertung vom 20.11.2018
Paris MM-City Reiseführer, m. 1 Karte
Nestmeyer, Ralf

Paris MM-City Reiseführer, m. 1 Karte


ausgezeichnet

Diesen Paris Reiseführer aus dem Michael Müller Verlag würde ich auf jeden Fall mitnehmen, wenn ich nach Paris aufbreche. Auch die Vorbereitungen auf die Reise kann man damit prima erledigen: Die einzelnen Sehenswürdigkeiten oder ganze Touren aussuchen, die man beim Besuch in Paris absolvieren möchte.
Der Reiseführer ist logisch, klar, mit tiefgreifender Kenntnis der Stadt und der Materie in Sachen Reisen insg. aufgebaut. Alles Wissens- und Sehenswerte ist griffig, in kleinen, aussagestarken Texten dargelegt, mit all den wichtigen Infos versehen, sodass man das Wesentliche in einem Buch zusammen hat und somit auch prima eigene Touren planen kann.
Gleich vorn gibt es paar Seiten, die grundsätzliche Dinge in einigen Sätzen über Paris vermitteln: Die Stadt und wie sie aufgeteilt ist, klassische Sehenswürdigkeiten wie Eiffelturm, Louvre, Centre Pompidou samt Alternativen wie „Unbekannte Museen“ und „Versteckte Perlen“ uvm. Auch wo man: Essen gehen, mit Preisen, Tel. Nr., gar mit passenden Phrasen auf Französisch; Ausgehen, z.B. Clubs, Cabarets, etc. und Einkaufbummel unternehmen kann. Hier findet man gleich Verweise auf die Touren, die den Kern des Reiseführers bilden.
Es gibt 13 Touren, die im Herzen von Paris anfangen, über Montparnasse, Eiffelturm, XVI. Arrondissement, Montmartre und zum Schluss zu Belleville und Pére-Lachaise führen. Für mehr Details s. Inhaltsverzeichnis auf der Webseite des Verlages. Da ist alles schön der Reihe nach aufgelistet.
Aber mit den Touren, wobei sie alle sehr schön sind, ich würde sie alle absolvieren, ist es noch nicht getan. Das Kapitel „Ausflüge“ berichtet u.a. über Saint-Denis, Fontainebleau, Versailles und andere Sehenswürdigkeiten mit all den nötigen Details, z.B. wie man hinkommt, wo man da essen kann, Öffnungszeiten, Preise inkl., und vielen anderen wertvollen Tipps. Als ein Tüpfelchen auf dem i findet man auch ein kleines Farbfoto von Monets berühmtem Seerosenteich, als die Rede von Musée des Impressionnismes in Giverny die Rede ist.
Darauf folgt ein Kapitel, das kurz aber prägnant über die Stadtgeschichte, Kulturleben, Wirtschaft, Nachtleben uvm. erzählt. Auch zu den Themen: „Mit Kindern in Paris“, „Anreise“, „Übernachten“, begleitet von einer Karte in Farbe auf 2 Seiten, auf der die Hotels aufgezeichnet sind, „Paris (fast) umsonst“, „Unterwegs in Paris“, usw. findet man hier eine Fülle von nützlichen Informationen, die man für die Planung der Reise und für die Orientierung vor Ort prima verwenden kann.
Die Auflistungen aller Museen und aller Restaurants, samt Speiselexikon und etwas Französisch zur allg. Konversation mit Übersetzung ins Deutsche, dem Kartenverzeichnis, das die Touren auf der Karte von Paris als beschriftete Vierecke dem Leser bildlich vor Augen führen, sowie Register runden das Ganze ab.
Im Umschlag hinten findet man den Stadtplan von Paris in Farbe, Maßstab 1:20.000 und Paris Métro-Plan, was auch sehr praktisch ist und eine große Hilfe zur eigenen Orientierung leisten kann.
Diesen Reiseführer habe ich am Sonntagabend aufs Geratewohl in der Mitte aufgeschlagen, im XVI. Arrondissement, in der Tour 9, gelandet und habe ihn bis zur letzten Seite in einem Schwung gelesen. Dann ging ich zu Anfang und las die ersten 8 Touren bis ich wieder dort ankam, wo ich angefangen habe. Ich fand den so unterhaltsam, so mitreißend, dass ich den nicht aus der Hand legen konnte. Es war wie eine schöne, virtuelle Reise nach Paris.

Fazit: Ein sehr gut gelungener Reiseführer mit all den Infos, die man braucht, begleitet von vielen Karten und Farbfotos sowie einer App für Smartphone, Tablet &Co. So macht die Planung und das Reisen auch Spaß, da man bestens informiert ist und sich prima orientieren kann. Die nächste Reise nach Paris wird damit bestimmt zu einem unvergesslichen Erlebnis.
Schön auch als Geschenk, nettes Mitbringsel. Für diesen Preis wird hier echt viel geboten.

Bewertung vom 18.11.2018
Tod eines Weinbauern
Weissenbach, Evelyne

Tod eines Weinbauern


sehr gut

Diesen gemütlichen Krimi aus der Nähe von Neusiedlersee, Österreich, habe ich sehr gern gelesen. So etwas Atmosphärisches, Herzerwärmendes, Authentisches! Perfekt für die trüben Novembertage.
Luise, Mitte fünfzig, alleinstehend, ist eine aparte Erscheinung: Sie kleidet sich farbenfroh, in Röcke und Selbstgestricktes, versteht viel vom guten Wein, da Winzertochter, kocht/backt gern nach heimischen Rezepten. Resolut und eigensinnig, kann sie prima ihre Frau stehen: Wie sie sich dem Bürgermeister ggü behauptet hat, davon kann man ein gutes Stück an Streitkompetenz abschneiden. Sie ermittelt in ihrer Geburts- und Wohnstadt Schildern, in der sie viele Leute kennt. Ihre Lebensgeschichten sind miteinander verwoben, wie es sich nach und nach herausliest.
Luise war eine gute Freundin des ermordeten alten Winzers, kannte ihn und seine Weine. Sie fängt an, in der Familie und Bekanntenkreis herumzufragen. Da lernt man Leute kennen: Eine wahre Portraitgalerie. Alle Figuren kommen authentisch rüber, wie dem wahren Leben entsprungen, haben ihren eigenen Charakter, ihre Besonderheiten. Gern habe ich sie kennengelernt: Die alte Aloisia mit ihrem handgeschriebenen Heft voller alter Rezepte, einige findet man hinten im Buch zum Nachkochen; auch Melanie, die 14-jährige Enkelin des Weinbauers, die auch Winzerin werden will; oder auch den Öko-Winzer, der zwar kurz zum Schluss auftritt, aber einen sympathischen Eindruck hinterlässt. Und natürlich Luise selbst. Sie ist schon eine Person, die man nicht so schnell vergisst.
Bei Luise und den Leuten rund um den Weinberg habe ich mich wohlgefühlt. Ich war sofort in der Geschichte drin, konnte prima mit ihr durch diesen Krimi gehen. Sie ließ mich auch nicht los, als der Fall gelöst war.
Die Handlung ist logisch und gut nachvollziehbar aufgebaut. Sie hat mich auch hin und wieder mit unerwarteten Wendungen überrascht. Man bekommt genug Informationen in die Hand, um selbst mitzudenken. So rätselt man schön mit, denn viele haben ihre Motive gehabt. Aber nur einer hat es getan. Wenn man aufmerksam liest, hat man auch eine gute Chance, selbst darauf zu kommen, was ich auch sehr schätze: Der Leser wird hier fair behandelt.
Der klare Bezug zu den aktuellen Themen, Entwicklungen in der Landwirtschaft, die im Sommer für Schlagzeilen gesorgt haben, ist auch da. Die Gesellschaftskritik liest sich gut heraus, aber sie ist, wie auf Luises Webseite versprochen, sehr dezent und ohne Pathos angebracht worden. Finde ich sehr angenehm.
Auch Themen wie Familie, Familienzusammenhalt, und insb. Traditionen und ihre Pflege, die Liebe zur Heimat, die Wurzeln, die einen erden uvm. sind hier sehr gekonnt in den Erzählteppich eingewoben worden und sorgen für die Tiefe, die man oft vergeblich in Krimis dieser Art sucht.
Ich gehe soweit zu sagen: Dieser Geschichte wohnt ein Zauber inne.
Auch die persönliche Reife liest sich heraus, eher zwischen den Zeilen, aber man merkt, sie ist da, denn das Ganze wirkt nach, wie gute Geschichten es oft tun. Nach paar Tagen, als die letzte Seite umgeblättert war, fing ich an, sie von vorn zu lesen. Ich fand es schön, meine Zeit mit Luise & Co. zu verbringen. Dabei kamen noch andere Details der Handlung heraus, denen ich beim ersten Mal vllt nicht so viel Bedeutung beigemessen habe, die aber zum großen Ganzen wesentlich beitragen.
Ich denke mit Dankbarkeit an diese schönen Lesestunden zurück.
Wegen paar Unfeinheiten stilistischer Natur muss ich einen Stern abziehen. Die Geschichte an sich ist aber schön und sehr lesenswert.
Diesen Krimi kann ich mir sehr gut auch als Hörbuch vorstellen. Professionell vorgelesen, evtl. von einer reifen Frauenstimme, wird sie bestimmt mehr Leser/Zuhörer erreichen.
Freue mich auf weitere Folgen mit Luise Pimpernell und lese bis dahin den ersten Band.

Bewertung vom 14.11.2018
Machtbeben
Müller, Dirk

Machtbeben


ausgezeichnet

Dieses Buch halte ich für sehr, sehr lesenswert. Gerade für die Leser, die Sachbücher kaum in die Hand nehmen, ist dieses Werk von Dirk Müller sehr gut geeignet.

Ich habe mich für die Hörbuchvariante entschieden und konnte mich nur beglückwünschen. Dirk Müller liest selbst. Sehr gekonnt, sehr angenehm. All die 11 Stunden 53 Minuten der ungekürzten Ausgabe war ich gern dabei. Die verflogen auch sehr schnell. Nach einer Pause habe ich dieses Buch nochmals gehört, ungeachtet dessen, dass ich bis dahin mehrere Sach- und Fachbücher zu den besprochenen Themen bereits gelesen hatte.

Seine Sicht der Dinge, seine Interpretationen des Weltgeschehens, vor allem seine Haltung gegenüber dem Ganzen, sind Dinge, die man unbedingt kennenlernen sollte. Das hilft wirklich weiter.

Bei allen Themen fragt er stets, wer profitiert von diesen Entwicklungen? Wer steht dann, wenn es so weitergeht, als Gewinner und wer als Verlierer da und warum? So wird auch dem wenig vorbereiteten Leser nach und nach klar, was eigentlich passiert, warum, wohin die Reise geht und was er tun kann, um diese möglichst klug für sich und seine Familie zu organisieren. An manchen Stellen trägt das Buch auch Ratgebercharakter.

Auch kritisch betrachtet kann man sagen: Das hat Hand und Fuß, kann beten und singen. So manches kam mir zwar etwas sehr vereinfacht vor oder kam für mich etwas zu kurz. Aber das bleibt nicht aus, wenn man verständlich und für alle geeignet über komplexe Entwicklungen spricht. Da habe ich voll Verständnis für. Vor allem, dass man in größeren Dingen doch Recht hat und sehr gute Begründungen für die eigenen Annahmen liefert.

Auch beim Hörbuch stehen den Hörern all die Quellen zur Verfügung. Man kann sie auf der im Buch genannten Internetadresse abrufen. Sehr bequem zum Anklicken. Die Quellen stellen übrigens auch eine Liste der weiterführenden Literatur dar. Schauen Sie sich diese genauer an. Darunter finden Sie sehr lesenswerte Werke, wie z.B. „Warum schweigen die Lämmer?“ von Rainer Mausfeld oder auch, „Die einzige Weltmacht“ von Zbigniew Brzezinski oder auch „Praktischer Idealismus“ von Coudenhove-Kalergi, der hier vielerorts zitiert wird.

Man kann noch viel über dieses Buch schreiben, viel besser, man liest bzw. hört selbst. Da hat man definitiv mehr davon.

Fazit: Ein sehr gutes, kluges Buch, das auch die komplexen Entwicklungen und Zusammenhänge plausibel und für alle verständlich darlegt. Unbedingte Lesepflicht!

5 von 5 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 09.11.2018
Warum schweigen die Lämmer?
Mausfeld, Rainer

Warum schweigen die Lämmer?


ausgezeichnet

Nach dem Beitrag von Prof. Rainer Mausfeld in „Lügen die Medien?“ von Jens Wernicke habe ich mehr von Prof. Mausfeld erhofft. Im Oktober 2018 erschienen „Die Lämmer“, was mich sehr gefreut hat. Habe das E-Book auf der Webseite des Verlages erworben und konnte mich dafür nur beglückwünschen. Das Buch übertraf meine kühnsten Erwartungen. „Stark! Großartig!“, musste ich oft beim Lesen denken. „Endlich sagt einer, was gesagt werden MUSS.“

Die heutige Lage, der Zustand der westlichen Gesellschaft und dessen, was sich Demokratie schimpft, ist so messerscharf analysiert und den Lesern griffig, in einer prima zugänglichen Form präsentiert worden, dass mir oft die Luft wegblieb. Ich war begeistert wie sprachlos ob der tiefgreifenden Erkenntnisse.

Der leitmediale Erzählrahmen wurde hier unter die Lupe genommen und den Lesern gezeigt, wie die Meinungsmache geschieht, anhand welcher Werkzeuge, auch wie man sie erkennen kann. Die Ziele der Indoktrination wurden ebenfalls in aller Klarheit offengelegt.

Der Klappentext beschreibt den Inhalt sehr gut. Insb. folgender Satz bringt es auf den Punkt, obschon nur einen Aspekt dieses Buches: „Rainer Mausfeld deckt die Systematik dieser Indoktrination auf, zeigt dabei auch ihre historischen Konstanten und macht uns sensibel für die vielfältigen psychologischen Beeinflussungsmethoden.“
An einigen Stellen musste ich an folgende, sehr lesenswerte Bücher denken: die Werke von Noam Chomsky, das Neuste „Kampf oder Untergang!“ (2018) oder auch an „Illegale Kriege“ von Daniele Ganser, „Plot zu scapegoat Russia“ von Dan Kovalik, wie auch an „Russland im Zangengriff“ und „Der Fluch der bösen Tat“ von Peter Scholl-Latour.

Das Buch stellt eine Ansammlung von Vorträgen von Prof. Mausfeld dar. Was man aus den Überschriften des Inhaltsverzeichnisses herausliest, wurde ausführlich dargelegt. Man bekommt auf jeden Fall sehr viel mehr, als man evtl. erwartet. Es ist so eine beeindruckende Fülle an Erkenntnissen, die einem hier in geballter Form vermittelt wird!

Die Thesen wurden im Laufe der Ausführungen von diversen Blickwinkeln betrachtet und plausibel, anhand von etlichen Quellen belegt. Bei den Quellen geht es um Forschungsergebnisse und Werke anderer Wissenschaftler, denn es gab bereits etliche empirische Untersuchungen in dem Bereich, meist im englischsprachigen Raum. Die Kommentare an den Fußnoten, die durchaus auch mal paar Seiten in Anspruch nehmen, stellen eine Fundgrube an weiteren Erläuterungen, Zitaten aus und Verweisen an Werke andere Wissenschaftler dar. Im E-Book konnte ich prima zw. Fußnoten und dem eigentlichen Text springen. Solch reichhaltige Fußnoten habe ich bisher in keinem anderen Sachbuch gesehen. Und ich habe sie genossen.

Was noch sehr positiv aufgefallen war: Nicht nur enormes Wissen, das einem vermittelt wird, macht dieses Buch aus. Man sieht auch, dass der Autor für das Thema brennt. Man merkt, dass es ihm nahegeht, was mit der Gesellschaft geschieht, in welche Richtung sie gelenkt wird und was daraus für die Normalbürger und ihr Nachkommen dabei herausspringt. Diese Hingabe ist das, was mich zusammen mit dem tiefgründigen Wissen, messerscharfen Analysen und griffigen Darstellungen sehr beeindruckt hat.

Man kann viel über dieses Buch schreiben, viel besser, man liest es selbst.

Ich habe schon einiges zu den Themen, die hier beleuchtet wurden, gelesen. Dieses Buch ist aber ein absolutes Top of the top aus all dem, was mir in der letzten Zeit vor Augen gelaufen war. Das war nicht gerade wenig.

Fazit: Ein großartiges Werk! Ein Glanzstück. Ein echtes Highlight in diesem Leseherbst 2018. All diejenigen, die diese Welt nicht begreifen, wenn sie sich der leitmedialen Erzählrahmen bedienen, werden hier fündig und erhalten sehr plausible und wohl begründete Erklärungen des Zeitgeschehens. Ehrlich. Schonungslos. Augenöffnend. Unbedingt lesen!

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 06.11.2018
Queen Victoria
Urbach, Karina

Queen Victoria


ausgezeichnet

Diese Biographie von Queen Victoria aus der Feder von Karina Urbach habe ich sehr gern gelesen und finde sie sehr gut gelungen. Eine reife Leistung! In vielerlei Hinsicht.
Griffig, auf das Wesentliche fokussierend, in einem angenehmen, überaus zugänglichen Schreibstil verfasst, war mir diese Biographie ein Lesegenuss. Ich habe sie extra langsam gelesen, damit das Vergnügen nicht zu schnell vorbeigeht.
Die Analysen, die Vergleiche sowohl mit der Vergangenheit, z.B. mit Victorias Vorfahren, als auch mit ihren Zeitgenossen, verleihen diesem Werk Tiefe und sorgen für hohe Qualität insg. Auch die Brücken zu der heutigen Zeit wurden öfter mal geschlagen. Das fundierte Wissen um die englische Monarchie wurde den Lesern hier unterhaltsam und einprägsam vermittelt.
Schon allein wie die Schwerpunkte gesetzt wurden spricht für Expertise der Autorin und gibt dem Leser tiefe Einblicke in Victorias Leben und das ihrer wichtigsten Wegbegleiter.

Es liest sich sehr modern, auch weil man die Parallelen zu Heute zieht, wenn es z.B. um PR Arbeit, die Art, wie sich die Royals dem gemeinen Volk präsentieren, geht. Die Wurzeln liegen bei Victoria und Albert.

Die Objektivität, die hier bei der Beschreibung der Ereignisse an den Tag gelegt wurde, was man z.B. bei der Begründung der nicht wenigen Kriege, die in der Zeit geführt wurden, sieht, ist ein weiterer Plus dieser Biographie. Was Victoria damals als gut und billig, moralisch gerechtfertigt usw. begriff, bewertet man heute u.U. anders.
Die Ansichten anderer Historiker wurden oft angeführt, was sich auch bereichernd auf das Gesamtergebnis auswirkt und für Objektivität sorgt.

Das letzte Kapitel zieht Fazit. Natürlich kommt hier, und auch an früheren Stellen, die Heiratspolitik Victorias zur Sprache. Die Stammbäume vorn und am Ende des Buches helfen, da einen guten Überblick zu bekommen. Fünf ihrer neun Kinder haben für zahlreichen Nachwuchs gesorgt, die auch in die europäischen Königshäuser eingeheiratet wurden. Dass die Hämophilie, die Bluterkrankheit, dabei großzügig verteilt wurde, blieb nicht aus und zog nach sich folgeschwere Konsequenzen, wie man es bei Alexei, dem Sohn von Nikolaus II. von Russland und seiner Frau Alexandra sah, die Enkelin von Victoria war. Klar liest man hier auch, dass es Georg V. war, der dem Nikolaus II. wie sein Zwillingsbruder ähnelte, da die Mütter Schwestern waren (dänische Prinzessinnen Alexandra und Dagmar, genannt Minnie), der die Auslieferung der Zarenfamilie nach England nach Oktoberrevolution 1917 in Russland verzögerte, bis diese Option nicht mehr zur Debatte stand und die gesamte Zarenfamilie ein grausames Ende fand.

Zum Schluss unterstreicht die Autorin die Bedeutung starker Frauen, die die entscheidende Rolle im Fortbestehen der Royal Family gespielt haben und dies immer noch tun.

Fazit: Eine sehr gut gelungene, sehr lesenswerte Biographie von Queen Victoria, die den Lesern tiefe Einblicke nicht nur in ihr Leben gewährt, sondern gute Basis zum Verstehen des heutigen Geschehens liefert. Eine Reife Leistung. Gern vergebe ich fünf Sterne und empfehle sie auch wärmstens weiter.

Bei dieser Ausgabe aus dem Jahr 2018 handelt es sich um die erweiterte und aktualisierte Fassung der zuerst im 2011 erschienenen Biographie von Queen Victoria.

Das Buch ist hochwertig gestaltet: Festeinband in Bordeauxrot, Lesebändchen in Schwarz, Umschlagblatt aus festem glattem Papier. 27 s/w Abbildungen, 2 Stammbäume. Schön als Geschenk.

GEkürzt.

Bewertung vom 04.11.2018
Schlaf wirkt Wunder
Weeß, Hans-Günter

Schlaf wirkt Wunder


ausgezeichnet

Das Buch ließ sich sehr angenehm lesen. Das Versprechen des Untertitels „Alles über das wichtigste Drittel unseres Lebens“ wurde prima eingelöst. Auch das „3-Wochen-Programm für den gesunden Schlaf“ kann sich sehen lassen.
Rund 300 Seiten, plus Vor- und Nachwort, sind in sechs Teile geordnet. Diese sind in kleinere Kapitel, manchmal von nur paar Seiten, heruntergebrochen worden, sodass man das Buch ganz gut unterwegs, in Wartezimmern usw. häppchenweise lesen kann. Man kann es auch locker in einem Rutsch durchlesen, denn da ist alles ganz easy, der Text ist mit lustigen Zeichnungen, paar Graphiken, etc. zur Verdeutlichung angereichert.
Teil I beschäftigt sich mit dem Schlaf als die beste Medizin und erklärt u.a., wie viel und wann man schlafen sollte.
Teil II erzählt von den Hormonen und anderen Stoffen, die den Schlaf beeinflussen. Hier wurden auch die Schlafzyklen beschrieben und erklärt, welche Rolle sie spielen. Auch über die Lerchen und Eulen, mit einem kurzen Test, um herauszufinden, zu welcher Kategorie man gehört, samt paar Tipps, sowie über den „Schlaf der Geschlechter“, Winterschlaf und Frühjahrsmüdigkeit uvm. findet man hier einige nützliche Infos.
Über den Mittagsschlaf und seine positiven Wirkungen liest man im Teil III, auch über „Schlafkiller neue Medien: wie uns Smartphones, Tablets & Co. um den Schlaf bringen“. Hier fand ich interessant, dass es im Wesentlichen um das blaue Licht geht, das diese Gerätschaften ausstrahlen, was dem Gehirn den Tag vorgaukelt. Man liest hier auch über Jetlag, das Vor- und Zurückstellen der Uhr uvm.
Teil IV beschäftigt sich mit den „Mythen und Volksweisheiten zum Schlaf“ und entlarvt so manches als haltlos. Hier gibt es auch Ratschläge zur richtigen Abendroutine, zum richtigen Tagesablauf, der den guten Schlaf in der Nacht vorbereitet, zur Nachtgestaltung insg. Man erfährt hier über die richtige Kleidung, die optimale Temperatur, Schlafposition, allein oder zu zweit schlafen, Familienbett, Haustiere im Bett usw.
Teil V beschreibt u.a. Einschlaf- und Durchschlafstörungen. Ein Test hilft den Lesern, seine eigenen Probleme in dem Bereich besser einzuschätzen. Auch über das Schnarchen, davon gibt es gutartige und krankhafte Arten, über unruhige Beine, Albträume, Schlafwandeln, Nachtschreck, Narkolepsie erfährt man hier das Wesentliche.
Teil VI stellt das 3 Wochen Programm vor. Das Schlaftagebuch zur Analyse des Schlafverhaltens soll man von der angegebenen Internetadresse herunterladen. Die Anweisungen samt wieso, weshalb usw., denn man soll damit zum eigenen Schlafexperten werden, sind im Buch recht ausführlich beschrieben.

Wenn das nicht weiterhilft, dann gibt es Schlaftherapiegruppen und stationäre Angebote, über die man hier auch paar Sätze verloren hat. Ein extra Kapitel über Schlafmittel, das erklärt, wie die Schlafmittel wirken und einige davon, wie Antihistaminika, Melatonin samt ihren Risiken und angestrebtem Nutzen nennt, findet man hier ebenfalls. Ein kurzes Nachwort mit der Einladung, sich an den Autor und sein Klinikum zu wenden, wenn man Fragen usw. hat, runden das Ganze ab.

Was aus den Ausführungen deutlich wird: Es gibt keine allgemeingültigen Regeln. Schlaf ist sehr individuell. Jeder soll für sich herausfinden, wie er zu einem guten, erholsamen Schlaf kommt und was er dazu braucht. Auch wenn man getrennte Schlafzimmer hat oder es sich wünscht, ist es längst nicht das Ende der Beziehung. Auch was die Schlafmittel angeht, ist Vorsicht angesagt. Besser ist es erst zu prüfen, ob man das Problem nicht ohne in den Griff bekommt, z.B. durch die regelmäßige Bewegung an der frischen Luft, durch die optimale Gestaltung des Schlafraums, der Kleidung, der Auswahl der Getränke etc.

Fazit: Ein Buch, das die wichtigsten Dinge zum Thema Schlaf leicht und locker für breites Publikum präsentiert. Als Geschenk oder nettes Mitbringsel prima geeignet.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 02.11.2018
Kampf oder Untergang!
Chomsky, Noam;Feroz, Emran

Kampf oder Untergang!


ausgezeichnet

Dieses Buch habe ich mit großem Interesse gelesen und empfehle es auch gern weiter. Sowohl für Chomskys langjährigen Leser als auch für Einsteiger ist es sehr gut geeignet. Es liefert klare Analysen der Gegenwart, nennt die wesentlichen Problemfelder, erklärt ihre Ursachen, nennt Fakten, zeigt Zusammenhänge auf uvm. Großes Kino.
Der Band enthält kurze Einleitung, in der Noam Chomsky vorgestellt wird, 5 Interviews mit dem meist zitierten Intellektuellen unserer Zeit und paar Seiten Nachwort des Autors.
Chomsky und Feroz reden über die weltweite Ungleichheit, über die Eliten und ihr Machtstreben, über die Untergrabung der Demokratie, über US Imperialismus und illegale Kriege, über Geflüchtetenkrise, über Europa, über Trump und sein Motto „Amerika First“ uvm.
Chomsky fasst sich kurz, manchmal sehr kurz, aber stets bringt er es auf den Punkt und nimmt sich dabei kein Blatt vorm Mund: nennt Fakten, zeigt die Zusammenhänge auf, die einem treuen Leitmedienleser i.d.R. nicht bekannt sind. An manchen Stellen musste ich auch an das neuste Buch von Prof. Mausfeld „Warum schweigen die Lämmer?“ denken, da die messerscharfe Klarheit der Gedanken und die Übereinstimmungen der Sichtweisen offensichtlich sind.
Manchmal sagt Chomsky auch bekannte Dinge, dies aber stets unter einem anderen Blickwinkel betrachtend. Chomsky betont, dass es Themen gibt, da kann man sich nicht oft genug wiederholen. Spätestens im 3ten Interview merkt man, dass Klimawandel und die Auswirkungen des Raubkapitalismus für die nachfolgenden Generationen wichtige Themen für ihn sind. Auf einige solcher Themen kommen sie in jedem Interview zu sprechen, aber stets unter einem anderen Aspekt.
Das Buch ist auch und vor allem für Anfänger gut geeignet, denn Chomsky umfasst die Problematik griffig und prägnant zusammen. Die Anmoderation von Feroz, paar Seiten am Anfang eines jeden Interviews, hilft, sich in das jeweilige Thema hineinzudenken, da es einen kurzen, aber die Eckpunkte umfassenden Überblick gibt. Danach kommen die Fragen, die es auch in sich haben, da im Klartext verfasst worden und die Dinge unter solchen Blickwinkeln darstellen, die man vergeblich in Leitmedien sucht. So manche Frage von Feroz schien mir aber wie den Leitmedien entnommen zu sein, z.B. S. 49. Was Chomsky darauf antwortet ist sehr angemessen und entspricht den Tatsachen.
Diejenigen, die Chomskys Werke gelesen haben, kommen auch auf ihre Kosten, da er hier die aktuellen Entwicklungen bespricht und seine Sicht der Dinge dazu erklärt.

Man kann noch viel über dieses Buch schreiben, besser, man liest es selbst.

Ein gutes Buch ist gut auf jeder Seite. Hier trifft es voll und ganz zu.

Fazit: Sehr lesenswert. Ein must read. Ein würdiger Nachfolger der Werke Chomskys und ein tolles Geschenk an die Leser zu seinem 90sten.

Gekürzt.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 01.11.2018
Die schönsten Liebesgeschichten
Turgenjew, Iwan S.

Die schönsten Liebesgeschichten


ausgezeichnet

„Die schönsten Liebesgeschichten“ von Iwan Turgenew (1818-1883) habe ich sehr gern gelesen und empfehle sie auch gern weiter. Ein schönes Geschenk an die Leser zu seinem 200. Jubiläum.

Es sind neun Geschichten insg. Die ersten zwei sind eher kurz, 13 und 15 S., die weiteren fallen länger, 35-80 S., und deutlich komplexer aus.
Mir war, als ob ich Russland 1840-1860 Jahre besucht hätte.
Gerade die ersten Geschichten bezaubern durch Naturbeschreibungen, die nicht nur von ihrer Schönheit ein Lied singen, vielmehr legen sie Zeugnis von der wohl geübten Beobachtungsgabe des Autors und seinem schriftstellerischen Können ab.
Bei den Naturbeobachtungen bleibt es wohl freilich nicht. Jede der neun Geschichten hat zutreffende Aussagen, was menschliche Natur anbetrifft, damals wie heute, viele tragen auch einen gesellschaftskritischen Charakter, was man oft eher zwischen den Zeilen herausliest. Die Rolle der Frau wurde allerdings sehr deutlich thematisiert.
Oft fiel Turgenews Lebensweisheit auf, die er mit seinen Lesern gern teilt, z.B. in „Faust“, der Geschichte, die in Briefform verfasst ist, was auch den Inhalt optimal zum Leuchten bringt. Da schreibt ein Gutsbesitzer mittleren Alters, der irgendwo in russischer Provinz auf seinem Gut lebt, seinem Freund, was ihm im Sommer 1850 passiert war. Natürlich ist es eine Liebesgeschichte, psychologisch fein, mit subtil steigender Spannung, die mich bis zum Schluss gefesselt hielt, auch weil ich erfahren wollte, wie sich das ganze Gebilde aus neu entflammter Liebe, Pflichtgefühlen, neu gewonnenen Einsichten usw. auflöst. Wie so oft im Realismus gab es kein besonders glückliches Ende, was diese Werke wiederum stimmig und lebensecht macht.
In allen Geschichten war ich sehr beeindruckt von Turgenews Art, die Frauen, ob jung oder reif, so authentisch zu zeichnen, dass sie mir zum Greifen nah erschienen. Von „Asja“, spielt übrigens in Deutschland am Rein, dort wo die Weinreben die umliegenden Berge zieren, unter den jungen vermögenden Kleinadeligen, die sich dort zufällig treffen und eine Art Freundschaft anfangen, war ich hin und weg. Hier ist Turgenew nicht nur ein komplexer Frauencharakter gelungen, er vermochte die Liebe und die Unmöglichkeit ihrer Erfüllung so in Worte zu fassen, dass all dies noch lange nach dem Umblättern der letzten Seite nachhallte.
In der letzten Geschichte (Klara Militsch) beweist Turgenew nicht nur seine Beobachtungsgabe, sondern auch seinen Humor. Fein ironisch zeichnet er so manchen möchte-gern-Künstler, die am Anfang auftreten. Diese Gestalten standen sofort klar vor meinem inneren Auge. Ich musste paarmal schmunzeln und nicken: Passt. Wie dem wahren Leben entsprungen. Die Geschichte nahm einen eher mystischen Verlauf. Sehr gekonnt erzählt.
Das Coverbild passt hier übrigens sehr gut, denn diese Atmosphäre durchdringt viele der hier zusammengefassten Geschichten.
Paar Sätze fürs Zitatenheft:
„Mit dem Glück verhält es sich wie mit der Gesundheit: Wenn wir es nicht bemerken, heißt es, dass wir es haben.“ S. 116.
„Jeder ist also Schöpfer und zugleich Geschöpf seines Schicksals.“ S. 145.
„Der Verstand einer Frau ist besser als viele Gedanken.“ S. 154.
„Das Glück ist nicht im Sturm zu erobern. Aber man sollte nie vergessen, dass nicht das Glück, sondern die Würde des Menschen das wichtigste Ziel im Leben ist.“ S. 160.
Es gibt noch viel mehr davon. Sie entfalten aber ihre Aussagekraft, wenn man sie eingebettet in der jeweiligen Geschichte liest.
Mir hat es viel Spaß gemacht, Turgenew (wieder) zu lesen: In die damalige Zeit einzutauchen; die Welt durch die Augen seiner Figuren zu sehen; zu begreifen, was für sie wichtig war und warum; was ihnen Leid oder Freude bereitete; wie viel für sie Liebe bedeutete uvm.
Nach einer Pause lese ich das Buch bestimmt nochmals. Ein schönes, erfüllendes Leseerlebnis.

5 Sterne und eine klare Leseempfehlung!
Taschenbuch, 426 Seiten, Insel Verlag.
Gekürzt.