Benutzer
Top-Rezensenten Übersicht

Benutzername: 
Bella von www.bellaswonderworld.de
Wohnort: 
Karlsruhe
Über mich: 
Ich bin 31 Jahre alt und mein größtes Hobby ist das Lesen. Ich verschlinge alle möglichen Titel querbeet durch die verschiedensten Genres. Meine Leseleidenschaft teile ich mit anderen Lesebegeisterten auf meinem Blog www.bellaswonderworld.de

Bewertungen

Insgesamt 1143 Bewertungen
Bewertung vom 03.06.2020
Marianengraben
Schreiber, Jasmin

Marianengraben


ausgezeichnet

Beschreibung

Paula liebt ihren jüngeren Bruder Tim, dessen Faszination für die Tiefsee mit ihren Kreaturen ansteckend ist, über alles. Seit er jedoch bei einem schrecklichen Unfall ums Leben kam, ist für Paula nichts mehr wie zuvor. Sie stürzt in ein dunkles Loch der Depression. Erst nachdem sie bei einer verrückten Nacht-und-Nebel-Aktion den Senioren Helmut kennen lernt, erscheint für sie ein Licht am Ende des Tunnels. Kurzentschlossen begibt sich Paula mit dem wunderlichen alten Herrn auf eine Reise, die sie in die Vergangenheit führt und näher zu sich selbst bringt, als sie sich jemals zuvor stand.

Meine Meinung

Mit dem Roman »Marianengraben« wagt Jasmin Schreiber ihr literarisches Debüt zu einem ergreifenden Thema: Trauer & Depression. Bereits die sinnbildliche Titelauswahl und das dazu passende Cover in düsteren Blautönen mit den rot hervorstechenden Tentakeln ist ein Highlight und liefert die perfekte Untermalung zu Schreibers einzigartigem Werk.

Mit einer leicht verständlichen und präzise eingesetzten Sprache erzählt Jasmin Schreiber die Geschichte einer jungen Frau, deren Trauer um ihren jüngeren Bruder sie in eine dunkle Depression befördert hat. Schnörkellos und ohne Beschönigungen wird man als Leser*in knallhart mit dem ganzen Schmerz und der Verzweiflung der Protagonistin Paula konfrontiert. Bei dieser authentischen Darstellung bleibt nicht verborgen, dass sich die Autorin, auch durch ihre Tätigkeit als Trauerbegleiterin und Sternenkinder-Fotografin, intensiv mit der Thematik auseinandergesetzt hat.

Den Erzählstil von Jasmin Schreiber kann ich nur als ganz besonders und einzigartig beschreiben, denn wie sie mit Worten umgeht, diese in die richtige Stellung bringt und dabei eine außergewöhnliche Tiefe herbeiführt, sucht seinesgleichen. Die Atmosphäre wechselt mit der Verfassung der Protagonisten und sorgt für ein wahres Wechselbad der Gefühle. Schreibers Allegorien haben mir mehr als nur einmal einen dicken Kloß im Hals beschert und für nasse Augen gesorgt.

Von Seite zu Seite wird man von Paulas Depression und der zugrunde liegenden Trauer sogartig, wie von einem Strudel erfasst, der einen ins Bodenlose zieht.

Als rettender Anker tritt jedoch schon bald der etwas schrullige und verschrobene ältere Herr Helmut auf, der mit seiner kauzigen Sonderbarkeit und seiner Lebenserfahrung, Paula genau den Halt gibt, den sie so dringend nötig hat. Alleine der ersten Begegnung der beiden Charaktere, eines Nachts auf dem Friedhof, wohnt ein wohliger Humor inne, der im ersten Augenblick etwas komisch wirken mag, aber nach einer Reflexion der Dinge, der Situation eine Wahrhaftigkeit anhaftet, wie sie nur im echten Leben möglich ist.

Die auf den ersten Blick unheimlich kontroversen Persönlichkeiten, mit ihren herrlich ungeschliffenen Ecken und Kanten, sorgen im Aufprall miteinander für schräge Situationen und lassen mit einer Portion Komik Licht in das Dunkel der Geschichte, ohne über das Ziel hinauszuschießen. Spontan schließen sich Paula und Helmut zusammen und begeben sich auf einen speziellen Road-Trip, bei dem schon bald klar wird, dass Beide bereits viel im Leben durchmachen mussten und gar nicht so unterschiedlich sind. Die Kraft und Hoffnung, die sie sich gegenseitig geben wabert über die Buchseiten hinaus, wie die Tentakeln auf dem Cover.

»Marinangraben« von Jasmin Schreiber ist ein Roman, der viel Aufmerksamkeit verdient, und ich hoffe sehr, dass er diese auch bekommt!

Fazit

Ein berührender Roman über Trauerbewältigung, Hoffnung und die Liebe zum Leben. Durch geistreichen Humor gelingt es Jasmin Schreiber, selbst bei diesem düsteren Thema, ihren Leser*innen ein hoffnungsfrohes Lächeln aufs Gesicht zu zaubern. UNBEDINGT LESEN!

Bewertung vom 03.06.2020
Die Arche Neo. Band 1
Betbeder, Stéphane

Die Arche Neo. Band 1


sehr gut

In »Die Arche Neo – Tod den Rindviechern!« widmet sich der französische Szenarist Stéphane Betbeder auf leichtfüßige, humorvolle und dennoch treffsichere Art und Weise der Tierhaltung, ihren schrecklichen Auswüchsen und packt das Leid, dass wir Menschen Tieren zufügen in eine Geschichte ein, die berührt und das Zeug zum Wachrütteln hat.

Schon die ersten Seiten wecken mit ihren herzlichen Skizzierungen ein starkes Gefühl für das kleine Schweinchen Neo, für welches als es zu groß und unansehnlich wird, keinen Platz in der schimmernden Welt der Stars mehr gibt, und es schließlich auf einen Bauernhof landet. Zunächst hat Neo auch hier ein angenehmes Leben unter Tierfreunden, doch das ändert sich schlagartig als der Hof von der Polizei geräumt wird.

Gemeinsam mit einer Milchkuh, einem Hahn und einem Schaf gelingt Neo die Flucht in allerletzter Minute. Auf ihrem gemeinsamen Weg lernt man die einzelnen Tiere näher kennen und erfährt etwas über ihre Leiden, die sie als Auswirkung von der wirtschaftlichen Haltung durch den Menschen zu (er)tragen haben. Das Ganze geschieht auf eine ebenso nüchterne wie auch beängstigende Art und Weise, die tief unter die Haut geht.

Die träumerische Szenerie vom Beginn wechselt mit ihrer erwärmenden Atmosphäre immer mehr hin zu der kalten und brutalen Seite des (Tier)Geschäfts und zeigt auf, welchen Tribut die Tiere für uns Menschen zahlen. Künstler Paul Frichet setzt bei seiner Illustration auf klare Linien und kräftige Farben, die der Geschichte den passenden Nachdruck verleihen – egal ob bei der traumhaften Vorstellung eines privilegierten Schweinelebens oder bei der Gegenüberstellung mit den nackten Tatsachen auf dem sagenumwobenen und von jedem Tier gefürchteten Ort namens »Schlachthof«.

Fazit

Ein wunderbarer Comic und Plädoyer für mehr Nachhaltigkeit bei der Tierhaltung.

Bewertung vom 03.06.2020
Mythen der Antike: Die Ilias (Graphic Novel)
Ferry, Luc;Bruneau, Clotilde

Mythen der Antike: Die Ilias (Graphic Novel)


sehr gut

Der Splitter Verlag hat sich seit Oktober 2019 einer Reihe um die »Mythen der Antike« angenommen, in der der ehemalige französische Bildungsminister Luc Ferry in Zusammenarbeit mit Clotilde Bruneau Szenarien für Comic-Adaptionen der griechischen Mythologie erarbeiten und gemeinsam mit verschiedenen Illustrator*innen nun zu neuem Leben erweckt werden.

Der zweite in deutscher Übersetzung veröffentlichte Band trägt den Titel »Die Ilias« und erzählt die Geschichte des trojanischen Krieges, die in der Popkultur vor allen Dingen durch die Verfilmung »Troja« aus dem Jahre 2004 von Regisseur Wolfgang Petersen bekannt sein dürfte. Luc Ferry hat die komplexe mythologische Geschichte zusammen mit Clotilde Bruneau ins Comicformat gebracht. Die detaillierten und mit lebendigen Farben kolorierten Illustrationen des Künstlers Pierre Taranzano setzen die Geschichte gekonnt in Szene.

Herausragend umgesetzt finde ich das Minenspiel, welches den einzelnen Charakteren die nötigen Ecken und Kanten verleiht. Zudem gefällt mir vor allen Dingen die Darstellung von Zeus und Hera, die wirklich schön getroffen sind und zusammen ein tolles Bild ergeben. Zeus spielt in dieser Geschichte zudem eine tragende Rolle, denn er trägt mit seinen Entscheidungen und dem Versuch seine Götter unter Kontrolle zu halten einen großen Beitrag zum Verlauf und Ausgang des Krieges bei.

Die Dramaturgie der Geschichte ist unglaublich fesselnd, es gibt blutige Kämpfe zwischen den Trojanern und den Griechen, denn der trojanische Prinz Paris hat die Frau des spartanischen Königs Menelaos entführt und die Ehre der Krieger, wie die des mutigen Achill, stehen auf dem Spiel und werden zu Figuren auf dem Spielfeld der mächtigen Götter, die ihre ganz eigenen Ziele verfolgen.

Action gepaart mit Strategie, heroischen Persönlichkeiten und vor allen Dingen die Darstellung der Beziehung unter den griechischen Göttern machen diese Geschichte zu einem besonders interessanten Lesespaß. Die Panels entfalten im Zusammenspiel mit großen einseitigen und auch doppelseitigen Illustrationen eine tolle Atmosphäre, die die Magie dieses Epos zur Geltung bringt.

In »Die Ilias« tummeln sich zahlreiche Charaktere auf der Spielfläche, um einen guten Überblick zu behalten, liest man den Comic am besten gleich an einem Stück. Vielleicht wäre hier auch eine Art Auflistung der wichtigsten Persönlichkeiten zu Beginn anhand einer »Dramatis Personae« mit kleinen Abbildungen zum jeweiligen Charakter eine gute Lösung gewesen.

Der Geschichte lässt sich in den übersichtlich angeordneten Panels einfach folgen. Zudem handelt es sich bei der Erzählung um einen in sich abgeschlossenen Band, daher ist »Die Ilias« auch Comic Neulingen zu empfehlen, die sich für die griechische Mythologie interessieren.

Im Anhang kann man schließlich noch tiefer in die Mythologie eintauchen, denn auch in diesem Band wurden wieder zahlreiche Hintergrundinformationen zur Geschichte zusammengetragen, die mit Abbildungen von historischen Ölgemälden sowie einiger Marmorbüsten unterfüttert werden.

Im Oktober 2019 erschien mit dem Titel »Daedalus & Ikarus« der erste Band aus der Reihe »Mythen der Antike«. Weitere Ausgaben sind mit Erscheinungsterminen im Februar 2020 »Jason und das Goldene Vlies«, im Mai 2020 »Ödipus«, im Juli 2020 »Midas« und im September 2020 »Perseus und Medusa« geplant. Die Originalreihe, für die 30 Bände geplant sind, trägt im französischen den Titel »La Sagesse des mythes« und nahm bereits im Jahre 2016 ihren Lauf.

Fazit

Die komplexe Geschichte des trojanischen Krieges in bunten Bildern erleben – das ist etwas für Comicfreunde und Liebhaber der Mythologie gleichermaßen.

0 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 03.06.2020
Priest of Bones / Kampf um den Rosenthron Bd.1
McLean, Peter

Priest of Bones / Kampf um den Rosenthron Bd.1


ausgezeichnet

Der Spitzentitel des Frühjahr-Programms der Hobbit-Presse kommt aus der Feder des britischen Schriftstellers Peter McLean und ist zugleich der Auftakt zu seiner zweiten Fantasy-Reihe mit dem Titel »Der Kampf um den Rosenthron« (engl. War for the Rose Throne).

»Priest of Bones« ist der erste Band der Reihe und zugleich auch der erste Roman, den ich von diesem Autor gelesen habe. Das düster gehaltene Cover verspricht ein finsteres High-Fantasy Erlebnis mit Kampfgewalt, und der Titel lässt schon auf Ränkespiele, Machtkämpfe und actionreiche Spannung schließen. Zu Beginn findet sich der Abdruck einer obligatorischen Karte von dem Ort des Geschehens, die eigentlich bei keiner guten Fantasy-Geschichte fehlen darf ein und es gibt anhand »Dramatis Personae« einen kurzen Überblick über die auftretenden Personen.

Ich muss zugeben über den Namen der Heimatstadt unseres ganovenhaften Helden Tomas Piety, bin ich immer wieder etwas gestolpert, da ich anstatt Ellingburg immer wieder Edinburgh lesen wollte. Ansonsten ist es mir, durch die gut strukturierte Herangehensweise von Peter McLean, sehr leicht gefallen in die zwielichtigen Straßen mit ihren Spelunken und Ganoven einzutauchen. Das Setting wird jedem gefallen, der es düster mit einem Hauch Mittelalter-Feeling mag.

Das temporeiche und bildliche Storytelling von McLean sorgt fast schon für ein cineastisches Leseerlebnis und befeuert das innere Kopfkino mit gewaltigen Szenerien und blutigen Kämpfen. Dieser Lesestoff würde sich durch die immer wieder An- und Absteigende Dramaturgie in meinen Augen auch prima für eine Serienadaption eignen.

Im Mittelpunkt der Handlung steht ganz klar der Soldatenpriester Tomas Piety, der sich den Glauben zwar zu seinem Nutzen macht, ansonsten aber weniger gläubig ist. Wenn es seine Zwecke erfordern ist er auch für jegliche Magie, die die Abergläubigen als Hexenwerk bezeichnen, zu haben. Da die Geschichte aus seiner Perspektive erzählt wird, bekommt man seine Gedanken, Pläne und klaren Absichten hautnah mit. Sein fein gezeichneter Charakter ist äußerst interessant, denn die harte kriminelle Schale beinhaltet einen gutmütigen Kern, bei dem deutlich wird, dass der so hart gesottene Bandenchef ein Herz für die Armen, Kranken und weniger begünstigten Seelen in seinen Straßen hat.

Eine große Rolle spielt in diesem ersten Band die neue Formierung der Pious Men durch ihren Leader Tomas Piety und die damit verbundenen strategischen Hintergründe. Wenn man etwas an dem Handlungsrahmen kritisieren möchte, dann vielleicht, dass sich die einzelnen Puzzleteile etwas zu leicht in die offenen Stellen einfügen. Die Spannung wird dabei jedoch nicht beeinträchtigt, denn hier gibt es jede Menge interessante Knotenpunkte, die die Aufmerksamkeit des Lesers auf sich ziehen. Sei es die schwierige Situation mit seinem alkoholabhängigen Bruder Jochan und der Tatsache, dass er nicht ihm, sondern Bloody Anne sein Vertrauen als seine rechte Hand schenkt, oder die verdeckte Spionin der Quenn’s Man, die ohne das Wissen seiner Männer Macht über ihn ausübt und seine Geschäfte in die von der Krone gewünschte Richtung lenkt. Außerdem gibt es jede Menge interessante Charaktere kennenzulernen wie z. B. Bloody Anne, Sir Eland, Billy the Boy, Cookpot, Simple Sam und viele mehr, die im Zusammenspiel als Gruppe eine fesselnde Dynamik entwickeln.

»Priest of Bones« ist ein gelungener Auftakt zu einer düsteren und mitreißenden Mafia-Geschichte im Fantasy-Gewand. Ich freue mich schon sehr auf die Fortsetzung der Reihe und hoffe, dass der magischen Seite der Geschichte noch etwas mehr Raum gegeben wird, da diese hier doch etwas zu kurz gekommen ist.

Fazit

Der Pate im High-Fantasy Gewand!

Bewertung vom 03.06.2020
Der Mann, der seinem Gewissen folgte
Lewis, Janet

Der Mann, der seinem Gewissen folgte


ausgezeichnet

Beschreibung

1625. Der Justizfall um den bekannten Pastor Peder Sören Qvist versetzt die Gemeindemitglieder von Vejlby in Aufregung, denn der für seine Güte bekannte Pastor wird eines Verbrechens bezichtigt, für das er zum Tode verurteilt werden soll. Seine Familie und Freunde suchen entlastendes Material für den Indizienprozess, der schon bald gegen ihn eröffnet wird.

Meine Meinung

Janet Lewis historischer Roman »Der Mann, der seinem Gewissen folgte« beruht auf einer wahren Begebenheit aus dem 17. Jahrhundert und wurde nun erstmals in der deutschen Übersetzung im dtv Verlag publiziert. Die Autorin veröffentlichte zwei weitere Romane, in denen sie sich ebenfalls mit wahren Kriminalfällen befasst, diese wurden unter dem Titel »Die Frau, die liebte« (2018 im dtv Verlag) und »The Ghost of Monsieur Scarron« veröffentlicht.

Mit »Der Mann, der seinem Gewissen folgte« taucht man in die karge Landschaft Jütlands (Dänemark) ein und folgt den tragenden Worten der Autorin, bei denen man sich dem Gefühl nicht erwehren kann, dass jedes Wort genau dort sitz, wo es hingehört und die daraus entstehenden Sätze genau die Wirkung entfalten, auf die es Lewis angelegt hat.

Mit viel Fingerspitzengefühl erzählt Janet Lewis die Geschichte eines Justizfalles, der nicht nur in der Familie des Angeklagten für Aufruhr sorgt, sondern auch die umliegenden Gemeinden in Aufregung versetzt, denn kein geringerer als der gütige Pastor Qvist soll seinen Knecht Niels Bruus im Jähzorn erschlagen haben. Obwohl von Beginn an klar ist, dass sich der Pastor nichts dergleichen zu Schulden kommen lassen hat, wird er angeklagt. Das alles nur, weil er sich mit Morten Bruus, dem älteren Bruder, von Niels angelegt hat und diesem den Wunsch, seine Tochter Anna zu ehelichen, verwehrte.

Morten Bruus ersann sich daraufhin eine intrigante Hinterlist, bei der er seinen nichtsahnenden Bruder Niels für seine Zwecke missbrauchte und gleich den Schicksalen mehrere Menschen eine Wendung verpasste, die Kummer und Not über die Beteiligten brachte und eine Liebe entzweite.

Der Ausgang der Geschichte ist zwar von Beginn an kein Geheimnis und dennoch fehlt es dem Roman in keinster Weise an Spannung. Ganz im Gegenteil, man fiebert mit der Familie und den engen Freunden des Pastors mit und hofft bis zuletzt, dass sich das Blatt für den zu unrecht Angeklagten wenden möge.

Eine unglaubliche Tiefe erhält der Roman durch die emotional erschütternden Phasen, die Pastor Qvist durchläuft und die in aufwühlenden Gedankengängen dargestellt werden. Besonders viel Mitgefühl empfand ich für die Tochter des Pastors, deren Los mich tief berührte. Das Hadern mit der möglichen Schuld des Vaters und die missliche Lage für ihren Verlobten Tryg, der sich als Richter der Verhandlung in die Enge getrieben sieht, prägen den Handlungsverlauf.

Janet Lewis ist durch ein unglaublich bildhaftes Setting, und den fein gezeichneten Menschen aus dem 17. Jahrhundert ein fesselnder Roman über Moral und Liebe gelungen, der auch noch lange nach dem Lesen nachklingt. Dies ist zwar der erste Roman, den ich von der Autorin gelesen habe, wird mit Sicherheit aber nicht der Letzte sein!

Fazit

Ein absolut besonderes Buch, dass mit Feingefühl, Emotionen und Tiefgang bleibenden Eindruck hinterlässt.

Bewertung vom 03.06.2020
Die Bücher der Magie Bd.1
Howard, Kat;Fowler, Tom

Die Bücher der Magie Bd.1


sehr gut

Die Neuinterpretation von Neil Gamains Comic-Klassiker »Die Bücher der Magie« aus dem Sandman Universum erinnert durch das Cover sehr stark an J. K. Rowlings Fantasy-Buch-Reihe um den jungen Zauberer Harry Potter – doch tatsächlich handelt es sich bei Neil Gaimans Story um eine Geschichte, die bereits 1990 entstand und nun von der renomierten Fantasy-Autorin Kat Howard neu erzählt wird. Dennoch gibt es einige Parallelen zwischen den beiden Reihen: der Hauptakteuer ist ein Junge mit magischen Fähigkeiten, es kommt eine Eule vor und eine tierliebe Obdachlose, die eine Ähnlichkeit mit dem Wildhüter Hagrid erkennen lässt, hat ein offenes Ohr für den Helden der Geschichte.


In »Die Bücher der Magie« geht es jedoch deutlich blutiger zu, Gedärme werden frei gelegt und Kämpfe ausgefochten. Unser Hauptprotagonist Tim Hunter lebt bei seinem Vater, der sich wenig für seinen Sohn aber umso mehr für das TV-Programm interessiert, seine Mutter wird vermisst und so muss er alleine mit seinen magischen Fähigkeiten klarkommen. Zur Seite steht ihm seine Lehrerin sowie leere Bücher, die ihm erst ihre Lehre enthüllen sobald er dafür bereit ist.

Die Autorin Kat Howard führt die Leser*innen gekonnt durch die Handlung, die in diesem ersten Band zum größten Teil aus der Auseinandersetzung mit den agierenden Persönlichkeiten besteht und mit einem Ausflug in die abgefahrene Traumwelt besticht. Jedoch bleiben recht viele Fragen offen, sodass ich mich schon sehr auf die Fortsetzung dieser Comic-Klassiker-Reihe freue!

Die Zeichnungen von Tom Fowler haben mir zumeist gut gefallen, doch an manchen Stellen fand ich die fast schon karikaturistische Darstellung der Personen etwas überzogen, was dem recht düsteren Setting/Plot in meinen Augen nicht sonderlich gut steht. Zwischen den einzelnen Erzählungsabschnitten gibt es immer wieder realistische Coverillustrationen zu sehen, die immer ein optisches Highlight darstellten und mich fast wünschen liesen, dass der ganze Comic in diesem Stil abgebildet worden wäre.

Fazit

Ein magischer Comic-Klassiker in neuem Gewand, auf dessen Fortsetzung ich mich bereits sehr freue!

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 03.06.2020
Deadpool - Legacy
Duggan, Gerry;Koblish, Scott

Deadpool - Legacy


gut

Deadpool, der wohl unfreundlichste (Anti)Held aus der Nachbarschaft, konnte mich bisher durch seine Auftritte auf der großen Kinoleinwand und mit seiner dreckigen Art und Weise, der ein ganz spezieller Humor innewohnt, für sich begeistern. Nun möchte ich mit der neuen Marvel-Legacy Reihe und dem ersten Band »Deadpool killt Cable« von Gerry Duggan und Scott Koblish auch den Einstieg in das Deadpool-Comicverse wagen.

Die Dynamik zwischen Deadpool und dem kybernetischen Mutanten Cable hat mir sehr gut gefallen, es kommt keine Langeweile auf und ein actiongeladenes Panel jagt das Nächste. Die Zeichnungen von Scott Koblish sind sehr maskulin und kantig gehalten und sind oftmals von einer blutigen roten Farbgebung bestimmt, außerdem wird die temporeiche Story gut abgebildet. Es geht ganz schön derb zu, an blutigen Szenerien fehlt es auch nicht und Gerry Duggan haut jede Menge Sprüchen in klassischer Deadpool-Manier raus.

Als Neueinsteiger in die Deadpool-Comics blieben mir allerdings viele Hintergründe zu den einzelnen Akteuren verborgen und ich konnte sicherlich einige Bedeutungen nicht herauslesen. Klar ersichtlich hingegen ist, dass sich Deadpool von seiner Zeit als Avenger lossagt und wieder in alte Verhaltensmuster verfällt. Vielleicht hätte man für Neuleuser kleine Rückblenden einbauen können, um dem ganzen noch etwas mehr Nachdruck zu verleihen.

Fazit

Brutal und gnadenlos – Deadpool in Action, mit fiesen Sprüchen auf den Lippen und in einem erbittertem Kampf mit Cable verstrickt.

Bewertung vom 03.06.2020
Nordische Mythen und Sagen
Gaiman, Neil

Nordische Mythen und Sagen


ausgezeichnet

Der bekannte und beliebte Buch- und Comicautor Neil Gaiman hat eine Schwäche für die nordische Mythologie und dies zum Anlass genommen, die legendären Geschichten des weisen Göttervaters Odin, seines mächtigen Sohnes Thor und des klugen und listigen Loki zu erzählen. Die Sammlung von Neil Gaimans mythologischen Erzählungen trägt den Titel »Nordische Mythen und Sagen«, ist bereits 2017 als Hardcover-Ausgabe im Eichborn Verlag erschienen und wurde nun in einer wunderschönen broschierten Ausgabe neu aufgelegt. Das Cover ziert eine große Abbildung von Thors Hammer Mjölnir auf dem neben zahlreichem Zierrat auch die Midgardschlange zu sehen ist.

Ein Vorwort des Autors, in der er über seine Leidenschaft zur nordischen Mythologie berichtet, bildet die perfekte Einstimmung auf die kommenden Geschichten und nachdem er noch die wichtigsten Gottheiten kurz vorgestellt hat, taucht man in eine magische Welt vollgepackt mit fabelhaften Legenden ein und träumt sich in die längst vergangene Zeit der Götter.

Die ursprünglichen Götter- und Heldensagen stammen aus der »Edda«, einem literarischen Werk aus dem 13. Jahrhundert, und seither leben die Geschichten durch ihre Weitererzählung. Die wichtigsten Charaktere habe sogar den Sprung in unsere heutige Popkultur durch Comics und die erfolgreichen Marvel-Verfilmungen geschafft.

Neil Gaiman eröffnet nun durch seine moderne und leicht verständliche Nacherzählung der altehrwürdigen Sagen ein ganz neues Tor zum Universum der Götter. Ein jeder der sich etwas mehr für Odin und Thor interessiert wird hier fündig werden, denn Gaiman geleitet die Leser*innen in einem sanften Strom durch die Ereignisse um die Götterwelt und beleuchtet die einzelnen Charakterbeschaffenheiten. Wir begleiten Odin auf seinem Weg zu Mimirs Brunnen und wie er eines seiner Augen opferte, um einen Schluck von dem Wasser zu kosten und zu seiner Weisheit zu gelangen. Wir erfahren wie Thor zu seinem Hammer kam, der immer wieder zu ihm zurückkehrt und werden Zeuge von Lokis Streichen, die die Götter ganz schön in die Bredouille bringen. Immer im Blickwinkel die »Ragnarök«, die das Schicksal der Götter einst ein Ende setzen wird.

Es war mir eine unglaubliche Freude die Götter mit all ihren Stärken und Schwächen auf ihrem Weg zu begleiten, dabei hat mich besonders die Persönlichkeit von Loki ungemein gefesselt, denn bei ihm konnte man sich nie sicher sein was er gerade wieder ausheckt, auf welcher Seite er steht und was er als Nächstes tun wird – das war unglaublich spannend und sorgte für schöne Überraschungsmomente.

Fazit

Nordische Mythologie zum Eintauchen und Wegträumen – ganz großes Erzählkino!

Bewertung vom 03.06.2020
Die Letzten ihrer Art / Klima Quartett Bd.3
Lunde, Maja

Die Letzten ihrer Art / Klima Quartett Bd.3


gut

Nach »Die Geschichte der Bienen« und »Die Geschichte des Wassers« reiht sich nun der dritte Band mit dem Titel »Die Letzten ihrer Art« nahtlos in die Reihe von Maja Lundes Klima-Quartett ein.

Wie bereits gewohnt bewegt sich Maja Lunde nicht nur in einer Zeitebene, sondern vereint gleich drei Geschichten aus drei unterschiedlichen Zeitaltern zu einem großen Ganzen. Die Perspektiven werden von den jeweiligen Hauptprotagonisten, dem Zoologen Michail (1881), der Tierärztin Karin (1992) und der Mutter und Hofleiterin Eva (2064) in der Ich-Form erzählt, wobei es sich bei Michail zum größten Teil um einen Reisebericht handelt und bei Evas Geschichte auch Briefe ihrer Tochter Isa das Erzähl-Geflecht durchbrechen.

Der Roman beginnt im Jahre 2064 in Norwegen, die Menschen leben nach dem kompletten Kollaps des Klimas in schlechten Verhältnissen: die Lebensmittel werden knapp, es gibt kaum noch Kraftstoff für Fahrzeuge und auch der Strom ist ein begrenztes Gut. Die Menschen in ganz Europa befinden sich auf der Wanderschaft um zu überleben. Im Gegensatz dazu verharrt Eva mit ihrer Tochter Isa tapfer auf ihrem Hof, wo sie standhaft die letzten Wildpferde versorgt. Eines Tages trifft sie auf eine Wanderin, die wir Leser*innen bereits aus »Die Geschichte des Wassers« kennen. Die Isolation der Menschen, die Klimaflüchtlinge auf den Straßen, dieses ganze dystopische Geflecht sorgt für ein unglaublich beklemmendes Gefühl.

Im Kontrast dazu steht die nächste Erzählebene, in der wir Michail Alexandrowitsch Kowrow begleiten. Er wurde im Jahr 1848 in Petersburg zu einer Zeit geboren, in der es Aufstände in Paris gab, in deren Folge König Luis-Philippe abdankte und sich Unruhen auch im übrigen Europa ausbreiteten. 1883 wurde von Przewalski ein Takhi entdeckt, woraufhin Michail in Kontakt mit dem bekannten Tierfänger Wilhelm Wolff trat. Durch eine erfolgreiche Expedition in die Mongolei erhofft er sich ein Takhi nach Petersburg zu bringen und dadurch die finanziellen Probleme des Zoos zu lösen.

Die Tierärztin Karin reist 1992 als Projektleiterin mit einer Herde Takhis in das Hustai Naturschutzgebiet in der Mongolei. Sie wird von ihrem Sohn Mathias begleitet, der nach seiner von Drogen gezeichnete Vergangenheit einen Neuanfang sucht.

Alle drei Erzählebenen werden durch das zentrale Thema der Wildpferde und deren Aussterben beherrscht und jede Ebene hält eine ganze Palette an komplexen Facetten bereit. Insbesondere das Zukunftsszenario hat mir ganz schön Gänsehaut bereitet und gleicht einem Warnruf, der auch von Klimaleugnern gehört werden sollte. Die Ressourcen unserer Erde sind erschöpfbar und welch vielfältigen Katastrophen der Menschheit durch ihr selbstgemachtes Verhalten drohen kann, zeigt Maja Lunde gekonnt in ihren Büchern auf.

Obwohl die einzelnen Geschichten sehr eindrücklich erzählt werden und jede Menge Emotionen mitmischen, konnte mich Lunde mit »Die Letzten ihrer Art« nicht ganz abholen. Ich hatte das Gefühl, dass in die einzelnen Erzählstränge zu viel hineingequetscht wurde und damit das wirklich Wichtige etwas aus dem Fokus gerückt wurde. Wie z. B. die problematische Homosexualität von Michail und den Schlenker in die Kindheit von Karin auf dem Gestüt des Nazi-Reichsmarschalls Hermann Göring. Dennoch bin ich unglaublich neugierig auf den Abschluss-Akt des Klima-Quartetts, den ich mir auf keinen Fall entgehen lassen möchte!

Fazit

Ein berührender und aufrüttelnder Roman über Geburt, Leben und Tod und das Aussterben einer ganzen Art. Leider sind die einzelnen Erzählungen etwas überladen und nehmen dem Ganzen die nötige Luft zum Atmen.

2 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 03.06.2020
Die 13 1/2 Leben des Käpt'n Blaubär / Zamonien Bd.1
Moers, Walter

Die 13 1/2 Leben des Käpt'n Blaubär / Zamonien Bd.1


ausgezeichnet

Beschreibung

Ein Blaubär hat 27 Leben. Die ersten dreizehneinhalb Jahre des Lebens des Käpt’n Blaubär und seine Reise durch Zamonien sind in diesem Buch festgehalten. Von der Geburt über seine Kindheit bei den Zwergpiraten, seine Zeit auf der Klabautergeister-Inselt, seinem Aufenhalt auf dem Meer bei den Tratschwellen über seine Schulzeit bei Professor Dr. Nachtigaller, seinen Abenteuern mit den Rettungsflugsauriern bis hin zu seinen Abenteuern im ewigen Tornado und dramatischen Lügenduellen. Mutig stellt sich der Blaubär allen Herausforderungen, tödlichen Gefahren und findet dabei die verrücktesten Freunde.

Meine Meinung

Seit meiner Kindheit begleitet mich der Blaue Lügenbär mit seinem Seemannsgarn, Hein Blöd und den drei kleinen Bärenkindern. Seine Geschichten in der Sendung mit der Maus habe ich geliebt und auch die Zamonien-Romane von Walter Moers haben längst einen Platz in meinem Herzen gefunden. Zum 20½-jährigen Jubiläum des Blaubär-Romans von Walter Moers hat der Penguin Verlag gleich zwei Sonderausgaben dieses einzigartigen Werkes herausgebracht, eine Hardcover-Ausgabe mit blauem Buchschnitt, schwarz-weiß Illustrationen und farbigen Poster sowie eine Taschenbuchausgabe mit bunten Illustrationen. Eine gute Gelegenheit mich auch endlich mit dem Roman über »Die 13 ½ Leben des Käpt‘n Blaubär « zu befassen.

Der einzigartige Erzählstil von Walter Moers steckt voller Phantasie und lässt die buntesten Bilder in den eigenen Gedanken entstehen. Mit Käpt’n Blaubär verbinde ich schöne Kindheitserinnerungen, nicht nur die TV-Sendung, sondern vor allen Dingen die Geschichten auf MC, die ich zur Einschulung geschenkt bekam und mich auf unzähligen Autofahrten mit meinem Walkman begleiteten. Der Roman von Walter Moers umfasst im Gegensatz dazu jedoch über 700 Seiten und richtet sich eher an eine erwachsene Leserschaft.

Die unglaubliche Lebensgeschichte des blauen Bären wird aus der Ich-Perspektive des Blaubärs erzählt und ist in Kapitel aufgeteilt, die die einzelnen Jahre wiedergeben. Durchbrochen wird die Geschichte immer wieder durch die ausdrucksstarken Illustrationen des Autors. Wirklich Schade ist jedoch, dass diese Hardcover-Jubiläumsausgabe nicht auch die kolorierten Illustrationen wie die neue Taschenbuchausgabe oder die Hardcover-Ausgabe aus dem Knaus Verlag aus dem Jahre 2013 enthält.

Eine weitere Auflockerung der Geschichte und treuer Begleiter des Käpt’n Blaublär stellen die schlauen Einschübe und Erklärungen des „Lexikons der erklärungsbedürftigen Wunder, Daseinsformen und Phänomene Zamoniens und Umgebung“ von Prof. Abdul Nachtigaller dar, welches in direkter Weise mit seinem Gehirn verbunden ist.

In diesem ersten Teil der Zamonien-Buch-Reihe beweist Walter Moers ein unglaubliches Feingefühl für Sprache, Tempo und humoristische Pointen, die allesamt für ein stattliches Lachmuskeltraining sorgen. Ich möchte gar nicht allzuviel über diesen bunten und wahnsinnigen Trip durch Zamonien mit all seinen Daseinsformen und Eigenheiten verraten, denn das muss man einfach selbt erleben. Also unbedingt Lesen!

Fazit

Käpt’n Blaubärs Seemansgarn liefert ein unvergleichliches wie phantasievolles Erlebnis. Der erste und für mich auch der beste Zamonien-Roman!