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Benutzername: 
dorli
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Berlin
Buchflüsterer: 

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Insgesamt 878 Bewertungen
Bewertung vom 10.07.2018
Das Jahrhundertversprechen / Jahrhundertsturm Trilogie Bd.3
Dübell, Richard

Das Jahrhundertversprechen / Jahrhundertsturm Trilogie Bd.3


ausgezeichnet

In seinem historischen Roman „Das Jahrhundertversprechen“ nimmt Richard Dübell den Leser mit in das Berlin der 1920er Jahre und präsentiert ein facettenreiches und vor allen Dingen sehr glaubwürdiges Bild der damaligen Zeit.

Inflation und Wirtschaftskrise machen der Bevölkerung in der Zwischenkriegszeit schwer zu schaffen. Auch die von Briests können sich dem nicht entziehen, sie stehen kurz vor dem Bankrott. Das Gut wirft nicht genug ab und auch um Ottos und Hermines Detektivagentur steht es schlecht, es mangelt an Aufträgen.

Gekonnt verknüpft Richard Dübell wahre Begebenheiten aus der Zeit der Weimarer Republik mit fiktiven Geschehen und lässt seine Figuren – fiktive Akteure wie auch historische Persönlichkeiten – vor dem Auge des Lesers lebendig werden. Sehr anschaulich erzählt der Autor vom Alltag und den widrigen Lebensumständen, von der politischen Lage, dem technischen Fortschritt und dem kulturellen Leben. Alles, was die Menschen damals beschäftigt und bewegt hat, fließt in die Handlung ein. Man erlebt viele aufregende und einschneidende Momente sehr intensiv mit und kann sich daher bestens in die Zeit und die Situation der Menschen einfühlen.

Ich habe mit den Akteuren mitgefiebert, wenn es um die Erfüllung ihrer Wünsche und Träume ging. Habe ihre Sorgen geteilt und ihre Ängste gespürt. Ich habe mit Otto und Hermine um ihr Gut gekämpft, habe mich über hinterhältige Weggefährten aufgeregt und wurde von Max’ Leidenschaft für Automobile und den Motorsport und von Luisas Liebe zum Film mitgerissen.

Richard Dübell hat mich auch mit dem dritten Teil seiner Jahrhundertsaga begeistert. Diese Familiengeschichte ist eine ereignisreiche Zeitreise voller Abenteuer und Emotionen - es hat großen Spaß gemacht, die von Briests durch die Höhen und Tiefen ihrer Zeit zu begleiten.

Bewertung vom 02.07.2018
Grün ist die Liebe
Ferber, Marlies

Grün ist die Liebe


ausgezeichnet

Die 44-jährige Elisabeth Müller arbeitet einmal wöchentlich ehrenamtlich als Grüne Dame im Krankenhaus. Hier begegnet sie dem alten Herrn Grün, der am Bett seiner sterbenden Frau wacht. Herr Grün erzählt Elisabeth von seiner Lenya – wie er sie kennengelernt hat, von den Höhen und Tiefen der gemeinsamen fünfzig Ehejahre und vor allen Dingen von der unsterblichen Liebe zueinander. Elisabeth hört gebannt zu und fragt sich, wo eigentlich die Liebe zwischen ihr und ihrem Mann Robert nach jetzt zwanzig Jahren hin ist. Sie erkennt, dass die alltägliche Routine die Romantik unter sich begraben hat und möchte für frischen Wind in ihrer Ehe sorgen, doch das ist leichter gesagt als getan…

Marlies Ferber versteht es mit ihrem lockeren und angenehm zu lesenden Schreibstil ganz hervorragend, den Leser in den Bann dieser sowohl berührenden wie auch humorvollen Geschichte zu ziehen.

Ich war schon nach wenigen Seiten mittendrin in Elisabeths Welt und wurde von dem abwechslungsreichen Geschehen mitgerissen. Besonders die immer wieder in die laufende Handlung eingeschobenen Erzählungen von Herrn Grün über die Liebe zu seiner Frau Lenya haben mich gefesselt. Ich konnte sehr gut nachvollziehen, warum Elisabeth so fasziniert vom Leben der Grüns war und warum sie auch gerne so ein über viele Jahrzehnte hinweg währendes Glück für sich und Robert haben wollte.

Elisabeth ist eine Protagonistin, der man gerne folgt. Ihre Erlebnisse während ihrer Suche nach mehr Leidenschaft und Zweisamkeit sind mal amüsant, mal bewegend, aber immer sehr realitätsnah. Die Pfade, die die Mittvierzigerin gehen muss, haben so ihre Tücken und sind gepflastert mit unerwarteten Ereignissen, gut gemeinten Ratschlägen, wiederkehrenden Zweifeln und einem vertrackten Plan - am Ende kommt dann alles ganz anders und plötzlich ist der Weg frei für die Liebe…

„Grün ist die Liebe“ hat mir sehr gut gefallen. Es hat Spaß gemacht, Elisabeth durch diese für sie sehr aufwühlende Zeit zu begleiten und die schönen Augenblicke genauso wie die schwierigen Momente mit ihr zu teilen.

Bewertung vom 26.06.2018
Der Kreidemann
Tudor, C. J.

Der Kreidemann


sehr gut

Anderbury/Südengland. Eddie Adams wollte eigentlich einen tollen Nachmittag mit seinen Freunden auf dem Jahrmarkt verbringen, doch was fröhlich beginnt, endet mit einer Katastrophe: Eine Wagen löst sich von einem Kirmeskarussell und verletzt ein Mädchen schwer. Eddie und ein bleicher Mann, von dem Eddie später erfährt, dass dieser Halloran heißt und sein neuer Lehrer sein wird, leisten Erste Hilfe. Mr. Halloran ist es auch, der Eddie auf die Idee mit den Kreidebotschaften bringt. Eine Art Geheimschrift, die nur Eddie und seine Freunde verstehen und mit denen sie, ähnlich wie Hinweise bei einer Schnitzeljagd, Nachrichten austauschen können. Ein großartiger Spaß, bis zu dem Tag, als die Kreidezeichnungen die Jungs zu einer Leiche führen…

Das alles ist dreißig Jahre her. Was längs vergessen schien, wird plötzlich wieder lebendig, als Ed per Post einen Brief erhält, in dem sich ein Stück Kreide und eine Strichmännchenzeichnung befinden. Der Kreidemann ist zurück und die Geschichte von damals scheint sich zu wiederholen…

C.J. Tudor hat einen flüssig zu lesenden, sehr fesselnden Schreibstil, der den Leser schnell in das Geschehen hineinzieht. Die Autorin beginnt ihren Thriller mit einem grausigen Prolog: Jemand kniet in einem Wald neben einem abgetrennten Mädchenkopf nieder, heb den Kopf auf, steckt ihn in eine Tasche und trägt diese fort.

Im Folgenden lernt man Ed Adams kennen. C.J. Tudor überlässt es Ed selbst, sich vorzustellen und dem Leser seine Geschichte zu erzählen. Der mittlerweile 42-jährige Lehrer berichtet im kapitelweisen Wechsel von den Ereignissen 1986 und den Geschehnissen, die sich im Jahr 2016 in der vermeintlich idyllischen Kleinstadt abspielen.

Die Autorin hat ein gutes Händchen dafür, die Spannung langsam ansteigen zu lassen. Ed schildert die Vorkommnisse ruhig und unaufgeregt. Nach und nach bekommt man als Leser Einblick in die Geheimnisse der Akteure. Man gerät mit Ed & Co. in einen Strudel aus realen und mysteriösen Ereignissen und kann dabei prima über Hintergründe und Zusammenhänge grübeln und spekulieren. Überraschungen und Wendungen sorgen im Verlauf der Handlung dafür, dass die Geschichte immer wieder neuen Schwung bekommt und die Sogwirkung bis zur letzten Seite nicht abreißt.

„Der Kreidemann“ hat mir sehr gut gefallen – ein abwechslungsreicher Thriller, der auch ohne nervenzerreißender Höchstspannung zu fesseln vermag.

Bewertung vom 21.06.2018
Schönbrunner Finale
Loibelsberger, Gerhard

Schönbrunner Finale


ausgezeichnet

Wien 1918. Der Planetenverkäufer Stanislaus Gotthelf wird in seiner Hütte im zweiten Hinterhof eines Hauses in der Rechten Wienzeile erschlagen aufgefunden. Verdächtigt werden die Deserteure Ambrosius Zach und Karel Husak, die als Bettgeher bei ihm Unterschlupf gefunden hatten und jetzt spurlos verschwunden sind. Obwohl eigentlich gar nicht zuständig, beginnt Oberinspector Joseph Nechyba auf Drängen seiner Frau Aurelia mit den Ermittlungen…

In seinem historischen Roman „Schönbrunner Finale“ wartet Gerhard Loibelsberger mit einer kurzweiligen Mischung aus spannendem Kriminalfall und historischen Fakten rund um das nahende Ende Österreich-Ungarns auf und lässt damit auch diesen sechsten Band der Nechyba-Reihe zu einer fesselnden Zeitreise werden.

Gerhard Loibelsberger hat viele wahre Begebenheiten in die Handlung eingeflochten und lässt das vom Krieg in die Knie gezwungene Wien vor den Augen des Lesers lebendig werden. Überall herrscht bittere Not, die Lebensmittelbeschaffung wird jeden Tag aufs Neue zu einer Kräfte verzehrenden Aufgabe. Der Schwarzhandel blüht, die Kriminalitätsrate ist hoch, Einschleichdiebstähle und sogar Mord und Totschlag sind an der Tagesordnung. Damit nicht genug, eine weitere Bedrohung rollt bereits auf die Wiener Bevölkerung zu: die Spanische Grippe.

Auch bei Genussmensch Nechyba ist die Sehnsucht nach einem Stück Fleisch oder auch echtem Bohnenkaffee groß und so begleitet man den mittlerweile 58-Jährigen bei seinen alltäglichen Bemühungen, mit dem Wenigen, das es gibt, eine Mahlzeit auf den Tisch zu bekommen, „… weil a knurrender Magen ist wie ein bissiger Hund …“ (Seite 43). Der Mordfall Gotthelf gerät dabei fast zur Nebensache, wird jedoch schließlich in gewohnter Nechyba-Manier aufgeklärt.

Gerhard Loibelsberger kann nicht nur mit der Darstellung der politischen Lage und der sozialen Verhältnisse in den letzten Kriegsmonaten punkten, er erzählt auch sehr unterhaltsam und packt reichlich Wiener Schmäh in seine Geschichte. Die Dialoge sind in Mundart geschrieben und verleihen der Handlung damit eine Extraportion Authentizität. Besonders gut hat mir gefallen, dass die Wiener Ausdrücke nicht nur in einem Glossar am Ende des Buches aufgelistet werden, sondern die Erläuterungen auch als Fußnote auf der entsprechenden Seite zu finden sind.

„Schönbrunner Finale“ hat mich durchweg sehr gut unterhalten – eine Mischung aus Historie und Spannung, die mit interessanten Charakteren und einer fesselnden Handlung zu überzeugen weiß.

Bewertung vom 15.06.2018
Die fremde Prinzessin / Geraldines-Roman Bd.4
Qunaj, Sabrina

Die fremde Prinzessin / Geraldines-Roman Bd.4


ausgezeichnet

In ihrem historischen Roman „Die fremde Prinzessin“ nimmt Sabrina Qunaj den Leser mit in das 12. Jahrhundert nach Wales und Irland und erzählt von einem bedeutenden Ereignis in der irischen Geschichte: der normannischen Eroberung des Landes.

Im Mittelpunkt dieses vierten und abschließenden Bandes der Geraldines-Reihe steht eine uneheliche Tochter von Richard „Strongbow“ de Clare: Basilia „Lia“ de Clare. Lia wächst im Schatten der Burg von Striguil auf und ist ein richtiger Wildfang. So herrlich ungestüm, dass eigentlich jeder sie sofort ins Herz schließen müsste, doch als Tochter eines normannischen Earls und einer walisischen Magd hat sie es nicht gerade leicht. Sie wird von keiner Seite wirklich akzeptiert, sondern immer wieder als Bastard beschimpft. Aber Lia lässt sich nicht unterkriegen, im Gegenteil, ihre vielfältigen Erfahrungen machen sie stark für das Leben, das ihr Vater für sie vorgesehen hat. Zu einer heiratsfähigen jungen Frau herangewachsen, nimmt Strongbow Lia mit nach Irland. An der Seite ihrer Stiefmutter Aoife lernt sie das von blutigen Unruhen erschütterte Land kennen und schließlich auch lieben…

Eine weitere Hauptrolle in dieser Geschichte spielt Raymond le Gros, ein Enkel von Nesta ferch Rhys und Gerald de Windsor. Raymond ist einer der fähigsten Ritter in Strongbows Gefolge, besonders die militärischen Erfolge während der Eroberung Irlands gehen zu einem erheblichen Teil auf sein Konto. Obwohl Strongbow auf Raymonds Geschick als Feldherr angewiesen ist und ihm in diesem Bereich vollkommen vertraut, herrscht auf persönlicher Ebene eine regelrechte Fehde zwischen den beiden Männern – ein Umstand, der auch für Lias Lebensweg von großer Bedeutung ist…

Sabrina Qunaj erzählt Lias Geschichte sehr anschaulich und unterhaltsam, jede Szene wirkt lebendig und ist fesselnd. Die Autorin hat eine Fülle wahrer Begebenheiten in die Handlung eingeflochten und zeichnet damit ein facettenreiches und sehr glaubwürdiges Bild von Zeit und Ort - man kann sich die Schauplätze und die vorherrschenden Gegebenheiten bestens vorstellen und durchweg prima mit den Akteuren mitfiebern und mitfühlen.

Sowohl Haupt- wie auch Nebenfiguren bekommen schnell ein Gesicht, alle werden lebhaft und ausdrucksstark dargestellt und wirken in ihrem Tun überzeugend. Es war äußerst spannend, die Wege der Akteure zu verfolgen und es hat Spaß gemacht, ihr Miteinander und Gegeneinander zu beobachten und die schönen Momente wie auch die traurigen Augenblicke mit ihnen zu teilen. Ob nun Lias intrigante Zwillingsschwester Alina, der wissbegierige Knappe Geoffrey oder auch der scheußliche Robert de Quincy – sie alle sorgen dafür, dass die Geschichte immer wieder neuen Schwung bekommt und die Sogwirkung bis zur letzten Seite nicht abreißt.

„Die fremde Prinzessin“ hat mich rundum begeistert – eine gelungene Verknüpfung von historischen Fakten, Spannung und Unterhaltung, die schwungvoll erzählt wird und mir eine interessante, kurzweilige Zeitreise beschert hat.

Bewertung vom 14.06.2018
Ein Landarzt zum Verlieben
Denzau, Heike

Ein Landarzt zum Verlieben


ausgezeichnet

Elmfleth an der Elbe - ein beschauliches Dorf, in dem nie Hektik herrscht. Hier ist die 28-jährige Isa Hofer aufgewachsen. Ohne Vater, denn Thomas Hofer hat seiner Familie vor 20 Jahren den Rücken gekehrt. Isa vermisst ihn auch heute noch sehr, aber eigentlich ist sie sauer auf ihn, weil er nach wenigen Briefen einfach den Kontakt abgebrochen hat…

Isa ist ausgebildete Krankenschwester und studiert mittlerweile Medizin, nimmt sich aber gerade eine Auszeit, um ihre verunfallte Mutter in der Familienpension zu unterstützen. Nebenbei hilft sie halbtags in der Landarztpraxis von Dr. Hollerbeck aus. Als Onkel Hollerbeck plötzlich ins Krankenhaus muss, erscheint als Vertretung dessen Neffe auf der Bildfläche. Dr. Aaron Berner ist Isa noch aus Kindertagen in Erinnerung, „Professor Fetty“ haben sie und ihre beste Freundin Jette ihn immer genannt - der Mann, der ihr jetzt gegenübersteht, hat allerdings nichts mehr mit dem pummeligen Brillenträger von damals gemein, sondern lässt Isas Herz prompt schneller schlagen…

Neben einigen Höhen und Tiefen in der Dorfgemeinschaft sorgt auch ein Pensionsgast, um dessen Unterbringung Jette gebeten hat, für mächtig Wirbel - Jettes Onkel Tommaso benimmt sich irgendwie merkwürdig und übt dabei eine ganz besondere Anziehungskraft auf Isa aus…

Heike Denzau hat einen angenehm zu lesenden, sehr humorvollen Schreibstil. Schon nach wenigen Seiten ist man mittendrin im Geschehen und kann prima mit Isa mitfiebern und mitfühlen.

Isa ist eine Protagonistin, der man gerne folgt. Die 28-Jährige hat ein großes Herz und immer ein offenes Ohr für die Probleme ihrer Mitmenschen, nur die Unwuchten in ihrem eigenen Leben, die kriegt sie nicht so richtig in den Griff. Isas Gefühlswelt fährt im Verlauf der Handlung immer wieder Achterbahn - besonders gut gefallen hat mir, dass die Autorin für diese Geschichte die Ich-Perspektive gewählt hat und Isa selbst von ihren Erlebnissen erzählen lässt, da man so alles, was die Studentin beschäftigt und durchmacht, sehr intensiv miterlebt.

Auch die anderen Figuren haben Persönlichkeit und Ausstrahlung. Jeder Einzelne bekommt schnell ein Gesicht und bringt mit seinen Eigenarten, Besonderheiten und Macken eine Menge Schwung in die Handlung. Der Humor ist frisch und natürlich, die Dialoge sind lebhaft, das ganze Geschehen ist bis auf wenige traurige Momente sehr fröhlich - es macht einfach Spaß, das Miteinander und Gegeneinander der Akteure zu beobachten.

„Ein Landarzt zum Verlieben“ hat mir sehr gut gefallen – genau der richtige Schmöker für einen gemütlichen Lesenachmittag auf Terrasse oder Balkon.

Bewertung vom 12.06.2018
Blutschatten / Sunday Night Bd.1
Reichs, Kathy

Blutschatten / Sunday Night Bd.1


sehr gut

Charleston/South Carolina. Ein Jahr ist es her, dass die Tochter und der Enkel der vermögenden Opaline Drucker bei einem Bombenanschlag in Chicago ums Leben gekommen sind und ihre Enkelin Stella spurlos verschwunden ist. Die Täter konnten nie gefasst werden. Ein kürzlich erfolgter Zugriff auf ein geheimes Konto weckt in Opaline die Hoffnung, dass die 15-jährige Stella noch am Leben ist. Sie engagiert Sunday Night, weil sie diese für am geeignetsten hält, die Verantwortlichen für das Attentat aufzuspüren und herauszufinden, was mit ihrer Enkelin geschehen ist. Sunday fühlt sich durch Stellas Geschichte an ihre eigene Vergangenheit erinnert und macht sich entgegen ihrem anfänglichen Missfallen für diesen Auftrag auf die Suche nach dem Mädchen…

Nach ihren zahlreichen Romanen um die forensische Anthropologin Tempe Brennan schickt Kathy Reichs in „Blutschatten“ eine neue Heldin ins Rennen: Sunday Night.

Sunday ist eine Frau mit einer aufwühlenden Vergangenheit. Ihre Kindheit hat sie in einer Sekte verbracht und ist gemeinsam mit ihrem Bruder Gus nur knapp einem Massenselbstmord entkommen. Die Zeit hat körperliche und seelische Narben hinterlassen und Sunday zu einer hitzköpfigen, ungeduldigen Frau gemacht, die sich nicht besonders gut an Anweisungen halten kann. Die Schule abgebrochen, aus der Army entlassen und den Polizeidienst quittiert, lebt sie jetzt seit mittlerweile sechs Jahren zurückgezogen auf einer Insel in der Nähe von Charleston. Im Verlauf der Handlung gibt es einige Rückblenden, in denen man Einzelheiten aus ihrem Leben erfährt und nach und nach immer besser versteht, warum eine nicht enden wollende Wut in ihr rumort und sie zu dem Menschen wurde, der sie heute ist.

Kathy Reichs erzählt rasant und mitreißend. Sie ist nicht nur in der Lage, den Leser ruckzuck in den Bann ihrer Geschichte zu ziehen, sie hat auch ein gutes Händchen für die Darstellung von Schauplätzen und Figuren, so dass man sich alles und jeden sehr gut vorstellen kann.

Die Autorin lässt Sunday selbst von ihren Erlebnissen während der Suche nach Stella erzählen – das hat den Vorteil, dass man als Leser bei jedem von Sundays Ermittlungsschritten dabei ist und Anteil an all ihren Gedanken, Ideen und Beobachtungen hat und ihre Aktionen intensiv mitverfolgen kann. Leider hat diese Ausführlichkeit einige Wiederholungen (in Hotels einchecken, Observierungen) im Gepäck, die der Geschichte ab und an ein wenig die Spannung nehmen.

Insgesamt hat mir „Blutschatten“ sehr gut gefallen – ein gelungener Serienauftakt, der mich neugierig auf weitere Fälle mit dieser außergewöhnlichen Ermittlerin macht.

Bewertung vom 11.06.2018
Verrat am Kaiser-Wilhelm-Kanal
Marschall, Anja

Verrat am Kaiser-Wilhelm-Kanal


ausgezeichnet

In ihrem historischen Kriminalroman „Verrat am Kaiser-Wilhelm-Kanal“ nimmt Anja Marschall den Leser mit in das Jahr 1896 nach Kiel. Die Autorin wartet mit einem Mix aus historischen Fakten und spannender Fiktion auf und lässt diesen Krimi damit zu einer kurzweiligen Zeitreise werden.

Hauke Sötje, ehemaliger Kapitän und jetzt Kommissar bei der neuen Kriminalpolizei in Kiel, ist zufällig zugegen, als die Leiche einer jungen Frau aus dem Kanal gezogen wird. Obwohl der Fall schnell als Selbstmord abgetan wird, sagt Haukes Bauchgefühl etwas anderes, denn es gibt ein paar Indizien, die für ein Fremdverschulden sprechen. Hauke bittet Levi Bloch, den Schreiber des Kommissariats, sich bezüglich der offenen Fragen für ihn umzusehen und umzuhören, da er selbst sich ein paar Tage vom Dienst freistellen lassen hat, um einen inoffiziellen Auftrag im Kieler Schloss zu erledigen. Während des Besuchs einer russischen Delegation soll Hauke einen Spion beschützen – eine Aufgabe, die er nur übernimmt, weil diese ihm die Gelegenheit bietet, die Geister der Vergangenheit abzuschütteln und den Mann zur Rechenschaft zu ziehen, der für den Untergang seines Schiffes und den Tod seiner Mannschaft verantwortlich ist. Dass er schnurstracks in eine Falle tappt, ahnt der Kommisaar jedoch nicht…

„Verrat am Kaiser-Wilhelm-Kanal“ ist bereits der dritte Fall für Hauke Sötje, der Krimi ist aber auch ohne Kenntnis der vorherigen Bände bestens verständlich.

Für die Ermittler gilt es in diesem Fall, ein Knäuel aus rätselhaften Spuren, hinterhältigen Machenschaften und fragwürdigen Personen zu entwirren – als Leser ist man von Anfang an mittendrin in diesem spannenden Verwirrspiel und kann bis zum Schluss prima über Täter und Motive miträtseln und mitgrübeln.

Anja Marschall hat ein gutes Händchen dafür, die fesselnde Krimihandlung mit historischen Fakten und wahren Begebenheiten zu verweben. Das Kiel des ausgehenden 19. Jahrhunderts wird vielschichtig dargestellt. Neben der Mentalität und den Eigenarten der Menschen in der damaligen Zeit fließen auch Lebensweise, Alltag, politische Lage, gesellschaftliche Gepflogenheiten, technische Errungenschaften und Mode in das Geschehen ein – alles was die Menschen im alten Kiel beschäftigt und bewegt hat, findet man in der Handlung wieder. Die ganze Szenerie wirkt dadurch durchweg authentisch und lebendig, so dass das Lesen dieses historischen Krimis zu einem besonderen Erlebnis wird.

„Verrat am Kaiser-Wilhelm-Kanal“ hat mich rundum begeistert – die gut ausbalancierte Mischung aus Spannung und Historie hat mir nicht nur unterhaltsame Lesestunden beschert, sondern mir auch interessante Einblicke in die Historie Kiels ermöglicht.

Bewertung vom 30.05.2018
Die Pranken des Löwen / Robin Hood Bd.1
Lorne, Mac P.

Die Pranken des Löwen / Robin Hood Bd.1


ausgezeichnet

In seinem historischen Roman „Die Pranken des Löwen“ geht Mac P. Lorne der Frage nach, wie aus einem mittelenglischen Freibauern ein so hervorragender Kämpfer und Bogenschütze wie der legendäre Robin Hood werden konnte. Hierzu hat der Autor die historischen Ereignisse zwischen Februar 1110 und dem Winter 1186 mit einer facettenreichen fiktiven Handlung verflochten und nicht nur ein glaubwürdiges Bild der damaligen Zeit gezeichnet, sondern zudem eine durchaus denkbare Ahnengeschichte für den englischen Volkshelden konstruiert.

Matilda, Tochter Henry I., ist 8 Jahre alt, als sie den jungen Gardisten Robert Fitzooth davor bewahrt, seine rechte Hand zu verlieren. Robert wird zum persönlichen Leibwächter der Prinzessin ernannt und begleitet Matilda nicht nur zu ihrer Verlobung mit Heinrich V. nach Deutschland, sondern bleibt jahrzehntelang treu an ihrer Seite. Als der während eines Italienaufenthalts an Malaria erkrankte Robert auf dem Rückweg nach Trier bewusstlos von Pferd fällt, lässt Matilda ihn von heilkundigen Nonnen im Kloster Disibodenberg gesund pflegen. Hier lernt der Leibwächter die junge Martha kennen und lieben – die späteren Großeltern von Robin Hood haben sich gefunden.

Mac P. Lorne erzählt sehr unterhaltsam, jede Szene wirkt lebendig und ist fesselnd, so dass ich nicht nur ruckzuck mittendrin im Geschehen war, sondern mir die Handlungsorte und die vorherrschenden Gegebenheiten bestens vorstellen konnte.

Der Autor wartet besonders im ersten Teil des Buches mit einer geballten Ladung an historischen Fakten auf, die aber so spannend und mitreißend verpackt sind, das es großen Spaß macht, die Wege der Akteure zu verfolgen und ihr Miteinander und Gegeneinander zu beobachten. Das Leben und Wirken Matildas steht hier im Mittelpunkt und man erlebt ihre aufregende Zeit als Kaiserin des römisch-deutschen Reiches genauso intensiv mit, wie das viele Jahre andauernde Gerangel mit ihrem Cousin Stephan von Blois um die englische Krone.

Im zweiten Teil des Buches wird der historische Roman dann zu einer fesselnden Abenteuergeschichte. Mac P. Lorne erzählt in diesem Part, wie es dazu kam, dass aus dem jüngeren Robert Fitzooth der sagenumwobene Robin Hood wurde. Es geht mitten hinein in den Sherwood Forest und man bekommt die bekannten Geschichten rund um Robin und seine Merry Men kurzweilig präsentiert.

Fiktive und historische Figuren werden von Mac P. Lorne einleuchtend miteinander kombiniert, ihr Zusammenspiel ist gut durchdacht und ausgeklügelt. Jeder Einzelne bekommt schnell ein Gesicht, zeigt Emotionen und handelt entsprechend seinen Eigenheiten.

„Die Pranken des Löwen“ hat mir sehr gut gefallen – eine tolle Mischung aus Historie, Spannung und Abenteuer, die mir nicht nur abwechslungsreiche Lesestunden beschert, sondern mir auch eine fesselnde Zeitreise in die Geschichte Europas ermöglicht hat.

Bewertung vom 29.05.2018
Nur Gisela sang schöner / Familie Jupp Backes ermittelt Bd.1
Wood, Dany R.

Nur Gisela sang schöner / Familie Jupp Backes ermittelt Bd.1


sehr gut

Oberkommissar Jupp Backes – Dorfpolizist in der beschaulichen Gemeinde Hirschweiler – hadert mit seinem langweiligen, tristen Beamtendasein. Er sehnt sich nach echter Ermittlungsarbeit. Und diese soll er schneller bekommen als gedacht, denn er und seine Frau Inge finden Nachbarin Beate tot in deren Badewanne. Während das LKA Saarbrücken den Fall als Selbstmord abtut, ist Inges Baugefühl anderer Meinung und auch Jupp findet Indizien, die auf ein Fremdverschulden hinweisen. Familie Backes beginnt zu ermitteln – neben Jupp und Inge ist auch Oma Käthe mit von der Partie. Die 81-Jährige bringt die Ermittlungen immer wieder mit gezielter Internetrecherche voran…

Dany R. Wood hat einen angenehm zu lesenden, sehr unterhaltsamen Schreibstil. Der Autor wartet mit einen frischen, natürlich wirkenden Humor auf und kann mit Wortwitz und Situationskomik punkten. Auch wenn der Krimi nicht mit nervenaufreibender Höchstspannung daherkommt, lädt das verzwickte Geschehen den Leser zum Mitfiebern und Miträtseln ein.

Der Clou in diesem Krimi sind ganz eindeutig die herrlichen und zum Teil recht skurrilen Figuren – alle werden sehr gut charakterisiert und beleben mit ihren Eigenarten und Besonderheiten die Szenerie. Ich habe schmunzelnd das Miteinander und Gegeneinander in der Hirschweiler Dorfgemeinschaft verfolgt und mich dabei köstlich über die extrovertierte Käthe, Nackt-Nachbarn Karl-Heinz und viele weitere Dorfleute amüsiert.

Das Lesen und Mitermitteln hat Spaß gemacht - „Nur Gisela sang schöner“ ist ein humorvoller Krimi, in dem die eine oder andere Überraschung und vor allen Dingen ein sehr munteres Ermittler-Gespann dafür sorgen, dass keine Langeweile aufkommt.