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allegra
Buchflüsterer: 

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Insgesamt 293 Bewertungen
Bewertung vom 16.09.2011
Cut / Keye Street Bd.1
Williams, Amanda Kyle

Cut / Keye Street Bd.1


sehr gut

Mit der ehemaligen FBI- Profilerin Keye Street hat die Autorin Amanda Kyle Williams eine sehr vielschichtige und interessante Ermittlerin geschaffen. Keye Street ist Asiatin, wurde als Kind von weißen Eltern adoptiert. Auf Grund ihres Alkoholproblems wurde sie beim FBI entlassen und hat ein Detektivbüro gegründet. In dieser Funktion wird sie von der Polizei als Beraterin bei besonders schwierigen Fällen hinzugezogen.

In Atlanta treibt offenbar ein Serienmörder sein Unwesen, die Opfer entstammen aus verschiedenen Bevölkerungsschichten, sowohl Frauen wie Männer. Polizeilicher Ermittlungsleiter ist Aaron Rauser mit dem Keye eine tiefe Freundschaft verbindet. Der Leser wird durch Einträge von Gewaltphantasien in einen Fetisch-Blog, von denen die Polizei erst am Ende erfährt, von Anfang an am Geschehen beteiligt.

Der Sprachstil ist relativ einfach, der Satzbau ist recht abwechslungsreich und ermöglicht einen angenehmen Leserhythmus. Das Buch ist in der deutschen Übersetzung sehr leicht verständlich.

Der Thriller lebt von seinen unerwarteten Wendungen. Die Spannung wird von Anfang an gehalten. Zwischendurch entstehen teilweise etwas Längen, wenn von Keyes zahlreichen Aufträgen erzählt wird, die sie neben der Beratungsarbeit für die Polizei im Rahmen ihres Detektivbüros zu erfüllen hat. Aber kurz bevor Langeweile aufkommen könnte, wird klar, dass diese beiden Bereiche auf noch unklare Weise zusammen hängen.
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Der Thriller beinhaltet nicht wenige blutige Szenen, die einen durchaus unangenehm berühren können. Mit allzu detaillierten Beschreibungen gerichtsmedizinischer Untersuchungen muss man nicht rechnen.

Da man bei der Ermittlerin, die als ehemalige Alkoholikerin, die Diet-Pepsi trinkt und eine Katze hält gewisse Assoziationen von anderen Autoren weckt, kann man nicht behaupten, dass Amanda Kyle Williams das Rad neu erfunden hat. Dennoch finde ich, dass sie mit Cut ein Erfolg versprechendes Debut hingelegt hat, das mit Sicherheit eine Fortsetzung finden wird. Zumindest lässt das der Cliffhanger am Ende vermuten. Laut Autorenhomepage sind zwei weitere Teile geplant.

Ich fühlte mich bei diesem Krimi spannend unterhalten. Das Buch lässt sich sehr schnell lesen und ist nicht allzu anspruchsvoll, so dass man es auch im Zug oder am Pool genießen kann. Kein unbedingtes „Muss“, aber ein gelungenes „Kann“.

4 von 6 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 19.08.2011
XY
Veronesi, Sandro

XY


schlecht

Die Ausgangslage, die in der Inhaltsangabe kurz angerissen wird, war sehr spannend und interessant. Ich hätte polizeiliche Ermittlungsarbeit erwartet, wie es zum Mord an den 11 Personen gekommen sein könnte. Stattdessen wird schon in einem rätselhaften Vorwort sehr vieles vorweggenommen. Die Ermittlungsarbeit führt dann weniger auf Spurensuche um den Tatort, wie man sie bei einem Thriller erwarten würde, als in die Tiefen der menschlichen Seele und des Glaubens. Da das Buch wichtige literarische Preise gewonnen hat, nehme ich an, dass es als literarisch wertvoll gilt. Ich möchte dieses Urteil auch gar nicht in Frage stellen, da ich nur Hobbyleser bin und den literarischen Wert womöglich nicht einschätzen kann. Vermutlich hätte mir Kafkas „Process“ auch nicht gefallen, wenn ich es vorab gelesen hätte.
Nach etwa 150 Seiten fühlte ich mich mehr und mehr verstört durch das Buch. Es hat sich nicht positiv auf mein Wohlbefinden ausgewirkt und deshalb habe ich es nur noch quer gelesen.

Aufgrund des Zusatzmaterials, das der Verlag online zur Verfügung stellt, schließe ich, dass es im Wesentlichen um eine Vielzahl an neurologischen und psychologischen Störungen geht, und wie diese in der Gemeinschaft zusammenspielen. Das mag ganz interessant sein, für mich ist es aber eindeutig ein „Zuviel“.

Sprachlich beginnt es sehr angenehm. Einerseits viel im Telefonstil, aber auch die ausformulierten Passagen sind zwar nicht einfach zu lesen, aber dennoch gut geschrieben. Mit der Zeit wird der Stil aber immer gewöhnungsbedürftiger. Die Sätze bestehen mehr und mehr aus Satzfragmenten, beliebig durch Kommas aneinandergereiht. Dieses Stil unterstreicht den Inhalt, der zunehmend absurder. Manchmal hatte ich Mühe die Erzählperspektive zuzuordnen. Das Lesen wurde mehr und mehr zum Kampf. Man kann natürlich sagen, dass gute Literatur genau das auslösen soll. Mag sein. Ich habe beschlossen, das Buch ausnahmsweise nicht so aufmerksam zu Ende zu lesen, wie ich das sonst bei Rezensionsexemplaren halte, weil es mir einfach nicht gut getan hat.

Hinten bedankt sich der Autor bei einer Bekannten, die ihm eine Tür gezeigt hat, um aus diesem Roman herauszufinden. Mich erinnert dieses „Herausfinden“ eher an einen Mann, er in der Küche ein 5-Sterne Menu zaubern will, nach emsigem Bemühen ein Spiegelei kredenzt und die Küche in einem enormen Chaos hinterlässt.

2 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 15.08.2011
Nachtgefieder / Laura Gottberg Bd.7
Mayall, Felicitas

Nachtgefieder / Laura Gottberg Bd.7


sehr gut

Die Hauptpersonen Laura Gottberg mit ihrer Familie und Angelo Guerrini sind liebevoll herausgearbeitet und erscheinen einem sehr glaubhaft.
Der Erzählstil ist sehr angenehm. Felicitas Mayall fängt sehr routiniert sowohl die Stimmung in München, in Siena aber auch in der ländlichen Toscana ein. Man hört, riecht und schmeckt sowohl „Weißwürscht“ als auch erlesene italienische Küche, Caffè und spürt Nebelschwaden über Hügel und Bauernhöfe ziehen.

Bei „Nachtgefieder“ handelt es sich um einen Krimi der leisen Töne. Der Spannungsaufbau braucht seine Zeit, richtig heftig wird es eigentlich nur im Zusammenhang mit verbiesterten, kläffenden oder gar fliegenden Hofhunden. Der „Hund mit Oberleitung“ wird mir wohl noch länger in Erinnerung bleiben. Die Beziehungen zwischen Laura, ihren Kindern, ihrem Vater und Angelo sind relativ zentral, stellenweise treten die Ermittlungen für meinen Geschmack etwas zu sehr in den Hintergrund. Vor allem gegen Schluss hätte ich gerne etwas detailreichere Polizeiarbeit gelesen bei den Ermittlungen sowohl um den Geldverleiher als auch um die Erpressungen der betuchten Damen. Der Schluss wird dem Leser leider nur in einem sehr kurzen Epilog unkommentiert präsentiert. Mit Donatella Ciprianis letzter Tat wird der Leser mehr oder weniger ratlos zurückgelassen.

Ich fand den Krimi nicht gerade ein Pageturner, den ich kaum aus der Hand legen konnte. Aber die leise unaufdringliche Art der Ermittler vor dem Hintergrund der herbstlichen Toscana habe ich sehr genossen und ich denke, dass ich mir den einen oder anderen Vorgängerkrimi durchaus mal vornehmen werde.
Wer unblutige, leichtere Krimilektüre mit einem hohen Anteil an leisen, zwischenmenschlichen Tönen mag, dem würde ich Nachtgefieder mit gutem Gewissen empfehlen.

6 von 7 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 05.08.2011
Ohne jede Spur / Detective Sergeant Warren Bd.3
Gardner, Lisa

Ohne jede Spur / Detective Sergeant Warren Bd.3


gut

Der vorliegende „Thriller“ kommt entgegen meiner Erwartungen relativ unblutig daher. Lisa Gardner erzählt von Menschen, die auf Grund unterschiedlicher traumatischer Erlebnisse in ihrer Kindheit gezeichnet sind, und sich nichts mehr wünschen als „Normalität“ zu leben. Das gelingt ihnen unterschiedlich gut. Sandras Vater, der von seiner Ehefrau gedemütigt und gequält worden ist, gelingt es scheinbar locker trotz eines Mordes sein erfolgreiches Leben als Richter weiter zu leben. Aidan Brewster, ein Nachbar der Familie Jones hingegen, der mit 19 Jahren ein 14 jähriges Mädchen sexuell belästigt hatte, im Glauben, dass sie auch in ihn verliebt ist, hat sehr viel größere Probleme, weil er von der Justiz gleich behandelt wird, wie ein schwerer Sexualverbrecher. Sandra und Jason haben beide eine schwere Bürde zu tragen, sie haben ihre erlittenen Traumata nie therapeutisch aufgearbeitet, was sich sehr belastend auf ihr Leben auswirkt.
Ihre Beziehung ist überschattet von Misstrauen, es klappt nicht mit der körperlichen Liebe und sie versuchen auf unterschiedliche Weise damit fertig zu werden. Ihr einziger gemeinsamer Fixpunkt ist die bedingungslose Liebe zu der 4 jährigen Clarissa, genannt Ree.
Darum dreht sich dann auch ein großer Teil des Buches. Leider habe ich Ree gar nicht glaubhaft geschildert empfunden, sie erscheint im Buch an manchen Stellen eher wie ein 8 jähriges Mädchen.

Das Buch ist zum großen Teil aus der Sicht eines unbeteiligten Erzählers verfasst, teilweise aber auch aus der Sicht von Sandra in der Ich-Form gehalten. Dieser Wechsel hält die Spannung über die gesamten 540 Seiten von Anfang an konstant hoch. Als Leser erfährt man so immer mehr von der Vorgeschichte der Hauptfiguren. Es ist aber bis zuletzt nicht klar, wie sich der Fall auflösen wird. Leider driftet die Handlung auf den letzten 40 Seiten leicht ins Schnulzige ab. Man hat den Eindruck, die Autorin wurde erst angehalten, Seiten für einen dicken Schmöker zu füllen, um dann die Geschichte kurz vor Schluss doch noch abzuklemmen. Die Verwicklungen im Internet fand ich sehr spannend zu lesen, und ich hätte mir da am Ende eine etwas ausführlichere Auflösung gewünscht.

Mein Hauptkritikpunkt richtet sich an den Verlag und betrifft das Erscheinungsbild des Buches. Ich finde es hat ein völlig liebloses Standard-Cover erhalten, das zu allem noch in sehr unvorteilhaften Farben gehalten ist. Vielleicht liegt mein Missfallen aber auch nur daran, dass ich es nicht mag, wenn mich Bücher anschauen. Was aber wirklich schade ist: Die einzelnen Kapitel im Buch beginnen mit einem Strich, der bis in den Schnitt ragt, so dass man zuerst meint man hätte einen Fehldruck erhalten oder das Buch wäre schmutzig geworden.

Mein Fazit:
Es handelt sich beim vorliegenden „Thriller“ nicht um ein Buch mit besonders hohem Anspruch, aber es bietet konstant gute, unblutige Unterhaltung. Abgesehen von ein paar kleineren Schwachpunkten, hat mir „Ohne jede Spur“ sehr gut gefallen. Ich habe damit einige unbeschwerte und unterhaltsame Stunden verbracht. Als leichte Urlaubslektüre würde ich das Buch durchaus empfehlen.
Ich würde ihm gerne 3,5 Sterne verleihen. Da das nicht geht, und mir meine anderen 4 Sternebücher doch deutlich besser gefallen haben, bleibt es bei 3 Sternen.

3 von 3 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 18.07.2011
Tödliches Requiem
Roversi, Paolo

Tödliches Requiem


weniger gut

Nach Roversis erstem Krimi „Die linke Hand des Teufels“ um den Journalisten Enrico Radeschi, der mich vom Inhalt her positiv überraschte, habe ich mich gefreut den zweiten Teil zu lesen. Leider hat der meine Erwartungen nicht erfüllt. Er spielt in Mailand und in Paris. Die Atmosphäre der Großstädte ist überzeugend eingefangen. In Paris wird touristisches Sight-seeing nicht ausgelassen während sich Mailand bei Kälte und Regen von seiner weniger attraktiven Seite zeigt.

Der Personenkreis der Mailänder Polizei bleibt bis auf den Vicequestore Loris Sebastiani dem Leser relativ schleierhaft. Da ich mir beim Lesen keine ausführliche Personenliste erstellt habe, habe ich die Personen bisweilen sogar verwechselt. Eine neue Figur taucht auf, Radeschi erhält einen Assistenten namens Fuster, der an sich einiges hergibt, dessen „Rekrutierung“ allerdings auf mehr als unglaubwürdige Weise vonstatten geht.

Die Geschichte an sich hat durchaus ihre Spannungsmomente, allerdings ist der Plot eher dünn. Selbst bei den (wenigen) 231 Seiten hatte ich öfters den Eindruck, dass nur geschrieben wird, damit sich Seiten füllen. So bleibt z.B. der Ausflug in die Verlagsszene anlässlich Radeschis Nebenjob als Lektor ohne irgendwelchen Bezug zum Rest des Inhalts.

Sprachlich ist Tödliches Requiem wesentlich abgerundeter als es der Vorgänger ist. Die stellenweise auftretende Flapsigkeit unterstreicht Radeschis skurrilen Charakter, was somit verziehen ist.

Was mich immer wieder gestört hat, war das Bild der Frau, das vermittelt wird. Ich bin in dieser Beziehung wirklich nicht allzu empfindlich. Aber ich habe in diesem, wie im ersten Teil der Reihe, nur Frauen in Erinnerung, die entweder äußerst dümmlich erscheinen oder sich gleich mit jedem Kerl Sex wünschen. Dabei kommen die Französinnen noch um einiges verruchter weg als die Italienerinnen.

Der deutsche Titel Tödliches Requiem passt meiner Meinung nach überhaupt nicht zu diesem Buch, der Originaltitel Niente Baci alla francese lässt da schon wesentlich eher erahnen, was einen zu erwarten hat.

Mein Fazit

Mir hat dieser Krimi nicht gefallen. Ohne dass man den ersten Teil der Radeschi Serie gelesen hat, bleiben die Charaktere vermutlich unklar. Der Autor richtet sich wohl eher an Männer als sein Zielpublikum. Von daher ist meine Einschätzung vielleicht nicht allzu aussagekräftig. Ich vermute aber, dass dieses Buch für die meisten Leser zu oberflächlich ist.
Der Krimi ist durchaus lesbar, bei mir ist aber der Funken dieser Reihe nun leider erlöscht.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 02.07.2011
Tote gehen nicht den Eifelsteig
Clasen, Carola

Tote gehen nicht den Eifelsteig


gut

Auf Schusters Rappen

Die Wanderwette der beiden Konkurrenten Dr. Edgar Schramm und Dr. Lutz Winkelmann führt den Leser durch die zauberhafte Landschaft des Eifelsteigs. Gut gerüstet schreitet Edgar Schramm aus und arbeitet sich mit GPS, Karten und Kamera von Norden nach Süden durch die Etappen vor. Eine Karte vorne im Buch ist sehr hilfreich, bei der Orientierung, weil man sonst die Ortsnamen doch leicht verwechseln würde. Mir hat es auch viel Spaß gemacht, die einzelnen Etappen im Internet nach zu verfolgen.
Gleichzeitig mit den beiden Doktoren tritt eine ehemalige Freundin von Edgar Schramm, Rita Funke ihren Urlaub an. Sie weiß nichts von Edgars Plänen den Eifelsteig zu gehen und will ihn mit einer Kreuzfahrt überraschen, um seine Liebe zurück zu gewinnen. Der Plan läuft schief, mehr möchte ich nicht verraten, sonst ist die Spannung dahin.

Die Ermittlerin Hauptkommissarin Sonja Senger wohnt in einem malerischen Forsthaus, hat eben für sich Tai Chi entdeckt und wird als Ermittlungsleiterin für die Soko Eifelsteig eingesetzt. Sie wird recht ausführlich charakterisiert und man lernt sie und ihre Lebensweise etwas genauer kennen. Die anderen Ermittler bleiben mit Ausnahme des Oberstaatsanwalts Wesseling eher schemenhaft.

Ich fand den Krimi angenehm zu lesen. Die Kapitel sind nicht zu lange und durch wechselnde Perspektiven bleibt die Spannung erhalten. Die Stimmung ist durch Nieselregen, Nebel und den allgegenwärtigen Raben recht düster und unheimlich

Das Umschlagbild zeigt im Vordergrund die strammen Waden eines Wanderers und im Hintergrund die Umrisse einer weiteren Person, die den Wanderer offenbar verfolgt, was sehr gut zu der Geschichte passt. Auf mich macht das Cover allerdings einen etwas verstaubten Eindruck. Ich bin mir nicht sicher, ob man im Buchladen danach greift, außer man sammelt gezielt Eifelkrimis.

Beim Lesen war ich recht lange unsicher, in welche Richtung die Ermittlungen laufen werden. Mir drängte sich ein einziger Verdacht auf und ich war dann doch etwas enttäuscht, dass ich gleich ins Schwarze getroffen habe. Auch die Kommissarin wird von ihrer Intuition regelrecht überfallen und wirkt dann sehr belehrend, was mich etwas gestört hat. Im Showdown fand ich die Reaktionen der Hauptfiguren nicht wirklich überzeugend. Ich war auch etwas verwirrt, wer jetzt mit wem, wie weit mitfährt. Etwas gestört hat mich, dass es sich beim Auto des Dr. Winkelmann einmal um eine Spirfire und einmal um eine Spitfire handelte und auf S. 113 unten kommt es zu einer Namensverwechslung, die eigentlich nicht passieren dürfte.

Fazit
Ich habe mich bei diesem Krimi sehr gut unterhalten gefühlt, ich habe eine neue Landschaft kennen gelernt, von der ich vielleicht einzelne Etappen auch mal erwandern werde. Für Liebhaber von regionalen Krimis vor allem in der Eifel ist „Tote gehen nicht den Eifelsteig“ sicher empfehlenswert.
Ich fand das Buch aber nicht durchgehend sorgfältig genug geschrieben und hätte mir auch etwas weniger Absehbarkeit gewünscht.
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4 von 4 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 24.06.2011
Teheran im Bauch
Kopetzki, Mathias

Teheran im Bauch


ausgezeichnet

Gefangen zwischen Orient und Okzident

Das Buch ist gegliedert in einzelne Kapitel von überschaubarer Länge, die sich in ihrer Perspektive abwechseln. Einerseits beschreibt Kopetzki, wie er die Zeit in Deutschland verbracht hat, nach dem er mit 20 Jahren zum ersten Mal von seinem Vater kontaktiert worden ist. Im anderen Erzählstrang erfahren wir von seiner ersten Reise nach Teheran, die 12 Jahre später stattfindet. Dieser Wechsel lässt die Spannung aufrecht erhalten. Man erfährt einiges von Kopetzkis Adoptivfamilie und wie diese mit den Kontaktanfragen des Vaters umgeht, vom Studentenleben im österreichischen Salzburg und der Entwicklung von einer anfänglich totalen Ablehnung dieses Teils der Herkunft bis zur Bereitschaft sich darauf einzuladen.
Der Leser wird sehr bald nach Teheran entführt wo er sowohl mit den kulturellen Unterschieden, aber auch mit der bedingungslosen Akzeptanz des neuen Familienmitglieds konfrontiert wird. Die Beschreibungen der Familienfeiern sind sehr bunt und man kriegt richtig Appetit auf persisches Essen. Durch Erzählungen und Briefe wird das Leben des Vaters aufgerollt, das wirklich Stoff für einen Film bieten würde und wo man viel über iranische Geschichte erfahren kann.
Ein erstaunliches Detail: Obwohl in der Adoptivfamilie keinerlei Berühung mit Theater oder Schauspiel besteht, will Mathias Kopetzki Schauspieler werden. Erst durch den Kontakt zu seinem leiblichen Vater erfährt er, dass dieser sogar einmal in einem amerikanischen Film mitgespielt hat.

Das Buch ist sehr gefühlvoll geschrieben. Es zeigt Liebenswürdigkeiten und menschliche Schwächen auf beiden Seiten, im Iran wie in Deutschland auf und überlässt es dem Leser, seine Schlüsse zu ziehen. Es geht um gelebte Geschichte Irans aus der Sicht des normalen Bürgers. Vieles geht einem ans Herz, vieles kann man überhaupt nicht nachvollziehen, manches ist in meinen Augen verabscheuungswürdig.

Was ich etwas vermisst habe, waren genauere Jahresangaben am Anfang der Kapitel. Das hätte die geschichtliche Einordnung noch erleichtert. Hilfreich fand ich die Anmerkungen im Anhang zum Schiismus und zur islamischen Revolution im Iran. Ich würde empfehlen, sie zuerst zu lesen.

Mich hat das Buch sehr in seinen Bann gezogen und ich kann es nur empfehlen, wenn sich jemand für junge Menschen interessiert, die sich zwischen den Kulturen zurechtfinden müssen.

1 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 06.06.2011
Schöner Schein / Commissario Brunetti Bd.18
Leon, Donna

Schöner Schein / Commissario Brunetti Bd.18


gut

Seit einigen Jahren lese ich regelmäßig Brunetti Krimis. Bei den ersten, die ich gelesen habe, kann ich mich sogar noch an Inhaltliches erinnern: "Venezianisches Finale", "Acqua Alta" oder "Die dunkle Stunde der Serenissima" würden mich jederzeit wieder bestens unterhalten und zum Nachdenken anregen .
Aber seit einigen Jahren freue ich mich zwar jeweils, wenn ich ein neues Buch von Donna Leon lesen kann. Aber irgendwie habe ich die Geschichten sehr schnell vergessen, sie sind in meiner Erinnerung schall- und klanglos untergegangen. Ich fürchte dieses Schicksal wird auch "Schöner Schein" erleilen.
Die Thematik Müllentsorgung im Zusammenhang mit organisiertem Verbrecher ist zwar ein Dauerbrenner und sicher imemr wieder ein lohnenswertes Motiv. Die familiäre Situation der Familie Brunettis ist wiederum angenehm vertraut dargestellt. Und doch fehlt irgendwie der Kick. Die Lösung des Falles bleibt irgendwie schwammig. Man weiß am Ende zwar, weshalb die Opfer umgebracht wurden, die Details der Morde sind aber nicht Thema des Buches.

Der deutsche Titel bedient das beliebte Motiv des Gegensatzes Schein - Sein und wurde vom Verlag wahrscheinlich gewählt, weil der Leser ziemlich lange bezüglich einer Person in die Irre geführt wird. Aber eigentlich trifft es der Originaltitel "About Face" besser.

Liebhaber von Cicero und anderer klassischer römischer Literatur kommen in diesem Buch voll auf ihre Kosten. Dem Nicht-Lateiner bleibt der Eindruck, dass alles eigentlich schon mal in der Literatur beschrieben ist. Wozu braucht es denn noch mehr Bücher?

Ich schwanke ein bisschen zwischen der Ansicht, dass sich der Protagonist Brunetti langsam etwas abgenutzt hat und andererseits der Bewunderung, dass Donna Leon diesem Charakter solange treu geblieben ist und im Vergleich zur Regiokrimi Schwemme, die wir gerade erleben, immer noch sehr hohe Qualität abliefert. Ich denke mal, ich werde auch die weiteren Brunetti-Fälle lesen, auch wenn sie vielleicht nicht so nachhaltig wirken, wie sie es früher taten.

7 von 7 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 30.05.2011
Vom anderen Ende der Welt
Winterberg, Liv

Vom anderen Ende der Welt


ausgezeichnet

Ein historischer Reiseroman in die Südsee

Die Autorin ließ sich in ihrem Erstlingsroman inspirieren vom Leben der französischen Botanikerin Jeanne Baret. Im Anhang befindet sich ein kurzes Portrait über diese, bei uns unbekannte Wissenschafterin. Sie ist 1768 als Mann verkleidet in See gestochen, um als Botanikerin an einer Expedition in die Südsee teilzunehmen.
Liv Wintergerg lässt ihre Protagonistin Mary Linley von Plymouth aus als Marc Middleton auf einem Expeditionsschiff im Team des angesehenen Botanikers Sir Carl Belham als wissenschaftliche Zeichnerin anheuern.

Der größte Teil der Handlung des Romans beschreibt das Leben auf dem Schiff. Einerseits wird veranschaulicht, wie die Besatzung untergebracht und vom Smutje Henry mit möglichst gesundem und nahrhaftem Essen versorgt wird. Man erfährt ebenfalls eine ganze Menge über die medizinische Behandlung von Krankheiten und Verletzungen.
Soweit ich das beurteilen kann, ist das alles realistisch beschrieben und gut recherchiert.

Die Reise an Bord der Sailing Queen führt über verschiedene Stationen und endet für Mary und Sir Carl Belham auf der Insel Tahiti. Die Beschreibung der eingeborenen Bevölkerung mag aus heutiger Sicht etwas klischeehaft erscheinen. Ich finde aber, dass die Autorin die Sichtweise der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts gut getroffen hat. Sie bringt dem Leser die „Edlen Wilden“ so näher wie Rousseau diese als Ideal beschrieben hat, die aber bereits konfrontiert worden sind mit diversen Mitbringseln aus der europäischen Welt und dadurch schon etwas von ihrer Unschuld verloren haben. Die Autorin lässt genügend Lücken, die man sich in der eigenen Fantasie ausfüllen kann, ohne dass sie den Menschen auf Tahiti Eigenschaften und Verhaltensweisen andichtet, die diese so womöglich nicht gehabt haben.

Die Schiffspassagen, aber auch die Beschreibungen der Landexkursionen sind sehr anschaulich und stimmungsvoll gelungen. Man hört und riecht den Dschungel und spürt auch die Stille des Betrachters der Natur.

Der gelungene Einsatz der Sprache hat mich ganz besonders beeindruckt. Die Ausdrucksweise hebt sich positiv von vielen Romanen neueren Datums ab. Die Autorin schreibt sehr sicher, souverän und schafft es, die Atmosphäre still und leise einzufangen ohne einen Überschwang an langatmigen Beschreibungen oder aufdringlichen Gefühlswallungen. Die erzählte Geschichte ist schlüssig, geradlinig und nicht überladen an Motiven und Themen.

Im Anhang befindet sich ein Glossar, mit vielen Fachausdrücken aus der Schifffahrt, der Medizin und der Botanik. Das hat das Verständnis sehr erleichtert und ich konnte meinen eigenen Wortschatz sogar etwas ausbauen.

Zuerst habe ich mich gefragt habe, warum die Autorin nicht gleich die Geschichte der Jeanne Baret erzählt, wenn sie sie schon als Inspiration bemüht. Inzwischen finde ich aber die Lösung, den Roman anhand einer fiktiven Figur zu erzählen sehr gut. Auf diese Weise kann die Autorin ihre schriftstellerische Freiheit wahren, ohne Gefahr zu laufen, zuviel in eine historische Persönlichkeit zu interpretieren, über die man noch nicht sehr viel weiß.

Fazit:
Dieses Erstlingswerk von Liv Winterberg hat mich sehr positiv überzeugt. Ich hatte erst meine Bedenken, dass es für meinen Geschmack zu klischeehaft und zu sehr Liebesroman sein könnte. Es lässt sich natürlich nicht von der Hand weisen, dass es sich um einen „Frau-in-Hose“-Roman handelt. Aber ich denke in diesem Fall ist das mehr als verziehen. Da sich die Autorin von einer historisch verbürgten Person inspirieren ließ, war das die einzige Möglichkeit.

Für mich hat dieses Buch das gewisse Etwas, was ein sehr gutes Buch von einem guten Buch unterscheidet. Es hat einen gewissen Zauber, den ich nicht wirklich benennen kann, und ich hoffe sehr, dass die Autorin noch mehr so gute Romane schreiben wird.

5 von 5 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 20.05.2011
Wer Wind sät / Oliver von Bodenstein Bd.5
Neuhaus, Nele

Wer Wind sät / Oliver von Bodenstein Bd.5


sehr gut

Themenüberladen, aber dennoch guter Krimi

Nele Neuhaus behandelt mit diesem Krimi ein sehr aktuelles Thema. Das Unternehmen WindPro möchte im Taunus einen großen Windpark bauen. Da die Windverhältnisse nicht optimal sind, werden Gutachten gefälscht, um das Projekt zu retten.

Die häufigen Perspektivwechsel halten die Spannung hoch, verbreiten aber auch Hektik, weil dadurch auf die sehr zahlreichen Personen nicht so tief eingegangen werden kann, wie man es als Leser an der ein oder anderen Stelle wünschen würde.

Oliver von Bodenstein verliert etwas an Glanz, was mir recht gut gefällt. Allerdings ist er gleich allzu leichtfertig, weil er sich verliebt. Dafür läuft Pia zu Hochform auf. Da sich am Ende auch noch ihr Wohnproblem aufs Angenehmste löst, ist für sie die Welt perfekt. Das einzige Problem könnte ihr Partner Christoph darstellen, der sich sehr große Sorgen macht wegen gefährlichen Einsätzen. Davon wird man bestimmt in der Fortsetzung noch mehr lesen.

Die Person der Annika ist am Ende immer noch schleierhaft. Es ist nicht wirklich klar, ob es sich bei ihr um einen Cliffhanger handelt oder ob der Leser mit dem offenen Ende leben muss. Etwas verwirrend ist die Tatsache, dass sie eine alte Bekannte von Jannis´ Freundin Ricky ist. Dennoch wohnt sie bei den beiden, ohne dass sie ihre Identität offen legt. Jannis ist als schillernde, interessante Persönlichkeit dargestellt, bei mir erscheint er aber nicht wirklich glaubwürdig. Dabei helfen die derben und unnötigen Sexszenen auch nicht wirklich.

In diesem 550 Seiten dicken Schmöker werden eine Vielzahl von Themen in unterschiedlicher Tiefe angeschnitten: Globale Erwärmung, erneuerbare Energie, Umweltaktivisten (Wutbürger), Massenpanik, sexueller Missbrauch an Schulen, Korruption, Liebe, Eifersucht, Rache….und noch viele mehr. Diese Anhäufung an Motiven und Themen hat leider eine gewisse Oberflächlichkeit zur Folge, weil manches nur gestreift werden kann. Der Plot wäre glaubwürdiger, wenn das ein oder andere weggelassen würde. Z.B. wäre Ricky genau so glaubwürdig, wenn sie beruflich und privat nicht so übermenschlich engagiert wäre. Die Massenpanik wurde polizeilich nicht aufgearbeitet und erscheint deshalb als aufgesetzt.

Inhaltlich hat sich Nele Neuhaus vermutlich durch eine Nachrichtenmeldung inspirieren lassen, als 2009 Hacker die East Anglia's Climatic Research Unit (CRU) gehackt haben und eine Vielzahl von kompromittierenden E-Mails und Datenmaterial im Internet gelandet ist.

Darüber darf man sich natürlich Gedanken machen. Dennoch wäre es natürlich fatal, daraus zu schließen, es gäbe keinen menschlichen Beitrag am CO2 Problem und zur globalen Erwärmung oder die globale Erwärmung wäre eine reine Erfindung. In diesem Fall würde sich auf jeden Fall die Autolobby freuen, wenn sie es nicht schon tut durch die laufende Erwähnung von tollen Autos. Ich hoffe jedoch, Nele Neuhaus wollte den Leser lediglich dazu anregen, kritisch und offen zu sein im Bezug auf die Interpretation von Forschungsresultaten und Nachrichtenmeldungen.

Das Cover finde ich sehr passend; der Rabe auf dem Strommast. Der Wiedererkennungswert mit einem Bild bei düsterer Witterung mit Blutspritzern ist auf jeden Fall da und hebt sich positiv vom Durchschnitt ab. Mir gefällt das sehr gut. Was mir weniger gefällt, ist das Format. Auch wenn das Buch diese Klappen hat (wozu sind die eigentlich da?) und ein Lesebändchen, das an die letzte Seite geklebt war (leider hat es sich bei mir sehr schnell gelöst), so handelt es sich dennoch nur um ein Taschenbuch, für das ich keine 15.- € bezahlen würde. Das ist aber eine generelle Entwicklung einiger Verlage und darf der Autorin nicht angelastet werden.

Trotz einiger kleinerer Schwächen hat mir „Wer Wind sät“ sehr gut gefallen, ich habe mich gut unterhalten gefühlt und habe Inhalte gefunden, über die es sich nachzudenken lohnt. Im Vergleich zu „Schneewittchen muss sterben“ empfand ich diesen Krimi weniger oberflächlich. Empfehlenswert!

6 von 9 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.