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Fornika
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Bewertungen

Insgesamt 378 Bewertungen
Bewertung vom 05.08.2017
Die Fährte des Wolfes / Zack Herry Bd.1
Kallentoft, Mons;Lutteman, Markus

Die Fährte des Wolfes / Zack Herry Bd.1


ausgezeichnet

Zack Herry ist tagsüber aufsteigender Stern in der schwedischen Kripo. Nachts zieht er durch die Clubs und gewisse Pülverchen durch die Nase. Ein gefährliches Doppelleben, das ihm alles abverlangt. So wie sein neuester Fall: gleich vier Mitarbeiterinnen eines thailändischen Massagesalons wurden auf bestialische Weise ermordet.

Eigentlich bin ich kein Fan von Autorenduos, da ich bisher damit regelmäßig auf die Nase gefallen bin. Kallentoft und Lutteman haben mich jedoch sehr positiv überrascht und einen überzeugenden Thriller abgeliefert. Nordisch düster, mit einer sympathischen, aber irgendwie kaputten Hauptfigur. Zack ist noch relativ jung, trotzdem schon ziemlich fertig. Ermittler mit Drogenproblemen und ganz, ganz schlimmer Kindheit sind jetzt nichts neues auf dem Thrillermarkt, trotzdem hat mich die Figur überzeugt, weil die Autoren diesen altbekannten Eigenschaften ein neues, überzeugendes Gewand verpasst haben. Ich würde mich auf jeden Fall auf weitere Bände mit Zack einlassen. Der Fall entwickelt sich sehr spannend, es gibt immer wieder ungeahnte Überraschungen und Wendungen. Die Ermittlungen sind logisch aufgebaut und führen Zack hin zu menschlichen Abgründen; oft brutal, blutig und mitunter auch recht eklig. Sicherlich kein Thriller für den gemäßigteren Krimileser. Mir hats gefallen ; ) Der Erzählstil ist oft entsprechend derb, manchmal geradezu sachlich nüchtern, insgesamt aber immer passend zur Handlung. Mich hat „Die Fährte des Wolfes“ derart gefesselt, dass ich das Buch am Stück weglesen musste. Ein toller Serieneinstieg, der definitiv Lust auf mehr macht.

Bewertung vom 30.07.2017
Projekt Orphan / Evan Smoak Bd.2
Hurwitz, Gregg

Projekt Orphan / Evan Smoak Bd.2


gut

Evan Smoak ist ein Phantom, der nowhere man. Ein Retter in der Not, einer der „Guten“. Als Orphan X rettet er die, die schon nicht mehr an ihre Rettung geglaubt haben. Mit allen Mitteln. Doch diesmal hätte Evan selbst Hilfe nötig, denn seine Tarnung scheint aufzufliegen und er gerät in Gefangenschaft.

Gregg Hurwitz veröffentlicht in schöner Regelmäßigkeit Thriller, die eigentlich immer solide Unterhaltung versprechen. Auch mit „Projekt Orphan“ hat er wieder für kurzweilige Lesestunden gesorgt. Die Handlung ist recht amerikanisch-actionlastig angehaucht (ich fühlte mich zeitweilig sehr an James Bond erinnert), ziemlich rasant geschrieben und mit viel Geknalle und Blutspritzerei. Tiefschürfende Hintergründe darf man nicht erwarten, Charaktere mit Tiefgang auch nicht. Trotzdem liest sich die Story ganz gut, sehr flüssig (von einem etwas langatmigeren Stückchen im Mittelteil mal abgesehen) und weiß durchaus zu unterhalten. Sicherlich keine weltbewegende Kost, aber ein ganz ordentlicher Thriller zum Hirn ausschalten.

Bewertung vom 30.07.2017
Heimkehren
Gyasi, Yaa

Heimkehren


ausgezeichnet

An der Goldküste im Afrika des 18ten Jahrhunderts liegen die Wurzeln von Effia und Esi. Sie sind Schwestern, wissen jedoch nichts von der Existenz der jeweils anderen. Beide müssen sich durchschlagen, eine wird die „Ehefrau“ eines weißen Engländers, die andere als niedere Sklavin verkauft. Ihre unterschiedlichen Lebenswege und die ihrer Nachkommen zeichnet die junge Autorin Yaa Gyasi nach.

Was bedeuten Heimat und Herkunft? Was heißt es „Schwarz“ zu sein? In Afrika – in Amerika? Wo liegen die eigenen Wurzeln und was macht es mit einer Person, wenn sie diese am liebsten kappen würde? Gyasi beschäftigt sich in ihrem wunderbaren Roman mit vielen Fragen der eigenen Identität, der gesellschaftlichen Strukturen und der familiären Bande. Wir begleiten zwei Familien durch die Geschichte, durch Bürgerkriege und Sklaverei, durch Aufstände und Rassentrennung. Meistens sind die Mütter und Töchter die Hauptfiguren der jeweiligen Generation; jede bekommt ein eigenes Kapitel. Die Autorin vermag es hervorragend den Zeitgeist der jeweiligen Generation, die familiären Strukturen und Veränderungen, aber auch die ganz eigenen persönlichen kleinen Probleme der jeweiligen Figur in ein Kapitel zu stecken. Das wirkt weder gepresst noch unübersichtlich, ganz im Gegenteil. Eine reichhaltige, wundervolle und auch lehrreiche Familienchronik entsteht durch die einzelnen Szenen, die zwar einzelne Zeitabschnitte beleuchten, aber trotzdem ein rundes Ganzes liefern. Auch sprachlich hat mir „Heimkehren“ sehr gut gefallen, die Autorin erzählt mitreißend und sehr flüssig, lässt sich aber auch Zeit für Details. Sowohl Liedgut als auch Sinnsprüche finden ihren Platz, von den Sitten der Fantestämme bis hin zu typischen Südstaatenbräuchen findet alles seinen rechten Platz. Gyasi übt immer auch dezente Kritik, jedoch nicht durch reißerisches Anprangern, sondern durch nüchterne Fakten. Nachdenklich macht ihr Roman auf jeden Fall. Sehr interessant fand ich auch den vorangestellten Artikel, den die Autorin zu Beginn der Trump’schen Präsidentschaft veröffentlichte. Eine kluge, junge Autorin, von der man hoffentlich noch viel hören und lesen wird.

Bewertung vom 28.07.2017
Und Marx stand still in Darwins Garten
Jerger, Ilona

Und Marx stand still in Darwins Garten


gut

Charles Darwin hat Jahre nach seiner Entdeckungsreise mit der Beagle das Forschen noch lange nicht aufgegeben. Aktuell befasst er sich mit den hilfreichen Regenwürmern in seinem Garten. Doch der Forscherdrang wird durch kleine und große Wehwehchen ausgebremst; man wird ja schließlich nicht jünger. Ein Doktor soll Abhilfe schaffen. Der hat in näherer Umgebung noch einen anderen großen Kopf zum Patienten und zwar niemand geringeren als Karl Marx. Wäre doch zu schön, wenn die beiden aufeinander träfen?

Ilona Jerger lässt in ihrem ersten Roman der Fantasie freien Lauf. Marx und Darwin wohnten zwar zeitweilig nur wenige Meilen auseinander, kannten sich aber nicht. Die Autorin lässt sich Zeit beide ausführlich vorzustellen, insgesamt liegt der Fokus aber auf Darwin. Der kommt auch wesentlich sympathischer rüber und ich habe ihn gerne bei seinen kleinen Experimenten im eigenen Garten begleitet. Was mich nicht begeistern konnte, war die ständige Litanei über seine Gebrechen. In aller Ausführlichkeit erfahren wir von jedem Haar, das ihm krumm liegt und welche Pillchen und Säftchen er dagegen nimmt. Interessant geht definitiv anders. Auch von Marx erfahren wir hauptsächlich die Krankengeschichte, sein Leben und Wirken wird nur kurz angerissen. Die Grundidee (Marx trifft Darwin) ist sehr ansprechend, leider verliert die Autorin dieses Ziel vor lauter Wehwehchen zeitweilig völlig aus den Augen. Das große Treffen war dann entsprechend erstens zu kurz und zweitens (weil stark konstruiert) enttäuschend. Der Schreibstil hat mir gut gefallen und kommt forschergerecht manchmal etwas schrullig, dann wieder sehr klar rüber. Die z.T. kurzen Sätze sind wahrscheinlich Geschmackssache, ich fand sie durchaus passend.
Insgesamt eine gute Idee, die mich in der Ausführung dann leider doch enttäuscht hat.

Bewertung vom 11.07.2017
Die Lieferantin
Beck, Zoë

Die Lieferantin


sehr gut

In nicht allzu ferner Zukunft boomt das Drogengeschäft im Darknet. Spitzenverkäufer ist die Lieferantin, bei der man bequem per App bestellt und die Drogen per Drohne prompt geliefert bekommt. Klar, dass diese Neue den Alteingesessenen aus dem Londoner Milieu die Geschäfte vermiest. Die Jagd beginnt.

Ich kannte noch kein Buch der Autorin, hatte aber schon viel Gutes gehört und war dementsprechend neugierig. Enttäuscht wurde ich nicht. Die Lieferantin liefert Spannung auf hohem Niveau, wirft aber gleichzeitig auch kleine Gedanken zum Nachgrübeln auf. Natürlich spielen Drogen, deren Legalisierung und Suchterkrankungen eine Rolle, aber auch Rassismus und Machtgefüge. Ich fand die Mischung sehr ansprechend. Beck schreibt flüssig, hält den Spannungsbogen sehr gut. Auch ihre Charaktere fand ich überzeugend, selbst wenn der eine oder andere aus dem Milieu etwas klischeehaft rüberkam. Insgesamt ein runder, realistischer Thriller, der mich sehr gut unterhalten hat.

Bewertung vom 06.07.2017
Was man von hier aus sehen kann
Leky, Mariana

Was man von hier aus sehen kann


ausgezeichnet

Ein kleines Dörfchen im Westerwald wird erschüttert: Selma hat von einem Okapi geträumt! Eigentlich kein Drama, die letzten Male ist nach diesem Traum jedoch jemand gestorben. Schnell ist das Dorf in Aufruhr und auch Luise, Selmas Enkelin hat die nächsten Stunden ein mulmiges Gefühl im Bauch. Zu Recht wie sich bald zeigt.

Mariana Leky hat einen tollen Roman geschrieben, der mich gefesselt hat wie schon lange keiner mehr. Die Inhaltsbeschreibung kommt eigentlich ganz alltäglich daher (sehen wir mal vom Todesokapi und Uralthund Alaska ab) und doch ist dieses Dörfchen ganz besonders. Die Autorin hat wunderbare, lebensechte Figuren geschaffen: den herzensguten Optiker, die forsche Selma, selbst die unleidliche Marlies nimmt den Leser ein. Unterm Strich mochte ich sie alle und bin fast ein bisschen traurig nichts mehr über sie lesen zu dürfen. Luise fungiert als Ich-Erzählerin, lässt uns an ihren Gedanken und Gefühlen teilhaben. Zu Beginn der Handlung ist sie noch relativ jung, das ändert sich im Laufe des Buches. Die Veränderung ihres Charakters, das Erwachsenwerden, wirken sehr authentisch. Irgendwie fungiert das ganze Dorf als Hauptperson, ohne dass der Roman überfrachtet oder unübersichtlich wirkt.

Die Autorin hat einen ganz eigenen Erzählstil, der einerseits wunderbar leicht, andererseits ernst oder traurig daher kommt. Ich war schnell gefesselt und fand immer wieder Sätze, die man eigentlich dick hätte anstreichen müssen, um sie wieder und wieder zu lesen. Dazwischen finden sich auch sehr humorvolle Seiten, die das Ganze etwas auflockern. Sprachlich rundum gelungen also.

Fazit: auf in den Westerwald! Ein Buch, das mich wirklich überzeugt hat.

Bewertung vom 21.06.2017
June
Beverly-Whittemore, Miranda

June


gut

Cassie ist nach dem Unfalltod ihrer Eltern von ihrer Großmutter June großgezogen worden. Die ist jetzt leider auch verstorben, und die 25-Jährige lebt allein in deren Haus Two Oaks und versinkt in Selbstmitleid. Eines Tages geschieht jedoch etwas, das ein neues Licht auf Junes Vergangenheit wirft. Genauer gesagt auf das Jahr 1955, in dem Hollywood in das kleine Heimatstädtchen eingefallen war…



Auf zwei Zeitebenen erzählt die Autorin ihre Geschichte, zwei Ebenen, die sich sehr gut zu einer Geschichte verbinden. Sehr flüssig der Erzählstil, leicht die Dialoge. Die Charaktere fand ich etwas durchwachsen, gerade Cassie ging mir mit ihrer Kindergartenkindart echt auf die Nerven. Eine weinerliche, trotzige Person, die sich für die Ärmste auf der ganzen Welt hält. Keine Figur, über die ich lange lesen möchte. Die June aus dem Jahr 1955 gefiel mir da schon etwas besser, erzählt wird dieser Handlungsstrang jedoch von ihrer besten Freundin Lindie. Lindie war für mich der heimliche Star der Geschichte, ihr bin ich gerne über die Seiten gefolgt und ich mochte ihre Art wirklich gerne. Der Glamour der Hollywoodstars, das Flair der frühen 60er Jahre, die ganze Atmosphäre dieser Zeit hat die Autorin gut eingefangen, man kann sich sehr gut einfühlen. Insgesamt fand ich den früheren Handlungsstrang wesentlich ansprechender, als den von Cassie. Der neigt dazu ins Lächerliche abzudriften, sodass ich das Geschehen dort nicht wirklich ernst nehmen konnte.

Eine süße Liebesgeschichte, die oft kitschig wirkt, aber auch große Gefühle zu transportieren weiß. Nicht unbedingt die größte Lovestory der Welt, aber für Fans des Genres bestimmt ein Versuch wert.

Bewertung vom 10.06.2017
Mr. Peardews Sammlung der verlorenen Dinge
Hogan, Ruth

Mr. Peardews Sammlung der verlorenen Dinge


sehr gut

Laura ist nach der Scheidung von ihrem Mann noch etwas gebeutelt als sie die Stelle als Sekretärin, Haushälterin und Mädchen für Alles bei Mr. Peardew antritt. Der ältere Herr war früher ein erfolgreicher Schriftsteller, jetzt lebt er alleine in seinem bezaubernden Haus „Padua“. Seine Tage verbringt er damit den liebevoll angelegten Rosengarten seiner Frau zu pflegen und Dinge zu finden. Dinge, die andere Menschen verloren haben, Dinge, die keiner mehr braucht. Denn auch Anthony hat einst etwas verloren, etwas, das ihm unendlich kostbar ist.

Ruth Hogan hat ein wirklich bezauberndes Debut abgeliefert, das sich zwar manchmal am Rand zum Kitsch befindet, aber erfreulicherweise nicht gänzlich dahin abdriftet. Die Geschichte des sympathischen Anthonys ist wirklich herzerwärmend und gleichzeitig ein bisschen traurig. Er hat vor langer Zeit seine große Liebe verloren und kämpft noch heute mit diesem Verlust. Seine Marotte Dinge zu sammeln (nur böse Zungen würden darin einen Messie sehen; schließlich sind alle Fundstücke säuberlich aufgereiht und katalogisiert) lässt ihn vielleicht etwas schrullig erscheinen, doch eigentlich ist er sehr klar in seinen Zielen. Dazu gehört es auch, Laura wieder etwas Boden unter den Füßen zu geben. Sie war mir ebenfalls schnell sympathisch, auch wenn sie manchmal etwas naiv ist. Die Autorin erzählt sehr leicht, trotzdem finden sich zwischendurch immer mal tiefgründigere Gedanken oder ernstere Themen. Altersdemenz und Downsyndrom scheinen auf den ersten Blick mit der leicht anmutenden Geschichte nicht zusammenzupassen; tun sie aber ganz hervorragend. Eingebettet in die Handlung sind kleine Geschichten zu verschiedenen Fundstücken, die sich jedoch ganz gut in den Fluss der Story einfügen. Einen feinen britischen Humor beweist die Autorin außerdem, sodass man des Öfteren ins Schmunzeln kommt.

Ein rundum gelungener Wohlfühlroman also, der unterhält, aber auch zum Nachdenken anregt.

Bewertung vom 05.06.2017
Die Hummerkönige
Zentner, Alexi

Die Hummerkönige


gut

„Der Ozean schenkte uns Leben und nahm es auch.“ (S. 76)
Seit 300 Jahren lebt die Familie Kings auf Loosewood Island vom Hummerfang. Sie haben sich zu wichtigen Persönlichkeiten in der Inselgemeinschaft gemausert und leben wirklich gut. Doch das Meer fordert auch immer wieder einen Preis, schon seit den Zeiten ihres Vorfahren, dem Landschaftsmaler Brumfitt Kings: das Leben des ersten Sohnes. Und so wird aus der mittleren Tochter Cordelia plötzlich die Älteste, die, die die Tradition des Hummerfangs weiterführen muss.

Alexi Zentner hat einen ruhigen, manchmal aber auch stürmischen Roman geschrieben, der mich vor allem durch seine präzisen Beschreibungen fasziniert hat. Der Autor weiht den Leser in die Geheimnisse des Hummerfangs ein, malt deutliche Bilder des Ozeans und der Insel. Auch die Gemälde Brumfitts kann man sich erstaunlich gut vorstellen. Eine düstere Stimmung zieht sich durch den Roman, die glaubhaft die einsame und verschworene Gemeinschaft der Hummerfänger umgibt. Mir war dieses Inselvölkchen meist relativ suspekt, erst recht ihre Einstellung „Probleme“ selbst zu lösen. Da bleibt auch der klassische Lynchmob nicht aus. Diese Mentalität hat sie mir alle ziemlich unsympathisch gemacht, auch Cordelia. Die ist eine taffe Frau, lebt für den Hummerfang und versucht ihrem Vater den verlorenen Sohn zu ersetzen. Sicherlich keine leichte Aufgabe, trotzdem muss man deswegen nicht den harten Cowboy geben und in bester Wild-West-Manier durch die Gegend ballern. Gerade in der zweiten Hälfte konnte ich mich mit der Handlung so gar nicht mehr anfreunden, zeigt der Autor vorher ein ruhiges, fast schon langweiliges Leben, überschlagen sich hier die Ereignisse und man kommt aus dem Drama gar nicht mehr raus.
Im Ansatz hat mir das Buch gut gefallen, aber irgendwann wollte der Autor für meinen Geschmack dann doch zu viel. Weniger ist halt manchmal wirklich mehr.

Bewertung vom 05.06.2017
Yummy Books!
Nicoletti, Cara

Yummy Books!


ausgezeichnet

Cara Nicoletti ist in einer Metzgersfamilie aufgewachsen, hat schon als Bäcker und Konditor gearbeitet, in vielen professionellen Küchen gekocht. Wenn sie nicht am Herd steht, nimmt sie ein Buch zur Hand. In diesem außergewöhnlichen Kochbuch verbindet sie Lesen und Essen, geistige und handfeste Nahrung. Sie zeigt, wieviel Essen doch in unserer täglichen Lektüre steckt. Egal ob Klassiker (Die Elenden), Roman (Wer die Nachtigall stört…) oder Thriller (Das Schweigen der Lämmer), in jeder Geschichte wird gegessen, meistens sogar sehr gut (doch ehrlich, auch Dr. Lecter war ein hervorragender Koch). Die Autorin sortiert ihre Rezepte und Geschichten nicht nach Vor-, Haupt- und Nachspeise, sondern nach dem Alter, in dem sie die dazugehörigen Bücher kennengelernt hat. Will heißen Kindheit, Jugend/Studium und Erwachsenenalter. Diese Aufteilung macht, was die Bücher angeht, natürlich Sinn, wer jedoch Lust auf z.B. ein Dessert hat, muss sich erst durchs Buch blättern um alle Rezepte dazu zu finden. Und stößt dabei auf so manches Kapitel, an dem er sich fest liest ; )

Zu jedem Buch erzählt die Autorin eine kurze autobiografische Geschichte, die sie mit der jeweiligen Lektüre verbindet. Dazu gehört auch ein ganz kurzer Abriss über die Handlung (erfreulicherweise halbwegs spoilerfrei) oder zum Autor oder oder oder. Die Geschichten sind so vielfältig wie die angesprochenen Bücher. Die Rezepte selbst sind gut verständlich erklärt, der Schwierigkeitsgrad reicht von einfach bis kompliziert. Die verwendeten Zutaten sind oft auf den amerikanischen Markt zugeschnitten, Ersatz lässt sich aber relativ leicht finden. Die Autorin wartet nicht mit den neuesten und innovativsten Gerichten auf, sondern bietet eine tolle Mischung aus Altbewährtem und Heißgeliebtem in modernem Gewand. Für ein Kochbuch ist es relativ dürftig bebildert, aber das ist Jammern auf hohem Niveau.

Insgesamt ist Yummy Books ein wirklich tolles Kochbuch für Bücherfreunde, die hinterher nicht wissen, ob sie zuerst den nächsten Supermarkt oder Buchladen stürmen sollen.

P.S.: Ich bin mir nicht sicher, ob mein Leseexemplar anders gestaltet ist als das zu kaufende Buch, deswegen dieser Nachtrag. Die Aufmachung mit superbilligem, lieblos zusammengeklatschtem Pappeinband hätte mich im Laden absolut abgeschreckt. Auch die Seiten waren gefühlt sehr dünn und ich hatte beim Lesen das Gefühl, dass mir die Seiten demnächst entgegenkommen, weil auch die Bindung mehr als dürftig ist. Alles gut und schön, falls es sich hierbei um eine Leseexemplarvariante handelt. Sollte das „fertige“ Buch jedoch in derselben Qualität wie mein Leseexemplar sein, hat der Verlag sich hier nicht mit Ruhm bekleckert. Inhalt toll, Verpackung absolut scheußlich!