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Lesendes Federvieh
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München
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Hinter dem Namen Lesendes Federvieh verbirgt sich das Blogger-Duo kathiduck und Zwerghuhn. Wir lesen querbeet alles, was uns zwischen die Finger kommt und veröffentlichen die Rezensionen dazu auf unserem Blog (lesendes-federvieh.de). Dort gibt es übrigens noch viele weitere Beiträge rund ums Thema Buch. :)

Bewertungen

Insgesamt 539 Bewertungen
Bewertung vom 18.03.2020
Im Schatten des Turms
Anour, René

Im Schatten des Turms


ausgezeichnet

Wien, 1787: Der Narrenturm, in dem Mediziner erstmals versuchen den Irrsinn zu heilen, übt auf den Medizinstudenten Alfred eine starke Faszination aus. Allerdings sind die dortigen Zustände mitleiderregend und besonders der Anblick einer jungen Patientin mit ungewöhnlichen Brandmalen auf den Armen lässt den angehenden Mediziner nicht los. Zur gleichen Zeit genießt die junge Adelige Helene unter der schützenden Hand ihres Vaters die große Ausnahme sich als Frau mit den Naturwissenschaften anstelle des höfischen Geplänkels zu beschäftigen. Doch er kann sie nicht ewig von der Schlangengrube Schönbrunn und den Intrigen bei Hofe fernhalten. Die Schicksale der beiden Menschen, deren Herkunft unterschiedlicher nicht sein könnte, sind miteinander verbunden und werden sich im Schatten des Turms entscheiden.

Selten hat mich ein Buch so in den Bann gezogen wie "Im Schatten des Turms", das definitiv jetzt schon eines meiner Jahreshighlights ist. Was zunächst wie eine lockere Romanze zwischen einer nach Freiheit strebenden Adeligen und einem fleißigen Studenten von niederem Stand anmutete, entpuppte sich zusehends als großartige Erzählung von weltgeschichtlichem Ausmaße, die ich förmlich inhaliert habe.

Besonders beeindruckt hat mich dabei das thematische Facettenreichtum der Geschichte. Die erste psychiatrische Heilanstalt im Wiener Narrenturm samt der dortigen fragwürdigen Behandlungsmethoden findet genauso Anklang wie die offenkundigen Unterschiede zwischen den Ständen zur Zeit der Regentschaft von Kaiser Joseph II., die in eindrucksvollen wie abschreckenden Szenen deutlich werden. Gleichermaßen bewegt man sich auf den Tanzflächen der prunkvollen Ballsäle bei Hofe nebst der Absurditäten des Adels und verfolgt die bis an die Front der osmanischen Kriege reichenden Intrigen der Mächtigen.

Zum vollendeten Lesegenuss tragen auch die vielschichtigen Haupt- wie Nebencharaktere bei, die der Geschichte mit ihren Eigenheiten und vor allem ihrer Echtheit Leben einhauchen. Zum einen ist das die wissbegierige Adelstochter Helene, die dem goldenen Käfig des Schlosses mitsamt der Ungerechtigkeiten zwischen den Ständen entfliehen möchte, zum anderen gibt es Alfred. Der aus ärmlichen Verhältnissen stammende Medizinstudent ist harte Arbeit sowie die Niedertracht der Wohlgeborenen gewohnt und besitzt obendrein einen ausgeprägten Sinn für Gerechtigkeit, der ihn ein ums andere Mal in Schwierigkeiten bringt. Beider unterschiedlicher Lebenswege sind spannend zu verfolgen, vor allem nachdem sie aufeinanderprallen und sich ihre Schicksale unwiderruflich miteinander verflechten. Doch auch Charaktere wie die gewiefte Zofe Gertraud, der undurchsichtige Graf Walsegg, die Jägersmänner Piruwetz und der Major oder gar die intrigante Gräfin sind unglaublich gut gelungen und verleihen der Erzählung ihren besonderen Glanz.

Ein wahres Juwel unter den historischen Romanen: "Im Schatten des Turms" beeindruckt mit ausdrucksstarken Charakteren vor fundierter Kulisse, greift Themen wie den ersten Wiener Narrenturm sowie die Türkenkriege auf und erzählt eine großartige Geschichte zwischen Armut und Reichtum.

Bewertung vom 12.03.2020
Die Julibraut / Erdbeerpflücker-Thriller Bd.8
Feth, Monika

Die Julibraut / Erdbeerpflücker-Thriller Bd.8


sehr gut

Drei Jahre ist es her, seit sich Jette in den Erdbeerpflücker Georg Taban verliebt und beinahe von ihm ermordet worden ist, wie zuvor ihre Freundin Caro. Drei Jahre sitzt Georg nun schon im Gefängnis und sinnt auf Rache, da Jette ihn damals verraten hat. Diese hat ihr Leben in der Zwischenzeit weitergelebt und wähnt sich in Sicherheit, bis sie sonderbare Botschaften erhält und ihre Freunde in scheinbar zufällige Unfälle verwickelt werden. Bald muss Jette einsehen, dass ihre Geschichte mit Georg noch lange nicht vorbei ist und die Erinnerungen an das düstere Kapitel mit aller Macht an die Oberfläche dringen.

Mit "Der Erdbeerpflücker" hat alles angefangen. Die spannende Jugendkrimireihe rund um Jette und ihre Freunde, die ein ums andere Mal ins Fadenkreuz von Verbrechern geraten und auf eigene Faust ermitteln. Aber auch meine Leidenschaft für Krimis, als ich den Auftakt der Serie in der Grundschule gelesen und seitdem alle Folgebände verschlungen habe. Lange Zeit ist es still um Jette geworden, deshalb war meine Freude natürlich umso größer, als ich "Die Julibraut" unter den Neuerscheinungen entdeckt habe.

Georg Taban ist "Der Erdbeerpflücker", Jettes einstige große Liebe sowie ein verurteilter Serienmörder, der für seine Morde an mehreren Frauen hinter Gittern sitzt. Und dennoch ist er zurück. Zunächst mit kleinen Unfällen, die scheinbar zufällig passieren, dann mit kleinen Nachrichten und schließlich mit allzu sichtbaren Verfolgern. Wie auch die vorherigen Bände liest sich dieser Krimi locker und leicht, man wechselt stets zwischen den Erzählperspektiven von Georg, Jette und ihren Freunden, was zum einen Abwechslung hineinbringt, zum anderen aber auch für einen steten Spannungsanstieg sorgt. Die Richtung, in die sich die Geschichte entwickelt, war zwar ein wenig abzusehen, aber dennoch hatte ich in einigen Situationen Gänsehaut.

Besonders gut hat mir auch gefallen, dass Monika Feth Jettes ersten Fall mit dem mordenden Erdbeerpflücker Georg Taban wieder aufgreift. Denn so schließt sich mit dem letzten Band der Kreis und bildet den perfekten Abschluss für diese schöne Reihe.

Obwohl es sich um Krimis mit jeder Menge Spannungselemente und Nervenkitzelmomenten handelt, sind die Bände der Erbeerpflückerreihe für mich absolute Wohlfühlbücher. Es war richtig schön wieder Zeit mit Jette und ihren Freunden zu verbringen, Kommissar Bert Melzig bei seinen Ermittlungen zu verfolgen und sich von all den liebgewonnenen Charakteren im endgültig letzten Band der Serie zu verabschieden.

Was lange währt, wird endlich gut, so auch der finale Band der Erdbeerpflücker-Bestsellerreihe, welcher die Krimiserie mit dem besonderen Charme perfekt abschließt.

Bewertung vom 11.03.2020
Der Freund
Nunez, Sigrid

Der Freund


ausgezeichnet

Die Ich-Erzählerin, eine Schriftstellerin, lebt zurückgezogen in einer kleinen Wohnung in New York City. Als ihr bester Freund stirbt, nimmt sie dessen Hund bei sich auf. Doch Apollo ist nicht irgendein Hund, sondern eine achtzig Kilo schwere riesige Dogge. Obwohl der Vermieter keine Hunde duldet, bringt sie es nicht fertig, Apollo seinem Schicksal überlassen. Beide sind in Trauer, doch gemeinsam nähern sie sich Stück für Stück dem Sonnenschein...

"Der Freund" ist ein wundervolles Buch voller schlauer Überraschungen. Lebensklug und unaufdringlich lässt die Ich-Erzählerin Stationen ihres Lebens und Alltags Revue passieren. Sie denkt über Vieles nach und gerade diese Gedankengänge und Überlegungen machen dieses Buch so lebendig und einzigartig. Sie beschäftigt sich mit Freundschaft, Liebe, Literatur - und Apollo.

Ich empfinde es wie ein Gespräch oder eine Unterhaltung unter guten Freunden, man kommt "vom Hundertsten ins Tausende". Und möchte nicht aufhören zuzuhören, in diesem Fall nicht aufhören zu lesen. Ich kann der Journalistin und Schriftstellerin Johanna Adorján nur zustimmen als sie meinte "Auf jeder Seite wollte ich mir mehrere Sätze anstreichen, [...]", mir ging es genauso.

Mit ihrer schnörkellosen, klaren und angenehmen Sprache gelingt es Sigrid Nunez ihrer Geschichte eine Leichtigkeit und gleichzeitig eine solche Kraft zu verleihen, dass ich das Buch nicht mehr aus der Hand legen wollte. Dieser Roman ist wirklich etwas Besonderes, er berührt, zaubert ein Lächeln auf die Lippen und regt zum Nachdenken an. Einfach klasse.

Fazit: Ein Freund, genau das ist das Buch auch für mich geworden

Bewertung vom 11.03.2020
Der blaue Pomander
Oliver, Sophie

Der blaue Pomander


sehr gut

London, 1896. Die berüchtigte Kindsmörderin Amelia Dyer steht kurz vor ihrer Hinrichtung. Unmittelbar vor ihrem Tod erzählt sie Professor Aristotle Brown, dem Vorsitzenden des Sebastian Clubs, vom blauen Pomander, einem geheimnisvollen Duftbehälter, der Heilkräfte besitzen soll. Einbildung einer Geisteskranken oder existiert er wirklich? Die Ermittler beschließen, der Sache auf den Grund zu gehen. Doch sie sind bei ihrer Suche nicht allein. So müssen sie neben dem Geheimnis des blauen Pomanders auch noch den einen oder anderen Mord aufklären. Diese Aufgabe führt die Gentlemen ins wunderschöne Salzburg.

Endlich ist er da, der dritte Band aus der Reihe um die Ermittler des Sebastian Clubs. Und was soll ich sagen, auch „Der blaue Pomander“ hat mir sehr gut gefallen. Ich bin einfach ein großer Fan dieser atmosphärischen und eleganten Krimis von Sophie Oliver. Die Ermittler sind mir mittlerweile richtig ans Herz gewachsen und ich fiebere bei ihren Nachforschungen mit Begeisterung mit.

Diesmal gibt es wieder zwei Schauplätze, London und das winterliche, charmante Salzburg mit seinen vielen Sehenswürdigkeiten. Durch die präzisen und bildhaft geschilderten Beschreibungen dieser Stadt und ihrer Umgebung war die Suche nach dem Pomander auch eine kleine Zeitreise ins Kaiserreich Österreich-Ungarn.

Der lockere, angenehme Schreibstil und die hervorragend ausgearbeiteten Charaktere mit all ihren Eigenheiten passen genau zu diesem unterhaltsamen Krimi. Freddie repräsentiert sehr schön das Dilemma als Frau in dieser Zeit festzustecken und die Entwicklung im Club dahingehend finde ich bemerkenswert.

Wie erwartet ist der Kriminalfall fesselnd und logisch aufgebaut. Auch diesmal besticht dieser Krimi durch unvorhersehbare Wendungen und einem überraschenden Schluss, der den Krimi perfekt abschließt. Trotzdem habe ich bis zu den letzten Seiten gehofft, die Autorin würde sich das Ende nochmal anders überlegen (Wer es schon gelesen hat, weiß was ich meine). Aber, nun ja, dann wäre es nicht glaubhaft gewesen. Und gerade das gefällt mir an den Büchern von Sophie Oliver so gut.

Besonders hervorheben möchte ich abschließend noch das hervorragend recherchierte Glossar am Ende des Buches, denn hier werden die historischen Fakten nochmals aufgelistet und kurz beschrieben. Das ist ebenso interessant und spannend zu lesen und ich freue mich jedesmal auf diese kleine, feine Geschichtsstunde.

Fazit: Ich bleibe ein großer Fan des Sebastian Clubs

Bewertung vom 10.03.2020
Meine Schwester, die Serienmörderin
Braithwaite, Oyinkan

Meine Schwester, die Serienmörderin


ausgezeichnet

Die zwei Schwestern Korede und Ayoola könnten unterschiedlicher nicht sein. Die eine patent und tatkräftig, die andere bildschön und eine Serienmörderin, die ihre Männer umbringt, wenn sie ihr nicht mehr zusagen. Da passt es gut, dass Korede als Krankenschwester alle Tricks kennt, um Tatorte klinisch rein zu bekommen und Leichen verschwinden zu lassen. Soweit so gut, doch dann verliebt sich Koredes Schwarm aus dem Krankenhaus, Tade, in Ayoola. Was soll sie jetzt tun, wen schützen? Wie gefährlich ist Ayoola tatsächlich?

"Meine Schwester, die Serienmörderin" sticht schon allein wegen des fulminanten Covers ins Auge, aber wenn man erst zu lesen beginnt, merkt man gleich, dass nicht nur die Aufmachung cool ist, sondern der ganze Kriminalroman selbst. Die Autorin nimmt den Leser mit nach Lagos zu den beiden ganz speziellen Schwestern Korede und Ayoola. Sie sind etwas ganz Besonderes. Zwei moderne junge Frauen mit Ecken und Kanten und obwohl Ayoola mit allen Wassern gewaschen ist, sind mir beide absolut sympathisch. Sie halten zusammen und sind loyal bis zum bitteren Ende.

Witzig, ehrlich und auf den Punkt gebracht erzählt die Autorin, wie die beiden diese mordsgefährliche Lage meistern. Dabei erfährt man wie nebenbei eine ganze Menge über die nigerianische Gesellschaft, das hat mir sehr gut gefallen. Ganz toll finde ich die Sprache der Autorin. Durch ihren klaren, direkten und spannenden Schreibstil verfliegen die Seiten im Nu. Ich wäre noch gerne länger bei Ayoola und Korede geblieben.

Dieses Buch kommt definitiv auf die Liste meiner Lieblingsbücher, es ist spritzig, emotional und einfach unglaublich gut geschrieben. Ich hoffe Oyinkan Braithwaite veröffentlicht noch viele weitere Romane.

Fazit: Cooler geht‘s nicht!

Bewertung vom 09.03.2020
Ein Sommer auf Sylt
Wolf, Lena

Ein Sommer auf Sylt


sehr gut

Julia hat von ihrem Vater ein Haus auf Sylt geerbt. Unterstützt von ihrer Mutter und zwei Tanten reist sie auf die Insel um es zu verkaufen. Das Problem ist nur, dass die Damen völlig zerstritten sind und daher keine Gelegenheit auslassen, lautstark ihre Kritiken loszuwerden. Zu allem Überfluss müssen sie sich ein Appartement in einer Pension teilen. Doch Sylt überrascht sie alle, vor allem Julia, die sich vom Hotelbesitzer die Sonnenseiten der Insel zeigen lässt. Wenn dieser nur nicht so attraktiv und sympathisch wäre...

"Ein Sommer auf Sylt" ist der perfekte Roman für die Strandtasche oder noch besser, um in der grauen Jahreszeit einfach schnell ein paar entspannende Lesestunden auf dieser wunderschönen Nordseeinsel zu verbringen. Lena Wolf hat eine herrlich unterhaltsame Geschichte geschrieben, die gewürzt ist mit Witz, Esprit und genau der richtigen Prise Liebe.

Und das alles vor der idyllischen Kulisse Sylts. Die Landschaftsbeschreibungen sind so liebevoll und detailliert ausgearbeitet, dass ich ohne Probleme nachvollziehen konnte, wie bei Julia der Knoten platzte und sie die Schönheit dieser Insel begreifen konnte. Es war auch für mich wie eine kleine Reise zurück in dieses Inselparadies. Man spürt diesen ganz besonderen Flair auf jeder Buchseite.

Dazu ihre "amüsanten" Begleiterinnen, bestehen aus ihrer Mutter und deren beiden Schwestern. Das sind ganz besondere Früchtchen, jede auf ihre eigene Art und Weise. Schräg, aber dennoch liebenswert sorgen sie dafür, dass es Julia nicht langweilig wird. Was diesem Dreamteam so alles einfällt, ist filmreif.

Flott, flüssig und kurzweilig geschrieben, verflogen die Seiten im Nu. Mit Leichtigkeit und Charme hat sie mich nicht nur für diese fluffige Geschichte begeistert, sondern auch für dieses einzigartige Stück Natur.

Fazit: Sylt - Ein pures Vergnügen

Bewertung vom 09.03.2020
Die Wege der Liebe / Die Ärztin Bd.3
Sommerfeld, Helene

Die Wege der Liebe / Die Ärztin Bd.3


sehr gut

Berlin, 1915: Die Wirren des Ersten Weltkrieges hinterlassen Spuren in der Millionenstadt. Die Nahrungsvorräte werden immer knapper, die Preise entsprechend höher und die Frauen nehmen die frei gewordenen Arbeitsplätze der Männer ein, die zahlreich auf dem "Feld der Ehre" ihr Leben lassen. In der Charité behandelt die Ärztin Ricarda Thomasius junge Arbeiterinnen, die schwere Verletzungen unter den unmenschlichen Arbeitsbedingungen in den Munitionsfabriken davontragen. Gleichzeitig steht ihre Familie kurz vor dem Zusammenbruch, denn ihr Sohn Georg wird an der Front vermisst und das Verhältnis zu ihrer älteren Tochter Henny liegt in Scherben. Ricarda möchte um ihre Kinder kämpfen, doch die Liebe kann nicht alle Verletzungen heilen, vor allem nicht, wenn das Schicksal erneut zuschlägt.

Da mir die ersten beiden Bände, "Die Ärztin – Das Licht der Welt" und das etwas schwächere "Die Ärztin – Stürme des Lebens", gut gefallen haben, war ich natürlich sehr neugierig, wie es nach dem fiesen Cliffhanger mit Ricarda und ihrer Familie weitergeht.

Wenngleich der medizinische Anteil zunehmend abgenommen hat, so hat mir dieser Band der Reihe dennoch am besten gefallen. Stand Ricarda selbst in den ersten beiden Teilen im Mittelpunkt der Erzählung, so hat sich der Fokus nun auf ihre drei Kinder Henny, Georg und Antonia verschoben, die allesamt mit den kleinen und großen Herausforderungen des Lebens kämpfen. Ich kann nicht genau benennen woran es liegt, aber die Charaktere, ihre Träume und ihre Entscheidungen haben sich in diesem Roman verglichen mit den vorherigen Bänden viel echter angefühlt. Beinahe so, als wäre Helene Sommerfeld nun gänzlich bei ihren Protagonisten angekommen.

Die Geschwister haben unterschiedliche Vorstellungen von ihrer Zukunft, verstreuen sich in die Welt, lernen zu leben, zu lieben und loszulassen. Man begleitet Henny nach Amerika, wo sie versucht als Ehefrau und Ärztin Fuß zu fassen, verliebt sich gemeinsam mit Antonia in das kleine Äffchen und durchlebt Georgs traumatische Kriegserlebnisse und den inneren Zwiespalt. Dabei wechselt man in angenehmen Abständen zwischen den einzelnen Perspektiven, wodurch sich eine unterhaltsame, vielschichtige Geschichte ergibt, die von einem atmosphärischen Schreibstil getragen wird.

Helene Sommerfeld ist mit "Die Ärztin – Die Wege der Liebe" ein gelungener Abschluss ihrer Trilogie rund um die Ärztin Ricarda Thomasius und ihre Familie gelungen, der durch die Echtheit der Charaktere und den atmosphärischen Schreibstil beeindruckt.

Bewertung vom 02.03.2020
Das Echo deines Todes
Kendrick, Sophie

Das Echo deines Todes


sehr gut

16 Jahre sind vergangen seit Lara mit ihren drei Freundinnen auf einer schwedischen Insel ihren Urlaub verbrachte. Die Ferien, auf die sich die Mädchen freuten, endeten jedoch tragisch. So ist Lara völlig von der Rolle als sie eine Einladung genau dorthin erhält, wo Becca damals spurlos verschwand. Alle Ermittlungen der Polizei verliefen im Sande. Aber nicht nur sie, sondern auch die übrigen beiden Freundinnen Eileen und Michelle haben eine Einladung erhalten. Sie beschließen der geheimnisvollen Einladung zu folgen und reisen auf die Insel. Doch schon bald geschehen seltsame Dinge, die bei allen ein mehr als mulmiges Gefühl hervorruft...

"Das Echo deines Todes" ist ein toller, atmosphärisch dichter Thriller, der bei mir ziemlich schnell ein Gänsehautgefühl verursachte. Sophie Kendrick beschreibt die düster, geheimnisvolle Stimmung auf der einsamen Insel so plastisch, dass ich die Dunkelheit, den Regen und das Unheilvolle förmlich spüren konnte. Durch den klaren, flüssigen und mitreißenden Schreibstil der Autorin war ich ebenso auf der Insel gefangen und total neugierig, wie sich die Geschichte nun entwickelt.

Spannend und mit immer wieder neuen Wendungen nimmt der Thriller rasant an Tempo zu und fesselt den Leser bis zum Ende. Auch ihre drei Protagonistinnen, Lara, die am Asperger-Syndrom leidet, die taffe Michelle und Eileen, deren Nervenkostüm nicht das Beste ist, passen perfekt und hauchen dem Thriller Lebendigkeit ein. Durch Rückblenden in die Verhöre der schwedischen Polizei kommt man dem Geschehen von damals immer näher.

Für mich war dieses Buch ein kurzweiliges, fesselndes Lesevergnügen, das die Bezeichnung Thriller wirklich verdient hat.

Fazit: Gepflegter Thriller mit einer ordentlichen Portion Nervenkitzel

Bewertung vom 28.02.2020
Wiedersehen in der kleinen Inselbuchhandlung / Inselbuchhandlung Bd.3
Mommsen, Janne

Wiedersehen in der kleinen Inselbuchhandlung / Inselbuchhandlung Bd.3


sehr gut

Der Krimiautor Hauke hat zusammen mit seinen besten Freunden Kai, Nicole und Wiebke eine unbeschwerte Kindheit auf der kleinen Nordseeinsel verbracht. Doch dann haben sich nach dem Abitur die Wege der vier getrennt. Zwanzig Jahre später ist aus Hauke ein erfolgreicher Krimiautor geworden. Für eine Lesung kommt er zurück auf seine Heimatinsel, denn sein aktueller Krimi spielt auf der Insel. Als er in Gretas kleiner Inselbuchhandlung sein Buch vorstellt, ist er mehr als überrascht, denn seine drei Freunde sind extra wegen ihm gekommen. Wie es auf einer so kleinen Insel üblich ist, läuft man sich häufig über den Weg. Hat ihre Freundschaft noch Bestand und kann man alte Wunden heilen? Diese Fragen stellt sich nicht nur Hauke...

Das "Wiedersehen in der kleinen Inselbuchhandlung" ist auch diesmal wieder ein entspannender Ausflug aus dem stressigen Alltag und einfach eine wunderbare Erholung für den Geist und die Seele. Man ist als Leser sofort auf der Insel mit dabei, spürt den Wind, hört das Meeresrauschen, atmet die frische Seeluft ein - und freut sich auf die altbekannten sympathischen Charaktere. Das können ja nur schöne Lesestunden werden, zumal sich Janne Mommsen diesmal dem großen Thema Freundschaft widmet.

Wie ist es denn überhaupt, wenn man nach zwanzig Jahren in der Großstadt plötzlich wieder zurückkommt auf eine kleine Insel, wo jeder jeden kennt? Welche Erinnerungen, Gefühle und schon längst vergessen Geglaubtes kommen zum Vorschein? Der Autor schreibt über Haukes Erlebnisse authentisch, locker und gleichzeitig einfühlsam.

Es war für mich absolut unterhaltsam und spannend zu lesen, wie denn Haukes alte Clique reagierte, als er nach so langer Zeit Funkstille plötzlich wieder vor ihnen stand. Nicht nur Hauke, sondern auch ich habe beim Lesen überlegt, ob sich Freundschaft verändert und ob man sich auf echte Freunde immer verlassen kann. Das hat mir besonders gut gefallen.

Janne Mommsen ist wieder eine kurzweilige, schöne Geschichte gelungen, mit der man ein paar Stunden ins wunderschöne Friesland reisen kann. Die Einblicke in den Alltag eines Autors haben den Roman sehr schön abgerundet. Mir hat das Buch großen Spaß gemacht.

Fazit: Entspannter Ausflug ins Leseglück

Bewertung vom 26.02.2020
Das Schicksal weiß schon, was es tut
Kemmerer, Brigid

Das Schicksal weiß schon, was es tut


sehr gut

Rob Lachlan ist ein Sportass, Liebling der Schule und ein absoluter Mädchenschwarm. Doch es bedarf nur eines Ereignisses und schon kehren sich die Verhältnisse um. Sein Vater hat die Familie in Verruf gebracht, indem er zahlreiche Menschen in den finanziellen Ruin trieb. Von nun ist Rob ein Außenseiter, denn jeder denkt er wäre Teil des gigantischen Betrugs. Für Maegan ist die Schule nach einem schwerwiegenden Fehler ebenfalls die Hölle. Da sie beide in Mathe übrig bleiben, müssen sie gemeinsam an einem Projekt arbeiten. Das Schicksal scheint entweder einen besonderen Sinn für Humor oder einen bestimmten Plan für Meagan und Rob zu haben…

Was zunächst wie eine lockere Teenie-Liebesgeschichte über zwei Außenseiter anmutet, die sich finden, entpuppt sich schon bald als viel mehr. Sie handelt von Schuld, der Frage nach dem Richtig und Falsch, sie erzählt von Verdrängung, Wiedergutmachung und dem Weitermachen. Dem Danach.

Meagan und Rob wurden beide zu Außenseitern, sie durch ihr Schummeln bei einer wichtigen Prüfung, er durch die Machenschaften seines Vaters, der zahlreiche Menschen durch die Veruntreuung ihres Vermögens in den finanziellen Ruin trieb. Sie hat ihre Tat gestanden, sie ist schuldig. Er ist schuldig, weil er der Sohn seines Vaters ist und somit von der Tat gewusst haben muss. Doch trägt er auch tatsächlich die Schuld für das, was passiert ist? Ist er dafür verantwortlich, dass einige Familien ihr gesamtes Vermögen verloren haben, weil er nicht erkannt hat was vor sich ging? Ist er schuldig, weil er von alledem nichts wusste, aber die finanziellen Vorzüge genossen hatte, welche die Tat mit sich brachte?

Vor allem: Welche Konsequenzen ergeben sich daraus? Ist es richtig jemanden zu bestehlen, der etwas im Überfluss besitzt und es jemandem zu schenken, der es dringend benötigt, weil man ohnehin von jedem als Dieb abgestempelt wurde? Macht es überhaupt noch einen Unterschied, wenn jeder davon überzeugt ist, dass man es bereits getan hat? Ist man weniger schuldig, wenn jeder es erwartet? Und wann ist es vorbei? Wann hat man genug gelitten? Wann kann man vergessen und einfach weitermachen? Gibt es überhaupt ein danach? Oder wird es ein allzeit präsentes „schuldig“ bleiben?

Auf beinahe philosophische Art und Weise setzt sich dieser Roman mit jenen Fragen und vielen weiteren auseinander, was ich unglaublich spannend zu verfolgen fand. Wenngleich jene Problematik natürlich nicht tiefgründig dozierend abgehandelt wird, vielmehr werden einzelne wichtige Gedankenanstöße geschaffen, sich selbst mit den Facetten der Schuld zu beschäftigen.

Aufgrund dieser Thematik wie auch dem gescheiterten Suizid von Robs Vater, der ihn zum Pflegefall machte, schwingt zwischen den Zeilen eine bedrückte Stimmung mit, wie ich finde. Dennoch gibt es die kleinen Hoffnungsmomente, die aufkeimenden romantischen Gefühle und die Schritte in Richtung weitermachen, die der Erzählung einen hellen Schimmer verleihen.

„Das Schicksal weiß schon, was es tut“ ist in meinen Augen ein großartiger Jugendroman, der die Frage nach der Schuld und den persönlichen wie gesellschaftlichen Konsequenzen nach einem begangenen Verbrechen thematisiert und zum Nachdenken anregt. Natürlich kommen dabei auch die Liebe, die Freundschaft und die Familie nicht zu kurz.

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