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Benutzername: 
Pharo72
Wohnort: 
Zittau
Über mich: 
Büchersüchtige, introvertierte Leseratte!

Bewertungen

Insgesamt 465 Bewertungen
Bewertung vom 12.07.2014
Land in Sicht
Steffan, Kristina

Land in Sicht


ausgezeichnet

Charlotta (Lotta) Ellenbergs Leben ist straff durchorganisiert, Veränderungen verabscheut sie. Doch genau diesen kann sie nicht entgehen, als plötzlich ihre geliebte Oma stirbt und ihr, gemeinsam mit Schwester Lea, das Häuschen auf dem Land vermacht. Allerdings unter der Voraussetzung, dort mindestens ein Jahr mit Lea zu leben, mit der sie so gar nicht gut auskommt. Diese ist jedoch gar nicht abgeneigt, und so wird als Erstes das Projekt Komplettrenovierung in Angriff genommen, was Lotta, die aus dem To-Do-Listen-Schreiben gar nicht mehr herauskommt, fast in den Wahnsinn treibt. Zu guter Letzt muss sie sich auch noch mit den Gefühlen auseinandersetzen, die der geheimnisvolle Nachbar Erik in ihr auslöst.

Meine Meinung:

Mit ihrem neuen im Diana-Verlag erschienenen Roman „Land in Sicht“ hat mich Kristina Steffan erneut restlos begeistert. Ich liebe einfach ihren Wortwitz, die locker-flockige Art, die mich geradezu durch das Buch fliegen lassen hat, wobei ich mir ein stetes Zucken der Mundwinkel nicht verkneifen konnte.

Der Protagonistin Lotta fühlte ich mich sehr nah, nicht nur, weil unser beruflicher Alltag ähnlich aussieht und ich wünschte, meine innere Chefin wäre öfter genauso streng wie Lottas, sondern auch, weil ich ihre Angst vor Veränderungen so gut nachvollziehen kann. Doch das Buch des Lebens schreibt seine eigene Geschichte und manchmal muss man einfach loslassen und sich mitreißen lassen.

Neben den äußerst witzigen Momenten, siehe Baumarktbesuche und Umgang mit Handwerkern sowie schrulligen Dorfbewohnern, wie sie nur das wahre Leben schreiben kann, gibt es auch einige nachdenkliche, emotionale, ja sogar traurige. Gerade diese Mischung ist es, die das Buch so wertvoll macht. Das alltägliche Leben ist nicht nur ein rosaroter Luftballon, sondern hält auch schmerzvolle Erfahrungen und Rückschläge parat, bevor sich wieder ein Licht am Horizont zeigt. Dies ausgewogen zu vermitteln, gelingt Kristina Steffan vorzüglich.

Sie hat neben Lotta einige weitere sehr individuelle Charaktere erschaffen, die man einfach liebgewinnen muss. Auch das Ende fand ich äußerst gelungen, ein erster Schritt zur Vereinigung der Schwestern ist gemacht, für die Liebe stehen die Zeichen gut. Was die Zukunft bringt, kann sich jeder selbst ausmalen, denn nichts ist so konstant wie die Veränderung.
Wer eine spritzige, humorvolle Geschichte über verquere Familienverhältnisse, die Herausforderung eines Hausumbaus und eine nicht ganz alltägliche Liebe sucht, die die Höhen und Tiefen des Lebens auslotet, ist mit „Land in Sicht“ bestens bedient.

Bewertung vom 24.06.2014
Stolperherz
Sabbag, Britta

Stolperherz


ausgezeichnet

Ein Traum wird für die unscheinbare, an einem Herzfehler leidende Sanny wahr, als die beliebte Schulband „Crystal“ die Fünfzehnjährige einlädt, sie auf ihrer Tour in den Sommerferien zu begleiten. Sie tischt ihrer Mutter eine faustdicke Lüge auf und ist gewillt, einmal alle Vorsicht außer Acht zu lassen und ihr Leben in vollen Zügen zu genießen. Dabei geht sie ein großes Risiko ein, denn nicht nur ihre Gesundheit macht ihr zu schaffen, ihr Herz gerät auch ins Stolpern, weil es für Greg, den gut aussehenden Bassisten der Band schlägt.

Meine Meinung:

Mit „Stolperherz“ hat Britta Sabbag ein wahres Herzensbuch geschrieben, das sie vorübergehend zurück in ihre Jugend katapultiert haben muss, denn auch die Autorin ist einen Sommer lang mit einer Rockband durch die Lande gereist. So konnte sie sich sicherlich auch bestens in ihre Protagonistin Sanny einfühlen. Der Roman ist vorrangig für junge Mädchen zwischen 12 und 15 geeignet, aber auch erwachsene Leser könnten an dem Sommerabenteuer der jungen Leute ihren Spaß haben.

Sanny ist ein außergewöhnliches Mädchen, stets überbehütet aufgrund ihrer Krankheit erkennt sie die Chance ihres Lebens, als sie sich ihr bietet, und lebt für eine kurze Zeit ihren Traum. Das Buch ist nicht nur eine locker-flockige Sommerlektüre, sondern bietet noch so viel mehr, ohne mit dem erhobenen Zeigefinger zu winken. Weder überschattet Sannys Krankheit die Seiten noch nimmt die Lovestory, die allerdings zuckersüß ist und gerade noch an einer Dreiecksgeschichte vorbeischrammt, einen zu großen Umfang ein.

Vielmehr ist es vor allem ein Plädoyer für Mut, dafür, sich seinen Ängsten zu stellen. Es thematisiert den Wert der Freundschaft, zeigt auf, wie wenig Äußerlichkeiten mit dem wahren Charakter zu tun haben und dass man auch mal über seinen Schatten springen muss, wenn man etwas erreichen will.

Ein wunderschönes Feel-Good-Buch, das nachdenklich macht, einen zum Schmunzeln bringt und am Ende mit einem Lächeln entlässt. Ich kann diesen romantischen Roadtrip jedem Leser empfehlen, der für eine kurze Zeit abtauchen und einfach mal wieder träumen möchte.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 24.01.2014
Gelöscht / Gelöscht-Trilogie Bd.1
Terry, Teri

Gelöscht / Gelöscht-Trilogie Bd.1


sehr gut

Die 16-jährige Kyla wurde geslated, das heißt ihrer gesamten Erinnerungen beraubt. Bei einer neuen Familie beginnt sie ein komplett neues Leben. Ein Gerät an ihrem Arm namens Levo hält ihre Gefühle unter Kontrolle. Die diktatorische Regierung will so gewaltbereite Jugendliche in Schach halten und nach ihren Vorstellungen führen.

Doch Kyla ist anders. Ihr Levo reagiert nur in Teilen, wie es sollte. Sie darf sich jedoch nichts anmerken lassen, sonst ist ihre letzte Chance vertan. Doch gehörte sie wirklich zu den Terroristen? Warum erscheint sie dann auf einer Web-Seite für vermisste Kinder. Und wem kann sie wirklich trauen? Ihren neuen Eltern, Ben, auch ein Slater, in den sie sich verliebt hat, oder ihrer Ärztin? Die wichtigste Frage wird für Kyla: Wer war sie in ihrem früheren Leben?

Meine Meinung:

„Gelöscht“ ist der Auftakt einer dystopischen Trilogie, die etwa Mitte des 21. Jahrhunderts in London und Umgebung spielt. Allein schon die Grundidee, dass Jugendliche durch einen Eingriff am Gehirn ihrer Erinnerungen und damit ihres bisherigen Lebens beraubt werden, ist äußerst beängstigend. Vom totalitären Regime, das jeden Widerstand unterdrückt, leben die Menschen so ständig in Angst vor Überwachung. Wer nicht den Regeln folgt, verschwindet spurlos.

Man kommt trotz der anfangs ungewohnten Begriffe schnell in die Handlung hinein und kann hautnah Kylas Entwicklung zur Selbstbestimmung miterleben. Es bleiben viele Fragen offen, aber das ist bei einem ersten Band natürlich nichts Ungewöhnliches. Die Liebesgeschichte zwischen Kyla und Ben bleibt ein wenig blass, da schlecht nachvollziehbar ist, woher die gegenseitigen Gefühle füreinander plötzlich kommen.

Besonders interessant ist, dass bis zum Schluss unklar bleibt, wer Freund und wer Feind ist. Mal hat man den Eindruck, dieser oder jener steht auf Kylas Seite, dann kommen wieder Zweifel. Das Buch bietet spannende Unterhaltung und macht Lust auf die Fortsetzung.

Wer sich für düstere Zukunftsszenarien a la Panem interessiert, wird auch an diesem Buch Gefallen finden. Ein halbes Pünktchen gebe ich hier noch Abzug, da ich noch nicht restlos überzeugt war, freue mich aber, nun direkt zeitnah die Fortsetzung lesen zu können.

Bewertung vom 21.01.2014
Das Rachespiel
Strobel, Arno

Das Rachespiel


ausgezeichnet

Frank Geissler, Inhaber einer Softwarefirma, erhält mit der Post einen Speicherstick. Auf ihm ein Video, in dem ein gefesselter Mann von offensichtlich ausgehungerten Ratten bedroht wird. Er kann den Mann retten, so heißt es, wenn er sich auf ein Spiel einlässt. Frank hält es für einen Scherz, doch kurz darauf ist der Mann tot. Er erfährt, dass drei seiner Jugendfreunde ebenfalls ein Video erhalten haben und ein Verdacht erwacht in ihm. Es gibt ein Geheimnis, das alle verbindet. Der unbekannte Spielführer bedroht schon bald auch Franks Familie und so begibt er sich zu einer Bunkeranlage und wird mit Manuela, Jens und Torsten dort eingesperrt. Es beginnt ein Psychospiel ungeahnten Ausmaßes, denn nur einer darf überleben.

Meine Meinung:

Endlich ist es so weit. Ein neuer Strobel erobert den Markt und in diesem Punkt bin ich mir sicher, denn für mich ist „Das Rachespiel“ eins seiner besten Werke, wenn nicht das Beste überhaupt. Begrenzt auf engstem Raum und während eines knapp gefassten Zeitrahmens entwickelt der Autor hier einmal mehr atemlose Spannung, die das Abbrechen des Buches vor Ende fast unmöglich macht.

Dieses Mal gibt es keine Ermittlungen durch die Polizei, sondern einfach nur vier Menschen, die eingeschlossen Todesängste ausstehen müssen, während sie gezwungen sind, knifflige Aufgaben zu lösen. Um sich und ihre Familien zu retten, müssen sie rücksichtslos handeln. Es bilden sich schnell Allianzen, doch wer kann wem wirklich trauen? Und holt ihre Vergangenheit sie ein? Wer ist der mysteriöse Rächer?

Neben dem gegenseitigen Misstrauen sind es vor allem die Urängste, die Arno Strobel wieder meisterhaft in Worte fasst. War es beim „Sarg“ hauptsächlich die Klaustrophobie, so haben die Spieler es hier zusätzlich noch mit völliger Dunkelheit, Kälte und der Bedrohung durch gefräßige Ratten zu tun.

Nicht nur das aktuelle Geschehen im Bunker, auch die Rückblenden in die Vergangenheit der Protagonisten jagen dem Leser eine Gänsehaut nach der anderen über den Körper. Aufgrund der überschaubaren Figurenanzahl wird dem geübten Thriller-Leser sicher schon vor Ende ein Verdacht kommen, was aber nicht bedeutet, dass nicht bis zur letzten Minute alles offen bleibt.

Ein wahrer Pageturner, der im Regal keines Thrillerliebhabers fehlen sollte. Urängste, Überlebenswillen, menschliche Psychogramme – perfekt inszeniert und gut für mehr als eine schlaflose Nacht.