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Bibliomarie

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Insgesamt 1032 Bewertungen
Bewertung vom 16.06.2020
Schwarzer August / Leander Lost Bd.4 (eBook, ePUB)
Ribeiro, Gil

Schwarzer August / Leander Lost Bd.4 (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Es geht für mich zum vierten Mal nach Fuseta an der Algarve. Ich habe mir noch keinen Band der Krimis um den außergewöhnlichen Sub-Inspektor Leander Lost entgehen lassen. Lost kam mit einem EU-Austauschprogramm an die Algarve, hat aber mittlerweile eine Planstelle erhalten und denkt gar nicht mehr an eine Rückkehr nach Hamburg. In Fuseta ist der Asperger Lost angekommen und fühlt sich heimisch, nicht zuletzt Soraias wegen, der Schwester seiner Chefin und Kollegin Graciana Rosada.

Aber das frische Glück mit Soraia ist nicht länger ungestört, eine Bombenexplosion fordert die Policia Judicaria heraus, Graciana, Carlos Estevez, der Spanier Duerte und Lost stehen vor einem verstörenden Fall, denn der Täter fordert nicht weniger als ökonomische Gerechtigkeit und ein ökologisches Umdenken.

Die Algarve-Krimis von Gil Ribeiro (Holger Karsten Schmidt) sind nicht nur immer fesselnd, sie leben auch vom Zusammenspiel mit dem sehr unterschiedlichen Team und ihren Interaktionen. Während Duerte häufig über seine Eitelkeit, als sprichwörtlich stolzer Spanier stolpert, setzt Leander Lost durch sein Asperger-Syndrom Akzente. Seine Logik, kombiniert mit seiner Unfähigkeit zu lügen, bringt eine besondere Dynamik in die Ermittlungen. Das begeistert und fasziniert mich bei jedem Band auf’s Neue. Aber auch die anderen Figuren sind vielschichtig charakterisiert, sie werden dadurch sehr lebendig für mich. Ihre verschiedenen Persönlichkeiten prägen auch die Ermittlungen.

Ribeiros Bücher sind auch einzeln zu lesen, aber ich finde die Entwicklung, die Lost in Fuseta nimmt, besonders reizvoll und die kann man natürlich mit Vorkenntnis noch besser nachvollziehen.

Der Autor verbringt viel Zeit in Fuseta und diese Ortskenntnis und vor allem die Liebe zu diesem Landstrich und zur portugiesischen Seele spürt man beim Lesen. Ja, ich bekomme jedenfalls immer größere Lust, Fuseta selbst kennenzulernen. Wer weiß, vielleicht gibt es ja bald einen Büchertourismus in diese portugiesische Kleinstadt.

Auch dieser Band hat alle meine Erwartungen erfüllt und ich warte wieder mit Spannung auf das nächste Buch.

Bewertung vom 14.06.2020
Tod in Saint Merlot
Kent, Serena

Tod in Saint Merlot


gut

Für Penelope Kite ist die Provence ein Sehnsuchtsort. Kurzentschlossen erwirbt sie ein altes, verwittertes Steinhaus, das malerisch in den Hügeln des Luberon liegt. Was hält die Frührentnerin noch in London, wo die undankbaren Kinder in ihr nur ein praktisches Kindermädchen sehen? Nun ist sie also stolze Besitzerin von „Le Chant d’Eau“ und ein zweiter, realistischerer Blick zeigt, dass sie noch eine Menge Arbeit haben wird. Mit Garten und Pool will sie beginnen, doch da lauert eine Überraschung, denn im brackigen Wasser des Pools liegt eine männliche Leiche. Es ist der Vorbesitzer, dessen unangenehme Bekanntschaft sie schon am Abend ihrer Ankunft machte.

Weil die Polizei nur allzu gerne einen Unfall sehen möchte, Penny aber gehörige Zweifel hegt, beginnt sie auf eigene Faust zu schnüffeln. Das erregt natürlich den Unwillen der Polizei und des Bürgermeisters und Penny macht einige unliebsame Erfahrungen.

Ein Lavendelfeld und ein mittelalterliches Dorf zieren das Titelbild und verweisen sogleich auf einen richtigen Urlaubskrimi. Das Setting stimmt und eine ältliche Dame als Ermittlerin wider Willen klingt doch richtig spannend.

Diese Versprechungen löst der Roman auch ein, aber mir fehlte doch noch einiges um ein ganz rundes Lesevergnügen zu haben. Einige der Figuren, wie z.B. die Maklerin, die ständig um Penny herumschwirrt, wirken unglaubwürdig. Penny selbst kann der Verlockung eines gekühlten Rosés nie widerstehen und so enden ihre Ermittlungen oft in Weinseligkeit.

Das Buch liest sich amüsant und unterhaltsam, allerdings waren nicht alle Spuren logisch abgeschlossen. Mancher Handlungsstrang versandet im Lauf der Geschichte. Der Plot war gar nicht schlecht, aber in der Ausführung gibt es doch noch reichlich Luft nach oben.

Genießen kann man auf alle Fälle die stimmungsvoll geschilderte Atmosphäre der Provence und für wen wäre so ein altes Gut nicht ein Sehnsuchtsort?

Kurz- ein Cosy Crime mit viel Urlaubsfeeling.

Bewertung vom 13.06.2020
Dänische Schuld / Gitte Madsen Bd.2
Gronover, Frida

Dänische Schuld / Gitte Madsen Bd.2


gut

Seit Gitte Madsen von Münster nach Marielyst in Dänemark umgezogen ist, hat sie sich gut eingelebt, sie arbeitet beim örtlichen Bestatter, hat Freunde und Verwandte gefunden. Immer noch hat sie die Suche nach ihrem vor 18 Jahren verschwundenen Vater nicht aufgegeben. Er war Däne und sie glaubt nicht, dass er seine Frau und Tochter einfach im Stich gelassen haben könnte.

Gitte scheint ungewöhnliche Todesfälle anzuziehen, schon einmal wurde sie in einen Mordfall verwickelt und nun wird sie Zeugin wie im Restaurant ein Gast am Nebentisch jäh verstirbt, waren es die Pilze? Aber schnell stellt sich heraus, dass es ein heimtückischer Mord war. Bei der Vorbereitung zur Bestattung erfährt Gitte, dass die Familie des Mannes schon mehrfach von Tod und Unfall gebeutelt wurde. So sitzt der älteste Sohn der Familie nach einem Fallschirmsprung im Rollstuhl und er gibt Gitte auch den Anlass zu ermitteln. Natürlich sehr zum Missfallen des örtlichen Kommissars Ole Ansgaard. Zwar funkt es zwischen Ole und Gitte, aber Einmischung in seine Arbeit finde er nicht gut und auch privat ist er eher unentschieden.

Das ist der zweite Fall mit der jungen Bestatterin und er schließt zeitlich nahtlos an den Vorläufer an, ist aber völlig eigenständig zu lesen.

Gitte ist eine sehr sympathische, oft spontan agierende Figur, deren Charakterisierung der Autorin gut gelungen ist. Auch das ganze dänische Umfeld gefällt mir gut. Da sich das Buch an deutsche Leser wendet, wird einiges an dänischen Besonderheiten eingeflochten und erklärt. Da geht von den Essgewohnheiten bis hin zu den dänischen Gepflogenheiten des Heizens oder besonderen Regeln im Straßenverkehr. Das ist für zukünftige Dänemarktouristen sicher sehr hilfreich, bremst aber die Spannung des Krimis.

Neben der Krimihandlung ist auch das Verhältnis zu Ole ein wichtiger Handlungsstrang, es knistert zwischen den beiden, aber Ole zögert, sehr zum Missfallen von Gitte. Er scheint immer erst nach ein-zwei Bierchen aufzutauen. Auch hier gibt es eine Erklärung, die gleich mehrfach thematisiert wird.

Der Plot gefiel mir ganz gut, der Schreibstil könnte für meinen Geschmack ein wenig mehr Pep vertragen. Es liegt sicher an den ganzen eingestreuten Exkursen, die Tempo aus der Geschichte nehmen, auch wenn sie durchaus lesenswert sind und illustrieren, wie Gitte langsam in ihrer zweiten Heimat ankommt. Aber vielleicht wäre da weniger mehr gewesen.

Insgesamt ein solider Krimi, der sicher noch weiter geführt wird, denn das Verschwinden des Vaters bleibt weiter offen.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 10.06.2020
Tod in Perchtoldsdorf
Schleifer, Christian

Tod in Perchtoldsdorf


sehr gut

Perchtoldsdorf vor den Toren Wiens – ein Ort wie aus dem Bilderbuch. Sanfte Rebhügel, schöne Weingüter, urige Heurigenlokale und eine zum Festspielort umgebaute Burgruine. Was für ein tolles Ambiente für die Sommerfestspiele, Shakespeares Sommernachtstraum kommt zur Aufführung. Für Charlotte Nöhrer, die erst vor kurzem das elterliche Weingut übernommen hat, eine tolle Gelegenheit, ihren neuen Wein vorzustellen. Charlotte, die Ex-Polizistin, hat viele Ideen, den Betrieb noch erfolgreicher zu machen. Da sehen naturgemäß nicht alle gern. Vor allem die älteren Winzer beobachten Charlotte voller Misstrauen.

Am Premierenabend ist der Nöhrer-Weinstand gut umlagert, ihr Schüttelwein – den Namenswitz muss sie leider jedem Kunden erklären – kommt gut an. Aber dann stirbt der Oberon, ein bekannter Schauspieler und die Charlotte erkennt sofort: das war Mord.

Gut, dass Cousin Leo der ermittelnde Revierinspektor ist, da kommt sie an Informationen aus erster Hand und Leo nimmt auch ihre Einmischung nicht krumm. Er weiß ja um ihre beruflichen Fähigkeiten.

Der Krimi ist ein weinseliges und amüsantes Vergnügen. Rund um Shakespeares Stück entwickeln sich menschliche Dramen und Abgründe. Dazu kommen die Familienturbulenzen bei den Nöhrers. Charlottes jüngere Schwester präsentiert den italienischen Freund samt Familie und Charlotte gewährt auch noch der nicht sonderlich traurigen Witwe ein Obdach. Auf dem Nöhrerhof geht also recht lebhaft zu.

Mit viel Esprit und sprachlichem Witz entwickelt Christian Schleifer seinen Plot. Dabei muss sich der Leser auch an die Eigenheit gewöhnen, dass Namen immer ein Artikel vorgestellt wird. Aber das fand ich ganz passend. Seinen Figuren hat er ebenfalls – bis auf einige, im Krimi notwendige Ausnahmen – viel Charme mitgegeben. Die „Omama“, der Ankerpunkt der Familie, schließt man sofort ins Herz. Charlotte, die auf der französischen Aussprache ihres Namens besteht, hat als Hauptfigur besonders viel Augenmerk bekommen. Tüchtig, weltoffen und mit ihrer Herzensfreundin Andrea ein tolles Gespann, rockt sie das Weingut und nebenbei auch noch den Kriminalfall, dabei scheut sie auch vor brenzligen Situationen nicht zurück.

Ich habe mich mit diesem Krimi sofort wohlgefühlt, Familie und Weingut nehmen viel Platz in der Geschichte ein und das fand ich hier richtig passend. Auch wenn ich durch den begrenzten Personenkreis schon bald einen Verdacht hatte, bleibt die Geschichte aber bis zum Schluss sehr spannend und mündet auch in eine fulminante Auflösung.

Der Autor hat einen weiteren Band versprochen, wie schön, denn ich würde gern mehr von Charlotte und ihrem Treiben lesen.

Das Titelbild ist übrigens wieder ein richtiger Blickfang. Emons schafft es immer wieder Cover passend zum Inhalt und unverwechselbar für den Verlag zu gestalten.

Bewertung vom 09.06.2020
Dunkles Lavandou / Leon Ritter Bd.6
Eyssen, Remy

Dunkles Lavandou / Leon Ritter Bd.6


sehr gut

Mit „Dunkles Lavandou“ habe ich bereits den 6. Band von Remy Eyssens Provence Krimis gelesen. Warum ich dieser Reihe treu bin? Weil es perfekte Urlaubskrimis sind!
Hier stimmt die Mischung aus anregenden Landschaftsbeschreibungen, das ist wie ein Kurzurlaub, zumal ich die Provence und die beschriebenen Orte aus eigener Anschauung kenne. Wenn Leon Ritter in seiner Freizeit über den Wochenmarkt schlendert oder einen Ausflug mit Lebensgefährtin Isabelle unternimmt, habe ich sofort die passenden Bilder vor Augen.

Dazu kommt die Kombination von Polizeiarbeit und unkonventionellen Ermittlungen. Für die Polizei ist Isabelle zuständig, die als Capitaine der Gendarmerie Nationale arbeitet und Leon Ritter, der als Gerichtsmediziner tätig ist und bei Todesfällen seinen eigenen Blick entwickelt hat. Er gibt sich nicht mit einfachen Erklärungen zufrieden und ermittelt schon mal selbst.

Eine junge Frau stürzt von einer Brücke und wird von einem LKW überrollt. Das sieht nach Selbstmord aus, doch Leon Ritter findet Spuren, die etwas ganz anderes erzählen. Von Misshandlungen und einem Martyrium vor dem Tod. Auch einige seltsame Hinweise, denen die Polizei keine Aufmerksamkeit schenkt, sind Indizien für ihn.

Es bleibt nicht bei einem Todesfall und als die Tochter eines Ministers zusammen mit einer Freundin vermisst wird, bekommen die Ermittlungen eine besondere Brisanz.
Le Lavandou, ein in der Saison turbulenter Ferienort mit vielen Touristen und auf der anderen Seite ein typisch südfranzösisches Kleinstädtchen in dem man sich dem Boulespiel zu einem Glas Rosé oder einem Pastis in der Bar trifft und doch gibt es Abgründe und dunkle Stimmungen, denen Leon Ritter auf die Spur kommt.

Remy Eyssen hat mich auch dieses Mal wieder bestens unterhalten. Ich fand den Krimi spannend und die Mischung aus Privatleben, Landschaft und Verbrechen war auch sehr stimmig. Wenn man dieses Jahr nicht den echten Urlaub in der Provence genießen kann, ist das Buch vielleicht ein Trostpflaster.

Bewertung vom 07.06.2020
Das schwarze Band / August Emmerich Bd.4
Beer, Alex

Das schwarze Band / August Emmerich Bd.4


ausgezeichnet

August Emmerich ist ein Kriminalkommissar der aus dem Rahmen fällt. Nicht nur weil er im Wien in den 20iger Jahren des letzten Jahrhunderts ermittelt, sondern weil er nicht in das gängige Beamtenklischee passt. Aufgewachsen als uneheliches Kind im Waisenhaus, war ihm eher ein proletarischer Werdegang vorherbestimmt. Auch wenn er nun als Kriminalbeamter eine gesicherte Position hat, seine Herkunft will und kann er nicht verleugnen. Und was heißt schon gesichert, wenn die Inflation wütet und er mit seinen drei kleinen Kindern keine Wohnung findet. Das ist der Hintergrund dieses historischen Kriminalromans.

Ein Doppelmord macht der Polizei zu schaffen, es traf zwei junge Frauen aus dem Milieu. Doch statt zu ermitteln, muss Emmerich zu einer Art Benimmkurs. Seine despektierlichen Äußerungen über den neuen Kanzler wurden leider von der falschen Person gehört. Nun sitzt Emmerich in einer Kadettenanstalt fest und muss seinen jungen Mitarbeiter in die Welt der Gangster, Schieber und zwielichtigen Clubs schicken. Eine echte Feuerprobe für den jungen, ehemals adligen, Ferdinand Winter.

Es gibt schon einige Bücher um August Emmerich, aber „Das schwarze Band“ ist mein Einstieg. Ich hatte damit überhaupt keine Probleme und nie das Gefühl, dass mir Vorwissen fehlt. Lediglich der Wunsch, möglichst schnell die anderen Bände aus der Reihe zu lesen, ist immer drängender geworden.

Das stimmungsvolle Zeitbild hat mich gefesselt, die wilden Zwanziger, die auch in Wien, ähnlich wie in der Berlin zu dieser Zeit, zwei Welten zeigen. Die hemmungslose Vergnügungssucht in Bars und diversen Clubs, sexuelle Freizügigkeit wie nie zuvor auf der einen Seite. Aber auch eine zunehmende Verelendung der Bevölkerung, Inflation und Arbeitslosigkeit haben viele Viertel Wiens in Slums verwandelt. Dazu kommt die unsichere politische Führung, das Kaiserreich ist eben erst untergegangen und der alte Adel will sich nicht mit dem Adelsaufhebungsgesetz abfinden.

Ich mag es, wenn mich Bücher mit Spannung unterhalten, ich aber auch sehr viel aus dem Hintergrund erfahren kann. Hier vor allem zeitgeschichtliche Dinge aus der jungen Republik Österreich. Das war eine richtige Zeitreise.

Alex Beer hat eine faszinierende Art zu schreiben, der Krimi ist unglaublich spannend, hart und ungeschminkt, aber auch unterhaltend. Ihre Figuren – allen voran – August Emmerich haben mir in ihrer Charakterisierung sehr gefallen.

Genau der richtige Lesestoff für Fans des historischen Kriminalromans und ich bin sicher, ich werde mir keinen Band entgehen lassen.

Bewertung vom 07.06.2020
Die Oxford-Morde
Martínez, Guillermo

Die Oxford-Morde


sehr gut

Vor knapp 15 Jahren wurde der Krimi „Die Pythagoras-Morde“ des argentinischen Schriftstellers Guillermo Martinez zum ersten Mal veröffentlicht. Nun bringt der Eichborn Verlag das Buch mit dem Titel „Die Oxford-Morde“ neu heraus.

Der Krimi spielt in Oxford. Wo sonst? - könnte man fragen. Ein Buch, das Mathematik und Philosophie als Hintergrund für ein raffiniertes Mörderspiel wählt, passt doch ausgezeichnet in die altehrwürdige Universitätsstadt.

Kurz die Handlung: Ein junger argentinischer Doktorand der Mathematik kommt nach Oxford und nimmt Logis bei der Professoren-Witwe Mrs Eagleton, die er kurz darauf ermordet in ihrem Wohnzimmer findet. Eine geheimnisvolle Botschaft wendet sich wohl direkt an den renommierten Professor Seldom, der auch unseren Stipendiaten unter seine Fittiche nimmt. Es bleibt nicht bei einem Todesfall, die kryptischen Zeichen bei den Toten weisen auf ein mathematisches Rätsel, das der Professor für die Polizei entschlüsseln soll.

Zusammen mit dem Erzähler tauchen wir in die Welt der Mathematik ein, Fermats letzter Satz, der Satz des Pythagoras, die Fibonacci-Zahlen und mehr scheinen bei der Auflösung eine Rolle zu spielen. Aber es ist keine trockene Lehrstunde, Gott sei Dank, denn Mathematik war noch nie meine Stärke.

Es ist eine intelligente Spielerei, die fast die Morde aus den Augen verliert. Auch der junge Doktorand verliert sich beinahe im Labyrinth der Lehrsätze, aber dann fällt ihm der entscheidende Hinweis ins Auge.

Ein wenig fühlt man sich beim Ich-Erzähler an den Autor selbst erinnert, der als junger Mathematiker zwei Jahre in Oxford lebte. Wie schön, dass er die Vielzahl an Oxford-Romanen um diesen intelligenten und unterhaltsamen Krimi bereichert hat.

Der Krimi war eine echte Entdeckung für mich, ganz klassisch im Aufbau, bezieht er den Leser in die Lösung mit ein. Ein intelligenter und unterhaltsamer Roman, der mir ausgezeichnet gefallen hat.

Bewertung vom 31.05.2020
Der Sommer der Islandtöchter
Baldvinsson, Karin

Der Sommer der Islandtöchter


sehr gut

Zwei Lebenskrisen zwingen Hannah Leopold zu einer Auszeit, ihre Karriere als Konzertviolinistin wurde nach einer missglückten Handoperation beendet und ihre Ehe mit dem Dirigenten Nils scheiterte, nicht zuletzt auch daran. Nun will sie mit ihrem kleinen Sohn ein Jahr auf Island verbringen.

Vierzig Jahre früher erlebt Monika einen schicksalhaften Sommer in Island. Kurz vor ihrer Hochzeit macht sie Ferien mit den Eltern, die langjährige Geschäftsfreunde besuchen. Sie begegnet Kristjan und erlebt eine kurze rauschhafte Liebe, die am Veto der Eltern scheitert und Monika lässt sich von den Konventionen fesseln, ein isländischer Fabrikarbeiter und eine deutsche Fabrikantentochter gehen 1978 nicht zusammen.

Beide Frauen erleben in Island einen dramatischen Einschnitt in ihr bisheriges Leben, in beiden Schicksalen spielt die Liebe eine Rolle und Hannah ahnt nicht, wie nah ihr Leben ihrer Mutter Monika verknüpft ist.
Ein schön geschriebener Roman, der mich auch angenehm unterhalten hat, denn ich liebe Island und kenne die Insel von eigenen Reisen. Die Verknüpfung und Zusammenführung der zwei Handlungsstränge ist der Autorin sehr gut gelungen, auch wenn mir die Auflösung schon sehr früh klar wurde. Das war allerdings nicht unbedingt ein Manko, es macht mir sogar Spaß, wenn ich mehr weiß, als die beteiligten Figuren.

Monikas Verhalten im Jahr 1978 war mir zwar nicht immer verständlich, als junge, immerhin schon volljährige Frau, lässt sie sich komplett von den Eltern führen. Das schien mir zwar mehr 50iger Jahre-Stil, wurde aber für die folgenden dramatischen Ereignisse benötigt.

Island als Hintergrund, die Landschaft und die Menschen sind schön beschrieben, wecken Fernweh und lassen ahnen, wie sehr die Autorin diesem Land verbunden ist.

Natürlich gibt es ein Happy End, Hannah findet einen neuen Weg für sich und auch die Vergangenheit wird versöhnlich aufgearbeitet. Das rundet diesen Roman ab, der Romantik und Dramatik wohl dosiert verbindet und gelungene Unterhaltung bietet.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 30.05.2020
Die Kuh kennt keinen Galgen / Milka Mayr und Kommissar Eichert Bd.2
Gunthers, Bernd

Die Kuh kennt keinen Galgen / Milka Mayr und Kommissar Eichert Bd.2


ausgezeichnet

Milka Mayr managt zusammen mit ihrem Bruder den großen elterlichen landwirtschaftlichen Betrieb. Sie hat ein Gespür für den Markt, der immer erfolgreiche Hofverkauf ist da ein Beispiel. Eigentlich wäre sie damit vollends ausgelastet, aber als Freundin des Hauptkommissars Paul Eichert ist sie auch immer nah am kriminellen Geschehen.

Milka ist nicht nur Managerin und Bäuerin, sie ist auch Jägerin und springt bei einer Drückjagd als Treiberin ein, bei der ein Jäger zu Tode kommt. Ein Unglücksfall? Ausgerechnet aus Sebastian Wilds Waffe wurde der Schuss abgegeben. Sebastian ist ein guter Freund Milkas und Paul Eicherts Onkel, eine schwierige privat-berufliche Verbindung für Ermittlungen. Milka schließt schnell einen Unglücksfall aus und Paul und sie stehen schnell vor der Frage Cui bono ? Verdächtig machen sich viele: Familie, Konkurrenten – der Tote hat sich eine Menge Feinde gemacht.

Hohenlohe ist ein kriminalistisch gut abgedeckter Landstrich. Die tolle Landschaft scheint viele Autoren anzuregen und mit Bernd Gunthers ist ein weiterer dazugekommen, der das Genre wunderbar variiert. Das Ermittlerpärchen fällt ein wenig aus dem Rahmen – ein Kommissar und seine sehr intelligente Freundin – haben aber mich auf der ganzen Linie überzeugt. Schon der erste Band hat mir gut gefallen und der Nachfolger ist noch einen Touch spannender.

Nicht nur der Plot ist gut ausgedacht, Gunthers lässt auch immer so ganz nebenbei sehr viel Wissenswertes in die Handlung einfließen. Auch seine Nebenfiguren, wie der eifrige und manchmal weitschweifige Professor Ebert, sind sehr gut gezeichnet.

Der Krimi hat Charme – das liegt sicher auch an der Hauptfigur Milka, einer attraktiven, klugen Frau, die mit beiden Beinen im Leben steht und so gar nichts schokoladig-süsses an sich hat, wie man eventuell dem Namen nach vermuten könnte. Vielleicht müsste ich nicht jedes Mal wissen, welche Farbe die Chino hat, die sie trägt oder wie der Pulli dazu harmoniert, aber das sind kleine Nebensächlichkeiten.

Der Plot ist durchgehend spannend, aber das Ende ganz besonders überraschend und schlüssig aufgeklärt.

Ich hoffe, dem Autor fallen noch viele Variationen eines Titels mit Kuh ein, denn ich freue mich schon auf die Weiterführung der Reihe.

Bewertung vom 28.05.2020
Verlorenes Vernègues / Capitaine Roger Blanc ermittelt Bd.7
Rademacher, Cay

Verlorenes Vernègues / Capitaine Roger Blanc ermittelt Bd.7


gut

Das alte Vernègues ist nach einem Erdbeben eine Geisterstadt. Die Menschen haben sich längst eine neue Siedlung gebaut und doch geht von den Ruinen eine geheimnisvolle Faszination aus. Eine Seismologin streift regelmäßig durch die Ruinen, genau wie ein Ufologe, der hier seltsamen Lichterscheinungen nachgeht.

Aber auch Wölfe scheinen in diesen Teil der Provence zurückgekehrt und versetzen Bauern und Schäfer in Schrecken. In einer winterkalten Nacht wird Capitaine Blanc und sein Mitarbeiter Tonon ins alte Vernègues gerufen. Ein Schäfer meldet den Verlust von 12 Schafen, allesamt von einem Wolfsrudel gerissen. Sofort schließen sich die Jäger zusammen, die Wölfe müssen ausgerottet werden. Die schießwütigen Jäger machen Blanc mehr Angst als die Wölfe.

Der Krimi beginnt sehr gemächlich, aber auch stimmungsvoll. Rademacher erzählt viel über die Konflikte von Mensch und Wolf, lässt die Urängste bei den Menschen begreiflich werden. Mit einer Försterin, Madame Hulot, die engagiert für die Tiere eintritt, kommt eine Gegenspielerin ins Spiel. Hulot ist vielleicht sogar ein wenig naiv charakterisiert, wirkt aber gegen das Rudel der alten Männer, die nie ohne Waffe in den Wald gehen und ihr Recht auf die Jagd vehement verteidigen, erfrischend sympathisch. Es dauert lange, bis weit über die Hälfte des Buchs, bis der erste Mord geschieht und Blanc seine Stärken als Ermittler einsetzen kann.

Natürlich fehlt auch nicht ein machtbewußter Bürgermeister, bei dem man sofort an Vetternwirtschaft, wenn nicht gar Korruption denkt und der ständig versucht Blanc Steine in den Weg zu legen. Für ihn zählt allein die nächste Wahl, die er wie gewohnt gewinnen möchte.

Der Krimi ist ein totaler Gegensatz zum letzten Fall Blancs, wo er fast atemlos mit seiner Affäre, der Madame le Juge, durch Arles hetzte. Überhaupt wird das Privatleben von Roger Blanc ein wenig familiärer, seine Tochter ist zu Besuch, er pflegt auch außerhalb allmählich Kontakte. Das seltsam unterkühlte, nur in einer Beziehung leidenschaftliche Verhältnis zu Aveline Vialaron-Allègre nimmt weniger Raum ein, als in früheren Bänden. Was ich durchaus positiv finde, denn ich fand diesen Handlungsstrang ein wenig ausgereizt.

Mir hat der Krimi ganz gut gefallen, er spielt geschickt mit den Urängsten und dem Aberglauben der Menschen, bis es nach einem langen Vorlauf ein sehr schnell zur Auflösung kommt. Ich mag Rademachers Stil und auch die Einbeziehung der Provence in die Handlung. Allerdings war es für mich nicht der beste Band aus der Reihe.
3,5 Sterne