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Benutzername: 
Dreamworx
Wohnort: 
Berlin

Bewertungen

Insgesamt 1368 Bewertungen
Bewertung vom 06.10.2021
Die Edelweißpiratin
Küpper, Michaela

Die Edelweißpiratin


ausgezeichnet

„Wo Recht zu Unrecht wird, wird Widerstand zur Pflicht.“ (Johann Wolfgang von Goethe)
1933 Köln. Kurz nach Hitlers Benennung zum Reichskanzler setzen die Repressalien gegen die Juden und Andersdenkende ein. Die Apothekerin Gertrud Kühlem und Ehemann Peter erziehen ihre Tochter Mucki in freiem Geist. Peter, der sich dem Kommunismus verschrieben hat, wird 1933 aufgrund seiner Gesinnung verhaftet und bald vom „braunen Haus“ ins KZ Esterwegen verbracht, wor er 9 Jahre später ermordet wird. Die brutale Verhaftung ihres Vaters ist für Mucki ein einschneidendes Erlebnis und macht sie umso entschlossener, sich den Kölner „Edelweißpiraten“ anzuschließen, einer Gruppe von jugendlichen Widerstandskämpfern, die gegen die Nazis aufbegehren und unbedingt etwas gegen sie unternehmen wollen…
Michaela Küpper hat mit die „Edelweißpiratin“ einen auf Tatsachen beruhenden historischen Roman vorgelegt, der nicht eindringlicher und besser recherchiert sein könnte. Mit flüssigem, bildreichem und gefühlvollem Erzählstil lädt die Autorin den Leser ein, die teils biografische, teils fiktive Geschichte der Familie Kühlem kennenzulernen, vor allem aber Tochter Mucki. Diese wird schon im frühen Kindesalter von den politischen Gesprächen und Aktionen ihrer Eltern geprägt, entwickelt einen eigenen Kopf und lehnt sich schon früh gemeinsam mit anderen gegen das Unrechtsregime der Nazis auf, das das dunkelste Kapitel deutscher Geschichte beherrschte. Über wechselnde Perspektiven lernt der Leser sowohl Gertrud als auch Mucki genau kennen, erlebt ihre Gedanken- und Gefühlswelt hautnah und nachvollziehbar mit. Gleichzeitig ist die Gefahr immer im Hintergrund zu spüren, den Kampf durch Verrat oder Denunziation zu verlieren und selbst in die Fänge der Nazis zu geraten. Küpper hat akribisch recherchiert und sorgfältig die Familiengeschichte der Kühlems mit dem politischen Hintergrund verwoben, was sie in ihrem Nachwort ausführlich erläutert. Die Widerstandsgruppe der „Edelweißpiraten“ ist vielleicht nicht so bekannt wie die der Stauffenbergs, doch nicht minder einflussreich und bemerkenswert gewesen. Muckis Einsatz bescherte ihr 1942 eine Verhaftung und die Einlieferung ins Gefängnis, wo sie Folterungen über sich ergehen lassen musste, bis sie aufgrund eines Fehlers die Freiheit wiedererlangte. Mit ihrer Mutter hat sie daraufhin Köln so schnell wie möglich verlassen und ist in Sigmaringen untergetaucht. Küppers erzählt unterhaltsam, spannungsgeladen und bewegend, so dass der Leser sich kaum von den Seiten lösen kann.
Die Charaktere sind liebevoll ausgestaltet, besitzen realistische Eigenheiten, die sie dem Leser sehr nahe bringen. Gertrud Kühlem ist eine mutige und starke Frau, die sich für andere einsetzt, sie verarztet und Lebensmittel verteilt. Dabei läuft sie immer Gefahr, entdeckt zu werden. Mucki hat in ihren Eltern lebende Vorbilder, die sie politisch prägen und das Unrechtbewusstsein stärken. Sie lehnt sich schon früh auf gegen das Nazi-Regime, tritt der Widerstandsbewegung bei, um etwas bewirken zu können. Die Gefahr ist ihr wohl bewusst, doch setzt sie ihre Prioritäten für die Freiheit eines jeden einzelnen und kämpft dafür, was ihr Gefängnis, Folter und Flucht einbringt. Doch Mucki ist eine junge Frau von Format wie ihre Mutter, sie lässt sich nicht verbiegen und das Wort verbieten.
„Die Edelweißpiratin“ ist eine berührende, teils biografische Geschichte vor dem Hintergrund des Naziregimes und gleichzeitig eine Hommage an alle Widerstandskämpfer, die sich gegen den braunen Dreck erhoben haben, für die Freiheit kämpften und anderen Hilfe angedeihen ließen. Diese Menschen verdienen den größten Respekt für ihren Mut und ihre Courage, ihr Einsatz darf nie vergessen werden! Absolute Leseempfehlung!!!

2 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 05.10.2021
Das Haus der Düfte
Lambert, Pauline

Das Haus der Düfte


ausgezeichnet

"Parfüm ist wie die Liebe. Ein bisschen ist nie genug." (Estée Lauder)
1946. Als die 14-jährige Anouk Romilly mit ihrer Mutter Isabell nach Paris kommt, um dort eine geerbte Apotheke zu übernehmen, ist sie von dem Duft, der sie dort empfängt und einhüllt, ganz fasziniert, so dass sie ihm auch den Namen „Bienvenue“ verleiht. Anouk hat einen sehr ausgeprägten Geruchssinn und liebt es, Düfte zu erspüren und zu sezieren. Nichts wünscht sie sich mehr, als eines Tages als Parfümeurin zu arbeiten und ihre eigenen Düfte zu kreieren, während ihre Mutter darauf spekuliert, dass Anouk sie in der Apotheke unterstützt. Als sie im Alter von 19 Jahren durch Zufall Stéphane Girard begegnet, verändert sich Anouks Leben schlagartig. Girard als Sohn einer Parfümeurdynastie ist von ihrem außerordentlichen Geruchssinn so beeindruckt, dass er sie nach Grasse einlädt. Anouk kann ihr Glück kaum fassen und kehrt Paris den Rücken, um endlich in Grasse ihrem Ziel nahezukommen. Doch bald schon muss sie erfahren, dass dort unter den konkurrierenden Parfümeuren mit harten Bandagen gekämpft wird, sie lernt auch eine alte Familiengeschichte voller Geheimnisse kennen und darf mit ihrer „goldenen Nase“ endlich ihre eigenen Duftkompositionen hervorbringen…
Pauline Lambert hat mit „Das Haus der Düfte“ einen wunderbaren Roman vorgelegt, der den Leser in die Welt der Parfümeure einlädt und zudem über verschiedene Zeitebenen eine spannende Geschichte zu erzählen weiß. Der flüssige, farbenprächtige und gefühlvolle Erzählstil lässt den Leser eine Zeitreise ins Frankreich des vergangenen Jahrhunderts antreten, um in der französischen Metropole Paris auf Anouk und ihre Mutter zu treffen, die gerade dabei sind, sich ein neues Leben aufzubauen. Obwohl Anouk noch ein junges Mädchen ist, verfolgt sie schon einen Traum, der Wirklichkeit werden soll. Über verschiedene Zeitebenen erlebt der Leser nicht nur Anouks Werdegang in der Gegenwart, hier die 1950er Jahre, sondern darf auch ins 19. Jahrhundert reisen, um dort das Leben von Florence Girard kennenzulernen, die das Parfümimperium in Grasse gegründet hat. Der Konkurrenzkampf zwischen den Familien Girard und Bonnett sowie deren Intrigen und Kämpfe werden spannend gezeichnet, aber der Ausflug in die Welt der Parfümeure und Düfte ist der Autorin besonders gut gelungen. Man schwelgt in Kompositionen von Blumen- und Kräuteressenzen, sieht die Lavendelfelder von Grasse direkt vor sich, während man eintaucht in das Reich der „goldenen Nasen“, die auch noch die kleinste Nuance einer Mischung erspüren können. Die Autorin webt geschickt die Kunst der Parfümherstellung mit den Familiengeschichten und deren Geheimnissen ineinander und lässt den Leser an Anouks Seite Stück für Stück alles aufdecken.
Die Charaktere sind liebevoll ausgestaltet und lebendig in Szene gesetzt, sie bestechen durch glaubwürdige menschliche Eigenschaften, die es dem Leser leicht machen, sich unter sie zu mischen und mitzufiebern. Anouk ist eine sympathische Protagonistin, der man sich gerne anschließt. Sie ist offen, vertrauensvoll, abenteuerlustig und hat ihren eigenen Kopf. Sie hat einen ausgesprochen feinen Geruchssinn, der ihr dazu verhelfen soll, ihren Traum wahr werden zu lassen. Mutter Isabell hat ihrer Tochter eine gute Erziehung angedeihen lassen und hofft insgeheim darauf, dass Anouk ihr Erbe weiterführen wird. Stéphane Girard ist ein freundlicher Mann mit gutem Geschäftssinn. Florence hat aus ihrem Geruchstalent ein Imperium geschaffen. Aber auch Horace sowie die Familie Bonnet und andere Protagonisten tragen ihren Teil dazu bei, diese Geschichte rundum kurzweilig werden zu lassen.
„Das Haus der Düfte“ bezaubert mit einer Reise nach Frankreich und einen Ausflug in die Welt der Parfümeure, mit Familiengeheimnissen, Liebe, Intrigen und Konkurrenzkampf. Großes Kopfkino und Urlaubsfeeling pur mit verdienter Leseempfehlung!

4 von 4 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 05.10.2021
Die Übersetzerin
Lecoat, Jenny

Die Übersetzerin


ausgezeichnet

"Denn wer sich nicht erinnert, was geschehen ist, der hat auch vergessen, was geschehen kann." (Frank-Walter Steinmeier)
1940 Jersey. Die Jüdin Hedwig „Hedy“ Bercu ist bei ihrer Flucht vor den Nazis von Österreich auf der Kanalinsel Jersey gelandet, um sich dort endlich wieder sicher zu fühlen. Doch als die Nationalsozialisten dann auch Jersey an sich reißen und besetzen, ist Hedy den gefürchteten Repressalien schon bald ausgesetzt, so dass sie sich nach reiflichen Überlegungen auf die Stelle als Übersetzerin bewirbt, da sie fließend Englisch wie Deutsch spricht. Sie verschweigt, dass sie Jüdin ist, obwohl ihr Pass dementsprechend gekennzeichnet ist, und erhält den Job. Die Begegnung mit dem deutschen Offizier Kurt Neumann entwickelt sich schon bald für beide zu einer großen Liebe, die allerdings unter keinem guten Stern steht, denn Hedys Identität kommt heraus und schon bald soll sie deportiert werden. Doch mit Hilfe von Kurt und einer engen Freundin hofft Hedy doch noch, den Nazis durch die Maschen zu gleiten, wobei sich alle in große Gefahr begeben…
Jenny Lecoat hat mit „Die Übersetzerin“ ein eindrucksvolles und berührendes Debüt vorgelegt, der auf Tatsachen beruht und den Leser schnell zu fesseln weiß. Der flüssige, bildhafte und empathische Erzählstil lässt den Leser in der Zeit zurück reisen und sich auf der Kanalinsel einnisten, um dort die dortige Nazi-Besatzungszeit und Hedys Schicksal hautnah mitzuerleben. Während die Autorin ein sehr anschauliches Bild über die damaligen Lebensverhältnisse auf der Insel zeichnet, erfährt der Leser gleichzeitig, wie schlimm die Not der Menschen damals war. Hedy hat Mühe, sich überhaupt zu ernähren, so dass die Arbeitsaufnahme bei den Nazis eigentlich ihrer Not geschuldet war, um nicht zu verhungern. Sie begibt sich praktisch in die Höhle des Löwen nur um des Überlebens willen. Dort macht sie nicht nur ihren Job, sondern begibt sich auch noch in Gefahr, um dafür Sorge zu tragen, dass anderen geholfen wird. Ihre Zerrissenheit bekommt der Leser gut zu spüren, als sie sich ausgerechnet in den Feind verliebt und nicht weiß, wohin mit ihren Gefühlen. Diesen inneren Konflikt schildert Lecoat gut nachvollziehbar. Die Spannung steigt mit der Enttarnung Hedys und ihrem Untertauchen, um der Deportation zu entgehen. War man vorher schon ständig auf einer Achterbahn der Gefühle ob ihrer Anstellung, ist die Spannung nun nahezu unerträglich, weil man jede Minute ihr Auffinden befürchten muss. Lecoat schafft gekonnt den Spagat zwischen Spannungs- und Tatsachenliteratur und stellt dabei das ständige Gefühlschaos ihrer Protagonisten gut heraus.
Die Charaktere sind liebevoll und facettenreich inszeniert. Ausgestattet mit realistischen Ecken und Kanten können sie den Leser schon bald für sich einnehmen, der ihnen bei ihren Vorhaben über die Schulter sieht. Hedy Bercu ist eine offene, manchmal schon fast vorlaut wirkende Frau. Sie hat schon einiges durchmachen müssen und beweist während der gesamten Geschichte ihren unglaublichen Mut und ihre Stärke. Obwohl den Nazis zugehörig, ist Kurt ein sympathischer, liebenswürdiger Mann, der alles in seiner Macht stehende tut, um Hedys Leben zu retten. Der heimliche Star der Geschichte aber ist Dorothea Weber. Man mag sie anfangs für sehr naiv und einfältig halten, doch entpuppt sie sich als wunderbar mutige und empathische Frau, auf die man sich in jeder Lebenslage verlassen kann.
„Die Übersetzerin“ ist ein berührender, auf Tatsachen beruhender Roman, der den Leser ins dunkelste Kapitel deutscher Geschichte zurückführt und ihm vor Augen hält, was man den Menschen damals angetan hat. Dies ist nicht nur eine Liebesgeschichte, sondern vor allem ein Zeitzeugnis über Mut, Stärke, Widerstand und Überleben. Absolut empfehlenswert!

4 von 4 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 04.10.2021
Josephine Baker und der Tanz des Lebens / Ikonen ihrer Zeit Bd.3 (eBook, ePUB)
Weinberg, Juliana

Josephine Baker und der Tanz des Lebens / Ikonen ihrer Zeit Bd.3 (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

"Weit ist der Weg vom Ohr zum Herzen, aber noch weiter ist der Weg zu den helfenden Händen." (Josephine Baker)
1925 New York. Unter schwierigsten Bedingungen in einem Schwarzenviertel in East St. Louis aufgewachsen und einen Brandanschlag nur knapp überlebt, arbeitet die 19-jährige Josephine in einem Nachtclub als Background-Tänzerin. Sie hofft auf die große Karriere und die Chancen stehen nicht schlecht, als sie von der Französin Caroline Regen entdeckt und für eine Show in Paris engagiert wird, wo sie schon bald ein gefeierter Tanzstar in der „Revue Nègre“ ist. Je mehr Erfolg Josephine hat, umso exzentrischer ist ihr Lebensstil und vor allem ihr Lebenswandel. Während sie in den Hauptstädten Europas auf der Bühne umjubelt wird, gibt es auch laute Stimmen über den Moral- und Sittenverfall. Der Ausbruch des Zweiten Weltkriegs stellt Josephine vor neue Herausforderungen, denn sie lässt sich nicht nur von der Résistance anwerben, um die Deutschen zu bespitzeln, sondern tritt vor Soldaten in Marokko auf, um diese zu unterstützen. Doch egal, wo sie auftritt oder lebt, sie muss immer wieder gegen den Rassismus kämpfen, der ihr tagtäglich entgegenschlägt, vor allem in ihrem Heimatland USA…
Juliana Weinberg hat mit Romanen von starken Frauen schon mehrmals bewiesen, dass sie ihr Handwerk versteht. So ist es auch diesmal bei ihrem Buch „Josephine Baker und der Tanz des Lebens“, der sich mit dem Leben und Wirken der schillernden Tänzerin beschäftigt und dem Leser ganz tiefe Einblicke gewährt. Der flüssige, bildhafte und einfühlsame Erzählstil erlaubt dem Leser, sich von frühester Jugend an Josephine zu nähern und ihren Werdegang hautnah mitzuerleben. Schnell springt das Kopfkino an, lässt den Brand im Armenviertel ebenso vor dem inneren Auge vorbeiziehen wie Josephines Auftritte in dem kleinen Club in New York oder ihren sagenumworbenen Tanz an vorderster Front in der Pariser Revue. Während der Leser all dies aufsaugt, wird er auch immer wieder damit konfrontiert, was Josephine aufgrund ihrer Hautfarbe aushalten muss. Im der eigenen Heimat hat sie als farbige Frau große Probleme, ein Hotel zu betreten, obwohl sie bereits ein Weltstar ist. Der Kampf gegen die ständigen Ausgrenzungen und gegen den Rassismus ist das wirkliche Lebensziel von Josephine, bei dem sie immer wieder ihren Mut unter Beweis stellt und sich selbst in Gefahr bringt, vor allem während des Zweiten Weltkrieges. Als Tänzerin umschwärmt, als Privatperson aufgrund ihres exzentrischen Lebensstils misstrauisch beäugt und vor allem vorverurteilt, schafft sie sich ihre eigene Familie mit vielen Adoptivkindern und jeder Menge Tiere. Je mehr man über diese faszinierende Frau erfährt, umso mehr wünscht man sich, ihr einmal persönlich begegnen zu dürfen, um ihre Hingabe und ihren vehementen Kampf sowie ihr Tanztalent selbst in Augenschein zu nehmen. Die Autorin hat eine akribische Recherche betrieben und den historischen Hintergrund wunderbar mit ihrer Geschichte verknüpft, in der Fiktion und Realität geschickt eine Symbiose eingehen und den Eindruck vermitteln, genauso ist es gewesen!
Josephine war eine Frau, die sich in jungen Jahren gerade so über Wasser hielt. Als sich der erträumte Erfolg einstellt, wird sie zum ersten Mal richtig wahrgenommen und verdient viel Geld. Ruhm steigt manchem zu Kopf, so wird auch sie als exzentrisch und egoistisch bezeichnet, doch eigentlich lebt sie nur ihren Traum, wobei sie Abstriche in punkto Anerkennung machen muss. Doch die ist ihr wesentlich wichtiger, sie will akzeptiert werden, so wie sie ist. Ihre Kämpfe ficht sie offen aus, dabei beweist sie nicht nur eine scharfe Zunge, sondern auch ein Herz für all jene, die unter Repressalien, Verfolgung und Ausgrenzung leiden und reiht sich ein in die Liste derjenigen, die für Rechte und Freiheit kämpften.
„Josephine Baker und der Tanz des Lebens“ ist ein ausgezeichnetes biografisches Portrait einer faszinierenden Frau, die nicht nur als Künstlerin herausragend war. Absolute Leseempfehlung!

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 03.10.2021
Die Blankenburgs / Die Porzellan-Dynastie Bd.1
Berg, Eric

Die Blankenburgs / Die Porzellan-Dynastie Bd.1


ausgezeichnet

"Das Wort Familienbande hat einen Beigeschmack von Wahrheit." (Karl Kraus)
1929 Frankfurt. Die Blankenburgs stehen für eine alteingesessene Porzellandynastie, die mit ihrem weißen Gold viel Geld verdient. Doch der Börsencrash am schwarzen Freitag bringt das Imperium kräftig ins Wanken, erst bringt sich Elises Ehemann Richard um, weil er das Vermögen der Familie verspekuliert hat. Als sich auch noch das Familienoberhaupt, der Patriarch Aldamar aus dem Leben stiehlt, bleibt die Verantwortung über das Schicksal des Unternehmens an den Schwestern Elise und Ophelié hängen, die schon seit Kindertagen erbitterte Gegnerinnen sind und nun auch noch wegen dem Erbe im Clinch liegen. Elise hat keinerlei Geschäftssinn, und Ophelié ist mit einem französischen Lebemann verheiratet, der zwar wohlhabend ist, aber Frankreich nie wieder betreten darf. Plötzlich steht auch noch Tante Arabella auf der Türschwelle und gibt sich die Klinke in die Hand mit dem unehelichen Sohn von Otto Blankenburg, Tankred Schamitzke, der ebenfalls seinen Teil vom Erbe beansprucht. Ausgerechnet Arabella hat die zündende Idee, eine Fusion mit dem bisher verfeindeten Unternehmen von Isaac Löwenkind einzugehen. Allerdings erhalten gerade die Nazis in Deutschland genügend Auftrieb, so dass es nicht nur für Löwenkind brenzlig wird…
Eric Berg hat mit „Die Blankenburgs“ ein historisches Familienepos vorgelegt, das mit Intrigen und Streitigkeiten vor dem Hintergrund des erstarkenden Nationalsozialismus in Deutschland gut zu unterhalten weiß. Mit flüssigen, farbenfrohen und humorigen Erzählstil lässt der Autor, der normalerweise eher durch seine Kriminalromane bekannt ist, den Leser ins 19. Jahrhundert reisen, um dort in die Residenz der Blankenburgs einzuziehen und sich den Befindlichkeiten der einzelnen Familienmitglieder zu stellen. Dort gibt es nicht nur genügend Aufregung durch die Fehlspekulationen, die das Porzellanimperium monetär zum Kippen bringen, auch die beiden feigen Freitode setzen den Rest der Familie gehörig unter Druck, den Status Quo wegen des Rufs nach außen aufrecht zu erhalten, während man unter sich die Messer wetzt. Sowohl Elise als auch Ophelié haben aufgrund ihrer eigenen Fehde keinen klaren Kopf, da ist es geradezu ein Glücksfall, dass die umtriebige und forsche Arabella die Zügel in die Hand nimmt, um die Geschicke wieder in normale Bahnen zu bringen. Doch gerade das politische Klima und der undurchsichtige Neuverwandte Tankred mit seinen anrüchigen Freunden bringen die Familie, vor allem aber den neuen Geschäftspartner schon bald in neue, unvorhersehbare Schwierigkeiten, weil sie sich dem braunen Sumpf der Nazis anschließen. Der Autor hat den historischen Hintergrund sehr gut recherchiert und diesen mit seiner Handlung wunderbar verwebt, so dass der Leser sich in der damaligen Realität wiederfindet. Ergänzt wird dieser opulente Schmöker eingangs zudem mit einer Familientafel, so dass man alle Verbindungen untereinander sehr gut nachvollziehen kann und deren Geheimnisse peu-à-peu ans Tageslicht fördert.
Die Charaktere sind facettenreich und lebendig gezeichnet, sie wirken durchweg authentisch und realitätsnah. Es wird dem Leser leicht gemacht, sich seinen Favoriten herauszupicken, während er die Geschicke der einzelnen Protagonisten verfolgt. Elise wirkt wie ein ängstliches Häschen, das sich nie entscheiden kann und immer geführt werden will, während ihre Schwester Ophelié eher Haare auf den Zähnen hat und partout ihren Willen durchsetzen will. Arabella ist durchsetzungstark, clever und behält die Contenance. Tankred ist ein schmieriger Typ, der sich anbiedert und die Hand aufhält. Isaac Löwenstein ist ein zurückhaltender Mann mit Geschäftssinn. Aldamar war ein lauter, unbarmherziger Klotz, dem niemand eine Träne nachweint.
„Die Blankenburgs“ ist ein wunderbarer Schmöker voller Intrigen, Familienfehden, Liebe und Verlust vor der Kulisse des Nationalsozialismus. Sehr unterhaltsam und mit Kopfkinogarantie! Absolute Leseempfehlung!!!

5 von 6 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 03.10.2021
Spuren des Aufbruchs / Die Gärten von Heligan Bd.1
Corbi, Inez

Spuren des Aufbruchs / Die Gärten von Heligan Bd.1


sehr gut

„Die Pracht der Gärten aber hat stets die Liebe zur Natur zur Voraussetzung.“ (Germaine de Staël)
Die Londonerin Lexi hat unter falschen Namen einen Job zur Planung der Jubiläumsfeier der „Lost Gardens of Heligans” angenommen, der sie vor ihrem Ex-Freund nach Cornwall flüchten lässt, um dort zur Ruhe zu kommen. Die neue Umgebung, die Vorbereitungen für die Feierlichkeiten sowie eine intensive historische Recherche lenken sie von ihren Problemen ab. Während Lexi in alten Unterlagen stöbert, stößt sie auf die Geschichte der verwaisten Schwestern Damaris und Allie, die im 18. Jahrhundert auf dem Landgut bei ihrem Cousin gelebt haben, dessen Grund nun die „Lost Gardens of Heligans“ beherbergt…
Inez Corbi hat mit „Spuren des Aufbruchs“ den ersten Band ihrer „Gärten von Heligan“-Reihe vorgelegt, der nicht nur durch die farbenprächtigen Beschreibungen der sagenhaften Gartenanlagen besticht, sondern vor allem mit einer Geschichte über zwei Zeitebenen gut zu unterhalten weiß. Wer die Geschichte der Gründerfamilie Tremayne kennt und auch den wunderschönen Gärten einmal einen Besuch abgestattet hat, wird auf diese Geschichte gespannt sein. Der flüssige, bildhafte und gefühlvolle Erzählstil der Autorin lässt den Leser schnell in dem Plot versinken, der sich über zwei Zeitzonen spannt und aus drei Perspektiven erzählt wird. So steht man abwechselnd mal an der Seite von Lexi in der Gegenwart und dann wieder mal an der von Allie oder Damaris in der Vergangenheit. Lexis Schicksal wird fast nur zwischen den Zeilen deutlich, dennoch ist es dramatisch und mutet fast an wie eine Flucht. Durch sie erfährt der Leser alles über die Planung der Festivitäten rund um das Jubiläum der Gärten. Mit Damaris und Allie taucht der Leser ab ins 18. Jahrhundert, wo die beiden Vollwaisen bei ihrem Cousin Henry Tremayne aufwachsen. Damaris wacht über ihre kleine Schwester, die unter Rachitis leidet. Henry Tremayne erkennt schnell Damaris Zeichentalent und nimmt sie mit auf eine Reise zu den schönsten Gärten Englands, um dort Inspiration für die Erschaffung eines eigenen Gartens zu bekommen und Damaris Entwürfe fertigen zu lassen. Neben Geschichte über die Entstehung der Gärten gibt es zudem noch eine dramatische Liebesgeschichte. Die Autorin hat historisch belegte Fakten wunderbar mit ihrer Fiktion kombiniert und eine fesselnde Geschichte daraus gezaubert, die den Leser durchweg zu fesseln weiß.
Die Charaktere sind lebendig und glaubwürdig in Szene gesetzt, so dass der Leser sich ihnen gern anschließt, um ihre einzelnen Schicksale genauer zu erkunden. Lexi wird getrieben von ihrer Angst, so dass sie allem und jedem gegenüber misstrauisch auftritt. Sie bleibt eher für sich und lässt deshalb auch den Leser nicht sehr nahe an sich heran. Damaris ist ein herzensguter Mensch und vor allem mit künstlerischem Talent gesegnet. Sie gibt so schnell nicht auf und hält an ihren Zielen fest. Allie ist eine Kämpfernatur, dabei offen und lebensfroh, obwohl das Schicksal nicht gerade gut mit ihr gemeint hat. Henry Tremayne ist ein liebenswerter und warmherziger Mann mit einer Vision. Aber auch Julian und einige andere haben wichtige Auftritte innerhalb der Geschichte.
„Spuren des Aufbruchs“ ist ein unterhaltsamer historischer Roman, der einen gelungenen Mix aus Fiktion und wahren Begebenheiten in sich vereint. Neben Familiengeschichte, Liebe und Drama erfährt der Leser einiges über die fantastischen „Lost Gardens of Heligan“, die ihn wünschen lassen, diese baldmöglichst noch einmal zu besuchen. Verdiente Leseempfehlung für eine packende Geschichte!

3 von 4 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 03.10.2021
Verrat in Colonia
Peter, Maria W.

Verrat in Colonia


ausgezeichnet

„Ich liebe den Verrat, aber ich hasse Verräter.“ (Gaius Julius Caesar)
260 n. Chr. Die Sklavin Invita begleitet ihre Herrin Marcella, Tochter des römischen Statthalters von Trier, nach Colonia. Zu ihrer kleinen Reisegruppe gehören auch der alemannische Sklave Flavus und der Finanzprokurator. Unterwegs werden sie überfallen und ausgeraubt, können jedoch gerade noch rechtzeitig von römischen Truppen unter der Leitung von Centurio Mucius Longinus gerettet werden, die sie nach Colonia bringen. Bei einem heimlichen Treffen zwischen Invita und Flavus im Badehaus findet Flavus einen hohen Beamten schwer verletzt, der bald darauf seinen Verletzungen erliegt. Flavus rückt als Verdächtiger in den Fokus des mit den Ermittlungen betrauten Centurio Mucius Longinus und wird verhaftet. Invita setzt alles daran, die Unschuld ihres Geliebten zu beweisen, um ihn vor dem Tod zu bewahren. Dabei sticht sie mit ihren eigenen Nachforschungen schon bald in ein Wespennest…
Maria W. Peter hat mit „Verrat in Colonia“ den vierten historischen Kriminalfall um ihre Sklavin Invita vorgelegt, in dem diese wieder auf eigene Faust ermittelt. Mit flüssigem und bildhaftem Erzählstil lädt die Autorin den Leser zu einer sehr unterhaltsamen und spannenden Zeitreise ein, um sich im 3. Jahrhundert n. Chr. zur Zeit der Römer in Germanien an der Seite der Sklavin Invita wiederzufinden und diese bei ihrer abenteuerlichen Ermittlungsarbeit zu unterstützen. Die farbenprächtige Erzählkunst von Peter hat Sogwirkung, so dass während der Lektüre automatisch das Kopfkino anspringt und man vor dem inneren Auge alles wie einen Film ablaufen sieht. Der akribisch recherchierte historische Hintergrund ist wunderbar mit der Handlung verwoben und beschert dem Leser nicht nur einen spannenden und gut durchdachten Kriminalfall, sondern gibt auch einen anschaulichen Einblick in die damaligen politischen und gesellschaftlichen Verhältnisse. Das riesige römische Reich bekommt Risse, immer öfter setzen sich Aufständische und Barbaren durch, die mit ihren Überfällen für Unruhe sorgen. Intrigen und Verrat innerhalb der höchsten Stellen machen Invitas Recherche schwierig und bringen sie selbst in Gefahr, niemandem ist mehr zu trauen. Stück für Stück sammelt der Leser gemeinsam mit der Sklavin die Puzzlesteine zusammen, um den Mord aufzuklären und so Flavus‘ zurück in die Arme von Invita zu bringen. Spannend und unvorhersehbar bis zum Ende hält die Autorin den Leser in Atem und zieht die Schlinge langsam zu.
Die Charaktere sind liebevoll und detailliert ausgestaltet, bestechen mit glaubwürdigen menschlichen Eigenheiten und lassen den Leser ganz nah an sich heran, der sich ihnen sofort an die Fersen heftet. Invita ist eine eigenwillige, intelligente, gebildete und dickköpfige Frau, die sich für andere einsetzt und hartnäckig ihre Ziele verfolgt. Mit ihrer Herrin Marcella verbindet sie eher ein freundschaftliches und vertrauensvolles Verhältnis. Mucius Longinus ist ein umsichtiger und empathischer Mann, der den Dingen auf den Grund geht und seinem Gespür folgt. Flavus ist ein warmherziger junger Mann, der diesmal einfach ziemliches Pech hat. Und Figuren wie Licinus Salonius oder Silvanus sollte man genauer unter die Lupe nehmen, sie sind nicht gerade das, was sie zu sein vorgeben.
„Verrat in Colonia“ ist wieder ein sehr gelungener, spannender historischer Kriminalfall, den es gemeinsam mit Invita zu ermitteln gilt. Eine wunderbare Hintergrundrecherche sowie eine fesselnde Geschichte machen diesen Roman wieder einmal zu einem Hochgenuss! Absolute Leseempfehlung – diese Serie ist unvergleichlich!!!

9 von 12 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 02.10.2021
Inselliebe und Meer
Beyer, Anja Saskia

Inselliebe und Meer


ausgezeichnet

Liebesknistern unter mallorquinischer Sonne
Liz muss sich schweren Herzens eingestehen, dass ihr kleiner Feinkostladen in Berlin vor dem Ruin steht. Sie weiß noch nicht, wie es weitergehen soll, da kommt ihr Großonkel mit einer Bitte auf sie zu, sich um die alte Familienfinca auf Mallorca zu kümmern. Liz hat noch nie von der Finca gehört und da sie gerade nichts Besseres zu tun hat, siegt ihre Neugier und lässt sie die Reise antreten. Die spanische Insel mit ihrer wunderschönen Vegetation sowie ihre Bewohner nehmen Liz sofort für sich ein. Die anfänglich eher ernüchternde Begegnung mit dem Olivenbauern Cristian schlägt bei Liz schon bald ins Gegenteil um, denn Cristian ist trotz seiner Zurückhaltung ein hilfsbereiter Mann, der andere mit Kräften unterstützt. Recht bald fühlt Liz bei Cristians Anblick Schmetterlinge im Bauch, doch irgendwas liegt dem Mann auf der Seele…
Anja Saskia Beyer hat mit „Inselglück und Meer“ einen unterhaltsamen Liebesroman vor der malerischen Kulisse der spanischen Sonneninsel Mallorca und damit gleichzeitig den Auftakt für ihre neue Reihe vorgelegt. Der eingängige, farbenfrohe und gefühlsbetonte Erzählstil lädt den Leser zu einem Kurztrip der romantischen Art ein. Gemeinsam mit Hauptprotagonistin Liz geht es vom lauten Berlin Richtung Mallorca, wo das südländische Flair einen rasch einfängt. Während man sowohl Einlass in Liz‘ als auch in Cristians Gedanken- und Gefühlswelt erhält und sich daran macht, das Geheimnis der Familienfinca zu lüften, fühlt man sich gleichzeitig wie auf einer Urlaubsreise aufgrund der schönen Landschaftsbeschreibungen und der warmherzigen spanischen Lebensart. Wunderschöne Olivenhaine, blühende Strelitzien, salziger Meereswind und der Duft von Kräutern lassen das Herz höher schlagen, wenn man mit Liz über die Insel stromert. Die eingebundene Romanze ist das Salz in der Suppe und verwandelt die Geschichte in einen Wohlfühlroman der besonderen Art, dem es auch nicht an Spannungs- und Überraschungsmomenten fehlt, für die nicht nur Cristian mit seiner geheimnisvollen Art sorgt. Und ganz nebenbei darf der Leser auch noch so manch kulinarisches Highlight entdecken, dessen Rezept am Ende des Buches zum Nachahmen geradezu herausfordert.
Die Charaktere sind liebevoll ausgestaltet und lebendig in Szene gesetzt. Menschliche Ecken und Kanten lassen sie glaubwürdig und authentisch wirken, so dass der Leser sich schnell in ihrer Mitte wiederfindet und ihnen auf Schritt und Tritt folgt, um alles hautnah mitzuerleben. Liz ist eine sympathische Frau, warm- und gutherzig, freundlich und fast schon zu hilfsbereit. Cristian dagegen wirkt erst abweisend und kühl, doch wenn man erst einmal hinter seine Fassade geblickt und sein Geheimnis ergründet hat, versteht man ihn viel besser. Er besitzt Charme und hat ein großes Herz, das erobert werden will, wenn die Hürden beseitigt sind. Aber auch so einige Inselbewohner nisten sich im Herz des Lesers ein, einer davon ist ein Esel namens Picasso.
„Inselglück und Meer“ versprüht nicht nur Wohlgefühl, Romantik und Urlaubsfeeling, sondern weiß auch mit Geheimnissen und ernsten Themen wie Freundschaft und Familienbande gut zu unterhalten. Also ab auf die Couch und „bitte nicht stören“-Schild aufstellen, denn diese Bücherseiten kleben nur so an den Leserhänden. Absolute Leseempfehlung für eine Kurzurlaub der besonderen Art!

2 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 02.10.2021
Unerschrocken / Die Rebellinnen von Oxford Bd.2
Dunmore, Evie

Unerschrocken / Die Rebellinnen von Oxford Bd.2


sehr gut

Ein unmoralisches Angebot
Lady Lucinda Tedbury, genannt Lucie, sieht ihr Lebensziel darin, die Frauenbewegung nicht nur in Oxford voranzutreiben. Sie hofft darauf, baldmöglichst einen Verlag ihr Eigen zu nennen, um die Botschaft der Bewegung in die Welt hinauszutragen und möglichst viele neue Anhänger zu gewinnen. Dummerweise ist es ausgerechnet Tristan Ballentine, der ihr dabei in die Quere kommt. Lucie kann den Kerl nicht ausstehen und sieht sich nun in direkter Konkurrenz zu ihm, denn auch er ist an dem Verlag interessiert. Tristan will auf eigenen Beinen stehen und sich vor allem von seinem Vater abnabeln. Da sowohl Lucie als auch Tristan gleichgroße Anteilspakete des Verlags erwerben, müssen sie sich notgedrungen arrangieren. Als Lucie versucht, für ihre Ambitionen in der Frauenrechtsbewegung doch noch die tragende Rolle im Verlag zu bekommen, kann sie an Tristan leider nicht vorbei. Dieser steht ihrem Anliegen durchaus offen gegenüber, doch für sein Entgegenkommen hat er eine Bedingung, die Lucie vor ein Dilemma stellt….
Evie Dunmore hat mit „Unerschrocken“ den zweiten Band ihrer historischen „Rebellinnen von Oxford“-Reihe vorgelegt, der neben mutigen Frauen der englischen Frauenrechtsbewegung im 19. Jahrhundert auch immer eine Liebesromanze in sich vereint. Der flüssige, bildhafte und gefühlvolle Erzählstil gewährt dem Leser Eintritt in die damalige Zeit, wo er auf Lucinda stößt, die seit 10 Jahren als schwarzes Schaf ihrer Familie gilt, die sie verstoßen hat und seitdem ihren Lebensunterhalt selbst verdient. Zudem ist sie eine große Verfechterin der Frauenrechtsbewegung und hat sich zur Anführerin hochgearbeitet, so dass ihr ein gewisser Ruf vorauseilt. Um der Bewegung noch mehr Öffentlichkeit zu bieten, ringt sie um Anteile an einem Verlag, wobei sie auf den größten Alptraum ihrer Jugend trifft: Tristan. Er steht für alles, was Lucie verabscheut und noch mehr irritiert sie, dass er in ihr gewisse Gefühle weckt, die sie völlig abgeschottet hat. Genau wie Lucie will auch Tristan etwas beweisen, vor allem seinem Vater, mit dem er ständig im Clinch liegt. Als Mitglied des Hochadels und einzig verbliebener Erbe hegt sein Vater Ansprüche, die Tristan nicht erfüllen will. Dunmore gibt erneut Einblicke in die damals feine Gesellschaft und zeichnet den Kampf der Frauenrechtsbewegung auf. Vor diesem Hintergrund lässt sie ihre prickelnde Liebesromanze stattfinden, wobei sie sich spritziger Dialoge sowie durchaus ansprechender Protagonisten bedient, die den Leser schnell mit ihrem Beziehungskarussell in den Bann ziehen.
Die Charaktere sind lebendig in Szene gesetzt und nehmen den Leser schnell für sich ein, der ihren unterhaltsamen Konkurrenzkampf gerne verfolgt. Lucinda steht seit 10 Jahren auf eigenen Beinen, hat sich ihre Selbständigkeit bewahrt und verschwendet keinen Gedanken an eine eventuelle Ehe. Sie ist eine Frau mit Kämpferherz, energisch und mutig, aber auch jederzeit hilfsbereit für diejenigen, die ihre Unterstützung brauchen. Sie gibt sich nach außen hart, hat aber einen weichen Kern, den sie niemandem zeigen will. Tristan ist ein Mann, der weiß, wie er auf Frauen wirkt. Er besitzt jede Menge Charme, ist intelligent und belesen, langweilt sich aber schnell und ist immer auf der Suche nach dem nächsten Abenteuer. Insgeheim ist er seit seiner Jugend in Lucinda verliebt, doch hat er bisher nicht den Einlassknopf gefunden, der ihn in ihr Herz lässt. Auch mit Catriona, Annabelle und Hattie aus dem ersten Band gibt es ein Wiederlesen.
Mit „Unerschrocken“ knüpft Dunmore an den erfolgreichen ersten Band ihrer Serie an. Auch hier knistert und kribbelt es zwischen den Seiten, während der historische Hintergrund am Leser vorbeizieht und einmal mehr verdeutlicht, dass es nur den starken Frauen von damals zu verdanken ist, dass wir heute mehr Rechte haben. Verdiente Empfehlung!

3 von 4 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 28.09.2021
Die Teehändlerin / Die Ronnefeldt-Saga Bd.1
Popp, Susanne

Die Teehändlerin / Die Ronnefeldt-Saga Bd.1


sehr gut

Männer sind wie Tee: vorübergehend muß man sie ziehen lassen. (aus Frankreich)
1838 Frankfurt. Tobias Ronnefeldt steht kurz vor einer Forschungsreise nach China, denn das war schon sein Kindheitstraum, wollte er doch immer schon als Naturforscher arbeiten. Sein eigenes mäßig laufendes Teehandelshaus in der Innenstadt übergibt er für die Reise einem neuen Prokuristen und lässt auch seine Frau Friederike mit schwanger und mit vier Kindern allein zurück. Schon bald stellt sich heraus, dass der eingestellte Prokurist nicht vertrauenswürdig ist und Friederike sich um das familieneigene Geschäft kümmern muss. Schnell übernimmt sie in Abwesenheit ihres Mannes die Verantwortung für das Geschäft, entledigt sich des Prokuristen und führt das Teegeschäft in Eigenregie bis zu Tobias' Rückkehr. Dieser staunt erst einmal nicht schlecht über Friederikes Geschäftstüchtigkeit, doch Tobias Ronnefeldt ist ein Mann seiner Zeit und gar nicht begeistert über Friederikes Eigenmächtigkeiten…
Susanne Popp hat mit „Die Teehändlerin“ den Auftaktband ihrer historischen „Ronnefeldt-Saga“ vorgelegt, in der sie sich sehr nah an der wahren Geschichte des noch heute bestehenden Teehandelsunternehmen Ronnefeldt orientiert und den Leser auf eine spannende Zeitreise zurück ins 19. Jahrhundert einlädt, um diese Familie und ihr Umfeld näher kennenzulernen. Der flüssige, bildhafte und einnehmende Erzählstil verschafft dem Leser schnell einen Platz im Haus der Ronnefeldts, wo er hautnah die Familienverhältnisse, die zwischenmenschlichen Beziehungen sowie das tägliche Geschäft im Kontor mitverfolgen kann. Die akribische Recherche der Autorin lässt nicht nur den historischen Hintergrund wunderbar mit der Handlung verwachsen, sondern gibt auch einen guten Einblick in die gesellschaftlichen und politischen Verhältnisse der damaligen Zeit. Tobias Ronnefeldt steht der Familie vor und führt das Geschäft, lebt aber auch seine ganz eigenen Wünsche aus, für die die Familie, allen voran seine Ehefrau zurückstecken muss. Doch Friederike Ronnefeldt ist nicht aus dem Holz gestrickt, die Dinge so zu belassen, wie sie sind. Während der Abwesenheit ihres Gatten muss sie schon bald die Geschicke des Teeladens übernehmen, damit dieses überhaupt überlebt. Frauen wurde in der damaligen Zeit nur die untergeordnete Rolle der Ehefrau und Mutter angetragen, für das Führen eines Geschäfts hielt man sie für ungeeignet. Popp hat diesen Standpunkt sehr gut herausgearbeitet und zeigt auf, wie sehr Frauen in ihrem Wirken und Denken reduziert wurden. Gerade deshalb wirkt Friederike als Protagonistin besonders erfrischend, denn was aus der Not geboren wurde, möchte sie bald nicht mehr missen. Als Leser hofft man einfach, dass sie sich gegen ihren Ehemann am Ende durchzusetzen weiß.
Liebevoll ausgestaltete Charaktere sind lebendig inszeniert und wissen mit glaubwürdigen Ecken und Kanten zu überzeugen. Friederike ist eine sympathische Frau, die nicht nur über einen langen Zeitraum die Familie allein führen muss, sondern plötzlich auch die Verantwortung für das Teegeschäft tragen muss. Aus der Not geboren, wächst sie schnell über sich hinaus, was sich auch an ihrem Selbstbewusstsein und ihrem Auftreten widerspiegelt. Friederike gewinnt immer mehr an Mut und Stärke, die sie sich so schnell nicht mehr nehmen lassen wird. Tobias ist ein dickköpfiger und egoistischer Mann, der sich selbst verwirklichen will und dafür seine Familie allein zurücklässt. Julius Mertens ist ein undurchsichtiger, mieser Kerl, der mit allen Wassern gewaschen ist, um sich einen Vorteil zu sichern. Paul Birkholz ist ein feiner, talentierter und sensibler Mann, der sich leider unglücklich verliebt. .
Mit „Die Teehändlerin“ hat Susanne Popp einen unterhaltsamen historischen Roman vorgelegt, der mit seiner Handlung aus Fiktion und Realität besticht. Familiengeschichte basierend auf wahren Begebenheiten, Liebe, Intrigen sowie Reisen in die Ferne – dieser bunte Mix überzeugt und lässt auf eine spannende Fortsetzung hoffen. Verdien

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