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allegra
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Bewertungen

Insgesamt 293 Bewertungen
Bewertung vom 03.05.2011
Rauhnacht / Kommissar Kluftinger Bd.5 (4 Audio-CDs)
Klüpfel, Volker;Kobr, Michael

Rauhnacht / Kommissar Kluftinger Bd.5 (4 Audio-CDs)


gut

„Rauhnacht“ ist der erste Krimi aus den Federn des Autorenduos Klüpfel/Kobr, den ich mir zu Gemüte geführt habe. Da mir die Sticheleien zwischen Kluftinger und seinem „Freund“ Dr. Langhammer auf der Hinreise ins gemeinsame Wochenende als Gäste eines neu eröffneten Wellnesshotels bereits etwas zuviel des Guten waren, habe ich zum Hörbuch gegriffen, das in der Bücherei im Regal lag. Es handelt sich um eine gekürzte Version, bei der natürlich einige Szenen fehlen, die dem Buch die beliebte „Klufti“-Atmosphäre verleihen. Dem Verständnis des Plots tat das aber keinen Abbruch. Das Hörbuch ist von den Autoren selber gelesen, die Stimmen sind abwechslungsreich auf die verschiedenen Personen verteilt, was meiner Meinung nach sehr gut gelungen ist.

Ein Mord geschieht im eingeschneiten, von der Umwelt abgeschnittenen Hotel und Kluftinger bleibt nichts Anderes übrig, als gemeinsam mit Dr. Langhammer als Assistenten, die Ermittlungen in die Hand zu nehmen. Der Täter muss sich unter den Gästen oder den Angestellten des Hotels befinden. Obwohl für mich relativ schnell klar war, wer für die Tat in Frage kommt, hat mich die Detektivarbeit durch unerwartete Wendungen und Kluftis liebenswerte „Granteligkeit“ gut unterhalten. Der Krimi bei mir auch die Lust geweckt, wieder mal nach einem Klassiker von Agatha Christie oder von Conan Doyle zu greifen.

Ein passendes Hörbuch für winterliche Auto- oder Zugfahrten, aber nicht unbedingt ein Spitzenkrimi. Ich vergebe für diesen Krimi 2,5 Sterne und für die gute Hörbucheinspielung noch einen halben extra, ergibt 3 von 5 Sternen.

5 von 6 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 02.05.2011
Tod im Schärengarten / Thomas Andreasson Bd.2
Sten, Viveca

Tod im Schärengarten / Thomas Andreasson Bd.2


gut

Tod im Schärengarten

Inhalt (vom Buchcover übernommen)

Konzentrierte Spannung vor dem Start zur berühmten Segelregatta vor den schwedischen Schäreninseln. Alle erwarten, dass das neue Boot von Oscar Juliander vorne liegen wird – doch fällt es gleich nach dem Startschuss zurück. Juliander, Rechtsanwalt und Vorsitzender der Königlich Schwedischen Seglergesellschaft (Abk. KSSS), ist erschossen worden – zeitgleich mit dem Startschuss und vor den Augen des Regattapublikums.


Persönliche Meinung

Nach Viveca Stens Erstlingswerk “Tödlicher Mittsommer“ ist der vorliegende Krimi der zweite Teil der Reihe um Kommissar Thomas Andreasson. Es gibt auch ein Wiedersehen mit seiner Jugendfreundin Nora Linde, die eine Villa geerbt hat, die ihr Ehemann Henrik unbedingt verkaufen möchte. Darüber entbrennt ein Streit, unter dem ihre Beziehung sehr stark leidet. Die Aufklärung des Mordfalls von Oscar Juliander und die Entwicklung einer ausgewachsenen Ehekrise zwischen Nora und Henrik bilden die beiden Haupterzählstränge des Krimis. Dazwischen wird Martin Nyren, ein Vorstandskollege im KSSS von Juliander, vorgestellt, der alleinstehend ist, aber offensichtlich eine Affäre hat aus den vornehmeren Kreisen Sandhamns. Ein weiterer Strang bilden kurze eingeschobene Kapitel, in denen ein vorerst Unbekannter seinen Werdegang aus seiner ganz persönlichen Sicht schildert.
Während den ersten 250 Seiten plätschert der Krimi vor sich hin, erfüllt mit solider Polizeiarbeit, familiärer Hintergrund von Thomas und Nora und wunderschönen Beschreibungen der sommerlich schwedischen Landschaft im Schärengarten. Erst gegen Ende gewinnt der Krimi noch mal richtig an Fahrt und die scheinbar zusammenhangslosen Enden fügen sich zu einem Ganzen zusammen.

Die Kapitel sind teilweise sehr kurz gehalten, was die Spannung und Leseaufmerksamkeit zwar erhöht, aber mich teilweise auch etwas am Lesefluss gestört hat. In den ersten 50 Seiten wird sehr schnell Spannung aufgebaut und die einzelnen Personen und Schauplätze werden anschaulich eingeführt. Danach hat sich der Krimi für meinen Geschmack etwas zu sehr in die Länge gezogen, um dann aber zu einem sehr angenehmen Ende mit unerwarteten Wendungen zu finden.

Für mich bildet dieser Krimi einen angenehmen Kontrapunkt im Vergleich zu anderen Skandinavienkrimis, die manchmal doch arg trübsinnig und düster sind. Die heitere und sommerliche Ferienstimmung hat mir gut gefallen. Die Sprache ist leicht lesbar aber trotzdem abwechslungsreich.

Insgesamt hat mir „Tod im Schärengarten“ recht gut gefallen, ich ziehe aber einen Stern ab für den etwas langatmigen Zwischenteil und einen weiteren dafür, dass die Hauptpersonen zwar glaubwürdig dargestellt sind, aber in diesem Teil keine Entwicklung durchgemacht haben, obwohl man das immer wieder erwartet hätte.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 26.04.2011
Schattenträumer
Busfield, Andrea

Schattenträumer


sehr gut

Mit „Schattenträumer“ ist Andrea Busfield ein eindrucksvoller Roman über ein bedrückendes Kapitel der neueren Geschichte Europas gelungen. Der Roman schildert die Entwicklungen Zyperns zwischen 1955 und 2007 aus der Perspektive der griechischen Familie Economidou, die in einem Dorf nahe der Küstenstadt Keryneia im Norden der Insel beheimatet ist. Hauptprotagonist ist Loukis, der jüngste Sohn der Familie, der sich mit gerade mal 15 Jahren der Widerstandsgruppe EOKA anschließt, die die Befreiung Zyperns von der Kolonialmacht England erkämpft. Loukis tut dies weniger aus politischem Interesse, als um für seine angebetete Praxi „zum Mann“ zu werden. Diese Beliebigkeit zeigt angesichts der Gefahren und schrecklichen Erlebnisse, denen er sich aussetzt, die Sinnlosigkeit des Widerstandskampfes, in den das Volk teilweise ohne wirkliche Überzeugung nur aufgrund ihrer Herkunft hineingezogen wird.

Mit Fortschreiten der Geschichte eskaliert die zunehmend schlechte Beziehung zwischen der zyprischen Bevölkerung griechischer und türkischer Herkunft, sodass auf der Insel Kriegszustände herrschen zwischen der Armee aus Griechenland und aus der Türkei. Ergebnis dieser Kriegshandlungen ist die Teilung Zyperns in einen nördlichen türkischen und einen südlichen griechischen Teil. Die Bevölkerung muss auf beiden Seiten ihre Häuser verlassen und in „ihren“ Teil der Insel ziehen, wo sie mit Hilfe der Regierung angesiedelt werden. Somit spiegeln sich die Erfahrungen der griechischen Familien im Leid der türkischen Bevölkerung, was die Autorin am Ende des Buches ganz elegant durch einen Brief schildert, den ein alter türkischer Nachbar der Familie Economidou zurücklässt.

Das Leben der Familie verläuft vor diesem historischen Hintergrund nicht immer geradlinig. Die Familie wird von traurigen Schicksalen heimgesucht. Dabei werden neben den geschichtlichen Entwicklungen auch gesellschaftspolitische Themen gestreift wie die Unmöglichkeit einer Ehescheidung, das Leben Homosexueller in der Gesellschaft aber auch der bedingungslose Zusammenhalt von Familie und Nachbarn über die Grenzen der Herkunft hinaus.

Auf bewegende Art und Weise zeigt die Autorin die Sinnlosigkeit eines Bürgerkriegs auf, bei dem es nur Verlierer geben kann. Sie spart auch nicht mit Kritik an der internationalen Gemeinschaft und vor allem an der Haltung Englands, das aufgrund eines Garantievertrags und der Tatsache, dass noch immer englisches Militär auf Zypern stationiert war, in die Auseinandersetzung hätte eingreifen können. Stattdessen hat die europäische Gemeinschaft zugeschaut, wie ein Bruderkrieg ein Land entzweit und viele Todesopfer gekostet hat.

Das Schicksal der Familie Economidou nimmt den Leser mit auf eine emotionale Achterbahn. Einerseits fühlt man mit den Familienmitgliedern, andererseits scheinen einzelne Personen relativ befremdlich zu handeln, so dass eine gewisse Distanz aufgebaut wird. Sprachlich ist der Roman relativ einfach gehalten. Er ist leicht lesbar und auf ansprechende Weise flüssig und anschaulich geschrieben. Neben sehr pittoresken Beschreibungen der wundervollen Landschaft Zyperns gelingt es der Autorin durch geschickten Einsatz von Perspektivwechsel, Wiederholungen, Zeitungsartikel bzw. gelesenem Brief die Spannung aufrecht zu erhalten und den Leser auf eine innere Reise zu schicken, die ihn aber ratlos und bedrückt zurücklässt. Anders an in den meisten Familiensagas löst sich in diesem Roman nicht alles in Wohlgefallen auf und die gegen Ende mehrfach wiederholten Worte: „Wir vergessen nicht“ schweben wie ein Trost aber auch wie eine Drohung über dem Roman.

Ich würde das Buch einem geschichtlich interessierten Leser, der sich auch darüber freut, ein neues Land kennen zu lernen, sehr empfehlen. Der Roman fordert dem Leser einiges ab an Vorwissen oder Bereitschaft, die Geschichte Zyperns zu recherchieren, aber er ist auf jeden Fall ein Gewinn.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 10.04.2011
Sechseläuten / Kommissar Eschenbach Bd.3
Theurillat, Michael

Sechseläuten / Kommissar Eschenbach Bd.3


sehr gut

Pünktlich zum diesjährigen „Sechseläuten“ habe ich den Krimi von Michael Theurillat fertig gelesen. Der Autor schreibt Regiokrimis, die in und um Zürich spielen. Der Ermittler ist Kommissar Eschenbach, der einen sehr an die Figur des „Wachtmeister Studer“ von Friedrich Glauser erinnert. Mit viel Liebe zum Detail werden die Schauplätze in Zürich und der Region am See beschrieben die Protagonisten im Umfeld der Polizei sind sehr menschlich und lebensecht gezeichnet. Zu einem Regiokrimi gehört eine gewisse Portion Lokalkolorit, allerdings habe ich das in diesem Krimi nicht so aufdringlich empfunden, wie das manchmal der Fall ist. Umgangssprachliche und schweizerdeutsche Ausdrücke sind sehr sparsam verwendet, allenfalls gibt es die ein oder andere Redewendung, die man typischerweise in der Schweiz verwendet und die dem deutschen Leser vielleicht eher ungewohnt oder unverständlich erscheinen mag. Im gesamten ist aber der lokale „touch“ angenehm dosiert.

Aufgebaut ist das Buch aus 6 größeren Teilen, die jeweils als Überschrift die Abschnitte eines Fußballspieles trägt (Erste Halbzeit, zweite Halbzeit, Nachspielzeit….). Inhaltlich taucht Fußball einmal im Hintergrund auf; die EURO 2008 steht kurz bevor und diese Großveranstaltung bindet die Ressourcen den Polizei sehr stark und andererseits sind die Hauptfiguren um die Ermordete im Umfeld der FIFA zu finden. Für das Verständnis sind aber keinerlei Kenntnisse nötig und auch für einen erklärten Nicht-Fußballfan wie mich, sind die wenigen Informationen nicht störend.

Die Ermittlungen gehen zurück in ein sehr dunkles Kapitel der schweizerischen Geschichte. Zwischen 1926 und 1972 wurden Kinder von Fahrenden, in diesem Fall vor allem von „Jenischen“, von einer Stiftung „Kinder der Landstraße“ aus ihren Familien entfernt und in Kinderheime oder zu Pflegefamilien gebracht, die die Kinder, falls sie sich gut angepasst haben, später adoptierten. Man empfand die Lebensform der Fahrenden als Persönlichkeitsmangel wollte durch die bewusste Entfremdung der Kinder von ihren Familien bewirken, dass diese Lebensweise ausstirbt.

Inhaltlich ist der Krimi nicht allzu umfangreich, weshalb ich auch nicht mehr verraten möchte. Stellenweise war mir die eine oder andere Begebenheit nicht sehr glaubwürdig erschienen. So war mir zum Beispiel das allumfassende Wissen eines ehemaligen Polizisten etwas zu dick aufgetragen. Insgesamt aber fand ich den Krimi sehr angenehm zu lesen, er ist spannend, hat mich gut unterhalten und auch nachdenklich gestimmt, da ich die Aufklärung dieses Menschen verachtenden Vorgehens an den „Jenischen“ und die Reaktionen in der Bevölkerung selber als Schulkind aus der Presse, im Fernsehen und durch so manche Diskussion in der Familie miterlebt habe.

Wer Regiokrimis mag, gerne ein bisschen in den Zürcher Alltag eintaucht oder Interesse hat am Schicksal der „Kinder der Landstraße“, dem kann ich den Krimi sehr empfehlen.

1 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 29.03.2011
Die Vergolderin
Glaesener, Helga

Die Vergolderin


sehr gut

Die Vergolderin – eine Frau gerät zwischen die Fronten

Elisabeth, die ihrer sterbenden Mutter das Versprechen gegeben hat, dass sie sich um ihre Geschwister Marga und Christian kümmern wird, ist eine begabte Goldschmiedin und Vergolderin. Die Kinder finden bei ihrem Großvater Franz Weißvogel Unterschlupf, der sie allerdings nur widerwillig aufnimmt. Er erkennt aber bald, dass er auf sie angewiesen ist. Seine Hände zittern immer stärker, sodass er das Goldschmiedehandwerk nicht mehr ausüben kann. So arbeitet Elisabeth in seiner Werkstätte und Marga versorgt den Haushalt.
Längerfristig stellt der zwölfjährige Christian eine große Hoffnung für die Familie dar. Wenn er das Goldschmiedehandwerk erlernen kann, wird er seine Geschwister später ernähren können. Aber erst muss eine Lehrstelle für ihn gefunden und das Lehrgeld bezahlt werden. Dafür und für Margas Mitgift spart Elisabeth das Geld, das sie durch den Verkauf von kunstvoll vergoldeten Spiegelrahmen verdient.

Der Titel, sowie der Umschlag, den ein Ausschnitt aus Jan Vermeers Gemälde „Frau mit Waage“ ziert, lassen einen historischen Roman erwarten, der das Handwerk des Goldschmieds und des Vergoldens im Mittelpunkt hat. Je weiter die Geschichte voranschreitet rückt aber immer mehr ein Bruderzwist ins Zentrum zwischen dem Kaufmann Martin Clavius und seinem Halbbruder, dem machtgierigen Goldschmied Gregor Rudel. Elisabeth gerät zunehmend zwischen die Fronten und ihr guter Ruf ist zunehmend in Gefahr, weil Gregor Rudel alle Mittel recht sind.

Historisch ist der Roman eingeordnet in die Jahre 1602 bis etwa 1604 in Braunschweig. In den Wäldern rund um die Stadt verbreitet der sagenumwobene Räuber Lippold mit seiner Bande Angst und Schrecken. Im Roman erwähnt ist Henning Brabandt, der mit seinen „Bürgerhauptleuten“ der ärmeren Stadtbevölkerung zu mehr Mitspracherechten verhelfen konnte. Er stand im Verdacht mit dem verfeindeten Herzog Julius Heinrich in Kontakt zu stehen und wurde im Jahre 1604 unter schwerer Folter verurteilt und hingerichtet. An zwei Stellen wird das im Buch kurz erwähnt, aber leider nicht weiter ausgeführt.

Der Roman ist mitreißend geschrieben. Die Autorin erfreut den Leser mit einer guten Mischung aus Gefühl und Spannung. Die Beschreibung der Schauplätze und der Handwerksgerätschaften ist abwechslungsreich, anschaulich und kenntnisreich.
Die Personen sind für meinen Geschmack leider zu sehr in Richtung gut – böse herausgearbeitet. Elisabeth, mit der der Lese mitfiebert, ist eine sehr schöne Frau, durchwegs sympathisch und zuverlässig, während ihre Schwester Marga nicht nur rein äußerlich weniger positiv wegkommt, sie ist vor allem als verbiestert, griesgrämig, egoistisch und oberflächlich dargestellt. Die entsprechende Konstellation kann man zwischen den Brüdern Martin und Gregor erkennen. Leider entbehrt auch die Figur von Elisabeths Geliebtem Berthold jeglicher Tiefe und der zwölfjährige Christian ist so brav, tapfer und zuverlässig, dass es einen fast schmerzt in der Brust.

Die Handlung ist in Bezug auf die Entwicklung der Beziehungen zwischen den Hauptpersonen zwar relativ absehbar, die Verwicklungen auf dem Weg dahin sind aber unerwartet und sie halten die Spannung aufrecht. Das Happy End um Martin Clavius ist für mich persönlich etwas zu dick aufgetragen, aber es war wohl nötig für den Fortgang der Geschichte.

Mit dem vorliegenden Roman ist Helga Glaesener ein solider, spannender historischer Roman nach bewährter Machart gelungen. Ich fühlte mich auf sehr angenehme Weise unterhalten und bin sehr gerne in die Welt des 17. Jahrhunderts in Braunschweig eingetaucht. Für Liebhaber historischer Romane ist Lesevergnügen garantiert.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 22.03.2011
Verwesung / David Hunter Bd.4
Beckett, Simon

Verwesung / David Hunter Bd.4


sehr gut

David Hunter im Moor

Mit „Verwesung“ hat Simon Beckett den vierten Band in der Reihe um David Hunter vorgelegt. Der Roman ist unterteilt in einen Prolog, einen ersten Teil, der eine Rückblende vor acht Jahren darstellt und einem zweiten, längeren Teil der in der Gegenwart spielt.

Im ersten Teil wird beschrieben wie ein gemischtes Team aus Polizisten, Beratern und einem Archäologen zusammen mit dem Schwerverbrecher, Jerome Monk, in einem Moor in Dartmoor/Devon vergeblich nach Gräbern von jungen Mädchen sucht. Eingeflochten in die Entwicklung des Plots ist David Hunters früheres Familienleben zum Zeitpunkt, als er seine Ehefrau Kara und seine Tochter Alice durch einen tragischen Autounfall verliert.

Der zweite Teil setzt acht Jahre später ein, als es Monk gelungen ist, aus einem Hochsicherheitsgefängnis auszubrechen. Die psychologische Beraterin Sophie Brenner, die beim ersten Vororttermin im Moor schon mit dabei war, ist inzwischen nach Dartmoor gezogen, wo sie sich als Töpferin eine Existenz aufgebaut hat.

Als Schauplatz finde ich das düstere, unheimliche Dartmoor sehr gut gewählt. Die Beschreibungen lassen einen die feuchten Nebelschwaden regelrecht in die Knochen kriechen. Simon Beckett gelingt es, die Aufmerksamkeit des Lesers zu fesseln, obwohl die Geschichte an sich leider recht absehbar ist. Die Person von Jerome Monk ist geheimnisvoll, faszinierend und man will unbedingt wissen, was bei diesem augenscheinlich monströsen Menschen dahinter steckt.

Der Roman ist schnörkellos aufgebaut, es werden kaum Personen eingeführt, die für den Plot unnötig gewesen wären. Für mich machen allerdings die Verwicklungen um Terry Connors und Sophie Brenner einen zu konstruierten Eindruck. Ebenfalls finde ich ihre Charakterisierung als flach und unglaubwürdig. Etwas erstaunt hat mich auch der plumpe Cliffhanger am Ende: Das Handy klingelt dreimal, von der gleichen Nummer. Das kann Simon Beckett besser!
Da ich wissenschaftliche Informationen im Zusammenhang mit gerichtsmedizinischen Ermittlungen liebe und mir beim Titel „Verwesung“ und aufgrund des Prologs mehr davon erhofft hätte, bin ich etwas enttäuscht, fühle mich aber durch die zauberhafte Umgebung von Dartmoor mehr als entschädigt.

Insgesamt habe ich mich durch den Roman gut unterhalten gefühlt, obwohl er für mich die hohen Erwartungen nicht ganz erfüllen konnte. Beckett hat die Person von David Hunter zwar weitergeführt, aber leider nicht wirklich weiter entwickelt. Die Beziehungen zu Conners und Brenner haben sich als Sackgasse entwickelt, so gesehen ist man wieder gleich weit wie zu Ende des dritten Bandes. Für den stolzen Preis von fast 23.00 € für das Hardcover empfinde ich die Geschichte als zu dünn. Ich hoffe, Beckett findet in seinem nächsten Band wieder zu seiner alten Form zurück.

2 von 4 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 09.03.2011
Eva schläft
Melandri, Francesca

Eva schläft


sehr gut

Sisiduzza heißt Fünkchen

Der Roman „Eva schläft“ von Francesca Melandri beschreibt das Leben der Familie Huber aus dem Südtirol zwischen 1919 und der Gegenwart. Diese Erzählung, die geprägt ist von den politischen Entwicklungen des Südtirols, hin- und hergerissen zwischen dem deutschsprachigen Mutterland Österreich und der erzwungenen Zugehörigkeit zu Italien, ist eingestreut als Rückblick in Evas Reise mit der Bahn aus dem Südtirol bis nach Kalabrien, wo sie den schwer kranken Vito besuchen will. Vito hatte über längere Zeit eine Liebesbeziehung zu Evas Mutter Gerda und war für Eva ein Vater. Sie war sein „Sisiduzza“, sein Fünkchen. Als er aus ihrem Leben verschwunden ist, hat er im Leben der kleinen Eva eine Lücke hinterlassen, die Gerda nie aufgearbeitet hat.

Die Beschreibungen des Schicksals der Familie Huber sind sehr gefühlvoll, wenn es um Gerda oder Eva geht, entsprechend kühl und zurückhaltend werden jedoch Gerdas Eltern Hermann und Johanna beschrieben. Das Leben scheint für diese so hart zu sein, dass sie keine Energie in Gefühle verschwenden können und ihre gesamten Lebensgeister zum Überleben benötigen. Das Leben verlangt den ärmeren, deutschsprachigen Südtirolern so viel ab, dass die Gefühlsebene weitgehend verdrängt wird.

Der historische Hintergrund wurde von Francesca Melandri ausgesprochen gründlich recherchiert. Für Leser, die sich für die Geschichte des Südtirols interessieren, ist dieser Roman ein echter Gewinn.
Der Roman ist sprachlich sehr flüssig zu lesen. Francesca Melandri spielt mit einsilbigen Dialogen, detaillierten, nicht beschönigenden Landschaftsbeschreibungen und Wiederholungen. So hat man den Prolog, den man anfangs gar nicht einordnen kann, schon beinahe vergessen, als er an passender Stelle wieder hervorgeholt wird.

Auf Grund der Leseprobe und des Klappentextes habe ich eine Geschichte einer Familie, deren Beziehungen zwischen den Personen und deren Entwicklungen erwartet, alles vor dem geschichtlichen Hintergrund des Südtirols, bzw. des Alto Adige. Insgesamt ist das Buch aber eher ein Geschichtsbuch, in das einzelne Schicksale eingestreut sind.
Das ist sehr schade, weil durch den Klappentext und das eher ungünstige Cover die historisch sehr interessierte Leserschaft eher nicht angesprochen wird. Auf der anderen Seite sind Liebhaber von gefühlsbetonten Familiengeschichten sicherlich enttäuscht, wenn sie sich seitenweise durch eine detaillierte Aufarbeitung des politischen Wechselbades der Region in den 1960er Jahren durcharbeiten müssen. Ein literarisch wertvoller Roman in der falschen Verpackung.

Ein Buch, das eindeutig polarisiert. Entweder man mag es sehr, oder man kann gar nichts damit anfangen.
Mich hat es nach den ersten 150 Seiten völlig in seinen Bann gezogen. Durch die wechselnden Erzählperspektiven ist eine Spannung aufgebaut worden, so dass ich immer weiterlesen musste, obwohl die eigentliche Handlung eher das Leben so widerspiegelt, wie es tatsächlich ist - in der Regel wenig aufregend. So entspricht auch der Schluss nicht einem Ende, wie man es von Romanen gewöhnt ist. Die Menschen verletzen sich gegenseitig, aufgrund ihrer eigenen Unzulänglichkeiten. Sie leiden jahrelang, ohne dass ihre Probleme aufgearbeitet werden. Das wird weder verurteilt, noch beschönigt.

In Vitos Worten: „Es ist nicht zu spät – nur später.“

4 von 7 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 04.03.2011
Die Zarentochter / Zarentochter Trilogie Bd.2
Durst-Benning, Petra

Die Zarentochter / Zarentochter Trilogie Bd.2


sehr gut

Erwachsen werden am Hofe des Zaren

Der historische Roman „Die Zarentochter“ von Petra Durst-Benning handelt vom Leben der jungen Olga Nikolajewna Romanowa, die als drittes Kind des Zaren
Nikolaus I und seiner Ehefrau Alexandra Fjodorowna 1822 geboren wurde.
Olga wuchs mit ihren 6 Geschwistern in einer erstaunlich modernen Familie auf. Der Zar und die Zarin legten großen Wert darauf, den direkten Kontakt zu allen ihren Kindern zu pflegen, obwohl jedes Kind natürlich seine Gouvernante oder seinen Lehrer hatte. So waren die Teestunden geprägt von fröhlichem Erzählen, Kinder wollten nicht nur gesehen, sondern auch gehört werden - anders als es zu jener Zeit in den meisten Familien der Fall war.
Die Familie lebte im Winterpalast in St. Petersburg und verbrachte die Sommer in der Regel am Peterhof am finnischen Meerbusen, wo sich Olly (Olga), ihre ältere Schwester Mary und die jüngere Adini ausgesprochen wohl fühlten.

Im Prolog wird der Zar im Dezember 1825 von Aufständischen (den Dekabristen) aufgesucht und die älteren drei Kinder erleben das unerfreuliche und beängstigende Gespräch mit, worauf der Zar sie beruhigt und ihnen versichert, er werde immer für sie da sein. Dieses bedingungslose Vertrauensverhältnis in den Vater spiegelt sich später auch wieder, wenn die Kinder ins heiratsfähige Alter kommen, und eine passende Partie für sie gefunden werden muss. Selbstverständlich bestimmt der Zar in erster Linie welche Vereinigungen mit anderen Königshäusern für Russland politisch wünschenswert sein könnten, aber die jungen Leute verfügen über erstaunlich viel Mitspracherecht.
Der Roman erzählt ausführlich über die Zeit, als für die ältesten 4 Kinder eine passende Verbindung gesucht wird. Enttäuschungen und unglückliche, nicht standesgemäße Liebschaften kommen dabei ebenso vor, wie politisches Kalkül. Nach einigen Misserfolgen heiratet Olly im Jahre 1846 den Prinzen Karl von Württemberg und zieht mit ihm nach Stuttgart.

Ich habe die Lektüre dieses Buches wirklich sehr genossen. Obwohl es in einem mir relativ unbekannten Umfeld und vor langer Zeit spielt, liest sich die Sprache angenehm flüssig und passt sich dennoch sehr gut in die damalige Zeit ein, ohne auf unpassende Weise modern zu klingen. Wenn von den Mädchen in ihren langen Kleidern geschrieben wird, musste ich immer wieder an „Sissi“ denken. Ich könnte mir sehr gut vorstellen, dass dieser Stoff auch eine gute Grundlage für einen Historienfilm.

Die Schilderungen der Württemberger brachten mich immer wieder zum Schmunzeln. Die eher hölzern wirkenden Umgangsformen der Schwaben, die Sparsamkeit, die schwankt zwischen „Zeigen, dass man jemand ist“ und einem liebenswürdigen Geiz, beobachtet man im Alltag immer wieder, nicht zuletzt bei offiziellen Empfängen. Der Reichtum eines jeden Buffets wird sozusagen an den Brezeln gemessen.

Bisher war mir auch gar nicht bewusst, dass verschiedene soziale Institutionen von den russischen Königinnen ins Leben gerufen wurden. Wenn man in der Umgebung von Stuttgart wohnt und Kinder hat, kommt kaum um das „Olgäle“ herum, dem Kinderkrankenhaus in Stuttgart. Das heutige städtische Gymnasium „Königin Olga Stift“ wurde von Olga als Mädchenschule gegründet und Olgas Tante, Katharina Pawlowna, hat sich mit dem „Katzenstift“ (Königin Katharina Stift) und dem Katharinenhospital in den Herzen der Stuttgarter verewigt.

Wenn jemand gerne übrschaubare historische Romane hat, die man zügig lesen kann, dann kann ich „Die Zarentochter“ nur empfehlen. Man lernt einiges über das Leben am Hofe der Zaren und kann dabei herrlich entspannen. Dass man das Ende auf Grund der Historie bereits kennt, tut dem Buch keinen Abbruch. Die dadurch etwas fehlende Spannung wird durch viel Gefühl und wunderbare Beschreibungen von Landschaft und Palästen mehr als wett gemacht.

2 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.