Benutzer
Top-Rezensenten Übersicht

Benutzername: 
Jana
Wohnort: 
Göttingen

Bewertungen

Insgesamt 27 Bewertungen
Bewertung vom 20.09.2021
Junge mit schwarzem Hahn
vor Schulte, Stefanie

Junge mit schwarzem Hahn


gut

Ein kluger Junge auf düsterer Mission

Der elfjährige Martin lebt ganz ohne Familie in einem kleinen Dorf, welches – genau wie die Zeit, in der die Geschichte spielt – nicht näher beschrieben wird. Im Austausch einer Leserunde wurde von fast Allen die Zeit des Dreißigjährigen Krieges geschätzt.
Martin ist wahnsinnig klug – vor allem für sein geringes Alter – und scheint daher im gesamten Dorf, in welchem es von dümmlichen Bewohner*innen nur so wimmelt, einen Außenseiterstatus zu haben. Ganz allein ist er aber immerhin nicht: Ein schwarzer Hahn ist ihm seit kurz nach seiner Geburt ein treuer Gefährte.
Als eines Tages ein Maler Arbeiten im Dorf verrichtet und kurz darauf weiterzieht, nutzt Martin die Chance das Dorf zu verlassen und mit ihm zu gehen, denn auch er hat einen – selbstauferlegten – Auftrag zu erfüllen.

Keineswegs darf nun aber eine „normale“ bzw. realistische Geschichte erwartet werden. Schwer genau zu beschreiben hat das Buch eher Züge von Märchen und/oder Fabeln. Die Stimmung insgesamt ist eher düster, das passt super zur Geschichte und auch zur Zeit des Krieges. Ist damit aber kein Buch für schöne, fröhliche Stunden. Das Leid des kleinen Martin sowie aller in dieser Zeit lebenden Personen ist keine leichte Kost und geht einem doch schon nahe.
Der Schreibstil hat mir wahnsinnig gut gefallen und ist ebenfalls super auf Zeit und Geschichte abgestimmt: Sehr kurze, einfache und prägnante Sätze (wie man es aus vielen Märchen kennt) und eine tolle Wortwahl.

Mir persönlich war jedoch leider zu oft nicht wirklich klar in was für eine Richtung die Geschichte läuft bzw. worum es eigentlich geht. Erst im letzten Drittel des Buches bin ich durchgestiegen und habe das erste Mal Spannung verspürt und mitgefiebert. Ich habe es gern gelesen, aber nachhaltig beeindrucken konnte es mich leider nicht.

Bewertung vom 02.09.2021
Die letzte Bibliothek der Welt
Sampson, Freya

Die letzte Bibliothek der Welt


sehr gut

Wohlfühlroman für Viellesende

June Jones arbeitet seit nun circa 10 Jahren in der kleinstädtischen Bibliothek, in welcher auch ihre Mutter jahrelang - bis zu ihrem viel zu frühen Tod vor 8 Jahren - arbeitete. Seitdem steckt June irgendwie fest, hat ihre Trauer noch immer nicht wirklich überwunden und ihre Träume zur Uni zu gehen und Bücher zu schreiben ad acta gelegt. Stattdessen lebt sie immer noch in der selben Kleinstadt im Haus ihrer Mutter mit all ihren Habseligkeiten und flüchtet sich in ihren Job und die Welt der Bücher. Sie fühlt sich wohl in ihrem Trott ... bis auf einmal die Schließung der Bibliothek droht.
Um das zu vermeiden muss June wohl oder über über sich hinauswachsen, ihre Schüchternheit überwinden und endlich wieder für ihre Träume, Wünsche und Überzeugungen kämpfen. Gemeinsam mit einigen bücherliebenden Stadtbewohner*innen schmiedet sie Pläne die Bibliothek zu retten und kommt dabei sogar noch der ein oder anderen Person etwas näher..

Die letzte Bibliothek der Welt ist ein wunderbarer Wohlfühlroman für alle Buchliebhaber*innen und vor allem für Viellesende bzw. sehr belesene Personen, da sehr sehr viele Anspielungen auf andere Bücher oder Autoren und Autorinnen vorgenommen werden. Das kann sehr schön, aber meiner Meinung nach auch sehr nervig sein, wenn man die angesprochenen Werke nicht kennt. Ich lese zwar sehr viel, bin aber mit älteren Werken nicht allzu vertraut, weshalb ich einige Anspielungen nicht verstanden habe und googeln musste (ich kann da irgendwie nicht einfach drüber lesen). Dies ist jedoch mein einziger Kritikpunkt und der Grund für den einen Stern Abzug.

Das Buch ist mit 368 Seiten relativ lang und ich hatte zunächst Angst, dass die Geschichte zu langgezogen wirken bzw. langweilig werden könnte. Dem war allerdings überhaupt nicht so. Die Story gibt viel mehr her als nur den Kamp um die Bibliothek. Es wurden tolle Personen geschaffen, die alle ihre eigene Geschichte haben und jede/r auf ihre/seine Art total sympathisch sind. Man wollte über jede Person mehr erfahren. Auch dachte ich, wird die Story vermutlich sehr vorhersehbar sein, wurde aber immer wieder von nicht erwarteten Wendungen bzw. neuen Aspekten überrascht. Es wurde nie langweilig.

Dafür sorgte auch der total lockere Schreibstil und die angenehmen Kapitellängen. Man ist nur so durch das Buch geflogen und konnte problemlos - ja sogar gerne - das gesamte Buch in einem Rutsch durchlesen. Personen und Orte wurden lebendig, ich hatte alles vor Augen. So bildlich darzustellen schafft nicht Jede/r.

Das Buch mit der Bibliotheks-Atmosphäre und all den Anspielungen auf andere Werke macht richtig Lust direkt zum nächsten Buch zu greifen. Eine tolle Lektüre und eine große Empfehlung!

Bewertung vom 28.08.2021
Die Nachricht
Knecht, Doris

Die Nachricht


ausgezeichnet

Ruth, eine Frau mittleren Alters, ist erschüttert von dem plötzlichen Tod ihres Mannes. Doch schnell erfährt ihre Phase der Trauer eine weitere Erschütterung und dann erhält sie auch noch beängstigende anonyme Nachrichten..

Vielmehr kann ohne zu Spoilern über den Inhalt nicht verraten werden. Und tatsächlich passiert auch gar nicht wirklich viel. Bei jedem anderen Buch wäre das für mich ein großer Kritikpunkt, hier fällt es überhaupt gar nicht ins Gewicht. Das Buch legt es nicht darauf an den Lesenden eine große, spannungsreiche Geschichte zu bieten. Stattdessen behandelt es wichtige Thematiken, welche die Lesenden immer wieder vor die Fragen stellen: Kann ich das verstehen? Ist mir sowas in die Richtung auch schonmal passiert oder habe ich so etwas mal mitbekommen/gehört/gelesen? Wie hätte ich selbst in diesen Situationen gehandelt?
Die Thematiken sind alles andere als angenehm, aber wahnsinnig realistisch und oftmals an "echte" Ereignisse angelehnt. Vor allen Dingen geht es um Frauen und ihre Souveränität und um Erwartungen, welche von der Gesellschaft an das weibliche Geschlecht gestellt werden.
Trotz wichtiger und eher unangenehmer Themen ließt sich das Buch alles andere als bedrückend. Die Autorin baut wundervolle Orts-, Personen- und Situationsbeschreibungen ein, die gesamte Thematik ist in das sehr realistische Leben der Hauptprotagonistin Ruth eingebettet.

Der Schreibstil sorgt dafür, dass man sehr leicht, flüssig und vor allem schnell durch dieses Buch kommt und manchmal gar nicht merkt, dass man schon mehrere Kapitelgrenzen einfach überlesen hat.
Selten hat mich ein Schreibstil so wahnsinnig überzeugt, dass ich schon nur aufgrund dessen weitere Bücher der Autorin kaufen muss!

Ich hätte nicht gedacht, dass mich ein Buch, in dem so wenig passiert so fesseln kann (nicht nur formell, auch inhaltlich!). Absolute Empfehlung!

Bewertung vom 23.08.2021
Dreieinhalb Stunden
Krause, Robert

Dreieinhalb Stunden


ausgezeichnet

Ein Zug von München nach Ost-Berlin und mitten auf der Zugfahrt geht eine für viele Mitfahrende vielleicht lebensverändernde Information rum: Die Grenze zwischen Ost und West wird dicht gemacht, eine Mauer wird gebaut.
Was nun - noch vor der Grenze aussteigen oder zurück in den Osten, nach Hause?

Die Komplexität dieser Entscheidung wird an den Geschichten mehrerer Personen bzw. Gruppen und Familien gezeigt. Jedes Kapitel greift demnach die Gedanken jeweils anderer Personen auf. Die jeweiligen Geschichten und Protagonisten sind authentisch dargestellt und unterscheiden sich toll voneinander, sodass man sich immer wieder die Frage stellt, wie man in der jeweiligen Situation selbst bzw. ob man je nach Situation sogar jeweils anders gehandelt hätte. Dies kommt dem Lesefluss enorm zugute, da es Abwechslung reinbringt und nie langweilig wird. Außerdem hält dies auch die Spannung von Anfang bis zum Ende konstant aufrecht, was durch die teilweisen Uhrzeit- und Ortsangaben noch unterstützt wird. Die Kapitellängen eignen sich auch super zum mal Zwischendurch oder in Bus und Bahn lesen.
Der Schreibstil könnte besser nicht sein, das Buch lässt sich flüssig, unkompliziert und zügig lesen.

Auch Cover und Haptik haben mir sehr zugesagt. Das Buch ist ein echter Blickfang und das Cover passt super zur Geschichte.

Zu diesem Buch gibt es übrigens weiterhin eine Verfilmung. Viele Aspekte aus dem Buch konnten dort aber leider nicht aufgegriffen werden, weshalb das Lesen auch zusätzlich zum Schauen des Films in jedem Fall lohnt!

Bewertung vom 16.08.2021
Der Nachlass
Winner, Jonas

Der Nachlass


gut

Durch den Klappentext und die Leseprobe hatte ich wirklich hohe Erwartungen an dieses Buch. Zwar zunächst kritisiert, gefiel mir das Cover, als ich das Buch dann in den Händen hatte, auch doch ganz gut.
Die Idee finde ich einfach klasse: Ein Nachlass, dessen Erbe durch einen Wettbewerb auserkoren wird. Die ersten Aufgaben jedoch fand ich irgendwie total albern und einfallslos. Wer würde mit solchen Aufgaben um sein Erbe wetteifern lassen? Das hat mich lange gestört, bis dann später im Buch klar wurde, wie es überhaupt zu dieser Idee des Wettbewerbes kam und das erklärt auch die Art der Aufgaben wieder (ich möchte hier nicht genauer darauf eingehen um Spoiler zu vermeiden). Die späteren Aufgaben hingegen gefielen mir nicht schlecht, auch wenn das Lesen da manchmal nichts für schwache Nerven war! Für mich war das Buch durchgehend spannend und ich musste (trotz der negativen Aspekte) immer weiterlesen und habe das Buch tatsächlich auch in einem Rutsch durchgelesen. Maßgeblich dazu beigetragen hat natürlich auch der Schreibstil, der mir super gefallen hat! Tolle Kapitellänge, Zeit- und Personensprünge. Ebenfalls ein Pluspunkt für den Familienstammbaum auf den ersten Seiten, auf den man bei Verwirrung immer zurückkommen konnte.
Nicht gefallen hat mir jedoch, dass ich mit keiner der Personen in dem Buch wirklich warm werden konnte. Allesamt waren für mich einfach unnahbar und das obwohl die Geschichte an sehr vielen Stellen sehr viele Emotionen zugelassen hätte. Alle kamen mir sehr gefühllos vor und waren mir dadurch eher unsympathisch. Tatsächlich war mir dadurch sogar egal, wer am Ende gewinnt oder wem vielleicht noch etwas passiert. Da hätte man einfach mehr rausholen können. Auch einige Nebenstränge waren in meinen Augen eher "unnötig", die Seiten hätte man gleichermaßen einfach mehr auf das Innenleben der Hauptpersonen lenken können.

Ich bleibe bei diesem Buch irgendwie zwiegespalten zurück. Positive und negative Aspekte gleichen sich mehr oder weniger aus. Da mir die Idee und ihre Auflösung sowie der Schreibstil aber gefallen haben, vergebe ich 3 Sterne!

Bewertung vom 16.08.2021
Ausweglos
Faber, Henri

Ausweglos


ausgezeichnet

Den Inhalt möchte ich nur ganz kurz wiedergeben um ja nicht aus Versehen zu Spoilern:

Noah wird beim Wäscheholen auf dem Dachboden von einem Killer überrascht, welcher ihm ein Messer an den Hals hält und verlangt zu Noahs Frau geführt zu werden. Doch zufällig sind seine Nachbarn verreist und Noah hat den Zweitschlüssel bei sich. Klingt nach einer cleveren Idee den Killer auszutricksen, blöd nur, dass die Nachbarin wohl leider doch zuhause gewesen ist..
Völlig verstört und verletzt wird Noah am folgenden Tag neben der Leiche seiner Nachbarin aufgefunden. Alle Zeichen deuten auf den vor einigen Jahren mordenden Ringfinger-Mörder hin.. Doch bisher gab es nie einen Zeugen. Kann Noah möglicherweise helfen den langgesuchten Mörder endlich ausfindig zu machen?

Die Geschichte fesselt von der ersten Seite an. Man wird direkt ins Geschehen geworfen und wird von Kapitel zu Kapitel immer mehr gefordert über mögliche Zusammenhänge und Auflösungen nachzudenken. Die verschiedenen Erzählperspektiven - darunter auch die des Killers - heizen die Spannung kontinuierlich an und sorgen für immer mehr denkbare Möglichkeiten.
Ich habe gegrübelt wie ein Weltmeister und wurde doch immer wieder überrascht. Auch das Ende habe ich so überhaupt nicht kommen sehen und das hat mich schwer begeistert!
Wer auf Thriller von Sebastian Fitzek steht, sollte dieses Buch unbedingt kaufen, es erinnert mich total an seinen Stil!

Abgesehen von der wirklich überzeugenden Geschichte gefällt mir auch der Schreibstil sehr. Zwar ist das Buch mit seinen knapp 500 Seiten ein ganz schöner Wälzer, lässt sich aber wunderbar locker und überraschend zügig lesen. Durch die kurzen Kapitel ebenfalls super für Zwischendurch und auch für unterwegs geeignet.

Ich habe das Buch an einem Wochenende inhaliert und kann es (ohne auch nur einen negativen Punkt, also uneingeschränkt) empfehlen!

Bewertung vom 16.08.2021
Ich hatte nicht immer, was ich wollte, aber alles, was ich brauchte
Lindeblad, Björn Natthiko;Bankler, Caroline;Modiri, Navid

Ich hatte nicht immer, was ich wollte, aber alles, was ich brauchte


ausgezeichnet

Björn Natthiko Lindeblad verlässt seine Heimat Schweden und gibt seine sehr privilegierte Jobposition auf für ein Leben als buddhistischer Mönch. In diesem Buch berichtet er (mithilfe der eigentlichen Autor*innen) über diese Entscheidung, seine 17 Jahre in verschiedenen Klöstern in verschiedenen Ländern, seine Rückkehr in ein "normal westliches" Leben und einen schweren Schicksalsschlag.

Schon visuell hat mich das Buch sofort angesprochen. Das knallige orange, für mich auch eine immer mit Mönchskutten verbundene Farbe, sticht sofort ins Auge. Ebenso der lange, aber passende und schöne Titel des Buchs. Im Innenumschlag sind außerdem ein par Bilder aus Björns Leben abgebildet, was mir sehr gut gefiel.

Das Buch ist in viele kurze Kapitel aufgeteilt. Das ist finde ich bei einem solchen, zum Reflektieren anregenden, Buch wirklich toll, da man immer mal wieder Zwischendurch ein Kapitel lesen und sich anschließend Zeit nehmen kann darüber nachzudenken. Ich hatte das Buch so ständig in Bus und Bahn dabei. Auch ist es durch den flüssigen, unkomplizierten Schreibstil sehr einfach und schnell zu lesen.
Inhaltlich kann ich ebenfalls nur schwärmen: Björns Leben wird wunderbar ehrlich, immer mal wieder selbstironisch dargestellt. Ebenfalls werden den Leser*innen tolle Weisheiten mitgegeben, die aber immer auch auf den Alltag bezogen und daher sehr greifbar beschrieben werden. Das macht dieses Buch gleichsam interessant und inspirierend ohne übertrieben spirituell zu sein. Ich habe auf jeden Fall die ein oder andere kleine Geschichte/Situation/Weisheit im Gedächtnis behalten.

Das Buch hat mich zum lachen, trauern und grübeln gebracht und hinterlässt mich mit einem wunderbaren Gefühl der Leichtigkeit.
Ich kann es daher sehr sehr gerne und uneingeschränkt empfehlen!!