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oOoLeoOo
Wohnort: 
Münster

Bewertungen

Insgesamt 27 Bewertungen
Bewertung vom 05.02.2022
Manifesto. Warum ich niemals aufgebe. Ein inspirierendes Buch über den Lebensweg der ersten Schwarzen Booker-Prize-Gewinnerin und Bestseller-Autorin von »Mädchen, Frau etc.«
Evaristo, Bernardine

Manifesto. Warum ich niemals aufgebe. Ein inspirierendes Buch über den Lebensweg der ersten Schwarzen Booker-Prize-Gewinnerin und Bestseller-Autorin von »Mädchen, Frau etc.«


gut

Teilweise zu „chronologisch“

Bernardine Evaristo stellt ihren familiären Kontext bis in mehrere Generationen zurück vor. Dabei beschreibt sie eindrucksvoll, wie willkürlich und sinnlos sich der Rassismus und die Diskriminierung von scheinbaren Randgruppen sich zu verschiedenen Zeiten durch die Generationen zog. Je nach dem "Trend" der Zeit war es verpönt Ire also quasi zu blass oder eben Nigerianer und damit viel zu dunkelhäutig zu sein.
Sie schreibt über ihre Kindheit mit einem gewalttätigem Vater, aber einer scheinbar sehr liebevollen Mutter. Beeindruckend fand ich, mit wie wenig Groll sie auf ihren Vater zurückblickt.
Weiter schreibt sie über ihre Entwicklung im Erwachsenenleben. Geprägt von vielen Umzügen und Partner*innen. Gefühlt muss Evaristo 20 Leben gehabt haben, soviel Stationen wie sie in dieser Hinsicht mitgenommen hat.
Besonders interessant fand ich ihren Werdegang als Schauspielerin mit einem selbst gegründeten Frauentheater für das sie auch selbst Stücke schrieb.
Dann jedoch zog sich das Buch für mich ziemlich in die Länge. Es wird der Schreibprozess jedes einzelnen ihrer Bücher beschrieben, das hätte aus meiner Sicht gerne etwas zusammengefassten und prägnanter sein dürfen. Chronologisch wird nun die Buchvermarktung durchgegangen ohne einmal einen lustigen Schwank zu erzählen, denn sicherlich hat Bernardine in dieser ganzen Zeit einige interessante Persönlichkeiten kennengelernt und die ein oder andere lustige oder inspirierende Situation erlebet, die einer Erzählung wert gewesen wäre und die Geschichte lebendiger gemacht hätte, sodass man mit der Autorin ihre Stationen durchleben hätte können. So glich dieser Abschnitt des Buches leider eher einer Auflistung.

Inspiriert hat mich, mit welcher Leichtigkeit ohne Reue und ohne Vorwürfe sie ihr Leben anfangs widerspiegelt. Da kommt man schnell ins Grübeln welche Kleinig- und Nichtigkeiten man selbst noch Monate oder Jahre später mit sich rumschleppt um unendlich lange darauf herum zu kauen.
Alles in allem ist mir jedoch der Humor und eine lebendige Erzählweise auf der Strecke geblieben, sodass ich mich nicht wirklich abgeholt und mitgenommen gefühlt habe.

Bewertung vom 02.12.2021
TRUE CRIME DEUTSCHLAND 3 (eBook, ePUB)
Langenscheid, Adrian; Rickert, Benjamin; Löschmann, Stefanie

TRUE CRIME DEUTSCHLAND 3 (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Ein Must-Read für True-Crime-Fans

Das Buch enthält 10 wahre Verbrechen aus Deutschland, jeweils in einem Kapitel beschrieben.

Die Fälle sind sehr gut beschrieben. Man erhält viele Hintergrundinformationen, die man, selbst wenn man das Verbrechen früher in den Medien verfolgt hat, nicht hatte. Der Schreibstil gefiel mir bei diesem Buch sehr gut: ein erzählerischer aber doch informativer Stil ohne reißerische Sensationsgier, aber sehr spannend und mitreißend.

Ich höre regelmäßig einen der bekanntesten deutschen True-Crime Podcasts. 3 der Fälle im Buch kannte ich daher bereits, was etwas schade wahr aber wahrscheinlich nicht vermeidbar, da es (zum Glück) nicht unendlich viele spektakuläre Verbrechen in Deutschland gibt.

Ich möchte auf jeden Fall weitere Bücher von Langenscheids Buchreihe "True Crime International" lesen, auch wenn ich mich dann eventuell eher auf ausländische Fälle konzentrieren werde um Wiederholungen zu vermeiden. Ein Must-Read für True-Crime-Fans.

Bewertung vom 05.11.2021
Schwarzes Herz
Kuhnke, Jasmina

Schwarzes Herz


ausgezeichnet

Eine Lebensgeschichte die Gehör verdient

In „Schwarzes Herz“ erzählt die Autorin über ihr Leben als Frau und, was anscheinend in dieser Gesellschaft noch erschwerend hinzukommt, als schwarze Frau. Sie erzählt über Ihre Erfahrungen in ihrer Kindheit, den vielen Sprüchen, den Blicken, das ständige Abgrenzende wegen ihres „Andersseins“. Auch in der Familie wird ihr dieses Selbstbild vermittelt, sie sie halt anders aus als der Rest der Familie… Als dann ein Mann in ihr Leben tritt, der sie wahrnimmt und annimmt wie sie ist, verfällt sie ihm und wird immer mehr Opfer seiner Machtspielchen, Demütigungen und Gewalteskapaden.
Die Geschichte ist die einer extrem toxischen, gewalttätigen Beziehung aber auch die einer hochgradig frauenfeindlichen und rassistischen Einstellung der Gesellschaft. Nach dem Motto „ist ja nur ein Spruch“ hagelt es abwertende und ausgrenzende Bemerkungen zu ihrer Person, bzw. vielmehr ihrem Erscheinungsbild. Die Autorin liest die eigene Erzählung selbst, offensiv und mutig nimmt sie den/die Hörer*in mit in ihr früheres Leben. Szenen, die als Hörer*in schon kaum zu ertragen sind erzählt, Jasmina Kuhnke mit klarer Stimme und viel Selbstreflexion.
Ein sehr mitnehmendes und wachrüttelndes Hörereignis, dass ich jedem ans Herz legen möchte.

Bewertung vom 29.10.2021
Der Verrückte
Mankell, Henning

Der Verrückte


sehr gut

Ein schwedischer Roman passend zur dunkleren Jahreszeit

Ich entdecke gerade ein wenig die schwedische Literatur wo nun auch "der Verrückte von dem Autor Henning Mankell dazu gehört. Das Buch ist bereits in den 70er Jahren erschienen, den Erzählungen merkt man ihr Alter aber nicht an.
Der Titel hat mich einiges erwarten lassen, denn wenn es fantasievoll und gut geschrieben ist, bin ich ein Fan des Skurrilen und Verrückten. Der Titel täuscht jedoch, wie sich herausstellte, denn von Verrücktheit war bis zu den letzten Seiten keine Spur zu finden. Im Gegenteil.
Es geht um einen durchschnittlichen Städter (Bertil) der in ein schwedisches Dorf gezogen ist um noch mal neu anzufangen. Hier geht er einer geregelten Arbeit nach. An sich führt Bertil ein einfaches und sehr alltägliches Leben wie wohl viele andere Männer seiner Zeit. Er ist auf dem Dorf der Neue und Fremde, der nicht dort geboren ist und nicht so richtig dazu gehört. Durch seine politische Ausrichtung zum Kommunismus findet er jedoch einige Freunde/Genossen mit denen er seine Freizeit verbringt und Diskussionen und Demonstrationen führt. Nach diversen Ereignissen, wie z.B. einem Brand, wird Bertil zur Zielscheibe verschiedenster Gerüchte und Getuschel hinter vorgehaltener Hand und sogar tätlicher Angriffe aus der Dorfgemeinschaft.
Die Geschichte von Bertils Leben im Dorf ist ein ständiges Auf und Ab. Man fiebert mit dem Hauptcharakter mit, dass er sein Glück finden mag, was bis zum Schluss jedoch nicht der Fall ist und bis zum Schluss bleiben auch verschiedene Fragen offen.
Es gibt, ohne spoilern zu wollen, einige Hauptereignisse. Teil der Geschichte ist die Suche nach Antworten zu diesen Ereignissen, für die aber bis zuletzt keine Aufklärung stattfand. Am Ende des Buches bleibt man mit seinen offenen Fragen zurück, auch der Bezug zum Titel bleibt bis zum Schluss ungeklärt.

Die Geschichte las sich sehr flüssig und passt perfekt zu der dunkleren Jahreszeit, so konnte man sich gut in die kalten Schwedenabende hineinversetzen wo das einzige Ziel nach getaner Arbeit der warme Kaffee vorm warmen Kamin ist. Das Buch hat immer wieder das Gerechtigkeitsempfinden verärgert, aber genauso viele wohlige Momente geschaffen.
Besonders gut gefallen hat mir die wellenförmige Spannungskurve die nicht wie üblich auf ein Pik hinauslief sondern wie im richtigen Leben mal anschwoll und mal abfiel.

Bewertung vom 19.09.2021
Die Überlebenden
Schulman, Alex

Die Überlebenden


ausgezeichnet

Das Cover dieses Buches ist sehr schlicht und neutral gehalten, ganz im Gegenteil zum Inhalt des Buches: Man findet sich in der Lebensgeschichte, vor allem der Kindheit, dreier Brüder wieder. Erzählt wird die Geschichte aus der Sicht von einem der Brüder, Benjamin, abwechselnd aus der Vergangenheit, der Kindheit, und Gegenwart, dem Erwachsenenalter. Die Zeitstränge nähern sich im Laufe der Geschichte an, sodass sich immer mehr Puzzleteile des Lebens der Kinder zusammenfügen. Eine sehr schöne Erzählweise, wie ich fand.
Man wird mitgenommen in eine Kindheit, die geprägt ist von der Unberechenbarkeit und seelischen Abwesenheit der Eltern. Die Eltern verbringen scheinbar einen Großteil der Zeit miteinander, die eisgekühlte Flasche Wodka immer zwischen sich stehend und mit regelmäßigen „hej“s untereinander aufteilend. So wie der Wodka scheint auch die meiste Zeit über die Stimmung zwischen den Eltern und gegenüber den Kindern zu sein. Kalt und distanziert. Nur gelegentlich unterbrochen durch einen kurzen liebevollen Moment, wie eine Vorleserunde, doch noch öfter unterbrochen durch Streitigkeiten bis zu Handgreiflichkeiten zwischen den Eltern und Ausrastern und Ausfällen gegen die Kinder.
Die Familiendynamik ist durchgehend angespannt, auch zwischen den drei Brüdern. Eines Tages kommt es zu einem Unfall, der die Familie endgültig auseinandertreibt und jeden zurückgezogen in seinem eigenen distanzierten Raum aus unausgesprochenen Gefühlen und Verletzungen zurücklässt…
Passend zur Stimmung die einen beim Lesen der Seiten befällt, habe ich das Buch an einem grauen Herbsttag begonnen zu lesen und auch beendet. Einmal angefangen, konnte ich das Buch bis zur letzten Seite nicht mehr aus der Hand legen. Die Geschichte ist unendlich traurig und schier endlos hoffnungslos und doch versteht der Autor es, in einer Leichtigkeit und mitreißenden Art zu schreiben, dass man nicht mehr loskommt. Der Roman lässt mich demütig und mit drückender Schwere zurück und doch möchte ich das Buch jedem ans Herzen legen. Lange nicht mehr hat mich ein Roman so tief bewegt. Die Geschichte hat kein Happy End aber ein versöhnliche s Ende, das einen wachruft zu überdenken was man selber schon viel zu lange totgeschwiegen hat.

Bewertung vom 20.08.2021
Engelspost
Muhl, Iris

Engelspost


ausgezeichnet

Ein älterer Herr, Elliot White, ist zu einem Radiointerview eingeladen in dem er seine berufliche Erfolgsgeschichte erzählen soll. Erzählen möchte und wird er aber seine ganz eigene persönliche Lebensgeschichte die ihn dorthin gebracht hat, wo er nun steht. Mit viel Witz erzählt der Herr von schönen Kindheitserlebnissen und einer Karriere als Betrüger und Dieb. Auf einer Zugfahrt holt ihn seine Vergangenheit dann plötzlich wieder ein, als er auf ein Mädchen trifft, welches als Postpaket verschickt wird. Wo gibt es denn sowas? Das Mädchen zieht Elliot in seinen Bann zieht und wirft ihn in seine Vergangenheit zurück. Sie ist seine Chance sein Leben zu überdenken und Vergangenes wiedergutzumachen.

Eine sehr schöne Geschichte die man in einem Zuge verschlingen kann, die man aber auch aufgrund der schön kurz gehaltenen Kapitel immer mal wieder zwischendurch zur Hand nehmen kann.

2 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.