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Magnolia
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Bayern

Bewertungen

Insgesamt 571 Bewertungen
Bewertung vom 18.06.2024
Partikel
Harlander, Wolf

Partikel


ausgezeichnet

Mikroplastik – eine Bedrohung ungeahnten Ausmaßes

Wer kennt sie nicht, die Bilder von den Stränden mit angeschwemmtem Müll, unsere Ozeane versinken regelrecht in Plastikabfällen. Wir sind mittendrin in einer ökologischen Katastrophe. Die Meerestiere nehmen die Mikroplastikpartikel mit der Nahrung auf, wir wiederum haben nicht nur einen gesunden Fisch auf dem Teller, auch die winzigen Plastikteilchen essen wir mit, die so in unseren Organismus gelangen.

Wolf Harlander hat sich mit dieser Bedrohung ungeahnten Ausmaßes auseinandergesetzt, „Partikel“ zeigt dies aus mehreren Blickwinkeln. Sehr anschaulich, sehr nachdenklich machend.

Alles beginnt ganz fröhlich mit einer Hochzeitsfeier auf Sylt, das Ende jedoch kommt abrupt - für mehrere Personen endet es im Krankenhaus, zwei schweben in Lebensgefahr, einer überlebt das Hochzeitsessen nicht. Grund genug, um den Wirt und die Zulieferer zu verklagen.

Nahe der Straße von Gibraltar ist ein Frachtschiff mit dubioser Ladung untergegangen, neben den örtlichen Behörden schaltet sich auch der BND ein.

Melissa ist Journalistin und als solche berichtet sie über Cyaclean, eine Firma, die das globale Plastikproblem mit innovativen Ansätzen lösen will. Bei Melissas zweijähriger Nichte ist ein bösartiger Tumor in ihrer Leber festgestellt worden, mit ausgelöst durch das Mikroplastik in ihrem Blut. Eine bei uns nicht zugelassene, extrem teure, neuartige Behandlungsmethode in den USA ist der einzige Strohhalm, an den sie sich klammern.

Die Handlungsstränge werden abwechselnd weitererzählt, jeder einzelne zeigt die Problematik um das aus unserem Alltag nicht mehr wegzudenkende Plastik nur allzu deutlich auf. „…sie feierten ihre Entdeckung voller Euphorie und gaben ihr einen Namen: Kunststoff. Eine neue Ära war geboren. Das Plastikzeitalter… Ein Segen für die Zivilisation, oder?“ eher ein Fluch? Kunststoffpartikel finden sich überall. „Ist unser ganzer Planet längst unsichtbar verseucht?“

Dieser Ökothriller steht Harlanders vorangegangenen Büchern in nichts nach. Anhand der einzelnen Erzählstränge verdeutlicht er das von ihm bestens recherchierte, hochbrisante Thema, das er geschickt und gut lesbar in Zwischenmenschliches verpackt, die hierfür geschaffenen Charaktere sind perfekt auf die jeweilige Handlung abgestimmt wie etwa die kleine Zoe mit ihrem Vater und ihrer Tante oder auch die Insider der einflussreichen Mülllobby.

Auch wenn wir es schon lange wissen, dass wir im Plastikmüll ersticken, so machen wir doch munter weiter. Vielleicht gibt dieses Buch den Anstoß, unseren Konsum zu überdenken, sorgfältiger mit unserem Planeten umzugehen. „Partikel“ ist informativ, es ist spannend, kurzweilig und äußerst fesselnd – ein Buch, das gelesen werden will.

Bewertung vom 07.06.2024
Der Totenarzt / Detective Robert Hunter Bd.13
Carter, Chris

Der Totenarzt / Detective Robert Hunter Bd.13


ausgezeichnet

Der Mörder unter uns

Ein Mörder, der seit Jahren tötet und doch nicht entdeckt wird, muss ein Genie sein. Dass viele Morde für immer im Verborgenen bleiben, ist bittere Realität, Chris Carter weiß dies nur zu gut. Bei ihm greife ich blind zu, er hat mich noch nie enttäuscht. „Der Totenarzt“ ist das mittlerweile dreizehnte Buch mit dem Ermittlerduo Robert Hunter und seinem Partner Carlos Garcia. Carter weiß, wovon er schreibt, als ehemaliger Kriminalpsychologe hat er tief in menschliche Abgründe geblickt.

Der Autopsiebericht lässt zunächst auf einen Verkehrsunfall schließen, die Todesursache soll jedoch Hypothermie, also Unterkühlung sein – ziemlich ungewöhnlich für die örtlichen Verhältnisse. Zudem lassen noch etliche andere Ungereimtheiten an dem Unfall erhebliche Zweifel zu. Hunter und Carlos wird je eine Kopie der Obduktion ausgehändigt mit der Bitte, sich diese Akte genauer anzusehen. Während sie noch an diesem Fall zu knabbern haben, macht sich andernorts einer auf, sein Werk transportfähig zu machen.

Schon die ersten Seiten sind so einnehmend, dass ich nicht anders kann, als weiterzulesen, auch wenn ich bei dem, was ich lese, hart schlucken muss. Es bleibt beileibe nicht bei diesem oben erwähnten Verunfallten, dem ersten Toten folgt ein zweiter hinterher. Eine Studentin der Gerichtsmedizinerin Dr. Hove bekommt einen vermeintlichen Selbstmörder auf den Tisch, bei ihm entdeckt sie allzu Auffälliges. Die LAPD wird informiert, Hunter und Carlos stehen vor einem erneut mysteriösen Fall. Aber Hunter wäre nicht er, wenn er keinen Zusammenhang erkennen würde. Nur, was nützt ihm diese Erkenntnis? Denn lange laufen er und Carlos einem Phantom hinterher.

Das ganze Konstrukt um einen Serientäter ist komplex und dennoch gut nachvollziehbar, der äußerst intelligente Täter agiert im Verborgenen, seine Motivation ist nicht erkennbar. Hunter und Garcia bleiben dran, denn sie befürchten, dass hier ein Serientäter am Werk ist. Die Opfer, soweit bekannt, waren Einzelgänger, die keiner vermisst.

Der Thriller à la Carter hat, wie schon erwähnt, einen realen Hintergrund. Viele Morde werden nicht aufgedeckt, viele Mörder leben als brave Bürger unter uns. Das Ermittlerteam ist mir mittlerweile sehr vertraut, ich möchte noch viel von ihnen lesen, noch ganz viele Fälle mit ihnen lösen. Sie sind ein eingespieltes Team, sie können sich aufeinander verlassen, ihre Dialoge haben Biss. „Jetzt schlägt´s 13!“ ist vorbei, ich warte auf den nächsten Band.

Bewertung vom 07.06.2024
Tote Augen weinen nicht (Thriller)
Schwarz, Gunnar

Tote Augen weinen nicht (Thriller)


ausgezeichnet

Bekker & Meislow zum Zweiten

Der zweite Fall für Charlie Bekker und Stella Meislow erschüttert nicht nur die beiden Spezialermittlerinnen, das gesamte Team ist fassungslos ob solcher Grausamkeiten. Eine Frauenleiche wird gefunden, der Stich ins Herz war tödlich. Aber nicht genug damit, steckt auch noch in jedem Auge ein Nagel. Sollte diese rigoros vollzogene Tötung eine Botschaft sein? Zumindest das Messer gibt bei näherer Betrachtung Anlass zu dieser Vermutung.

Bekker & Meislow, zum Zweiten, ist in sich abgeschlossen, kann also ohne das Vorgängerbuch zu kennen gelesen werden. Charlotte, die auf Charlie hört, strahlt eine natürliche Autorität aus, Stella kann sie für ihre zuweilen burschikose Art nur bewundern. Aber auch Stella ist gut in ihrem Job, wenngleich dies ihr so einige nicht zutrauen. Ihr Vater, ein einflussreicher Politiker, lässt sie nicht aus den Augen, was für sie eher einengend denn beschützend ist.

Nun, den beiden Ermittlerinnen wird bald klar, dass es sich hier um keine Einzeltat handelt. Eine zweite Leiche wird gefunden, ein Stich ins Herz und je ein Nagel in den Augen lassen einen Serientäter vermuten. Ein Wettlauf mit der Zeit beginnt für die Ständige Mordkommission, alle arbeiten fieberhaft und als der nächste Tote gefunden wird, werden Gemeinsamkeiten sichtbar.

Als hätten sie nicht genug zu tun, taucht ein seit einem Jahr auf der Flucht befindliche Mörder auf, der seine Unschuld beteuert, sich aber versteckt halten muss. Er wird per Haftbefehl gesucht und nimmt nun Kontakt zu Charlie auf. Sie hat seinen Fall damals bearbeitet und meint, sein Ergreifen vermasselt zu haben, als hört sie ihn an. Dieser Nebenstrang ist nicht minder interessant, auch kommt der Mörder des aktuellen Falles mehrmals zu Wort.

Gunnar Schwarz hat es auch hier wieder geschafft, mich bis zum Schluss miträtseln zu lassen. Neben seinen beiden Hauptakteurinnen Charlie und Stella, die ich direkt vor Augen sehe, sind auch die anderen Charaktere lebensnah dargeboten. Der komplexe Fall mit mehreren Leichen ist lange nicht durchschaubar, der Täter und sein Motiv trotz der losen Fäden, die sich mehr und mehr verknüpfen, erst spät sichtbar. Die Spannung ist sofort da und hält bis zur Aufklärung an, wenngleich das Ende ein wenig abrupt daherkommt.

Bewertung vom 05.06.2024
Vergebens / Ermittlungen im Spreewald Bd.4
Dieckerhoff, Christiane

Vergebens / Ermittlungen im Spreewald Bd.4


sehr gut

Leichenfund im Spreewald

„Vergebens“ ist der vierte der Spreewald-Krimi-Reihe, für mich war es der erste, was aber dem Verständnis nicht abträglich war.

Mit Hanka und ihrem Flocke, einen Malteser, war ich gleich mittendrin beim Pilze sammeln. Flocke nimmt Witterung auf, schlägt an und findet – nein, keine Pilze. Eine übel zugerichtete Leiche liegt da. Wie sich bald herausstellt, ist es Willi Rollenhagen, seines Zeichens Gerichtsvollzieher. Schon allein sein Beruf gibt Anlass zu der Vermutung, dass hier einer tödliche Rache nahm.

Klaudia Wagner von der Kripo Lübben ist mit Kollegen am Leichenfundort. Ob dies der Tatort ist, ist mehr als fraglich, werden doch Schleifspuren entdeckt. Neben den Ermittlungen sind es auch Umstrukturierungen, die sie alle beschäftigen. Der langjährige Dienststellenleiter nimmt seinen Resturlaub, ein Nachfolger wird gesucht. Klaudia bewirbt sich auf die Stelle, ebenso Kriminalkommissar Mark Meinert, der wegen Personalmangel jetzt schon in Lübben mitmischt. Die Ermittlungen schreiten nicht recht voran und damit nicht genug, es wird ihnen ein zweiter Todesfall gemeldet.

Ich bin sozusagen zweimal Neuling. Wie schon erwähnt, kenne ich diese Spreewald-Krimi-Reihe nicht und zum anderen hat es mich noch nie in den Spreewald verschlagen. Und doch war ich sofort im Geschehen, die Personen waren mir bald geläufig, auch hat mir das Verzeichnis des Personals der Kripo Lübben, das dem Geschehen vorgelagert ist, gute Dienste erwiesen. Ich war gedanklich mit dem Kahn unterwegs, habe ihn an der Uferböschung vertäut und mir diese Gegend anhand von Bildern, die zahlreich zu finden sind, vorgestellt.

Diese Idylle bekam durch den ersten Mordfall Risse, Verdächtige und Motive gab es so einige. Die Spannung baut sich auf und hält bis zum Schluss, so manch menschliche Unzulänglichkeiten kommen an die Oberfläche und auch die Ermittler haben ihre privaten Schwächen.

Christiane Dieckerhoff hat mich mit ihrem einnehmenden Schreibstil sofort gefangen. Ihre vielschichtig angelegten Charaktere hatten allesamt Biss, sie waren authentisch, haben mir gefallen oder auch nicht. Klaudia war einer meiner Lieblingsfiguren, sie durchleuchtet das Leben des Gerichtsvollziehers, kommt der Auflösung dieses Falles und auch der des zweiten Mordopfers ziemlich nahe und gerät dabei selber in Gefahr. Und mit ihr ihr Partner, es wird zunehmend dramatisch. Letztendlich wird der Fall gelöst und ich hoffe auf einen fünften Spreewald-Krimi.

Bewertung vom 05.06.2024
Das Baumhaus
Buck, Vera

Das Baumhaus


sehr gut

Spannend, verstörend, lange nicht durchschaubar

Nachdem mich die „Wolfskinder“ in Gänze gefesselt haben, wollte ich Vera Bucks neuestes Buch unbedingt lesen. Und ich habe es nicht bereut. Auch wenn es eher gemächlich startet, so steigert sich das in drei Teilen angelegte Buch ab Teil zwei ungemein und hält die Spannung bis zum Ende.

Der Prolog, in dem ein 10jähriger Junge verschleppt wird, lässt Schlimmes ahnen, auch wenn ich diese ersten Seiten der nachfolgenden Story nicht zuordnen kann. Und doch ahne ich, dass diese Geschichte mit dem 5jährigen Fynn zu tun hat, der bei einem idyllischen Urlaub mit seinen Eltern Henrik und Nora verschwindet. Die kleine Familie hat ein Haus in Schweden geerbt und so beschließen sie, dass dies in Zukunft ihr Ferienhaus sein wird. Das auf den ersten Blick idyllisch gelegene Haus ist nicht im besten Zustand, auch wirkt der nahe Wald beinahe bedrohlich.

Im ersten Teil werden eher die einzelnen Protagonisten vorgestellt wie etwa Rosa, die eine skelettierte Kinderleiche ausgräbt. Wechselnde Kapitel erzählen auch von der Familie und von Marla, die zeitlich nicht einzuordnen ist und lange undurchschaubar bleibt. Und dann verschwindet Fynn. Die Suche ist nervenraubend und für sie alle zunehmend zerstörerisch. Die Charaktere werden zergliedert, unschöne Dinge werden sichtbar. Der Blick hinter die mühsam aufrecht erhaltene Fassade hält dem äußeren Schein nicht stand. Dazwischen lese ich von Marla und weiß schon einiges von ihr und doch nicht genug. Zu der durchweg bedrohlichen Grundstimmung kommt sie direkt mystisch daher und bleibt es ziemlich lange.

Die Örtlichkeiten sind bedrohlich, unheimlich, geheimnisumwittert und beklemmend, die Figuren sind es ebenso. Zu den meisten entwickle ich eine tiefe Abneigung, lediglich Henrik kann ich trotz vieler Widrigkeiten einigermaßen verstehen. Dies ist eher gefühlsmäßig erklärbar, eher dadurch, dass mir die anderen Charaktere so gar nicht sympathisch sind. Die Story bietet viel, sobald sie Fahrt aufgenommen hat und fördert zum Schluss Abgründiges zutage, das einen schaudern lässt. Spannend, verstörend, unheimlich – ein Thriller, so wie ich ihn mag.

Bewertung vom 05.06.2024
Die List der Grafentochter
Voss, Isabel

Die List der Grafentochter


sehr gut

Gunhild, eine unerschrockene junge Frau zur Zeit Karls des Großen

„Die List der Grafentochter“ führt weit zurück in die Zeit, als Karl der Große König des Frankenreiches war. Es ist Anfang Dezember anno 785, als Gunhild und ihre jüngeren Brüdern Giselher und Warmunt auf der Erphesburg die Rückkehr ihrer Eltern - Graf Hardrad und seine Gattin Brunichild - erwarten. Gunhild hat in ihrer Abwesenheit das Sagen auf der Burg, auch wenn dies Warmunt, mit seinen dreizehn Jahren der Jüngste, nicht gefällt. Doch auf Gunhild ist Verlass, sie ist willensstark und zupackend, sie ist seit jeher an Vaters Seite. Doch nun steht ihre Vermählung mit einem Thüringer Gaugrafen an. Die Hochzeitsvorbereitungen sind in vollem Gange, als König Karl bestimmt, Gunhild mit seinem engen Vertrauten Autkar zu verehelichen. Sie sträubt sich dagegen und wird kurzerhand entführt.

Neben diesen Verwicklungen klingen die Sachsenkriege an. Karls Feldzüge, deren Ziel die Unterwerfung und die erzwungene Christianisierung der Sachsen waren, sind nicht nur auf seiner Seite verlustreich. Wir lesen auch von Fastrada, Karls vierter Ehefrau, die sehr grausam gewesen sein soll. Ihr Charakter ist gut eingefangen, sie ist trotz ihrer unbarmherzigen, machtbesessenen Art ihrem Karl eine liebende Ehefrau. Als Karl bei einem seiner Feldzüge in einen Hinterhalt gelockt und an einem unbekannten Ort gefangen gehalten wird, spitzt sich die Lage zu, eine Verschwörung bahnt sich an, Fastrada ist außer sich, sie lässt foltern und verhängt als Strafe den Tod am Strang.

Isabel Voss hat das frühe Mittelalter, das Leben der einfachen Leute und der Grafen auf ihren Burgen in Zeiten Karls des Großen anschaulich beschrieben. „Fakten und Fiktion“ nennt sie ihre Schlussbemerkung. Das Historische, um das sich die fiktive Geschichte rankt, ist bestens recherchiert. Zur besseren Orientierung ist das Ortsverzeichnis am Ende des Buches hilfreich, denn im frühen Mittelalter hatten die Orte und die Landschaften völlig andere Namen, die von den heutigen vielfach nicht abgeleitet werden können. Jedoch habe ich ein Personenverzeichnis vermisst, denn die vielen und zudem heutzutage nicht mehr gebräuchlichen Namen sind schon verwirrend, auch wäre eine Landkarte der besseren Übersicht wegen nicht verkehrt gewesen.

Das Leben im Jahre 786 war schon ein ganz anderes. Auch wenn ich historische Romane gerne und viel lese, so bleibt die Zeit Karls des Großen eher ausgespart. Umso gespannter war ich auf „Die List der Grafentochter“, auf Gunhild, einer unerschrockenen, fortschrittlich handelnden und denkenden jungen Frau, die ihre List geschickt und wohldurchdacht ausgeführt und zu einem guten Ende gebracht hat. Dieser historische Roman hat mich nach anfänglichen Schwierigkeiten mit den vielen Personen und dem fehlenden Personen- und Familienregister, das bei historischen Romanen durchaus üblich ist, dennoch gut unterhalten.

Bewertung vom 03.06.2024
Bertha Benz und die Straße der Träume
Schwarz, Alexander

Bertha Benz und die Straße der Träume


ausgezeichnet

Bertha Benz - eine faszinierende Frau

Carl Benz dürfte auch denen ein Begriff sein, die auch ohne Auto glücklich sind. Über ihn ist viel geschrieben worden, seine Erfindungen sind hinlänglich bekannt, noch heute profitieren wir davon.

In Alexander Schwarz´ Roman „Bertha Benz und die Straße der Träume“ steht eher sie, Carls Ehefrau Bertha, im Mittelpunkt. Mit ihrem unternehmerischem Geschick und ihrem technischen Gespür war sie an Carls Seite, auch brachte sie so eines mit in die Ehe. Carl war ein begnadeter Tüftler, seine Erfindungen entwickelte er stets weiter. Er gründet seine erste Firma, holte sich Gesellschafter und war nicht nur einmal am Ende seiner finanziellen Möglichkeiten. Schließlich beschließt Bertha, mehr als ein Wörtchen mitzureden, was der neu gegründeten Benz & Cie. Rheinische Gasmotorenfabrik gut getan hat. Carl war eher der Visionär, sie war pragmatisch und durchsetzungsstark, ihre Liebe überstand alle Höhen und Tiefen.

Der fiktive Roman basiert auf tatsächlichen Begebenheiten. Von der Idee eines selbstfahrenden Wagens bis hin zur ersten Fahrt war es ein langer, ein mühseliger Weg mit nicht ausbleibenden Rückschlägen, was Carl jedoch nicht davon abhielt, an seinem Benz Patent-Motorwagen weiter zu tüfteln, ihn zu verbessern und zu verfeinern und bei so mancher Probefahrt kam der Werkzeugkasten zum Einsatz. Irgendwann war es genug damit, ständig ums Firmengelände zu fahren, der Motorwagen musste unter die Leute. So kam es dann auch.

Mit dem Benz Patent-Motorwagen Nummer 3 fuhr Bertha mit ihren beiden Buben im August 1888 von Mannheim ins 106 Kilometer entfernte Pforzheim, Carl wusste nichts davon. Sie wollte, dass dieses dreirädrige Automobil bekannt wird, es war die erste erfolgreiche Fernfahrt und sie der erste Mensch, der über eine längere Strecke ein selbstfahrendes Gefährt gelenkt hat.

Alexander Schwarz spannt den Bogen von der jungen Bertha Ringer und ihrer ersten Begegnung mit dem Ingenieur Carl Benz und den Jahren ihrer Verlobung bis hin zur Hochzeit. In drei Teilen erzählt er von den Jahren in Pforzheim, später dann von Mannheim und der dritte Teil handelt von dieser Autofahrt. Allen Widrigkeiten zum Trotz hat Bertha es geschafft, ihr Ziel zu erreichen und auch wieder ins heimische Mannheim zu fahren, sie hatte einen nicht unwesentlichen Anteil am Erfolg.

Die bestens recherchierte Roman-Biographie über eine fortschrittlich denkende, eine starke Frau hat mich nicht nur gut unterhalten, sie hat mir auch einen guten Einblick in die Anfänge des Automobils gewährt. Ein kurzweilig geschriebenes Buch, das sich interessant und durchweg spannend liest und das ich gerne weiterempfehle.

Bewertung vom 31.05.2024
Deine dunkle Seite (eBook, ePUB)
Hendricks, Jaime Lynn

Deine dunkle Seite (eBook, ePUB)


gut

Der Killer unter uns

Jaime Lynn Hendricks begibt sich in die Anonymität des Internets. Diese macht es möglich, dass sich buchstäblich jeder dahinter verstecken kann.

„Du bist der Nächste.“ Vier Teilnehmer einer Thriller-Convention schockiert diese Nachricht, nachdem die erfolgreiche Krimi-Autorin Kristin Bailey, die für einen Krimi-Preis nominiert ist, erstochen in ihrem Zimmer aufgefunden wurde. Auf Twitter scheint ein Irrer unterwegs zu sein, der sie beobachtet, der immer weiß, was sie gerade machen, wo sie sich gerade aufhalten.

„Ich checke ständig meine Follower… @MPaloozaNxt2Die folgt dir.“

Erfolgreiche und weniger erfolgreiche Krimi-Autoren steuern auf die Preisverleihung zu, jedoch kippt die Stimmung zusehends. Ihre gut gehüteten Geheimnisse drängen an die Oberfläche, die Nerven liegen blank. Wer steckt hinter diesem verstörenden Account?

Zunächst hat es eine Weile gedauert, bis ich die vielen Personen – denn es sind so einige mehr als diese vier von dem Unbekannten auserwählten - zuordnen konnte. Die kurzen Kapitel sind mit dem Namen des gerade agierenden Hauptakteurs überschrieben, was an sich hilfreich ist. Verwirrend sind aber die vielen zusätzlichen Namen und die diversen Querverbindungen, die das Lesen ziemlich erschweren.

Aus verschieden Perspektiven bekomme ich Einblicke in deren Seelenleben, Argwohn macht sich breit, zunehmend traut keiner dem anderen über den Weg und die Frage, wen dieser Unbekannte als Nächsten ins Visier genommen hat, ist stets präsent. Horrorszenarien ploppen auf, der Fahrstuhl bleibt mitten in der Fahrt stehen, das Licht geht aus, die Person ist allein, das Handy irgendwo auf dem Boden. Direkt gruselig anmutende Szenen wechseln sich ab mit langatmigen Sequenzen, die gefühlt nicht enden wollen. So recht hat mich dieser Thriller dadurch nicht abgeholt, vor allem die vielen, viel zu chaotisch dargebotenen Personen, haben mich extrem gestört, ein durchgehender Lesefluss mochte sich somit nicht einstellen. Das so gar nicht vorhersehbare Ende dagegen hat mich verblüfft und mich mit der Story einigermaßen wieder versöhnt.

Bewertung vom 31.05.2024
Das schweigende Dorf / Akte Nordsee Bd.3 (eBook, ePUB)
Almstädt, Eva

Das schweigende Dorf / Akte Nordsee Bd.3 (eBook, ePUB)


sehr gut

Durchweg spannend

Was war das denn? Mitten in der Nacht ruft ein Mann bei Fentje an, um ihr zu sagen, dass er ihre Hilfe braucht, da er demnächst des Mordes verdächtigt wird. Als bald danach im Nachbarort zwei Tote gefunden werden und einer davon derjenige sein soll, der sie vorsorglich als Anwältin anheuern wollte, wird sie hellhörig. Was genau ist da geschehen und warum dieser doch sehr mysteriöse Anruf? Und da auch Niklas als Journalist in diese Taten irgendwie involviert ist, beginnen die beiden mit ihren ganz eigenen Nachforschungen.

Schon der Prolog macht neugierig. Da sucht einer den Kanal ab, ganz im Verborgenen, denn seine Frau darf davon nichts wissen. Wie hängt diese Suche mit den beiden Toten zusammen? Lange, sehr lange ist dies nicht sichtbar.

„Das schweigende Dorf“ ist nach „Der Teufelshof“ mein zweites Buch der Akte Nordsee, das erste dieser Reihe „Am dunklen Wasser“ will unbedingt noch gelesen werden. Fentje Jacobsen und Niklas John – unterschiedlicher könnten die beiden nicht sein und doch haben sie einen Draht zueinander, der mal stabil und hart wie Stahl ist, dann aber wieder ziemlich brüchig zu sein scheint. Fentje ist Anwältin mit Leib und Seele, ihre Kanzlei betreibt sie auf dem Schafshof ihrer Großeltern, was den Vorteil hat, die beiden im Blick zu haben, während Niklas John als Journalist auch in Krisengebieten zu finden ist. Sein feudales Heim findet man in St. Peter-Ording und gerade eben ist auch Blofeld, die luxuriöse Katze, wieder bei ihm eingezogen.

Auch dieser dritte Fall hat mich abgeholt, er ist spannend mit verschwiegenen, verschlagenen, unsympathischen, äußerst kriminellen und auch liebenswerten Charakteren, denen ich ihre Eigenarten durchweg abnehme. Die eingestreuten plattdeutschen Redensarten und Sätze passen perfekt in die Umgebung und sind dank den gut in den Text eingebundenen Übersetzungen auch für alle verständlich. Auch Fentjes Großmutter mischt hier kräftig mit, ihr Part war mir jedoch zu übergriffig, zu gewollt. Auch wenn ich es durchaus schätze, dass neben den im Vordergrund stehenden Ermittlungen Privates durchklingt, so hat Oma sich zu weit vorgewagt und ist ins Unglaubwürdige abgedriftet. Die weitreichenden Ermittlungen an sich haben mich jedoch wieder versöhnt.

Eva Almstädt hat mich lange im Dunkeln gelassen, sie hat mich zuweilen auf Irrwege geführt und mir einen Schluss präsentiert, den ich so dann doch nicht erwartet hätte. Gut so, sie hat mir einmal mehr kurzweilige Lesestunden beschert und nun hoffe ich, dass ihre beiden Hauptakteure bald wieder ermitteln werden.

Bewertung vom 31.05.2024
Ihr raffiniertes Spiel
Mancini, Ruth

Ihr raffiniertes Spiel


ausgezeichnet

Exzellent inszenierter Thriller

„Aufmachen. Polizei.“ Tate ist sowieso am Boden zerstört, denn Dan hat wieder mal kurzfristig abgesagt. Und nun auch das noch. Was will die Polizei von ihr?

Vor zehn Tagen ist eine Frau von der Dachterrasse des Londoner Hochhauses gesprungen, in dem Tate arbeitet. Kurz zuvor, auf der Weihnachtsfeier ihrer Firma, hat sie genau auf dieser Terrasse Helen kennengelernt. Es ist eine Begegnung mit ungeahnten Folgen.

Ruth Mancinis raffiniert inszenierter Thriller überzeugt in jeglicher Hinsicht. Aus Tate Kinsellas Sicht erzählt sie diese wendungsreiche Geschichte, die in sechs Abschnitte gegliedert ist. Tate wird des Mordes beschuldigt, kommt in Haft und wird unter diversen Auflagen freigelassen. Sie scheint eine verkrachte Existenz zu sein und nun hat sie auch noch diese Weihnachtsfeier-Bekanntschaft Helen am Hals, die sie um einen äußerst riskanten Gefallen bittet. Nun, Tate hilft ihr und gerät dabei in arge Bedrängnis.

Die Handlung ist trotz oder gerade wegen der mehrmaligen Perspektivenwechsel klug durchdacht und auch meint man, jede einzelne der hier agierenden Personen zu durchschauen, wird jedoch eines Besseren belehrt. Denn nicht nur die Handlung, auch die Charaktere sind vielschichtig angelegt. Neben den Dialogen sind es auch die Rückblenden, die nochmal verdeutlichen, dass die Sicht auf das vorher Passierte sich plötzlich ganz anders darstellt. Stück für Stück fügen sich die einzelnen Versatzstücke zu einem doch folgerichtigen Ganzen zusammen. „Ihr raffiniertes Spiel“ ist ein lange undurchschaubarer, nervenaufreibender und listiger, fein gesponnener Thriller, der komplett überzeugt. Brillant inszeniert, großartig erzählt.