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Miro76
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Österreich

Bewertungen

Insgesamt 125 Bewertungen
Bewertung vom 03.01.2024
Zero Days
Ware, Ruth

Zero Days


sehr gut

Jack und Gabe sind das perfekte Paar. Sie lieben sich und ergänzen sich optimal in ihrem spannenden Job, denn sie dringen in gesicherte Zonen ein. Während Gabe sich durch das Internet ackert, bricht seine Frau tatsächlich in Firmengebäude ein und testet so Alarmanlagen, den Sicherheitsdienst oder ob alle Vorschriften diesbezüglich eingehalten werden.

Als Jack nach einem etwas schief gelaufenen Job spät nachts nach Hause kommt, entdeckt sie das Schlimmste, was sie sich vorstellen könnte. Ihr Mann wurde zuhause auf seinem Computersessel ermordet. Im Schock reagiert sie vielleicht nicht ideal, aber sie konnte einfach nicht anders. Dadurch hat sie sich leider verdächtig gemacht und so bleibt ihr nur die Flucht nach vorne. Sie war schon immer eher vom Handeln getrieben.

Mit ihrer Notfallausrüstung taucht sie unter und sucht Hilfe bei ihrer Schwestern und Gabe's besten Freund Cole. Doch wem kann sie wirklich trauen und welche Möglichkeiten bleiben ihr, um wirklich zu klären, wer ihren Mann ermordet hat?

Ich habe diesen Thriller gerne gelesen. Es ist eine rasante Verfolgungsjagd mit unkonventionellen Mitteln. Gut gefallen haben mir auch die technischen Details der Geschichte. Cybersecurity ist ein Thema, das uns alle interessieren sollte. Leider hat sich bei mir relativ früh ein Verdacht breit gemacht, der sich dann auch bestätigt hat. So war die Geschichte doch irgendwie vorhersehbar.

Mit dem Vorgängerroman "Das College" konnte mich die Autorin mehr begeistern. Dennoch hat mich das Buch gut unterhalten und mir zwei schlaflose Nächte beschert. Also Vorsicht, man legt es ungern wieder aus der Hand!

Bewertung vom 29.12.2023
Sinkende Sterne
Hettche, Thomas

Sinkende Sterne


gut

Thomas Hettche begibt sich mit diesem "Roman" in die Schweiz seiner Kindheit und versetzt sie gleichzeitig in eine dystopisch anmutende Zeit ohne rechten Rahmen. Manches ist einfach eigenartig, wirkt wirr und unpassend, wird aber nicht näher erläutert.

Ich würde dieses Buch nicht als Roman bezeichnen. Dafür ist die Rahmenhandlung einfach zu wenig. Der Autor lässt sein Alter Ego manchmal in Erinnerungen schwelgen und manchmal lässt er seinen Gedanken einfach freien Lauf. Dabei schreibt er über Literatur und das Schreiben im Allgemeinen und zwischendurch erläutert er uns die Odyssee und lässt uns eine Abhandlung über Rilke lesen.

Für mich war das alles nicht ganz stimmig. Es wirkt sehr belehrend und gleichzeitig ziemlich zusammenhanglos und obwohl der Autor sein Handwerk beherrscht, konnten mich diese Zeilen nicht erreichen. Immer wenn sich etwas Lesefluss eingestellt hat, schweift die Geschichte in eine andere Ecke und ich quälte mich von Neuem.

Zweifelsohne kann Herr Hettche meisterhaft schreiben und das blitzt auch aus diesem Buch immer wieder heraus, weswegen ich mich doch für 3 Sterne entschieden habe. Aus der Geschichte mit dem abgeschnitten Wallis hätte auch was entstehen können, aber indem der Autor seine autofiktionale Figur am Ende im Fieberwahn schwafeln lässt, bleibt sowieso offen, wie viel davon Bedeutung hat.

Bewertung vom 17.12.2023
Das späte Leben
Schlink, Bernhard

Das späte Leben


ausgezeichnet

Martin ist 71 als er von seinem Arzt erfährt, dass er nur noch wenige Wochen zu leben hat. Einige davon werden auch noch gut sein, bevor er immer schwächer wird und die Schmerzen kommen.

Gemeinsam mit seiner deutlich jüngeren Frau überlegt er, was er seinem kleinen Sohn noch mitgeben möchte, denn er wird nicht erleben, wie dieser erwachsen wird. Er leidet sehr darunter und versucht ihm noch ein paar schöne Erinnerungen zu bescheren. Gleichzeit weiß er, dass er vielleicht keine bleibenden Eindrücke hinterlassen wird, denn sein Sohn ist noch nicht mal sechs. Also schreibt er einen Brief.

Auch für seine Frau möchte er noch etwas tun und kommt so auf die Idee, ihren verschwundenen Vater für sie zu suchen. Diese letzte Abenteuer führt ihn zu einer letzten Erkenntnis und so verbringt er die letzten guten Wochen mit seiner Familie am Meer, ruht viel, genießt die Zeit die ihm bleibt und beginnt sich zu verabschieden.

Ein schwieriges Thema, dem sich Bernhard Schlink hier widmet. Einerseits ist es ein Geschenk, wenn man den Tod kommen sieht und seine Angelegenheiten noch regeln kann, andererseits ist es eine Aufgabe, der sich kaum einer gewachsen fühlt. Zum Glück gibt es hier diesen großen Altersunterschied, denn auch Martin hat sein Leben geführt und wird nicht all zu früh daraus entrissen. Das hat der Autor sehr geschickt eingefädelt. Er ist nicht mehr jung, hat aber trotzdem viel zu verlieren, weil sein Sohn noch so klein ist. So ist das Buch sehr traurig, aber es ist nicht so brutal. Der Fokus liegt dadurch mehr darauf, was man noch alles tun kann und welche Erkenntnisse man weitergeben kann und nicht auf dem Schmerz des frühen Verlustes.

Für mich als Leserin macht das einen großen Unterschied. So konnte ich die Zeilen, die Martin für seinen Sohn hinterlässt wesentlich mehr genießen. Die philosophischen Gedanken, die er an den Jungen weitergeben möchte, sind wirklich schön zu lesen. Menschen haben etwas zu sagen, am Ende ihrer Tage!

2 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 08.12.2023
A Breath of Winter / Rabenwinter Saga Bd.1
Schnell, Carina

A Breath of Winter / Rabenwinter Saga Bd.1


ausgezeichnet

Middangard im hohen Norden ist ein Land, das die Menschen mit Magischen und Kreaturen teilen. Tolle treiben in den Wäldern ihr Unwesen und Walküren beherrschen die Lüfte. Doch obwohl so gefährliche Kreaturen umgehen, sitzt die Angst vor Hexen tief in den Köpfen der Menschen. Hexen leben meist abgeschieden in den Wäldern oder der wilden Natur und üben ihre Knochenmagie zu ihrem Schutz aus oder um anderen zu helfen.

Nun geht ein weiteres Monster um, bekannt als der Hexenschlächter, denn er kennt keine Gnade und es scheint, als wolle er sie alle ausrotten. Smillas Hexenzirkel wurde ebenfalls grausam von ihm hingerichtet und so hat sie sich nur einem Ziel verschrieben: Rache. Eine Seherin hat ihr prophezeit, dass die Wilde Jagd sie zum Schlächter führen wird.

So kommt es, dass sich Smilla der gefürchtetsten Söldnertruppe Middangards anschließt, um unter der Führung von Gent, dem Fürst der Unterwelt, zu kämpfen und zu töten. Kein leichtes Unterfangen für Smilla, denn so einfach nimmt die Wilde Jagd nicht neue Mitglieder auf. Sie wird sich beweisen müssen.

Smilla und Gent verbergen beide ihre dunklen Geheimnisse und ihre Wunden doch die Anziehungskraft zwischen ihnen lässt sich ebenfalls nicht leugnen. Werden sie sich ihren Dämonen stellen können und ihre Herzen wieder öffnen können? Und welche Wahrheit wird dann ans Licht kommen?

Carina Schnell hat mit Middangard ein spannende Welt voller Mythen und Legenden, Götter und Magie entworfen. Das Worldbuiling geht ganz nebenbei und wir bekommen im Laufe der Lektüre einen guten Einblick in die Strukturen dieser Wirklichkeit. Die Autorin hält sich nicht lange auf mit Erläuterungen und steigt sofort in die Handlung ein. Somit ist das Buch von der ersten Seite weg fesselnd. Die Kapitel werden wechselweise aus Smillas und Gents Sicht erzählt, was die Spannung enorm erhöht und uns Einsichten erlaubt, die die Protagonisten nicht immer kennen.

Die Figuren entwickeln sich, müssen Mut und Kreativität beweisen und sich ihren schwärzesten Seiten stellen.

Zum Schluss überrascht uns die Autorin nochmal ordentlich und ich bin sehr gespannt, wie sie diese Dilogie zum Abschluss bringen wird. Jetzt heißt es geduldig warten bis September - dann erscheint der 2. Teil.

Bewertung vom 03.11.2023
ZAP. Für die einen ist es Vergnügen. Für ihn ein Albtraum. (eBook, ePUB)
Eschbach, Andreas

ZAP. Für die einen ist es Vergnügen. Für ihn ein Albtraum. (eBook, ePUB)


sehr gut

Finn musste mit seinen Eltern übersiedeln, weil der Vater einen neuen Job antreten durfte. Er ist noch nicht richtig heimisch, fühlt sich in der Schule nicht wohl und seinen besten Freund Navid vermisst er sehr. In seiner Freizeit flüchtet er sich in Bücher, was den Eltern gar nicht behagt, denn ihre Leben spielen sich in den sozialen Netzwerken und am Fernseher ab. Finn scheint hier etwas aus der Zeit gefallen zu sein.

Als er an einem Freitag aus der Schule kommt, erwartet ihn eine böse Überraschung. Er sperrt die Wohnung auf, die er am Morgen verlassen hatte und findet darin nichts wieder. Die Wände sind anders gestrichen, völlig andere Möbel und es leben andere Leute darin. Auch die Nachbarin scheint ihn nicht wiederzukennen.

Finn ist völlig verwirrt und lässt sich tatsächlich einreden, sich verlaufen zu haben, denn in dieser tristen Vorstadt sehen alle Straßen irgendwie gleich aus.

Ein perfides Spiel beginnt, das Finn komplett um den Verstand bringen soll, während sich die Zuschauer im Fernsehstudio und vor den Glotzen zuhause köstlich amüsieren sollten.

Doch der Sender hat die Rechnung ohne Lea gemacht, die versehentlich von diesem Projekt erfahren hat und Finn unter erheblichem Aufwand zu Hilfe eilt. Gemeinsam versuchen sie den Spieß umzudrehen und die Verantwortlichen in eine Falle zu locken, denn dieses Spiel will Finn auf keinen Fall mitspielen.

Andreas Eschbach hat mir ZAP ein Gedankenexperiment erschaffen, dass diesen ganzen Irrsinn Reality-TV persifliert und treibt es auf die Spitze. Wir bekommen anfangs einen guten Einblick in die Gesellschaft, die den Nährboden für diesen Wahnsinn bietet. Mit der Absurdität, die der Fernsehsender hier veranstaltet, will uns der Autor vielleicht zeigen, wie weit die digitale Welt uns alle treiben kann.

Stilistisch ist es einfach gehalten. Rückblenden werden und mit "Rewind" angezeigt und genauso gibt es ein "Fast Vorward" . So lässt sich das Buch schnell weglesen, ist nicht all zu anspruchsvoll und unterhält hervorragend. Es ist rasant und spannend und ganz im Sinne von Jugendliteratur passiert nicht wirklich was Schreckliches und der Held findet seinen Weg.

Außerdem ist es irgendwie auch eine Ode an die analoge Welt!

Mir hat's gefallen!

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 22.10.2023
Bis wir Wald werden
Mattausch, Birgit

Bis wir Wald werden


sehr gut

In Russland waren sie Deutsche, in Deutschland sind sie die Russen. So sitzen Babulya und Nanush und die ganze Hausgemeinschaft immer zwischen den Welten fest.

Birgit Mattausch lässt uns teilhaben am Leben im Hochhaus am Waldrand. Auch hier beginnen die Welten zu verschwimmen. Menschen werden zu Vögeln und erheben sich in die Lüfte, das Haus wird zur Araukarie und hebt seine Äste in den Himmel. Irgendwo zwischen Traum und Wirklichkeit spielt sich das Leben ab und in diesen Metaphern erfahren wir von der Zerrissenheit, der Wurzellosigkeit und der Verhaftung in einer verherrlichten Vergangenheit mit der die Menschen im Hochhaus ihren Alltag bewältigen.

In sehr poetischer Sprache, durchsetzt mit lyrischen Einschüben beschwört die Autorin eine Welt herauf, deren Zentrum Babulyas Küche ist und die ihre Geschichten an die nächste Generation weitergibt, bei Tee mit Marmelade.

Nun ist Babulya zu alt, um sich noch viel aus dem Bett zu bewegen und ihre Urenkelin Nanush hadert damit, dieses Erbe zu übernehmen. Sie kümmert sich hingebungsvoll um ihre Urgroßmutter, versucht aber gleichzeitig einen anderen Blick in die Zukunft. Kann dies gelingen, oder ist sie genauso verhaftet in Sibirien, wie der Rest ihrer Sippe?

Dieses kleine Buch steckt voller Bilder, die in Menschen zwischen den Welten wachsen und gedeihen. Wer mit lyrischer und metaphernreicher Sprache nichts anfangen kann, sollte davon lieber die Finger lassen. Wer sich darauf einlassen kann, findet eine bereichernde Geschichte, die den Geist beflügelt. Einziger Wermutstropfen ist, das es sehr fragmentarisch anmutet. Manchmal hätten ein paar Worte mehr der Geschichte gut getan.

Bewertung vom 08.10.2023
Wilde Jagd
Freund, René

Wilde Jagd


ausgezeichnet

Professer Quintus Erlach verbringt den Sommer in seinem Elternhaus in Stein am Gebirge. Nachdem seine Affäre offenbar wurde, hatte ihn seine Frau aus der gemeinsam Wohnung komplementiert, um bei einer Auszeit etwas Selbstfindung zu betreiben. Diese ertränkt der gute Professor leider in Wein und Bier, bis ihm die Pflegerin Evalina über den Weg läuft und ihn in eine haarsträubende Geschichte verwickelt.

Mit vermeintlich übersinnlichen Fähigkeiten überzeugt sie den Professor zur Mithilfe bei der Suche ihrer Vorgängerin, die vor einigen Monaten spurlos verschwand und zufällig die Schwester der Pflegerin war.

Und so stolpert der Professor in einen wilden Versuch ein Verbrechen aufzuklären und wird dabei selbst zum Gejagten. Gekonnt spielt der Autor mit versteckten Wahrheiten, vermeintlichen Zufällen und dubiosen Verdächtigen, so dass man als Leser*in schnell so verwirrt ist wie Erlach selbst.

Da sich die Ereignisse derart überschlagen, wird Quintus fast nebenbei seine Alkoholsucht los und beginnt sogar seinen Alltag zu strukturieren. Aus dem zerstreuten Lebemann wird ein verlässlicher Freund und nicht nur die Sympathien der Leser*innen fliegen ihm zu.

Mich konnte der Autor wieder einmal großartig unterhalten mit diesem Roman, der sich irgendwo zwischen Krimi und Unterhaltungsliteratur ansiedelt. Die Geschichte ist spannend von der ersten bis zur letzten Seite und macht dabei so manche Wendung durch, um in einer wirklich interessanten Auflösung mit Mehrwert zu reüssieren. Von mir gibt es eine klare Leseempfehlung, vor allem auch für die düsteren Herbstabende die demnächst auf uns zukommen werden.

Bewertung vom 08.10.2023
Als wir an Wunder glaubten
Bürster, Helga

Als wir an Wunder glaubten


ausgezeichnet

Anni und Edith waren immer Freundinnen und haben es mit gegenseitiger Unterstützung durch die schweren Winter in den Kriegsjahren geschafft. Nun ist der Krieg vorbei, doch ihre beiden Männer kehren nicht nach Hause zurück. Die Zeiten sind noch immer schlecht in Unnenmoor. Es fehlt an allen Ecken und Enden an Arbeit, Nahrung und Geld.

Diese düstere moorige Gegend im Norden Deutschlands bietet einen guten Nährboden für Aberglauben, Hexerei und Wunderheilerei.

Als nach Jahren Anni's Mann nach Hause kommt, beginnt es aber nicht bei ihr bergauf zu gehen. Otto hat seine Beine an der Front gelassen und ist generell schwer traumatisiert. Er findet sich nicht mehr ein im Alltag und beginnt zu trinken. In ihrer Verzweiflung sucht Anni nach einem Sündenbock und die rothaarige Edith wird zur Hexe und für alles Unglück verantwortlich gemacht. Der Spökenfritz weiß diese Situation für sich zu nutzen. Mit seinen Beschwörungen und Zaubereien treibt er die Familie endgültig in die Armut und als das Wunder immer noch ausbleibt, spitzt sich die Situation immer mehr zu.

Helga Bürstner hat sich mit diesem Roman einem spannenden Thema zugewandt. Viele Kriegsheimkehrer fühlten sich unverstanden mit ihrem posttraumatischen Stresssyndromen. Das Leben zuhause war auch nicht einfach und für Zimperlichkeit einfach kein Platz. Ein guter Nährboden für jene, die die Not der Gutgläubigen ausnutzen, denn ein Wunder hätten damals viele gut brauche können.

Das Thema ist spannend aufbereitet. Ich habe das Buch von der ersten Seite an gerne gelesen, aber ab der Mitte baut die Autorin enorm Spannung auf. Meine Sorge um Edith ließ mich fast hastig weiterlesen, denn das Gefühl, dass diese Geschichte nicht gut ausgehen kann hat sich ebenfalls immer mehr zugespitzt.

Leider besitzt diese Geschichte noch immer Brisanz, denn mit der Hoffnung auf ein Wunder lässt sich auch heute noch gut Geld verdienen.

Bewertung vom 19.08.2023
Vertrauensübung
Choi, Susan

Vertrauensübung


gut

Die CAPA ist eine beliebte Talentschmiede und nur die begabtesten Jugendlichen ergattern einen Platz in der berüchtigten Highschool. Vor allem der Unterricht bei Mr. Kingsley fordert die Kids und alle wollen dem Lehrer gefallen. Besonders Sarah will unbedingt zum Inner Circle gehören und erkennt schnell, dass ihre Tränen bei ihm Interesse auslösen.

So findet sie sich immer wieder in seinem Büro, nach den Taschentüchern greifend, denn zum Heulen hat sie genug. Sie hat eine stürmische Beziehung zu einem Mitschüler in den Ferien angefangen, die gleich zu Schulanfang in die Brüche geht, obwohl sich beide lieben. Die Menge an Missverständnissen sind typisch Teenagerkram.

Mr. Kingsley scheint sich darin zu weiden und ruft beide immer wieder zu seinen berüchtigten Vertrauensübungen, die die Schüler*innen ihr Innerstes nach außen stülpen lässt. Dieses ganze Gefühlschaos wurde mir streckenweise etwas zu langatmig, aber dann wechselt der Ton abrupt.

Zwanzig Jahre später erzählt uns eine andere Person die Geschichte der Highschoolclique aus einer anderen Perspektive. Meine Neugierde war plötzlich wieder geweckt, doch auch hier wurde es mir etwas zu viel. Die Autorin gibt manchen Dinge zu viel Gewicht und manche Protagonisten sind so stark in ihrer Vergangenheit verhaftet, dass mir hier die Entwicklung fehlte.

Außerdem hat sie ihre Geschichte ausgesprochen literarisch verfasst. Mir persönlich ist es fast ein bisschen zu intellektuell. Es fordert die Leser*innen stilistisch, aber nicht inhaltlich. Auch der Schluss konnte mich nicht wirklich überzeugen. Der wirkte irgendwie komplett losgelöst vom Rest der Geschichte. Deshalb habe ich misch schlußendlich für 3 Sterne entschieden, obwohl ich das Buch streckenweise sehr gerne gelesen habe.

Bewertung vom 18.08.2023
Die Einladung
Cline, Emma

Die Einladung


sehr gut

Alex verbringt den Sommer mit Simon in den Hamptons. Endlich hat sich es geschafft in die Welt der Schönen und Reichen. Fast glaubt sie schon, dass sie ihre Zügel etwas lockerer lassen kann und wirklich angekommen ist. Doch der Schein trügt und nach ein, zwei kleinen Fehltritten, wird sie prompt vor die Tür gesetzt.

Dabei hatte sie sich perfekt an Simons Rhythmus angepasst. Sie war sein anschmiegsames Kätzchen, dass ihn in Ruhe ließ, wenn er seine Ruhe haben wollte. Das ist wohl der Preis, wenn man sich derartig weit nach oben schlafen will. Denn Alex lebt davon, dass sie sich aushalten lässt und hat das zu ihrem Beruf gemacht.

Würde sie ausnahmslos Reich & Schön ausnehmen, wäre da ja noch gar nichts einzuwenden. Doch sie schreckt nicht davor zurück auch ihre Mitbewohner*innen, Hausangestellte oder einfache Jugendliche auszunutzen, wenn es ihr gerade zum Vorteil gereicht. Sie ist Meisterin der Manipulation und kann relativ gut in anderen Menschen lesen. Doch sie treibt es zu weit.

Als Leserin könnte ich fast Mitleid mit ihr haben, denn sie setzt sich in den Kopf Simon zurückzuerobern und deshalb muss sie eine Woche ausharren in den Hamptons - ohne Geld und ohne Unterkunft. Da sie aber so rücksichtslos mit ihren Mitmenschen umgeht, ist es schwierig Empathie für sie aufzubringen. Manchmal blitzt ein Funken Anstand bei ihr auf, nur um schnell wieder mit dem nächsten Diebstahl zunichte gemacht zu werden. Wie und warum sie zur Edelnutte oder professionellen Schnorrerin wurde, verrät uns die Autorin nicht.

Die fehlende Vorgeschichte lässt uns die Protagonistin nie wirklich greifbar erscheinen. Ihre Persönlichkeit versteckt sich hinter ihrem Zwang einen Weg in die Upper Class zu finden und dabei geht sie über Leichen. Sie scheint keine Moral zu kennen. Hat Sex wenn es nützlich ist, steht ständig unter Drogen und giert nach Macht und Geld. Sie scheint die Moral der Gesellschaftsschicht, in die sie so dringend möchte, so überspitzt verinnerlicht zu haben, dass ihre Persönlichkeit darin aufgegangen ist.

Bei der Lektüre war ich selbst überrascht, wie gerne ich die Geschichte dieser überaus unsympathischen Person gelesen habe. Ich muss gestehen, dass ich ihr etwas Unglück gegönnt hatte und an ein Happy End hatte ich sowieso nie geglaubt. Doch das gewählte Ende hat mich auch ein bisschen unzufrieden zurückgelassen. Ich bin mir nicht sicher, ob ich es richtig verstanden habe. Es lässt auf jeden Fall Interpretationsspielraum.

Da mich Emmy Cline mit ihrem Roman aber ausgezeichnet unterhalten hat, vergebe ich gerne 4 Sterne und empfehle es allen, die gerne einen kritischen Blick in die Welt der Superreichen werfen wollen.