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cara_lea

Bewertungen

Insgesamt 46 Bewertungen
Bewertung vom 13.03.2023
Tod in Siebenbürgen / Paul Schwartzmüller ermittelt Bd.1
Werrelmann, Lioba

Tod in Siebenbürgen / Paul Schwartzmüller ermittelt Bd.1


gut

Mich hat der Kriminalroman besonders aufgrund seines interessanten Settings angesprochen. Die Handlung spielt in Rumänien, genauer gesagt in Siebenbürgen. Paul Schwartzmüller, ein erfolgreicher Investigativjournalist, hat von seiner verstorbenen Tante ein Haus in seiner alten Heimat geerbt. Vor über dreißig Jahren ist er mit seinem Vater von dort fortgegangen und seitdem nie wieder zurückgekehrt.
Nach der Nachricht über das Erbe reist Paul nach Siebenbürgen in das Dorf seiner Kindheit, obwohl er in wenigen Tagen einen neuen Job anfangen soll. Bereits der Anfang der Geschichte beginnt diffus und passt so gar nicht zu dem Verhalten, das man von einem Journalisten erwarten würde. Im Flugzeug hat er bereits die ersten Zweifel, ob der Brief der Anwaltskanzlei vielleicht ein schlechter Scherz gewesen war. In Siebenbürgen angekommen, läuft alles nicht nach Plan, obwohl ohnehin nicht ganz klar ist, was Paul sich dort eigentlich erhofft hat.

Es hat mich sehr interessiert, mehr über Rumänien, die Landschaft, die Kultur und die Menschen zu erfahren. Die Krimihandlung stand eindeutig nicht im Vordergrund, und Paul Schwartzmüller agierte die meiste Zeit ziemlich naiv und diffus. Definitiv nicht jemand, den man sich an seiner Seite wünscht, wenn man wegen Mordes verhaftet wird. Zumindest ist es das, was seinem ehemaligen besten Freund aus Kindheitstagen geschieht.

Der Schreibstil war gut, hat sich leicht lesen lassen und einen einfachen Zugang zu der Handlung vermittelt. Trotzdem war das Buch aufgrund einiger Mängel eher eine Enttäuschung. Die Geschichte klang spannend und hätte auf jeden Fall Potenzial gehabt, aber die Umsetzung hat mich leider nicht überzeugen können. Die Reihe werde ich jedenfalls nicht weiter verfolgen.

Bewertung vom 05.03.2023
Morgen, morgen und wieder morgen
Zevin, Gabrielle

Morgen, morgen und wieder morgen


ausgezeichnet

Die Freundschaft zwischen Sadie und Sam ist etwas Besonderes und schwer in Worte zu fassen. Sie lernen sich als Kinder auf ungewöhnliche Weise kennen, haben dann jahrelang keinen Kontakt mehr und finden sich durch Zufall wieder. Die Geschichte wird immer wieder mit Rückblicken in die Vergangenheit erzählt und zeigt Ereignisse aus dem Leben von Sadie und Sam. Mal getrennt, dann wieder gemeinsam. Normalerweise bin ich kein großer Fan von Rückblenden, da ich die Gegenwart oft spannender finde, aber in diesem Fall hat die Autorin Gabrielle Zevin einen tollen Job gemacht, sodass ich grundsätzlich alles interessant fand.

Ich bin direkt auf den ersten Seiten in die Handlung hineingezogen worden und habe mich in der Geschichte sofort wohl und angekommen gefühlt. Eigenlicht habe ich kein großes Interesse an Computerspielen oder viel Ahnung davon, aber ich fand die Thematik sehr spannend, und gerade zum Thema Spieleentwicklung habe ich einiges erfahren, dass mir bisher nicht bekannt war. Die Freundschaft von Sadie und Sam, mit ihren Höhen und Tiefen, habe ich gerne verfolgt. An manchen Stellen zog sich das Buch etwas in die Länge, aber mir hat der Schreibstil der Autorin wirklich gut gefallen, sodass es nur halb so schlimm war.

Ich hatte schon viele positive Stimmen über dieses Buch gehört und war sehr neugierig, was die Geschichte von Sadie und Sam so besonders macht und weshalb dieses Buch für viele ein Lesehighlight war. Ich kann mich den positiven Meinungen anschließen und hatte vor allem an den toll gestalteten Charakteren große Freude. Sie sind nicht perfekt, haben ihre Eigenarten, sind anstrengend und gleichzeitig authentisch und liebenswert.

Vielfältige Themen, verpackt in einen tollen Schreibstil, viele Höhen und Tiefen und Charaktere, mit denen man als Leser mitfiebert. Ein wirklich lesenswertes Buch!

Bewertung vom 16.02.2023
Meine Bar in Italien
Maiwald, Stefan

Meine Bar in Italien


sehr gut

Das kleine, schmale Büchlein mit den fröhlichen Farben und dem haptisch schönen Leineneinband sorgt direkt für gute Laune und ein angenehmes Leseerlebnis. Der Autor Stefan Maiwald lebt mit seiner Familie in Grado und berichtet von den Menschen, die er bei seinen täglichen Besuchen in Pinos Bar kennengelernt hat. Er begegnet ihnen morgens bei einem Cappuccino und abends bei einem Glas Weißwein. Es sind immer dieselben Personen, die in ihrer Stammbar ein- und ausgehen. Stefan Maiwald berichtet in kurzen und knappen Kapitel von den Lebensweisheiten, die er durch Beobachtung oder aus Gesprächen mit den Menschen gelernt hat. Er beschreibt ihr Leben und wie sie ihren Alltag gestalten. Mit einer großen Portion Wertschätzung und immer einer Prise Humor wird das ganz besondere Italienfeeling und die Lebensfreude der Italiener hervorgehoben. Die Stimmung ist locker-leicht und man bekommt direkt eine Sehnsucht nach dem Süden und kann verstehen, wieso das Leben im Süden glücklich machen kann.

Das kleine Büchlein sorgt für angenehme und leichte Unterhaltung. Man kann es in einem Rutsch lesen oder jeden Morgen beim Frühstück ein paar Kapitel lesen und damit angenehm in den Tag starten. Weniger gut gefallen hat mir die teilweise Verklärung der Lebensumstände in Italien. Vieles wirkte mir zu romantisiert, und der Autor versucht mit Ironie sich über Yoga, Mediation, Minimalismus, Marie Kondo, Erlebnisse über Konsum, die Verliebtheit der Deutschen in ihre Autos etc. lustig zu machen. Ob es das tatsächlich gebraucht hat, sei mal dahingestellt. Insbesondere, da die Aussage des Buches ganzheitlich lautet: weniger ist mehr, das Leben genießen, achtsamer sein, die kleinen Dinge wertzuschätzen und öfter mal aus dem Fenster zu schauen. Im Grunde gar nicht so unähnlich von den Bewegungen über die er sich lustig macht.
Davon abgesehen hat mir das Buch gut gefallen, und ich habe mich gefreut, auf literarische Weise Pinos Bar kennenzulernen und einen alltäglichen Einblick in das italienische Leben zu erhalten.

Ein nettes Buch und eine unterhaltsame Lektüre mit kleinen Lebensweisheiten über das Leben im Süden.

Bewertung vom 11.02.2023
Macht
Furre, Heidi

Macht


sehr gut

… die im Laufe ihres Lebens vergewaltigt werden. Mit dieser Statistik im Kopf läuft die Protagonistin Liv durch das ruhige Wohnviertel eines Stadtteils von Oslo, wo sie mit ihrem Mann und ihren zwei Kindern lebt. Liv führt ein normales Leben, ist angekommen und scheint nach Außen hin, glücklich zu sein. Doch niemand, nicht einmal ihr Ehemann weiß, dass sie vor Jahren vergewaltigt worden ist und jeden Tag mit den Konsequenzen des Erlebten zu kämpfen hat.

Die Handlung wird nicht chronologisch geschildert, und ich fand es gut, dass die Vergewaltigung, also die eigentliche Tat, zuerst überhaupt nicht erklärt oder thematisiert wird. Das wird im letzten Drittel des Buches nachgeholt, und ich habe lange darüber nachgedacht, ob es nicht besser gewesen wäre, es komplett wegzulassen. Müssen die Leser*innen tatsächlich darüber informiert werden oder ist es nicht ausreichend, den Fokus komplett auf Livs Perspektive und ihre Erlebnisse mit der Zeit danach zu erfahren?

Das Buch wirft einen direkt hinein. Es gibt keine Schonfrist und während des gesamten Buches gibt es keinen einzigen Moment, in dem man kurz aufatmen kann. Liv hat die Vergewaltigung lange verdrängt, hat sie nicht beim Namen nennen können, wollte kein Opfer sein und hat die Tat nie zur Anzeige gebracht. Und dennoch ist sie in Gedanken ständig bei ihrem Vergewaltiger. Überlegt, was er gerade macht, wie er sich fühlt. Sie sucht ihn im Internet, findet heraus, wo er mit seiner Familie wohnt, und fährt zu seinem Haus. Liv setzt alles daran, die Kontrolle zu bewahren und sucht Flucht im Alkohol, Schmerz- und Beruhigungsmitteln, in ihrer Kaufsucht und einem Schönheitswahn, da sie versucht, mit Botox und der perfekten Kleidung nach Außen hin jemand zu sein, der sie im Inneren gar nicht ist. Sie versucht, die Kontrolle zurückzuerlangen, doch eigentlich ist man die ganze Zeit mit einer Frau konfrontiert, die sich zwanghaft an jedem bisschen Kontrolle festhält und sich dabei völlig selbst verloren hat.

Es ist definitiv keine leichte Lektüre. Die Autorin Heidi Furre beschreibt eindringlich Livs Situation und lässt die Leser*innen sehr nah an den Gedanken der Protagonistin teilhaben. Dabei bleibt sie oft beinahe schmerzhaft sachlich und sorgt dadurch für eine gewisse Distanz und Unnahbarkeit. Die Beziehung zu Livs Ehemann und ihren Kindern erscheint eher ein Mittel zum Zweck zu sein. Die Charaktere bleiben farblos und bekommen keine eigene Stimme. Einiges ist unverständlich geblieben, und insgesamt wirkte Livs Verhalten oft ein wenig konfus und undurchsichtig.
Dennoch habe ich das Buch insgesamt sehr gerne gelesen, falls man bei dieser Thematik überhaupt so davon sprechen kann. Die Thematik hat aufgerüttelt, zum Nachdenken angeregt und dafür gesorgt, dass man für kurze Zeit Livs Perspektive einnehmen konnte.

Ein wichtiges und lesenswertes Buch!

Bewertung vom 22.01.2023
Der Inselmann
Gieselmann, Dirk

Der Inselmann


weniger gut

Mich hat das ruhige, etwas düstere Buchcover direkt angesprochen. Die Stimmung des Romans wird gut widergespiegelt und gibt einen ersten Eindruck, was einen beim Lesen des Buches erwartet. Mit knapp 180 Seiten ein schmales Büchlein, dessen Text durch viele Absätze und die Hervorhebung einzelner Sätze durch Leerzeilen noch weiter verzerrt wird. Mir hat diese Textgestaltung nicht besonders gut gefallen, da die Handlung und Gedankengänge ohnehin sprunghaft sind und ich beim Lesen das Gefühl hatte, dass die Handlung sich mit jeder weiteren Seite immer mehr verliert, undurchsichtiger wird und am Ende viele offene Fragen zurücklässt.

Einige Sätze waren beinahe poetisch geschrieben, wodurch die melancholische Stimmung der Geschichte noch einmal verstärkt wurde. Man hält inne und reflektiert, lässt den Satz klingen und in sich nachwirken, doch sogleich wird man wieder mit einer Härte konfrontiert, die diese Stimmung wieder zunichte gemacht hat. Ich war ständig hin- und hergerissen, wusste nicht, was der Autor mir vermitteln möchte und bin nicht nah genug an die Charaktere herangekommen. Konnte sie mir nur schemenhaft vorstellen und keinen emotionalen Bezug zu ihnen herstellen können, was überaus schade war.

Die Geschichte bleibt für meinen Geschmack deutlich zu vage und kratzt durch die Andeutungen nur an der Oberfläche der Geschehnisse. Ich hätte mir mehr Bezug zu den Charakteren gewünscht und hätte ihre Handlungen gerne besser nachvollziehen können. Besonders das Ehepaar Roleder, blieben zwei blasse Gestalten, die ich gerne näher kennengelernt hätte, um sie ein wenig besser zu verstehen und vielleicht die Chance bekommen hätte zu begreifen, weshalb sie sich gegenüber ihrem einzigen Kind so distanziert und kühl verhalten haben.

Ein Roman, der unterschiedliche Emotionen bei mir ausgelöst hat. Der mich in seine melancholische Stimmung hineingezogen und am Ende mit vielen Fragezeichen unzufrieden zurückgelassen hat.

Bewertung vom 12.01.2023
Die Welt geht unter, und ich muss trotzdem arbeiten?
Weber, Sara

Die Welt geht unter, und ich muss trotzdem arbeiten?


ausgezeichnet

Die Autorin Sara Weber hat als Redaktionsleiterin bei LinkedIn selbst festgestellt, wie es passieren kann, dass man trotz einer verständnisvollen Vorgesetzten, tollen Kollegen und einem interessanten Arbeitsumfeld, buchstäblich ausbrennt. Sie hat daraus ihre Konsequenzen gezogen und ihren Job gekündigt – ein Bedürfnis, das offenbar viele Menschen haben. In den USA gibt es bereits den Begriff »The Great Resignation« (das große Kündigen) dafür. Doch wie konnte es soweit kommen? Was sind die Probleme in unserer heutigen Arbeitswelt und warum haben Generationen der Millenials und Gen-Z kein Interesse mehr daran, zu den aktuellen Bedingungen zu arbeiten? Was muss sich ändern, um die Arbeitswelt wieder gesünder und für alle erstrebenswerter zu gestalten?

Im ersten Teil des Buches fasst die Autorin den aktuellen Stand zusammen. Sie erklärt Begriffe und Konzepte und unterlegt die Theorien mit vielen Studien und Forschungsergebnissen. Im zweiten Teil befasst sie sich mit Lösungsansätzen und stellt Möglichkeiten vor, wie es gelingen kann, den aktuellen Status Quo sinnvoll und nachhaltig zu verändern. Auch das Thema Klimaschutz wird thematisiert und gut mit anderen Maßnahmen verwoben. Das alles schafft die Autorin in kurzen Kapiteln auf sehr verständliche Art und Weise mit einem guten Schreibstil, der es leicht macht, ihr bei ihren Ausführungen zu folgen.

Ich habe das Buch regelrecht verschlungen und es kaum mehr aus der Hand gelegt. Es ist informativ und spricht Themen an, bei denen dringend Handlungsbedarf besteht. Und Sara Weber zeigt deutlich auf, wie diese Veränderungen umsetzbar sein könnten.

Bewertung vom 01.01.2023
Ginsterhöhe
Caspari, Anna-Maria

Ginsterhöhe


ausgezeichnet

Am Anfang wusste ich nicht ganz, was ich von »Ginsterhöhe« erwarten kann und in welche Richtung sich diese Geschichte entwickelt. Das Buchcover ist beinahe schon schmerzhaft heiter, ganz im Gegensatz zu der Thematik des Buches. Ich hatte Befürchtungen, dass der Roman zu sehr in Richtung Liebesgeschichte gehen würde, doch das Gegenteil war der Fall. Den Klappentext finde ich im Nachhinein jedoch nicht ganz passend.

Der Schreibstil von Anna-Maria Caspari hat mir außerordentlich gut gefallen. Ruhig, mit klaren, präzisen Sätzen ohne unnötige Ausschmückungen beschreibt sie das Leben der Familie Lintermann und den Einwohnern des Dorfes Wollseifen in der Eifel. Dabei bleibt sie oft oberflächlich an den Emotionen, doch gerade das hat mir wirklich gut gefallen. Über die Seiten hinweg wachsen einem die einzelnen Personen dennoch ans Herz, und man fiebert und leidet mit ihnen mit. Die Schicksalsschläge, die diese Menschen und das Dorf zu ertragen haben, sind gerade zum Ende hin kaum zu ertragen.

Das Dorf Wollseifen fungiert als ein eigenständiger Protagonist, und ich musste mich während der Lektüre davon abhalten, im Internet genauer zu recherchieren. Dadurch hätte ich mir das Ende des Buches nur unnötig vorweggenommen. Doch sobald ich die letzte Seite beendet hatte, habe ich nach weiteren Informationen über das Dorf Wollseifen, die Eifel und Burg Vogelsang gesucht. Die Autorin hat sich bei der Recherche viel Mühe gegeben und das Dorf noch einmal literarisch zum Leben erweckt. Mich hat das Buch wirklich beeindruckt, und ich bin mir sicher, dass die Geschichte noch eine ganze Zeit lang nachwirken wird. Offenbar handelt es sich bei »Ginsterhöhe« um den Auftakt einer Trilogie. Der erste Band ist zufriedenstellend abgeschlossen, aber es gibt noch einige offene Punkte, bei denen es mich interessieren würde, wie es weitergegangen ist. Ich freue mich daher schon sehr auf den nächsten Band und werde den literarischen Werdegang der Autorin im Auge behalten.

Definitiv ein Lesehighlight und eine Leseempfehlung!

Bewertung vom 04.12.2022
Die tausend Verbrechen des Ming Tsu
Lin, Tom

Die tausend Verbrechen des Ming Tsu


ausgezeichnet

Die Covergestaltung des Buches gefällt mir sehr gut und passt perfekt zum Inhalt. Auf den ersten Blick war ich etwas skeptisch, als ich gelesen habe, dass es um einen Western geht, der aus dem Blickwinkel eines chinesischen Hitman erzählt wird. Doch das Konzept hat mich neugierig gemacht, und ich muss sagen, dass ich beim Lesen der Geschichte äußerst positiv überrascht wurde. Obwohl das Buch mit 304 Seiten recht schmal ist, hat der Autor es geschafft, die Seiten mit viel Inhalt zu füllen, sodass es zu keinem Zeitpunkt langweilig war oder man das Gefühl gehabt hat, dass der Geschichte etwas gefehlt hätte - im Gegenteil.

Das Leben von Ming Tsu ist von Entbehrungen und Grausamkeiten geprägt. Er befindet sich auf einem Rachefeldzug und hat eine Liste mit Namen von Männern, die er vorhat zu töten. Auf dieser Reise trifft er einige besondere und zugleich sonderbare Menschen, deren Fähigkeiten nicht mit Vernunft und Rationalität zu erklären oder gar zu begreifen sind. Obwohl ich normalerweise kein Fan davon bin, wenn mystische Elemente in Romanen oder Thrillern benutzt werden, hat es mich in diesem Fall überhaupt nicht gestört.

Ich hatte keine Probleme, schnell in die Handlung hineinzufinden und war schnell im Sog der Geschichte angekommen. Das Ende war überraschend und doch auch irgendwie nicht. Der Autor hat teilweise ungewöhnliche Wege bestritten, das jedoch mit seinem guten Schreibstil gekonnt umgesetzt. Mir wird das Buch mit Sicherheit auch noch eine Weile länger in Erinnerung bleiben, und ich bin froh, dass ich es gelesen habe. In diesem Fall kann ich absolut nachvollziehen, weshalb der Autor für diese Geschichte mit dem Andrew Carnegie Medal for Excellence in Fiction ausgezeichnet worden ist.

Bewertung vom 13.11.2022
Die Meerjungfrau von Black Conch (eBook, ePUB)
Roffey, Monique

Die Meerjungfrau von Black Conch (eBook, ePUB)


sehr gut

Wer bei dieser Geschichte eine traumhafte und verklärte Interpretation von Disneys Arielle erwartet, wird bei diesem Buch schnell in die brutale und schmerzhafte Realität zurückgeholt. Der Schreibstil ist gewöhnungsbedürftig und macht es einem nicht leicht, in die Geschichte hineinzufinden oder sich mit den Charakteren anzufreunden. Die Autorin hat viel den örtlichen Dialekt benutzt, der jedoch schwer oder kaum möglich in die deutsche Sprache zu übersetzen ist. Dadurch entsteht ein schwer nachvollziehbares Gewirr aus Sätzen und ungewohnt klingenden Worten. Mit der Zeit lässt es ein wenig nach, und ich war irgendwann so im Sog der Handlung gefangen, dass ich es nur noch am Rande registriert habe.

Die Geschichte ist hart und konfrontiert einen immer wieder mit deutlich beschriebenen Szenen, bei denen aufgrund des Verhaltens der Männer einen schnell der Ekel überkommen kann. Die Verwandlung von einer Meerjungfrau zurück in den Körper einer Frau wird anschaulich und detailliert beschrieben. Den fauligen Geruch nach verdorbenem Fisch hat man dabei ziemlich schnell und äußerst penetrant in der Nase. Die Themen, die im Laufe der Geschichte behandelt werden, sind vielfältig und regen einen häufig zum Nachdenken an. Viele unschöne Situationen und Geschehnisse werden beschrieben, und man erhält einen Einblick in das Leben der Bewohner - Karibikfeeling ist dabei jedoch nicht aufgekommen, was vermutlich auf die fehlenden Umgebungsbeschreibungen zurückzuführen ist.

Eine ungewöhnliche, teilweise schon schmerzhafte Geschichte, die einen komplett anderen Blick auf den Mythos der Meerjungfrau ermöglicht. Ein Roman, der bei mir widersprüchliche Gefühle ausgelöst hat, aber den ich sehr gerne gelesen habe und mich in seinen Bann gezogen hat.

Bewertung vom 25.10.2022
Café Leben
Leevers, Jo

Café Leben


gut

»Café Leben ist ein ungewöhnliches Buch, bei dem es mir schwerfällt, die Handlung richtig einzuordnen. Die Gestaltung des Buchcovers und die Inhaltsbeschreibung haben mir sehr gut gefallen, allerdings hat es bei mir Erwartungen geweckt, die sich jedoch leider nicht ganz erfüllt haben. Besonders bei der Thematik des Café Leben und dem Aufschreiben der Lebensgeschichten von todkranken Menschen, hatte ich mich auf eine berührende, traurige und emotionale Lektüre eingestellt. Beinahe hatte ich anfangs sogar etwas Bedenken, das Buch in die Hand zu nehmen und habe mich emotional darauf vorbereitet - doch besonders der Anfang des Buches ist durch die abweisende und distanzierte Art der Protagonistin Henrietta Lockwood vollkommen anders als erwartet. Auch wenn man mit der Zeit mehr nachvollziehen kann, weshalb Henrietta sich häufig zurückzieht und unnahbar verhält, hatte ich Schwierigkeiten, mich mit ihr anzufreunden, sodass die ersten Kapitel etwas anstrengend zu lesen waren.

Die Geschichte wird aus wechselnden Perspektiven erzählt, und Annie war mir zum Glück auf Anhieb sympathischer. Sie hat kein leichtes Leben gehabt, und es war teilweise erschreckend, über ihre Erlebnisse zu lesen. Insgesamt hat mir der Anfang des Buches genau das vermittelt, was ich erwartet hatte, jedoch hat sich das ab der Hälfte der Geschichte gewandelt, und es wurde mehr zu einem Kriminalfall, der das ungeklärte Verschwinden von Annies Schwester behandelt hat. Was sich daraus allerdings entwickelt hat, wurde von Seite zu Seite überzogener, und die Auflösung war dann doch etwas zu viel des Guten.

Der Schreibstil der Autorin hat mir gut gefallen, und es gab einige schöne und teils auch etwas skurrile Momente, die unterhaltsam waren und die ich gerne gelesen habe. Es war eine nette Geschichte ohne besonders viel Tiefgang, aber die Lebensgeschichte von Annie wird mir mit Sicherheit noch eine Weile im Gedächtnis bleiben. Die Verbindung mit dem Kriminalfall war zwar spannend, hat für mich allerdings nicht zum Gesamtkonzept gepasst, weshalb es am Ende des Buches alles etwas unübersichtlich und zu viel wurde. Anders als erwartet, aber dennoch eine interessante Geschichte, die auf einem schönen Konzept basiert.