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kindder80er

Bewertungen

Insgesamt 131 Bewertungen
Bewertung vom 23.10.2020
Mord in Highgate / Hawthorne ermittelt Bd.2
Horowitz, Anthony

Mord in Highgate / Hawthorne ermittelt Bd.2


sehr gut

Gelungene Metaebene

Ich finde es wirklich sehr charmant, wie sich Anthony Horowitz selbst in seine Reihe um Hawthorne schreibt. Er stellt so eine Art Watson für Detektiv Hawthorne dar und man merkt dem Buch wirklich an, dass der Autor die Geschichten von Sherlock Holmes quasi mit der Muttermilch aufgesogen haben muss.

Es ist nun der zweite Fall des ungleichen Duos, der in der Filmbranche handelt - ein weiteres Steckenpferd vom Autor.

Der Schreibstil ist wie gewohnt leicht ironisch und humorvoll. Erste Verdachtsmomente erweisen sich natüüüürlich als falsche Fährte und in Whodunit-Manier wird weiter ermittelt. Das hat dann ein paar Längen, aber ich fühlte mich dennoch gut unterhalten, denn Horowitz macht nebenbei den Zirkus der Literatur- und Filmbranche sichtbar, der oft hinter den Kulissen tobt. Diesbezüglich glaube ich sogar, dass er nicht besonders überspitzt schreiben musste - dafür ist Horowitz schon zu lange im Geschäft und hat bestimmt einiges wirklich erlebt. ;-)

Mir hat das Buch gefallen, die Auflösung war überraschend und ich freue mich auf den dritten Teil, dessen Lieferung er ja - wie er im Buch betont - törichterweise schon unterschrieben hat... ;-)

Bewertung vom 23.10.2020
Keine Panik, ist nur Technik
Ait Si Abbou, Kenza

Keine Panik, ist nur Technik


sehr gut

Wirklich nur Nullen und Einsen?

Das Internet sollte für die meisten Menschen mittlerweile kein "Neuland" mehr sein. Wir gehen täglich oft mehrere Stunden damit um, aber so richtig wissen wir nicht, was da alles dahinter steckt - und genau das kann Ängste schüren. Begriffe wie KI und Algorithmen wirken befremdlich, weil wir nicht dahintersteigen, was sie eigentlich mit uns anstellen.

Die Autorin versucht - abseits von Formeln - auf einfachem Weg zu erklären, was da passiert. Risiken und ethische Aspekte sollen trotzdem nicht verschwiegen werden. Auch sollte man sich natürlich ein bisschen für das Gebiet interessieren, denn auch wenn auf Formeln verzichtet wird und der Schreibstil sehr unterhaltsam daherkommt, wird es etwas technisch.

Aufgelockert durch Zeichnungen und Skizzen wird natürlich nicht nur das Internet behandelt, sondern u.a. auch autonomes Fahren, Videoüberwachung und verschiedene Scorings.

Mir hat das Buch gefallen und ich fand es insgesamt interessant.

Bewertung vom 02.09.2020
Super reich
Horvath, Polly

Super reich


sehr gut

Ernste Thematik, aber skurril und schräg

Rupert und seine wirklich große Familie sind bettelarm. Noch nicht einmal einen Mantel oder ein eigenes Bett besitzt Rupert, doch er jammert nicht. Überhaupt ist er ein sehr sympathischer Junge und deshalb gönnt man ihm das Zusammentreffen mit der reichen Familie Rivers, bei der er augenscheinlich alles gewinnt, um seiner gesamten Familie das erste richtige Weihnachtsfest auszurichten. Leider verliert er im Spiel alles wieder.

Nun nagen an Familie Rivers die Gewissensbisse und jeder einzelne will es unabhängig voneinander wieder gut machen, was natürlich manchmal sogar ins Gegenteil umschlägt.

Mit einer ernsten Thematik ausgestattet, vermag das Buch trotzdem zu unterhalten. Das liegt vor allem daran, dass es recht bald skurril, schräg und fantastisch wird. Dem Ideenreichtum sind da keine Grenzen gesetzt, was ich einerseits gut fand, was aber andererseits streckenweise etwas zu viel des Guten wurde.

Auch die bittere Armut geht ans Herz und manchmal hatte ich das Gefühl, das Rupert einfach nur zum Spielball der Rivers wird. Selten habe ich mit einem Protagonisten so mitgelitten.

Insgesamt habe ich das Buch aber sehr gerne gelesen und halte es durchaus für Kinder ab 10 geeignet. Die Welt ist eben nicht rosarot und damit können und sollten Kinder auch umgehen.

Bewertung vom 02.09.2020
Omama
Eckhart, Lisa

Omama


sehr gut

Süffisant, sperrig und schräg

Lisa Eckhart ist mir als Kabarettistin durchaus bekannt und ist in meinen Augen oft süffisant, sperrig und schräg. Genauso ist auch dieses Buch!

Es mag für die meisten nicht wirklich erhellend sein, wie und ob sich Klein-Lisa mit ihrem Verdauungstrakt herumschlägt, aber das als Aufhänger zu nehmen, die beiden Omas vorzustellen, nun ja... Das Vorwort zeigt einem eben schon mal, wohin die Reise geht.

Es geht um ihre Oma und ihren Lebensweg seit ihrer Pubertät 1945, ist aber eigentlich eine Ansammlung von Anekdoten und Klischees, die Eckhart erstmal aufstellt, dann genüsslich auseinandernimmt und irgendwie weder bestätigt noch aus der Welt räumt. Ist z. B. wirklich jedes Dorf und dessen Bewohner so einfach in Schubladen zu stecken? Egal. Das Dorf im Buch ist so. Punkt. Es obliegt dem Leser, alles selbst einzuordnen. Lisa ist da keine große Hilfe und will sie auch gar nicht sein.

Es ist wie bei ihren Kabarettprogrammen: Sie laviert sich von Satz zu Satz, um dann doch völlig überraschend zum Punkt - oder besser gesagt zur Pointe zu kommen. Das kann man mögen, muss man aber nicht! Auch nicht die im Verlauf des Buches immer expliziter werdenden Ausdrücke. Ich bin wirklich nicht zart besaitet, aber in meinen Augen hat es das Buch gar nicht nötig, in dieser Weise polarisieren zu müssen.

Insgesamt hat mir das Buch aber gefallen. Frau Eckhart jongliert kunstvoll mit Sprache und macht auch vor österreichischem Dialekt nicht Halt. Man sollte deshalb wach und ausgeschlafen sein, denn nach einem arbeitsreichen Tag, ist dieser Schreibstil wirklich anstrengend. Auch sollte man sich nicht unbedingt an einem roten Faden festhalten wollen, denn es wird meist munter von Anekdote zu Anekdote gesprungen. Und falls man gerade sehr harmoniebedürftig ist, ist es auch nichts für einen, denn a bissl bös' ist es auch. Insgesamt aber 4 Sterne von mir.

Bewertung vom 02.09.2020
Einstein / Mäuseabenteuer Bd.4
Kuhlmann, Torben

Einstein / Mäuseabenteuer Bd.4


ausgezeichnet

Wunderschön illustriert und hinreißend niedlich

Die kleine Maus freut sich schon seit Tagen auf das große Käsefest in Bern und jeden Tag starrt sie gebannt auf die Uhr und reißt Punkt Mitternacht ein weiteres Blatt vom Kalender ab.

Endlich ist es soweit und sie kann sich auf die große Reise machen, doch zu ihrer großen Überraschung kommt sie einen ganzen Tag zu spät und der Traum von den köstlichsten Käsesorten aus aller Herren Länder ist geplatzt. Da muss doch bei ihrer Zeitrechnung irgendetwas schief gelaufen sein...

Keine Frage: Die kleine Maus gibt nicht auf und will die Zeit um einen Tag zurückdrehen, doch wie lässt es sich nur anstellen? Wenn Einstein schon wusste, dass Zeit relativ ist, wird es doch wohl möglich sein, das Käsefest doch noch zu besuchen...

Das Buch ist einfach wunderschön illustriert! Ganz tolle Zeichnungen laden zum Entdecken ein, denn es gibt großartige Details, liebevolle Hinweise und die Maus ist per se hinreißend niedlich! Die Geschichte scheint Mitte der 1980er zu spielen.

Der Ideenreichtum ist bezaubernd: Ob es die Uhrmachermaus ist, die an ihrer kleinen Werkbank werkelt, die Zeitmaschine, die die Maus aus einem Wecker bastelt und die Zeitreise an sich - auch großen Leuten macht es hier Spaß, in die Geschichte einzutauchen, da sie auch ein kleines selbstkonsistentes Universum aufbaut.

Die Geschichte ist kindgerecht geschrieben und lädt zu einem Vorleseabenteuer ein. Leuchtende Kinderaugen sind garantiert!

Bewertung vom 21.08.2020
Wie man 13 wird und zum Superhelden mutiert / Wie man 13 wird... Bd.4
Johnson, Pete

Wie man 13 wird und zum Superhelden mutiert / Wie man 13 wird... Bd.4


ausgezeichnet

Wirklich spannend geschrieben

Schon der Prolog zieht einen in seinen Bann, denn Tallulah, die Freundin von Markus, ist auch die Erzählerin und richtet das Wort direkt an die jungen Leser. Aus einer schier ausweglosen Situation heraus schildert sie, was bis dahin passiert ist.

Sie, Markus und Cyril sind Vampirjäger, die die bösen Vampire jagen. Gute Vampire gibt es natürlich auch und Markus ist einer davon. Zumindest ein Halbvampir.

Tallulah war seit ihrem letzten gemeinsamen Abenteuer ziemlich krank und musste ein paar Monate in einem Sanatorium verbringen. Nach ihrer Rückkehr muss sie feststellen, dass Markus wegen eines Unfalls sein Gedächtnis des letzten halben Jahres verloren hat und sich nicht mehr an ihre Freundschaft erinnern kann.

Kurz darauf besucht sie den kleinen Horrorladen, der in ihrem Nest aufgemacht hat und fühlt sich direkt wie zu Hause. Tallulah findet Vampire nämlich faszinierend - natürlich nur die Guten! Sie fasst den Entschluss, Markus' Gedächtnis ganz sanft anzustupsen. Als sie nachts eine finstere Gestalt vor Markus' Fenster sieht, muss sie schnell handeln, denn es scheint absolut logisch, dass die bösen Vampire den Autounfall verursacht haben, der Markus das Gedächtnis gekostet hat, um die drei Vampirjäger aufzuhalten.

Die Geschichte ist wirklich richtig spannend und flüssig geschrieben. Kleine Illustrationen lockern das Buch etwas auf. Tallulah ist mir sympathisch, da sie einfach anders ist. Sie hält sich selbst für ein Freak und das schwarze Schaf der Familie, aber meines Erachtens schlägt sie sich hervorragend und schwimmt lediglich gegen den Strom. Bei aller Spannung werden auch andere Themen, die junge Leute bewegen, thematisiert. Erste Liebe, Eifersucht und auch Minderwertigkeitskomplexe beschäftigen unsere Protagonisten. Das alles verpackt in einem mitreißenden Abenteuer, das ich für Leser zwischen 11 und 15 empfehlen würde.

Bewertung vom 21.08.2020
Im nächsten Leben wird alles besser
Rath, Hans

Im nächsten Leben wird alles besser


ausgezeichnet

Humorvolle Zukunftsvision mit gewissem Ernst

Arnold ist 53 und ist seit 25 Jahren verheiratet. In seine Ehe hat sich eine gewisse Trägheit geschlichen und er ist auch unzufrieden mit sich selbst und der Welt. Er fühlt sich alt und irgendwie perspektivlos. Er steckt in einer klassischen Sinnkrise und geht mit seiner schlechten Laune seiner Frau und seinen Freunden mächtig auf den Keks.

Da trifft es sich gut, dass er eines morgens 25 Jahre in der Zukunft erwacht. Ihm völlig abstrus erscheinende Dinge sind Normalität und sein Assistent Gustav versucht ihm die Welt zu erklären. Gustav ist zwar eine KI, aber menschlicher als manch andere Charaktere, die in der Zukunft noch auftauchen.

Der Schreibstil ist locker und witzig, auch wenn das Buch auch ernstere Thematiken wie den Klimawandel und die Überalterung behandelt. Witzig sind die Dialoge zwischen Arnold und Gustav, die sich gegenseitig die Bälle zuspielen. Zum Nachdenken angeregt haben mich die völlige Digitalisierung und die Folgen, die damit einhergehen. "Times Beach" finde ich z. B. einerseits reizvoll, andererseits gruselig...

Einige Zukunftsaussichten klingen natürlich utopisch, wie z. B. sich selbst vortäuschende Fenster, aber mal ehrlich: Wer hätte 1995 gedacht, dass die Menschheit mit kleinen Taschencomputern, mit denen man sogar telefonieren kann, per Internet miteinander verbunden ist? Dass man riesengroße Fernseher wie Bilderrahmen an der Wand aufhängt und damit ganze Serienstaffeln per Streaming bingen kann?

Ich habe Hans Rath's humorvolle Zukunftsvision gerne gelesen! Danke für die Schmunzler und auch die nachdenklichen Aspekte!

Bewertung vom 21.08.2020
Immernacht
MacKenzie, Ross

Immernacht


sehr gut

Düstere Welt

Lara und andere Kinder der Stadt verdienen sich durch "toshen" etwas dazu. Sie suchen in Abwasserkanälen und Tunneln nach verlorengegangen Dingen, die noch etwas wert sein könnten. Eigentlich sind die Kanäle in verschiedene Hoheitsgebiete eingeteilt, aber natürlich werden rivalisierende Gangs dabei auch übergriffig.

So findet sich Lara zusammen mit Joe, dem sie bei so einem Übergriff helfen wollte, in einer ausweglosen Situation wieder, bei der ihr unerwartet ihr hölzernes Medaillon hilft.

Währenddessen vollzieht Mrs Hester, die Magierin des Königs, einen recht eigenwilligen Verjüngungszauber, der wirklich gruselig beschrieben wird. So ähnlich habe ich das zwar schonmal in einem Film gesehen, aber das tat der Spannung keinen Abbruch. Mrs Hester verliert langsam ihre Macht über die Weißen Magier, die sie befehligt. Das darf der König natürlich nicht erfahren, da sie ihre Position verlieren könnte, aber sie hat sowieso Größeres vor...

Das Holzkästchen, das Lara gefunden hat, ruft ziemlich schnell einen Dschinn auf den Plan. Dass Dschinns eigentlich nicht die gutmütigen Geister sind, als die sie oft dargestellt werden, ist jedem Fantasyfan bekannt. Er will um jeden Preis seine Freiheit wieder und nur Lara scheint ihm dabei noch im Weg zu stehen, denn Mrs Hester will das Kästchen und damit die "Immernacht" heraufbeschwören...

Der Autor hat eine ganz besonders düstere Welt geschaffen und der Schreibstil ist einprägsam und bildhaft. Es prasseln so einige Figuren und Gegebenheiten auf einen ein und es kommt mir alles wie eine große Einführung vor. Die Geschichte ist im Prinzip abgeschlossen, bietet aber wahrlich genug Raum für Fortsetzungen.

Bewertung vom 07.07.2020
Ozelot und Friesennerz
Matthiessen, Susanne

Ozelot und Friesennerz


sehr gut

Lakonisch und skurril

Rein vom Cover und Klappentext her, habe ich etwas anderes erwartet. Dass es aber relativ skurril und auch humorvoll zugeht, gefällt mir gut.

Im Prinzip geht es um eine Familie, die dem damals angesehenen Pelzhandwerk entspringt und um die Anfänge des Tourismus auf Sylt. In den 60er/70ern ging es aber bei Weitem nicht so glamourös zu wie heute. Damals fielen die Touristen zwar auch in Scharen ein, wohnten aber oft direkt bei den Inselbewohnern, die für die Zeit der Saison ihre Schlafzimmer räumten. 15 Mark pro Nase inklusive Frühstück war Usus.

Die Familien wohnten dann zwar sehr beengt zusammen, es entstanden aber auch Freundschaften. Freundschaften, die so weit gingen, dass man sogar Babys verlieh, damit die Gastfamilie mal testen konnte, wie das so ist, wenn man ein Kind hat. Das wurde eher pragmatisch gesehen, denn damit hatte man sein Kind erstmal von der Backe und man konnte sich den Haushaltspflichten, der kulinarischen Versorgung der Gäste und dem eigentlichen Hauptberuf widmen.

Das Experiment lief dann allerdings etwas aus dem Ruder und auch sonst blieb die Familie nicht vor schrägen Unfällen verschont, aber das ist hübsch trocken und lakonisch verpackt. Mir gefällt dieser Stil sehr gut, auch wenn wirklich viel über Pelze und deren Herstellung berichtet wird.

Als Pelze in Verruf gerieten, schwammen der Familie sprichwörtlich alle Felle weg. Die leichte Verbitterung der Autorin darüber, die ich herauszulesen meine, kann ich durchaus nachvollziehen. Auch geht sie im Nach- und Vorwort durchaus kritisch mit dem Ausverkauf der Insel ins Gericht. Trotzdem ist und bleibt das Buch eine schöne, skurrile und auch erheiternde Sammlung von Anekdoten aus ihrem Leben und der Insel vor allem in den 60er/70er Jahren.