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Fornika
Buchflüsterer: 

Bewertungen

Insgesamt 378 Bewertungen
Bewertung vom 08.10.2023
Ich, Sperling
Hynes, James

Ich, Sperling


sehr gut

„…wie ein Vogel in einen Käfig. Ein Funke, eingebettet in einen Körper, der für andere bestimmt ist.“
In Carthago Nova lebt ein namenloser Junge, der Einfachheit halber Pusus genannt. Er lebt in einem der letzten Bordelle der Stadt, wo er als Sklave zum lebenden Inventar gehört und auch so behandelt wird. Er erzählt seine Geschichte aus der Retrospektive, man weiß also als Leser schnell wie es für ihn endet. Trotzdem leidet und fiebert man nicht weniger mit, denn er erzählt so mitreißend wie tragisch aus seiner Kindheit und Jugend. Immer wieder spricht Pusus den Leser direkt an, was das Geschehen noch unmittelbarer macht. Sein Leben ist hart, er muss schwer arbeiten, wird misshandelt und schließlich zur Prostitution gezwungen. Doch erfährt er so etwas wie familiären Zusammenhalt unter den Wölfinnen, die ihm so etwas Nähe schenken. Hynes gibt einen großartigen Einblick in das Leben eines Sklaven in der damaligen Zeit. Auch der ganz normale Alltag, der Aufbau der Stadt wird sehr bildlich beschrieben, man erfährt so wie nebenbei Einiges. Ich mochte den Erzählstil sehr, er wirkt trotz all der Gräuel immer etwas kindlich und naiv, so wie Pusus eben ist. „Ich, Sperling“ ist keine leichte Geschichte, das Geschehen immer wieder grausam, z.T. auch pornografisch; das passt zu Pusus‘ Leben, schließlich wird auch bei ihm keine Rücksicht auf sein Alter genommen, trotzdem könnte es für manchen Leser vielleicht zu heftig sein. Ich mochte Hynes‘ Roman in all ihren Facetten, einzig das Ende kam mir zu abrupt, sodass die eigentlich runde Geschichte eine kleine Delle bekam. Ein mitreißender, informativer, aber auch bedrückender Roman, den ich gerne weiterempfehle.

Bewertung vom 23.09.2023
Das Glück der Geschichtensammlerin
Page, Sally

Das Glück der Geschichtensammlerin


sehr gut

Janice trifft in ihrem Job als Putzfrau ganz unterschiedliche Menschen, die ihr nicht nur ihren Hausschlüssel, sondern auch ihre Geheimnisse anvertrauen. Diese Geschichten sammelt sie, denkt immer wieder gerne darüber nach und stellt so ihre eigene, gar nicht so uninteressante Geschichte unter den Scheffel. Bis ihre neue Kundin Mrs B diese Geschichte ans Licht bringen will.
Sally Page erzählt ihre Geschichte in einem sehr lockeren und leichten Stil; ein gewisser Witz schwingt immer mit, auch absurdere Szenen werden gut rübergebracht ohne gestellt zu wirken. Janice scheint auf den ersten Blick eine ganz normale Frau zu sein, sie hat ihr Herz am rechten Fleck, ganz normale Probleme und einen Job, der sie mal mehr und mal weniger erfüllt. Ich fand sie sympathisch. Auch die anderen Figuren wirken nicht völlig abgehoben, jeder kann sich sicherlich irgendwo wiederfinden. Es macht Spaß ihre unterschiedlichen Geschichten zu entdecken, die mal außergewöhnlich und mal ganz alltäglich sind. Die Autorin schafft es trotzdem diesen etwas Besonderes abzugewinnen, ein wirklich großer Pluspunkt. Das Buch trifft nicht unbedingt mein übliches Beuteschema, trotzdem habe ich es gerne gelesen. „Das Glück der Geschichtensammlerin“ ist ein gut gemachter Feel-Good-Roman, der trotzdem auch mal ernstere Töne anklingen lässt; eine schöne Mischung.

Bewertung vom 23.09.2023
Weil da war etwas im Wasser
Kieser, Luca

Weil da war etwas im Wasser


gut

Tief unten im Wasser lebt ein Kalmar in der Dunkelheit. Zwei Tentakeln, drei Herzen und acht Arme. Acht Arme, die alle eine Geschichte erzählen können von Menschen, Tiefseekabeln, anderen Ungeheuern. Von der Zeit. Auf dem Wasser treibt ein großer Trawler, darauf Praktikantin Sanja Sanz, die ebenfalls eine Geschichte zu erzählen hat. Eine, die noch stärker mit dem Meer verbunden ist als sie denkt.
Die Idee aus der Sicht eines Kalmars oder besser gesagt aus Sicht seiner Arme zu erzählen fand ich sehr ambitioniert und außergewöhnlich, und war dann von der Umsetzung aber umso schneller überzeugt. Die Darstellung, das „Innenleben“ des Kalmars hat mir wahnsinnig gut gefallen; nicht vermenschlicht, aber doch auch emotionsgeladen. Sprachlich ruhig, fast schon poetisch zwischenzeitlich, und doch lässt sich erstaunlich viel auch über die Tiere lernen. Nicht zuletzt dadurch, dass sich die Arme zusätzlich zum eigenen Text auch noch in Fußnoten untereinander ins Wort fallen, was die Handlung auflockert und bereichert, ab und an aber auch verwirrt.
Die Erzählstränge rund um Kalmar sowie Familie Sanz & Co greifen anfangs gut ineinander, zumindest über weite Teile der Handlung; erst gegen Ende wirken die einzelnen Figuren eher abgearbeitet als zu einem passenden Ende erzählt. Das Ende bleibt etwas unbefriedigend und nicht ganz rund. Mich lässt der Roman zwiegespalten zurück. In der ersten Hälfte war ich sehr angetan, sowohl vom Inhalt wie auch vom ungewöhnlichen Aufbau der Geschichte. Doch irgendwann verliert sich die Handlung in ihren Erzählsträngen, was in einem Einschub gipfelt, der wirkt als wäre er mal eben für die anscheinend nötige Provokation des Lesers eingebastelt worden. Für mich hätte der Roman im Stile der ersten Hälfte weitergehen dürfen, denn später war es für mich dann doch zu wenig Kalmar und zu viel Kunstroman.

Bewertung vom 13.09.2023
Der Totengräber und der Mord in der Krypta / Inspektor Leopold von Herzfeldt Bd.3
Pötzsch, Oliver

Der Totengräber und der Mord in der Krypta / Inspektor Leopold von Herzfeldt Bd.3


ausgezeichnet

In der Gruft unterm Stephansdom lässt sich bei den nicht ganz so offiziellen Führungen gut gruseln. Manchmal auch zu gut, denn die Führungsgruppe entdeckt eine waschechte Leiche. Leopold von Herzfeldt wird mit dem prekären Fall betraut, denn bei dem Toten handelt es sich nicht nur um einen guten Freund seines Vorgesetzten, sondern er hat sich zudem bei den Spiritismusanhängern Feinde gemacht. Bei der Suche nach den Hintergründen ist natürlich auch wieder Totengräber Rothmayer von der Partie, denn niemand kennt die Toten Wiens so gut wie er.

Dieser dritte Band der Reihe ist wirklich ein Krimihighlight. Man muss die vorherigen Bände nicht zwingend gelesen haben (auch wenn die ebenfalls sehr empfehlenswert sind), um zusammen mit Julia, Leo und Augustin auf Verbrecherjagd gehen zu können. Die führt die drei in die wirklich obskuren Kreise der Geisterbeschwörer, Glaube trifft auf Wissenschaft, auch auf fragwürdige Pseudowissenschaften. Dem Autor gelingt es ganz hervorragend Hintergrundwissen zu vermitteln und ebenso aufzuzeigen, warum es doch gelang, so viele Leute davon zu überzeugen. Die Figuren spielen wieder gut zusammen; die kleinen Reibereien in der Beziehung Julia/Leo werden fortgeführt, nehmen aber nicht zu viel Raum ein. Heimlicher Star ist natürlich der Totengräber, der mit seiner ruhigen und gewissenhaften Art wieder überzeugt. Auch seine Ziehtochter Anna hat mir in ihrer Rolle wieder super gefallen. Ergänzt wird der gesetzte Cast durch einen berühmten Überraschungsgast, der sich ganz hervorragend einfügt. Auch sonst überzeugt der Autor wieder mit unerwarteten Entwicklungen, weiß hervorragend Spannung aufzubauen und trotzdem bleibt genug Zeit um ein sehr lebendiges Bild der Stadt aus dem Jahre 1895 zu zeichnen. Ergänzt wird die Handlung durch die bereits bekannten Auszüge aus dem neuesten wissenschaftlichen Werk aus der Feder des Totengräbers. All das passt wunderbar zusammen und ergibt so einen sehr spannenden, lebendigen historischen Krimi, den ich wirklich kaum aus der Hand legen konnte. Für mich der bisher beste Teil der Reihe.

Bewertung vom 30.08.2023
Oracle
Poznanski, Ursula

Oracle


sehr gut

Julian hatte lange Jahre gebraucht bis er sich dank Therapie wie ein normaler Jugendlicher und nicht wie ein Freak fühlt. Jetzt wagt er den Sprung und zieht in die erste eigene Bleibe im Studentenwohnheim. Doch der Neuanfang droht zu scheitern, denn bei einem Klassentreffen findet er heraus, dass die früheren Visionen nicht nur echt waren, sondern einen schockierenden Auslöser haben müssen.

Poznanski schreibt seit Jahren erfolgreiche Jugendthriller, bisher kannte ich aber noch keines ihrer Bücher. Oracle zeigt dem Leser aber deutlich warum die Bücher der Autorin so beliebt sind. Oracle ist ein spannender, kurzweiliger und trotzdem nicht oberflächlicher Thriller, der mir wirklich Spaß gemacht hat. Julian ist als Hauptfigur gut gelungen, glaubhaft wird nicht nur seine anfängliche Einsamkeit, sondern auch seine Probleme mit „normalem“ sozialen Umgang geschildert, hat er doch lange Jahre eher isoliert gelebt. Sein Zimmergenosse Robin gefiel mir gut, ab und an wirkte er etwas gestellt cool und anders, aber das lässt sich bei einem Jugendbuch vielleicht verschmerzen. Auch wenn die Handlung schon mal beängstigend und düster wirkt, ist sie doch ganz klar für jüngere Leser geschrieben und überschreitet gewisse Grenzen nicht; dem ein oder andere erwachsenen Leser fehlt vermutlich ab und an etwas Thrill (mir auch), aber da muss man sich sicherlich ebenfalls noch einmal die Zielgruppe vor Augen halten. Der Erzählstil ist flüssig und abwechslungsreich, sowohl Gefühlsleben als auch actionreiche Szenen wirken lebendig. Die Auflösung fand ich dann nicht ganz so gut ausgearbeitet wie die vorherige Handlung, insgesamt ist die Geschichte aber schon rund.

Bewertung vom 13.08.2023
Die letzte Nacht / Georgia Bd.11
Slaughter, Karin

Die letzte Nacht / Georgia Bd.11


sehr gut

Eine einzige Nacht kann so viel verändern, das weiß Sara Linton aus eigener schmerzhafter Erfahrung. Sie wurde brutal vergewaltigt, und noch Jahre später prägt sie diese Tat, auch wenn sie nicht mehr ihr ganzes Dasein bestimmt. Doch der Fall einer jungen Frau lässt alles wieder hochkochen und säht Zweifel: sind alle Zusammenhänge damals richtig aufgeklärt worden? Saras Verlobter Will schaltet sich in die Ermittlungen ein und versucht Licht ins Dunkel zu bringen.
Slaughter schreibt auf gewohntem Niveau und hat wieder einen spannenden und mitreißenden Thriller abgeliefert. Ich habe nicht alle Vorgänger gelesen (immerhin ist Die letzte Nacht schon Band 11 der Reihe), trotzdem kann man die Handlung ohne Probleme nachvollziehen. Saras Vergangenheit spielt eine große Rolle, doch vieles wird erst nach und nach bekannt und so kommt man auch als Reihenneuling auf seine Kosten. Sara, Will und dessen Partnerin Faith bilden ein interessantes Trio, das gut harmoniert, sich aber auch einmal aneinander reibt. Ihre Ermittlungsansätze sind völlig unterschiedlich, ebenso wie ihre Ziele. Manche Nebenfigur wirkt etwas platt, aber das ist zu verschmerzen. Der Schreibstil liest sich sehr angenehm und flüssig, die Handlung ist abwechslungsreich, stellenweise sehr beklemmend und auch brutal. Die Autorin schreibt nicht unnötig blutrünstig, aber sie beschönigt die Taten auch nicht. „Die letzte Nacht“ ist ein runder, spannender Thriller, der wirklich gut zu unterhalten weiß.

Bewertung vom 13.08.2023
Paradise Garden
Fischer, Elena

Paradise Garden


sehr gut

Die Sommerferien werden für Billie zur Geduldsprobe, denn anstatt des heiß ersehnten Urlaubs fällt die ungarische Oma in ihre kleine Wohnung in der Hochhaussiedlung ein. Mutter und Großmutter streiten sich, die Vergangenheit ihrer Mutter bleibt immer noch unklar, ebenso wie die Frage nach Billies Vater. Der hat in ihrem Leben noch nie eine Rolle gespielt, doch jetzt braucht sie ihn schneller als ihr lieb ist.
Billies Mutter Marika verwandelt mit ihrer spritzigen und kreativen Art das Leben an der Armutsgrenze in ein Abenteuer. Sie ist eine tolle Frau, auch wenn sie ihre Fehler hat und sich mit ihrer sturen Art schon mal unnötig Steine in den Weg zu legen scheint. Auch ihre Tochter mochte ich sehr, sie ist sehr eigenständig, trotzdem natürlich erst 14/15 Jahre alt und somit irgendwo zwischen Kind und Erwachsener. Diese Kluft wird von der Autorin sehr gut dargestellt, Billies Handeln und Denken wirken sehr authentisch. Überhaupt ist die Figurenzeichnung eins der großen Highlights in diesem Roman, denn auch Nebenfiguren sind lebensnah und doch irgendwie besonders. Die Geschichte ist eine gelungene Mischung aus Coming-of-Age und Roadtrip, immer wieder werden dabei aber auch sozialkritische Themen angesprochen. Elena Fischer schafft das Zusammenspiel scheinbar mühelos und erzählt zudem in einem leichten Stil, der Spaß macht.
Billies Geschichte endet für meinen Geschmack etwas zu abrupt, auch wenn im Großen und Ganzen natürlich die Handlung abgeschlossen ist. Bis auf Kleinigkeiten hat mir dieser Roman sehr gut gefallen, man darf auf weitere Bücher der Autorin gespannt sein.

Bewertung vom 30.07.2023
Sekunden der Gnade
Lehane, Dennis

Sekunden der Gnade


sehr gut

Eigentlich hat Mary Pat schon genug Probleme am Hals: das Gas ist abgedreht, der Strom geht oder geht nicht, sie ackert sich krumm ohne jemals auf einen grünen Zweig zu kommen; und da ist noch die kleine Tatsache, an der sich die ganze Stadt aufreibt: weiße Schüler sollen auf schwarze Schulen gehen und umgekehrt. Doch all das gerät in Vergessenheit als ihre Tochter Jules nicht mehr nach Hause kommt. Sie hofft auf die Mithilfe ihrer Nachbarschaft, die sich sonst durch ihren starken Zusammenhalt auszeichnet; doch schnell wird klar, dass niemand ihr helfen will, und so macht sie sich letztendlich alleine auf die Suche.
Lehane fängt in seinem Roman die in mehr als einer Hinsicht aufgeheizte Stimmung des Bostons von `74 ein. Der Alltagsrassismus treibt z.T. abstruse Blüten, auf beiden Seiten. Zusätzlich wird die Stimmung von Meinungsmachern künstlich angestachelt. Der Autor gibt den Mikrokosmus der Gemeinschaft in Southie sehr lebensecht wieder. Die Nachbarschaft ist schon eine ganz besondere: man kümmert sich umeinander, man passt aufeinander auf, aber es müssen sich schon alle an die ganz eigenen Regeln halten, sonst drohen Konsequenzen. Wer durch das Raster fällt, kämpft ganz alleine auf verlorenem Posten. Diese Verzweiflung und auch Hoffnungslosigkeit verkörpert Mary Pat sehr plastisch. Sie ist eine sehr starke Frau, auch wenn sie zunächst unscheinbar wirkt. Ihre Figur bei ihrer Entwicklung zu beobachten, war wirklich interessant. Die Handlung ist naturgemäß schon mal brutal und schonungslos, der Autor lässt trotzdem auch genug Zeit zum Nachdenken.
Sekunden der Gnade ist ein spannender, aber auch sozialkritischer Roman, der den Fokus auf eine wirklich außergewöhnliche Zeit legt und dabei doch zu unterhalten weiß. Mir hat er gut gefallen.

Bewertung vom 29.07.2023
Refugium / Stormland Bd.1
Lindqvist, John Ajvide

Refugium / Stormland Bd.1


sehr gut

Eigentlich hat Schriftstellerin Julia nur noch mit fiktiven Verbrechen zu tun seit sie ihre Karriere bei der Polizei gegen die am heimischen Schreibtisch ausgetauscht hat. Doch das Mittsommerfest wird für sie unversehens zu einer Rückkehr in den alten Job, denn sie muss hilflos die Ermordung ihres Jugendfreundes mitansehen. Dessen Festgesellschaft wird regelrecht von einem Kugelhagel niedergemäht, und natürlich muss Julia herausfinden warum. An ihrer Seite weiß sie den jüngeren Hacker Kim, der nicht nur mit seiner Vergangenheit kämpft, sondern ebenfalls alles daran setzt die Morde aufzuklären.

Refugium ist der erste Teil einer Trilogie, und dieser Band legt schon mal sehr ordentlich vor. Die Geschichte liest sich sehr spannend und flott, nicht zuletzt auch dank der z.T. recht kurzen Kapitel. Lindqvist schafft es trotzdem komplexere Sachverhalte oder auch heiklere Themen wie Kindesmissbrauch einzubetten, ohne dass diese zu oberflächlich abgehandelt werden, noch dass deswegen das Tempo verlangsamt wird. Mir hat sein Stil gut gefallen, der nicht ganz so nüchtern wie bei anderen nordischen Autoren daherkommt. Das ungleiche Duo Julia/Kim ist interessant, auch wenn Kim für mich manchmal zu gekünstelt „anders“ erscheint. Trotzdem ist er eine Figur, über die es sicherlich genug für zwei Folgebände zu erzählen gibt. Er ergänzt Julia gut, die trotz ihres Berufes eher auch schon mal etwas brav-bieder wirkt. Die Entwicklung des Falles gelingt sicher, Spannung ist eigentlich immer da und die Handlung wird zu einem schlüssigen Ende zusammengeführt. Insgesamt hat mir Refugium wirklich gut gefallen und so werde ich mir den Folgeband sicherlich auch ansehen.

Bewertung vom 16.07.2023
Die Einladung
Cline, Emma

Die Einladung


gut

Die 22-jährige Alex bestreitet ihren Lebensunterhalt damit, sich von älteren gut situierten Männern aushalten zu lassen. Einen Namen gibt sie diesem „Job“ nicht, doch der Deal ist immer klar. Gefallen um jeden Preis, bei Nichtgefallen droht ein Zurück in den grauen Alltag. Genau das passiert Alex kurz vor der großen Party, welche ihr Partner Simon immer zum Sommerende in den Hamptons veranstaltet. Doch wer sagt denn, dass sie wirklich in die Stadt zurück muss? Ein Versteckspiel im grellen Sonnenschein beginnt.
Emma Cline hatte mich mit ihrem Debüt The Girls absolut überzeugt, dementsprechend waren auch meine Erwartungen an Die Einladung. Leider konnten diese nicht ganz erfüllt werden; auch wenn mir der Roman in großen Teilen ganz gut gefallen hat, konnte er mich nicht richtig packen.
Die Welt der Reichen und Schönen wird als eine sehr oberflächliche dargestellt, Image geht über alles, viele Klischees werden bedient. Als Außenstehende kann ich natürlich nicht genau wissen wie es sich in dieser Society so verhält, trotzdem will ich nicht alles glauben was hier suggeriert wird. Alex weiß jede Schwachstelle dieser Gesellschaft zu ihrem Vorteil auszunutzen, die ein oder andere Szene wirkt jedoch unrealistisch. Alex vermeidet allzu viel Selbstreflexion, man merkt ihr aber trotzdem an, dass sie auch innerlich mit dem Rücken zur Wand steht und das eine Art Selbstschutz ist. Diese paar Tage, die man mit ihr verlebt, fühlen sich zwischenzeitlich fast wie ein Überlebenskampf an. Das wird von der Autorin wirklich gekonnt transportiert. Die anderen Figuren im Buch bleiben dagegen leider genauso oberflächlich wie die Welt, in der sie sich bewegen; hier hätte ich mir mehr erhofft. Der Erzählstil ist ruhig und gemächlich, passt sich der trägen Sommerhitze an und lässt sich sehr gut lesen. Trotzdem hat mir am Schluss das gewisse Etwas gefehlt, etwas mehr Tiefgang hätte der Story gut getan.