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ann-marie

Bewertungen

Insgesamt 68 Bewertungen
Bewertung vom 21.04.2024
Schwere Entscheidungen / Blankenese - Zwei Familien Bd.2
Grünig, Michaela

Schwere Entscheidungen / Blankenese - Zwei Familien Bd.2


ausgezeichnet

Leben und Lieben im Zweiten Weltkrieg
Der zweite Band um die Großreederfamilie Casparius ist zum größten Teil der nächsten Generation gewidmet. Wobei mit Sonja, Kurt und Fanni die Teenagerzeit und auch erste Schritte als Erwachsene ab 1939 und somit während der Kriegsjahre, fesselnd, authentisch, spannend, aber auch berührend und ergreifend dargestellt wird.
Sonja, die man mehr und mehr ihre jüdischen Wurzeln spüren lässt und nach kurzfristigem Schulabbruch in der elterlichen Reederei mitarbeitet. Und dabei auf bemerkenswerte Weise erkennen lässt, dass sie nicht nur über einen gesunden Menschenverstand verfügt, sondern auch bereits Weitsicht, Kompromissbereitschaft und eine objektive Einschätzung der teils misslichen Lage der Familienreederei an den Tag legt. Und die für ein großes Opfer bereit ist, um die Reederei vor dem Ruin zu retten. Und doch immer für Anerkennung und Wertschätzung – trotz ihrer geschäftlichen Erfolge – kämpfen muss bzw. unter der Nichtanerkennung sehr leidet.
Kurt, der sich praktisch in letzter Minute ebenfalls für die Teilnahme an einem Transport jüdischer Kinder nach England entscheidet, sich dort dann schweren Herzens von seinem Cousin Max, Zwillingsbruder von Sonja trennt und auf sich allein gestellt in einem fremden Land ums nackte Überleben kämpfen muss. Mehr zufällig wird er zu einem englischen Kampfpiloten ausgebildet und muss den Aufträgen gemäß sein Heimatland angreifen – eine für mich hervorragend gestaltete Charaktere, der die Autorin tief ins Herz schauen lässt und deren Gedankengänge sehr ergreifend und doch auch überzeugend und nachvollziehbar dargestellt werden.
Fanni, die sich endlich am Ziel ihrer heimlichen Träume, eine Heirat und Ehe mit ihrem bereits aus Kindertagen geliebten Otto Casparius wähnt. Und die im Laufe der Zeit dann feststellen muss, dass sich das gemeinsame Leben ganz anders entwickelt als geplant.
Zunächst aufgeteilt in zwei Erzählstränge, Sonja und Fanni in Deutschland sowie Kurt in England, nimmt der Roman bereits von der ersten Seite an Fahrt auf. Beide sehr intensiv recherchiert, einfühlsam und mit großem Sachverstand in einem sehr leichten und flüssigen und doch auch sehr fesselndem Schreibstil zu Papier gebracht. Dabei hat mich persönlich gerade Kurts Geschichte, vor allem aber auch die dadurch möglichen und überzeugenden Einblicke in ein anderes am zweiten Weltkrieg beteiligtes Land, sofort in seinen Bann gezogen.
Und für mich ebenfalls sehr bemerkenswert die Aufbereitung und Darstellung von Heranwachsenden in den Kriegsjahren. Dazu zählt beispielsweise die erste Liebe mit den sagenumwobenen Schmetterlingen im Bauch, die Hoffnung als Tochter auf Anerkennung, Wertschätzung und vor allem auch Liebe und mit dem Gefühl leben zu müssen, „nur“ ein Mädchen bzw. eine junge Frau zu sein.
Und dabei immer wieder hautnah den Kriegsalltag mitzuerleben. Flüssig und passgenau in das aktuelle Romangeschehen eingearbeitet entfaltet sich das ganze Leid dieser Zeit auf eine ganz andere und auch bedrückende Weise. Die Kriegszeit wird „lebendig“ und mehr als einmal wird die Hoffnung, dass doch noch alles gut wird, leider enttäuscht. Aber solche Entwicklungen gehörten zum damalige Alltag und dürfen und können in diesem Roman einfach nicht fehlen. Wird unzweifelhaft eine beklemmende und nachwirkende Authentizität erzeigt.
Ein erneut phantastischer Roman und die Spannung auf den dritten und letzten Band steigt.

Bewertung vom 10.03.2024
Geteilte Träume / Kinderklinik Weißensee Bd. 4
Blum, Antonia

Geteilte Träume / Kinderklinik Weißensee Bd. 4


ausgezeichnet

Schwierige perUnd erneut kann ich zurückkehren in die mir aus den drei vorhergehenden Bänden ans Herz gewachsene Kinderklinik Weißensee. Über viele Jahre konnte ich den persönlichen und auch beruflichen Weg der beiden verwaisten Schwestern Marlene und Emma begleiten, der von Höhen und Tiefen durchzogen war. Nicht nur, wenn es um die persönliche Entwicklung ging, sondern auch durch Vorkriegs- und die gesamte Kriegszeit hindurch.
Nun, im vierten und letzten Band, liegt der Krieg bereits drei Jahre zurück und auch Marlene und Emma müssen sich in der Neuordnung Deutschlands zurechtfinden. Obwohl beide Schwestern mit ihren Familien in Berlin wohnen, droht gerade Marlene durch die Trennung dieser Stadt eine unwiderrufliche Trennung von ihrer Schwester.
Für mich zeichnet sich gerade dieser Band durch eine sehr detailreiche Darstellung der Lebensverhältnisse in Ost- und Westberlin nach der Teilung aus. Konkrete Auswirkungen der sowjetischen Besatzungsmacht werden auf eine sehr gelungene Weise in den Alltag, vor allem aber auch in die schwierige Versorgungslage und Aufgabenerfüllung der Kinderklinik eingebunden. Teilweise bestürzend und berührend und man bewundert vor allem dann Emma, die ihren Platz und Lebenssinn in der Kinderklinik sieht, ihr treu bleibt und immer wieder bemüht ist, den ihr anvertrauten kleinen Patienten zu helfen und zur Heilung beizutragen.
Für mich persönlich ein gelungener Abschlussband und ich kann sehr gut damit leben, dass es keine weiteren Bände mehr geben wird.
Es hat Spaß gemacht, mit den Charaktere von Marlene und Emma mehr als einen Blick gerade in die Anfänge einer Kinderklinik werfen zu können. So manche bekannte Erkrankung und die damaligen Therapien kennenlernen zu können. Aber auch voll Dankbarkeit auf die medizinische Weiterentwicklung zu blicken, mit der inzwischen Leben gerettet werden können, was zur damaligen Zeit schwierig bis fast unmöglich war.
Und über dem ganzen dann auch eine gut recherchierte Berücksichtigung der geschichtlichen und gesellschaftlichen Entwicklungen – wirklich eine wunderbare historische Saga mit einer mir bisher in diesem Umfang noch unbekannten Thematik.
önliche und berufliche Nachkriegsjahre

Bewertung vom 22.02.2024
Hoffnungsschimmern

Hoffnungsschimmern


ausgezeichnet

Hoffnungs- und segensvolle Texte

Bei diesem kleinen handlichen Büchlein stimmt einfach alles: Cover, Titel, Gestaltung und vor allem der Inhalt! Einmal begonnen, mag man es gar nicht mehr aus der Hand legen, bis man auch die letzte Seite gelesen hat.
Mit insgesamt 89 textlichen Impulsen, die aus unterschiedlichen Quellen stammen, eröffnet sich eine sehr abwechslungsreiche Zusammenstellung, die beim Lesen immer wieder mal zum Innehalten und Nachdenken verleiten.

Es gibt auf wenige Zeilen reduzierte Kurzgeschichten, einzelne Liedverse oder Gedichtzeilen bekannter Dichter, wichtige und bedeutungsvolle kurze Bibelzitate oder in der Bibel überlieferte Ereignisse, kurze Alltagsbegebenheiten und vieles mehr.

Darüber hinaus verleiht die unterschiedliche Gestaltung der einzelnen Seiten den jeweiligen Texten noch eine besondere Wirkung. Da gibt es unterschiedliche Schrifttypen, es gibt Seiten in unterschiedlichen Farben, wobei sehr harmonisch aufeinander abgestimmte, zarte Farben gewählt wurden. Teilweise finden sich auch Bilder, in die teilweise Texte eingearbeitet wurden und den Textinhalt sehr treffend abrunden.

Die bei solchen Büchern oft vorhandene Inhaltsangabe findet sich am Ende des Buches. Zudem werden alle Personen, von denen sich Zitate in dem Büchlein finden, namentlich aufgeführt. Da finden sich Namen wie Johann Wolfgang von Goethe, Martin Luther, Christan Morgenstern, Rainer Maria Rilke. Aber auch die Namen von aktuellen Zeitgenossen mit einem kurzen Hinweis auf ihren Tätigkeitsbereich, die mich neugierig gemacht und bewogen haben, mich ein wenig näher mit ihnen und ihren Texten zu beschäftigen.

Für mich ein hoffnungs- und auch segensreiches Büchlein, das ich mir in mehrfacher Ausfertigung zur Weitergabe besorgen werde. Kann es von ganzem Herzen weiterempfehlen!

Bewertung vom 21.02.2024
Wir können unser Glück kaum fassen
Halfmann, Petra

Wir können unser Glück kaum fassen


ausgezeichnet

Lebens- und Glaubensweisheiten: in federleichte Worte verpackt

Angesprochen von dem Titel und einer zum Schmunzeln anregenden kleine Skizze auf dem Cover dieses kleinen handlichen Büchleins fühlte ich mich sofort angesprochen und ein you-tube-Beitrag der Autorin ermöglichte mir einen sehr guten Einblick in ihre Glaubens-Poetrys. Da führte natürlich kein Weg an der in diesem handlichen Buch, in dem insgesamt 29 Gedichte zusammengestellt werden, vorbei.
Jedes Gedicht ist mit einer treffenden Überschrift versehen, die neugierig macht und mit denen man sofort eigene Gedanken und Fragen verknüpft. Mit Hilfe des Inhaltsverzeichnisses kann man sich sofort einen guten Überblick verschaffen, mit welchen Fragen oder Themen sich die einzelnen Gedichte beschäftigen. Da ist es mir sehr schwer gefallen, mich für einzelne zu entscheiden und habe dann einfach eines nach dem anderen gelesen – und konnte einfach nicht mehr aufhören, bis ich auch das letzte Gedicht gelesen hatte.
In vielen Texten habe ich mich selbst wiedergefunden – für mich ein eindeutiges Zeichen dafür, dass die Autorin eigene Erfahrungen und Erkenntnisse auf eine einzigartige Weise in Worte gefasst hat.
Hinzu kommen prägnante Bibelverse, in Handlettering gestaltet, die zwar für eine Unterbrechung der fortlaufenden Gedichte sorgen, aber immer in einem guten und passenden Zusammenhang zu dem vorhergehenden Gedicht oder auch dem dann nachfolgenden Gedicht stehen
Erfüllt von den wunderbaren Texten ist dieses kleine Büchlein inzwischen mein ständiger Begleiter geworden. Weil ich immer wieder aufs Neue die Gedichte auf mich wirken lassen möchte. Und jedes mal aufs Neue von den Texten berührt werden. Keine Gedichte zum Auswendiglernen – sondern Gedichte, die nachwirken, denen man nicht überdrüssig wird und von denen man einfach nicht genug bekommen kann.

Bewertung vom 18.02.2024
Zu neuen Ufern / Das Erbe der Greiffenbergs Bd.2
Schönhoff, Isabell

Zu neuen Ufern / Das Erbe der Greiffenbergs Bd.2


sehr gut

Turbulente Zeiten bei den Greiffenbergs
Mit ein paar Wochen zeitlicher Unterbrechung kann man mit dem nun vorliegenden zweiten Band rund um das traditionsreiche Feinkostunternehmen erneut eintauchen in die ehemals heile Familien- und auch Firmenwelt derer von Greiffenbergs am Chiemsee. Endete der vorhergehende Band regelrecht mit einem Cliffhanger, denn die Urenkelin der Seniorchefin hatte völlig überraschend den nach einem Bootsunglück totgeglaubten Großvater und Firmeninhaber am Seeufer des Chiemsees gesehen zu haben. Doch es sind viele Seiten zu lesen, bis sich das wahre Schicksal von Ludwig Greiffenberg klärt.
Wieder einmal gelingt es der Autorin dank eines sehr leichten und flüssigen Schreibstils ereignisreiche Tage und Wochen zu schildern. Weiterhin von Schicksalsschlägen gebeutelt, trifft es ausgerechnet den Sonnyboy Ferdinand, der nicht nur beruflich, sondern auch privat eine Lebenskurve meistern muss.
Für Pauline, die mehr und mehr verzweifelt um den Fortbestand der Firma und auch mit den Folgen der sabotierten Einführung eines neuen Erfrischungsgetränks kämpfen muss eröffnen sich dank des schikanösen Treibens ausgerechnet ihres Onkels weitere Probleme.
Und auch Therese und Elsa erleben eine unerwartete Überraschung, die insbesondere ein ganz neues Licht auf Thereses und Rudolfs Ehe werfen.
Die Autorin versteht es, alltägliche Probleme und Schwierigkeiten mit einzelnen Protagonisten zu verknüpfen und sie realistisch, und authentisch wiederzugeben. Dabei immer darauf bedacht, Reaktionen und Aktionen mit Gedankengängen zu verknüpfen. Die Protagonisten zielsicher darauf zusteuern zu lassen und ihre Charaktere mehr und mehr menschliche Entwicklungen durchleben zu lassen.
Wichtige Ereignisse und Entwicklungen des ersten Bandes werden sehr geschickt in das aktuelle Geschehen eingeflochten, sodass man auch ohne jegliche Vorkenntnisse die Zusammenhänge erkennt und dem nun darauf aufbauenden Geschehen problemlos folgen kann. Und auch wenn man den ersten Band bereits vor längerer Zeit gelesen hat und einiges wieder in Vergessenheit geraten sein sollte, kann man sich dank der dezenten und hilfreichen Hinweise wieder sehr gut erinnern und auch nicht erwähnte Details tauchen wieder auf.
Auch der zweite Band hat mir sehr gut gefallen, es gab erneut Probleme und Schwierigkeiten, die mich dank den überzeugenden und realistisch gestalteten Protagonisten haben mitfiebern lassen. Und dass trotzdem nicht alles gut wird und auch dieser Band mit weiteren offenen Fragen endet … steigert die Spannung auf den finalen letzten Band, auf den ich schon sehr warte.

Bewertung vom 21.01.2024
Weil du meine Tochter bist
Kelly, Julia

Weil du meine Tochter bist


ausgezeichnet

Die Liebe einer Mutter ist unendlich
Ein mitreißender und ergreifender Roman über Schutzmaßnahmen für Kindern im England des Zweiten Weltkriegs, die mir bisher noch nicht bekannt waren. Bekannt war mir die Evakuierung von deutschen Kindern in andere Länder, um sie vor den Gefahren des Krieges zu schützen bzw. ihr Leben zu retten. Dass es solche Maßnahmen auch in England gab, war für mich völliges Neuland.
Die in einem streng katholischen Elternhaus aufgewachsene knapp 18jährige Viv wird bereits nach wenigen Treffen mit ihrem ersten Freund ungewollt schwanger. Der sich daraus zur damaligen Zeit und gesellschaftlichen erforderlichen Heirat mit dem Vater des Kindes können sich weder Viv noch Joshua entziehen. Doch Joshua stellt in den Augen der alle und alles dominierenden Mutter von Viv auf Grund seiner jüdischen keinen passenden Schwiegersohn dar. Wohlwissend um den Traum des jungen musikalisch sehr talentierten Joshua, nach Amerika zu gehen, reicht der von ihr angebotene Geldbetrag gepaart mit sehr deutlichen Worten aus, dass Joshua dieses Angebot annimmt. Viv bleibt eher "geduldet" mit ihrer kleinen Tochter bei ihren Eltern wohnen, bis sie dem Druck von Familie, Kirche und Nachbarschaft nicht mehr standhält, und sich im Rahmen eines Evakuierungsprogramms von ihrer Tochter trennt. Ihre Hoffnung, dass ihre kleine Tochter Maggie in Sicherheit lebt, wird durch eine Bombe, der auch des Hauses der Pflegeeltern zum Opfer fällt, zerstört.
Die Autorin vermittelt auf eine sehr empathische Weise die Entwicklung der jungen und sich unterordnenden Viv zu einer starken und selbstbewussten jungen Frau, die den Kampf um Selbstbestimmung und Unabhängigkeit aufnimmt und der es gelingt, sich aus den Zwängen von Familie und Gesellschaft zu lösen, ihr Leben frei und unabhängig zu gestalten.
Das gleiche gilt für den von seinem musikalischen Talent vollkommen überzeugten Joshua, den – auch im fernen Amerika – bruchstückhafte Informationen nicht nur über die aktuellen Kriegsereignisse, sondern auch die zunehmende Lebensgefahr für Menschen jüdischer Abstammung erreichen. Seine gedankliche Auseinandersetzung zu diesen Themen und sein Entschluss, sich als Soldat dem zu stellen – auch hier eine überzeugende und nachvollziehende Darstellung.
Und dass es neben der überaus gelungenen Darstellung einer äußerst unsympathischen Mutter, deren ganze Liebe, Fürsorge und auch Angst sich nur um die älteste Tochter Kate und deren Familie dreht, stellen die Eltern und die Schwester von Joshua das genaue Gegenteil dar. Offen für jeden, ohne Ansehen von Herkunft oder Religion, liebevoll und fürsorglich nehmen sie Viv in ihre Familie auf und vermitteln ihr eine herzliche Wärme und Anteilnahme, die mich teilweise zu Tränen rührte. Ganz besonders beim Ausüben der mehrtägigen jüdischen Trauerzeremonie für verstorbene Familienmitglieder. Ohne ihre Enkeltochter Maggie lebend gekannt zu haben, wird sie auf diese Weise als Familienmitglied geehrt und wertgeschätzt.
Sehr geschickt gelingt es der Autorin, einen kleinen Hinweis auf einen möglichen Aufenthaltsort der vermeintlich verstorbenen Maggie in den Handlungsverlauf aufzunehmen und es beginnt ein sehr spannender Romanverlauf, bei dem auch Joshua eine nicht unbedeutende Rolle zufällt.
Das für mich zunächst etwas überraschende Ende, stellt jedoch einen überzeugenden Abschluss dar. Setzt es doch einen nachvollziehbaren Schlussstrich unter die Entwicklung, die Viv und Joshua durchlebt haben und die bei beiden zu Veränderungen in der Lebenseinstellung führten.

Bewertung vom 03.01.2024
Bevor die Welt sich weiterdreht
Brosch, Luca

Bevor die Welt sich weiterdreht


ausgezeichnet

Eine gefährliche Suche nach der verschollenen Tochter

Ein historischer Roman aus der Zeit des Ersten Weltkriegs, für den als Handlungsort die Schweiz gewählt wurde, von der ich sagen muss, dass mir diese im Zusammenhang mit dem damaligen Kriegsgeschehen noch nicht bekannt war. Umso neugieriger war ich auf das, was ich nun neu – wenn auch überwiegend als Fiktion – erfahren durfte.
Die junge Schweizerin Johanna, deren Vater ein Sanatorium in Davos betreibt, entschließt sich, einen ganz persönlichen Beitrag zu den Kriegsereignissen leisten zu wollen und nimmt eine pflegerische Tätigkeit in einem Lazarett auf. Hochschwanger von ihrer im Krieg gefallenen großen Liebe Erich kehrt sie nach Hause zurück – doch ihre Pläne für den weiteren gemeinsamen Lebensweg mit ihrem Kind werden bereits kurz nach ihrer Ankunft zerschlagen: das Kind, ein kleines Mädchen, wird ihr sofort nach der Geburt weggenommen und sie selbst in die Verlobung mit einer gut betuchten wichtigen Persönlichkeit gezwungen, auf dessen finanzielle Unterstützung Johannas Vater für sein angeschlagenes Sanatorium hofft.
Johannas Sehnsucht nach ihrer Tochter ist ungebrochen und so lässt sie sich in einen lebensgefährlichen Handel ein: wird sie zunächst nur als Spionin für Deutschland akquiriert, so sind schon kurze Zeit später auch andere Länder an ihr interessiert. Ein spannendes und auch gefährliches Spiel, bei dem äußerste Vorsicht geboten ist.
Mir gefällt die Verbindung zwischen der nachvollziehbaren und sehr empathisch geschilderten unaufhörlichen Suche der jungen Mutter Johanna nach ihrem Kind, der "kriegsneutralen" Schweiz und einer Spionagetätigkeit, die mit Lebensgefahr verbunden sein kann, sehr gut. Das Abgleiten immer tiefer in die geheimnisvolle, aufregende aber auch lebensbedrohliche Welt der Spionage, noch dazu nicht nur für ein, sondern im Verlauf für mehrere Länder garantiert einen großen Spannungsbogen. Aber immer wieder durchbrochen von der Hoffnung auf ein freies, unbeschwertes, frohes und glückliches Leben mit der Tochter. Dies alles wird spannend, mit sehr viel Gefühl und auf eine leichte und flüssige Weise erzählt. Da hofft und bangt man mit und wünscht sich nichts sehnlicher, als dass Johannas Wege zum erhofften Ziel führen.
Für mich ein sehr interessanter Ausflug in eine mir eher ungewohnte Thematik der Spionage. Aber in Verbindung mit einer ergreifenden und überzeugenden emotionalen Romanhandlung hat mich dieser Roman von Anfang an in seinen Bann gezogen.
Er hat mir sehr, sehr gut gefallen und kann ihn guten Gewissens weiterempfehlen.

Bewertung vom 19.11.2023
Träume aus Licht
Roderick, Isabel

Träume aus Licht


ausgezeichnet

Geheimnisvolle und verschwiegene Familiengeschichte

Ich mag historische Romane über alles, weil ich einfach nicht genug über vergangene Zeiten erfahren kann, die ich – wegen der Natur der Sache – halt nicht miterlebt haben konnte.
Der Titel dieses Romans hat mich unwahrscheinlich neugierig gemacht, konnte ich doch auf den ersten Blick einfach nicht vorstellen, um welche Thematik es sich handeln könnte. Aber Träume, die jeder Mensch hat, noch dazu aus Licht … das klingt doch einfach nur positiv, träumerisch, mystisch, kreativ.
Als ich dann auf der Rückseite den Handlungsort entdeckte, wusste ich, dass ich unbedingt die ganze Geschichte, die sich mir dann auf 430 Seiten eröffnete, kennenlernen wollte. Zumal sich die Romanhandlung über verschiedene Zeitstränge erstreckt, sodass man der Protagonistin aus der Gegenwart immer einen Schritt voraus ist und geradezu darauf hinfiebert, dass sie endlich das Familiengeheimnis aufdecken kann.
Der Roman beginnt mit einem sehr kurzen Prolog über noch nicht einmal 1,5 Seiten und konfrontiert mit einer lebensmüden jungen Frau auf einer Brücke in Berlin im Jahr 1927 – Ergebnis ihrer Verzweiflungstat bleibt jedoch offen. Und schon stellt sich die Frage, was wohl dazu geführt hat, dass diese junge Frau keinen Sinn mehr in ihrem Leben sah – eine Frage bzw. eine Entwicklung, die sich mit Sicherheit auf den nächsten Seiten zeigen wird.
Die Romanhandlung beginnt dann quasi erneut im Jahr 2020, in dem die junge Buchhändlerin Ariane gemeinsam mit ihrer gut 17 Jahre älteren Schwester Silke den körperlichen Zusammenbruch der Großmutter anlässlich deren Geburtstags erlebt. Ariane verbringt nicht nur sehr viel Zeit am Krankenbett ihrer Großmutter, sondern sieht auch immer wieder in deren Haus nach dem Rechten. Mit dem Fund von mehreren großen runden Silberdosen wird dann romanmäßig die Verbindung zu einer jungen Frau namens Eva geknüpft, die man dann Anfang 1920 in Berlin kennenlernt.
Eva, älteste von 4 Schwestern, die mit sehr phantasievollen Geschichten gerne ihre jüngeren Schwestern unterhält, gelingt es eher durch reinen Zufall, in der sich rasend schnell entwickelnden und fortschreitenden Entwicklung des deutschen Films Fuß zu fassen. Dabei berücksichtigt die Autorin auf eine sehr einfühlsame Weise nicht die Stellung von berufstätigen Frauen in der damaligen Zeit, sondern die darüber hinaus gehenden Schwierigkeiten und Besonderheiten für Frauen, wenn sie sich nicht auf die Rolle der "wunderschönen Schauspielerin" reduzieren lassen möchten.
In einem weiteren Erzählstrang lernt man dann Vera, Evas Tochter aus der Ehe mit dem Regisseur und Inhaber eines zunehmend erfolgreicheren Filmstudios Heinrich Lichtenfeld. Vera, ehemals erfolgreiches Model, die einem tragischen Verkehrsunfall zum Opfer fiel, als Ariane erst drei Jahre alt war.
Drei Frauen, drei unterschiedliche Lebenslinien, drei verschiedene Zeitepochen – eine spannende Frage, wie und wo Zusammenhänge bestehen – eine ungemein spannende und ereignisreiche Lesereise.
Wobei ich unbedingt erwähnen muss, dass mich gerade die Erzählstränge mit Eva und ihre Verbundenheit mit dem deutschen Film fast magisch angezogen haben. Einmal, wenn auch nur in Kleinigkeiten, einmal hinter die Kulissen der Filmindustrie der damaligen Zeit blicken zu können. Dabei wurden Erinnerungen an eigene Filmerlebnisse aus der s.g. Stummfilmzeit, allerdings im Fernsehen, in mir geweckt. So treffend skizziert und mit realistischem Romangeschehen belegt – hat mich völlig überzeugt.
Auch die Romanhandlungen, geschickt, zunächst recht langsam und dann mit zunehmend sich steigerndem Tempo, haben mich von Anfang an in ihren Bann gezogen. Vor allem auch, weil die Kreation der Hauptcharaktere mit sehr viel Empathie und Verständnis für die jeweilige Zeitepoche erfolgte. Jede der drei Frauenrollen mitsamt individuellen Charaktereigenschaften, die sich zudem auf Erfahrungen der Kindheit oder auch der Jugendzeit zurückverfolgen lassen, hat mich in ihren Bann gezogen und ließ mich mehr als einmal sehr betroffen und mitfühlend den Kopf schütteln. Bis ich dann mit großer Erleichterung und auch Begeisterung gegen Ende des Buches mit mancher Ungerechtigkeit in meinen Augen versöhnt wurde.
Ein rundum gelungener Roman, den ich sehr gerne weiterempfehlen möchte. Mit sehr interessanten Details aus der beginnenden Filmbranche in Berlin und sehr interessanten, unterschiedlichen und als Gesamtpaket stimmigen und überzeugenden Charaktere – für mich ein absoluter Genuss … dieser hervorragende Roman!

Bewertung vom 13.10.2023
Der Geschmack von Freiheit / Die Glücksfrauen Bd.1
Claire, Anna

Der Geschmack von Freiheit / Die Glücksfrauen Bd.1


ausgezeichnet

Drei Freundinnen, ein Versprechen
Im ersten von insgesamt 3 Romanen über die drei Freundinnen aus Kindertagen Luise, Maria und Anni lernt man dieses harmonische Kleeblatt an einem Wendepunkt ihres Lebens kennen: Berlin im Sommer des Olympiajahres 1936. Auch wenn der Welt ein fröhliches weltoffenes sportliches Großereignis geboten wird, sind bereits Auswirkungen der bald allumfassenden Naziherrschaft zu spüren. Mit unterschiedlichen Auswirkungen auf jede der drei Freundinnen. Luise, gemeinsam mit ihrem Verlobten Richard, ist Mitglied eines Netzwerks, das im Rahmen des politischen Widerstands Flugblätter erstellt und verteilt. Was auf Maria, Jüdin, verheiratet mit einem jüdischen Buchhändler und Mutter von zwei kleinen Kindern in den Folgejahren zukommen wird, kann man sich unschwer vorstellen. Und Anni, liiert mit einem Schulfreund und Gestapo-Mitarbeiter, ist nicht in der Lage oder auch nicht bereit, die herannahende Gefahr vor allem für Maria und ihre Familie zu erkennen.
Durch die Enttarnung der im Untergrund betriebenen Druckerwerkstatt ist Richard auf dem Weg nach Amerika, Luise will und soll ihm folgen. Damit beginnt ein Roman, der auf zwei Zeitebenen erzählt wird. Fast neunzig Jahre nach der Trennung der drei Freundinnen, wird Luises Enkelin June über die Bedingungen des Erbes ihrer verstorbenen Großmutter Luise informiert: es gibt zwei weitere Miterbinnen und sie soll die Freundinnen (oder deren Nachfahren) ihrer Großmutter, Maria und Anni, suchen und die Erbmasse mit ihnen teilen. Eine schon durch Zeitablauf fast unmögliche Aufgabe, doch June stellt sich dieser Herausforderung und entdeckt im Haus ihrer Großmutter einen Karton voller Aufzeichnungen über die ersten Jahre nach Ankunft von Luise in Amerika. Denn Luise ist es gelungen, mit Hilfe der vor ihrer Abreise in die Staaten von Maria und Anni gewährten Kredite den gemeinsamen Traum eines eigenen Restaurants in Amerika zu verwirklichen
Mit Hilfe dieser Aufzeichnungen wird Luises Lebensgeschichte ab 1936 erzählt, im erzählerischen Gegenwartsstrang nimmt man Teil an Junes Recherchen, die ihr so manche überraschenden neuen Kenntnisse über ihre Großmutter vermitteln.
Eine interessante, fesselnde, facettenreiche und auch sehr informative Geschichte, die viele verschiedene Aspekte beinhaltet und miteinander kombiniert. In Kenntnis der politischen und gesellschaftlichen Entwicklung der kommenden Naziherrschaft stellt gerade der unterschiedliche familiäre Hintergrund der drei Freundinnen eine gelungene Ausgangsposition dar und die im ersten Band noch offene Frage nach dem Verbleib von Maria und Anni bietet großen erzählerischen Spielraum.
Darüber hinaus gelingt es der Autorin mit Hilfe der Charaktere von Luise, Einblicke und Eindrücke von deutschen Einwanderern der Kriegsjahre sehr anschaulich und verständlich zu schildern. Die sprachlichen Barrieren, das schwierige, langwierige und belastende Aufnahmeverfahren nach Ankunft in Amerika, das fast aussichtslose Bemühen um Arbeit zur Sicherung des eigenen Lebensunterhalts. Besonders berührt hat mich in diesem Zusammenhang die Apathie von Richard, der, einmal in Amerika angekommen, nicht in der Lage ist, sich den veränderten, neuen Lebensbedingungen anzupassen und sich der Herausforderung zu stellen. Ein verstörender aber durchaus realistischer Eindruck. Ganz im Gegensatz zu Luise, die ihre neue Heimat als Chance sieht und der es dank ihres Pragmatismus, ihrer Kreativität, vor allem aber auch ihrer Bekanntschaft mit anderen ebenfalls ausgewanderten deutschen Frauen gelingt, Fuß zu fassen. Gerade die Charakterisierung dieser deutschen Auswanderinnen, die gegenseitige Unterstützung, Hilfsbereitschaft und der mit einer Auswanderung verbundenen gleichen Ausgangssituation vermitteln eine ganz neue Perspektive und sind überzeugend in das Romangeschehen eingebettet.
Zu den Nachforschungen von June sei anzumerken, dass von der Autorin sehr viele reale Recherchemöglichkeiten Einfluss gefunden haben. Gerade diese Hinweise verleihen dem Roman eine Authentizität und in der heutigen Zeit auch Aktualität, die mir sehr gut gefallen hat.
Zum Schluss noch die Anmerkung, dass mir Cover und auch der Titel, bzw. vielmehr der Untertitel, gerade nach Lektüre des Buches, sehr gut gefallen haben. Zum einen, weil er die Hoffnung weckt, dass die drei Freundinnen tatsächlich Glücksfrauen waren, bzw. glücklicherweise die Naziherrschaft überlebt haben. Und zum anderen, weil die Darstellung gerade von Luise, die den Geschmack von Freiheit gefunden und geliebt hat, sehr gut nachvollziehen kann.
Für mich ein sehr gelungener erster Band, mit unterschiedlichen, individuellen, sorgfältig, authentisch und sehr empathisch gestalteten Charaktere. Zudem mit einer Romanhandlung, die sehr berührend und nachvollziehbar ganz persönliche Probleme und Schwierigkeiten von Auswanderern aufzeigt. Alles in einem leichten, flüssigen und auch spannenden Schreibstil. Bin schon sehr gespannt, ob und wann ich etwas über Maria und Anni erfahren werde und warte bereits sehnsüchtig auf den nächsten Band.

Bewertung vom 08.10.2023
Weltbewegerinnen 2
Filker, Claudia;Specht, Andrea

Weltbewegerinnen 2


ausgezeichnet

Inspirierende und bewegende Kurzbiographien

Im nun erschienenen zweiten Band des Autorinnenduos über Frauen, die mit ihrem Leben und ihrem Tun nicht nur Zeichen setzten, sondern etwas in Bewegung setzten, werden Frauen aus unterschiedlichen Kontinenten und aus verschiedenen zeitlichen Epochen, teilweise aus längst vergangenen Jahrhunderten vorgestellt.
Hatte ich zunächst eine chronologische Abfolge erwartet, so wurden jeweils zwischen 5 und 7 Frauenporträts unter individuellen Überschriften zusammengefasst. So gibt es Porträts, für die beispielsweise der Titel "Engel der Vergessenen", "Unerhört!", "Mehr als "Die Frau von"" oder auch "Mutiger Widerstand" gewählt wurde. Jeweils eine sehr interessante und gelungene Zusammenstellung, wobei mir manche Frau bekannt war, ich andere mit ihrem Leben und Wirken neu kennenlernen konnte.
Für jede Kurzbiographie wurde eine bezeichnende kurze Überschrift gewählt, die bereits neugierig auf den folgenden Text macht. Zudem enthält jedes Porträt ein persönliches und bezeichnendes Zitat der jeweiligen Frau. Auf relativ wenigen Seiten werden die wichtigsten und entscheidenden Eckpunkte ihrer Leben, die dazu führten, "dass die Welt bewegt wurde" aufgezeigt. Zudem enthält jedes Porträt ein Bild der vorgestellten Frau, teil als Photographie, teils als Zeichnung. Dies vor allem der Zeit geschuldet, in der einzelne Frauen lebten. Die letzte Seite jeder Biographie schließt mit einzelnen kleinen und unterschiedlichen Graphiken ab – ein kleines, aber wunderschönes Detail, das ich bewundernd und auch berührend zur Kenntnis genommen habe.
Eine Vielzahl von Frauen, teils aus verschiedenen Jahrhunderten, aus unterschiedlichen gesellschaftlichen Stellungen und Kulturkreisen, mit und ohne Ausbildung – ich war überrascht, wen ich alles entdecken konnte und welche Einblicke mir in ihre Persönlichkeit ermöglicht wurden.
Zudem ein sehr wertiges gebundenes Buch mit einem festen Einband und einem sehr treffenden und bezeichnenden Cover, das lohnt, auf sich wirken zu lassen.
Die in dieser Zusammenstellung enthaltenen Frauenporträts wurden dem alljährlichen Frauen-Taschenkalender der beiden Autorinnen entnommen – nach Lektüre dieses Buches nun ein Grund, mich von diesem Kalender durch das kommende Jahr begleiten zu lassen. Wird doch in diesem Kalender jeden Monat eine Frau porträtiert, die etwas Außergewöhnliches gewagt und erreicht hat.
Abschließend noch der Hinweis: Dieses Buch ist in einem christlichen Verlag erschienen - dass dabei Glaubenserfahrungen der vorgestellten Frauen durchaus Erwähnung finden bzw. erwähnenswert sind, ist zu erwarten. Was ich gerade in dieser Hinsicht über so manche sehr bekannte Frau erfahren habe - das hat mich nicht nur überrascht, sondern auch bewegt.