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Benutzername: 
Hennie
Wohnort: 
Chemnitz

Bewertungen

Insgesamt 263 Bewertungen
Bewertung vom 21.06.2023
Der Bojenmann
Schlenz, Kester;Jepsen, Jan

Der Bojenmann


gut

Der unheimliche Täter, der (zunächst?) nicht zu fassen ist...
„Der Bojenmann“ ist der Startkrimi in eine Reihe zweier Autoren: Kester Schlenz und Jan Jepsen.
Der Handlungsort befindet sich in Hamburg. Die Personen des Teams, angeführt vom Kripochef Thies Knudsen, wurden mit charakterlich authentischen Wesensmerkmalen versehen. Hauptsächlich gefiel mir jedoch sein langjähriger Freund, der alte Lotse Oke Andersen, genannt La Lotse, mit seinen urigen Lebensweisheiten. Er wohnt seit langer Zeit im Hafengebiet und kennt die Gegend wie seine Westentasche.
Der Täter kommt mir mit seiner ausgefallenen Tötungsart sehr überambitioniert vor. Was treibt ihn eigentlich die ganze Zeit an? Warum drapiert er seine Opfer an exponierten Stellen in der Hansestadt? Das war sehr spannend aufgebaut und begeisterte mich zunächst. Den Autoren gelingen interessante Passagen über Themen wie den Klimawandel, seine Folgen auf die Schifffahrt u. a., aber leider finde ich da einige Abschnitte etwas zu lang geraten. Die Spannung lässt nach, das Geschehen verliert sich in Nebensächlichkeiten, um zum Ende hin plötzlich mit Action aufzuwarten.

Das Ende war mir dann zu schnell erzählt und lässt mich unzufrieden zurück. Ist der Fall nun beendet? Wird der raffinierte Irre noch gefasst? Erfahren wir das im nächsten Band? Was ist mit dem entführten Kripobeamten? War das der hilflose Mann im Rollstuhl, der im Museum vom Täter zurückgelassen wird? Mir sind das zu viele Cliffhanger. Ungeklärte Aspekte und ein stellenweise zu ausschweifender Erzählstil, bewegen mich dazu, diesen Krimi mit drei von fünf Sternen zu bewerten. Eventuell ändert sich meine Meinung nach Beendigung der Reihe.

Bewertung vom 08.06.2023
Die einzige Frau im Raum / Starke Frauen im Schatten der Weltgeschichte Bd.4
Benedict, Marie

Die einzige Frau im Raum / Starke Frauen im Schatten der Weltgeschichte Bd.4


gut

Die abgelehnte Erfindung
Hedy Lamarr (geboren als Hedwig Eva Maria Kiesler in Wien - 1914 bis 2000) war eine österreichische Schauspielerin jüdischer Herkunft, die Ende der 1930er Jahre zum Hollywoodstar wurde. Sowohl im Klappentext des Buches als auch bei Wikipedia wird sie als Erfinderin für eine Funksteuerung für Torpedos genannt. Leider spielt das in dem Roman eine verhältnismäßig untergeordnete Rolle trotz der mehrfachen Ankündigungen.

„Die einzige Frau im Raum“ ist der vierte Teil der Buchreihe „Starke Frauen im Schatten der Weltgeschichte“ von Marie Benedict, einer USA-Schriftstellerin (geb. 1973). Obwohl ich dem gefälligen Schreibstil der Autorin gern gefolgt bin, war das interessante Leben der einst schönsten Frau der Welt zu sehr auf ihre erste Ehe mit dem superreichen und mächtigen Waffenfabrikanten Fritz Mandl ausgerichtet. Der erste Teil über den Beginn der Schauspielkarriere und die unselige Zeit mit Mandl wurde zu ausführlich beschrieben und zu wenig auf ihre technische Prägung eingegangen. Für mich kam ihr Erfindergeist wie aus dem Nichts. Der zweite Teil des Buches mit der wissenschaftlichen Arbeit gemeinsam mit dem Komponisten George Antheil wirkt irgendwie gekünstelt, nicht authentisch. Vielleicht liegt das auch daran, dass die Autorin die Geschichte Lamarrs aus der Ich-Perspektive erzählt. Darüber hinaus wird nur über einen kurzen Zeitraum berichtet, der 1933 beginnt und schon 1942 endet.
Bleibt für mich die Frage, warum die Erfindung nicht zur Anwendung kam. Weil sie eine Frau war? Oder gab es doch andere Gründe?

Mich inspirierte der Roman zumindest dazu, mehr über diese selbstbewusste, kluge und mehrfach talentierte Frau zu erfahren.

Meine Bewertung: drei von fünf Sternen.

Bewertung vom 10.05.2023
Handwerkszeug zur RADIKALEN RESIGNATION 2.1 (eBook, ePUB)
Paternoster, Eva

Handwerkszeug zur RADIKALEN RESIGNATION 2.1 (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Nervenschonende und energiesparende Tipps von der Fachfrau
Ehrlich, bevor ich das Buch in der Hand hielt, konnte ich mir unter dem „Handwerkszeug zur Radikalen Resignation" so gar nichts vorstellen! Ich alte Frau war einfach nur neugierig! Nach dem intensiven Studium der kleinen Broschüre kann ich sagen, dass ich sehr beeindruckt bin. Oft entdeckte ich meine eigenen Gedanken, Empfindungen und Überlegungen, die ich mir im Laufe meines Lebens machte, wieder. Ich finde diesen Ratgeber äußerst nützlich für die Selbsttherapie und für die Balance im Leben. Ich wäre froh gewesen, so etwas in meinen jungen Jahren zur Hand gehabt zu haben. Sicher wäre mir das eine oder andere unangenehme Erlebnis erspart geblieben.

Eva Paternoster zeigt anhand einfacher alltäglicher Situationen wie sich jeder Mensch von nervigen Themen ablenken kann, wie negative Energie vermieden werden kann, wie es gelingt negative Emotionen beim Gegenüber zu lassen und vieles mehr. Sie beschreibt leicht verständlich die ABER- Methode, mit der man sich Ärger, Frust und Wut vom Hals hält oder zumindest diese unguten Empfindungen abschwächt. Eine Menge an praktischen Übungen machen deutlich, wie man es erreichen kann, um zur Ruhe zu kommen und eigene Entscheidungen zu treffen.

Mein Motto heißt: "Nicht reinsteigern oder resignieren, sondern handeln! Nicht passiv bleiben, sondern aktiv werden!" Allerdings nur, wenn es sich wirklich lohnt. Ansonsten bleibe ich heute (meistens!) gelassen.

Ich bin gern der Autorin und ihren anschaulichen Erklärungen gefolgt. Da die behandelten Themen jeden Menschen betreffen, kann ich allen diesen Ratgeber empfehlen.

Ich vergebe meine Höchstbewertung!

Anmerkung: Ich habe den Ratgeber als Buch gelesen, nicht als ebook.

Bewertung vom 03.04.2023
Der Morgen / Art Mayer-Serie Bd.1
Raabe, Marc

Der Morgen / Art Mayer-Serie Bd.1


ausgezeichnet

Folgenreiche Geheimnisse

Berlin kurz vor dem G20-Gipfel:
Der Tag beginnt mit einem krassen Ereignis. Im Berliner Berufsverkehr zu morgendlicher Stunde geschieht in unmittelbarer Nähe zur Siegessäule ein Verkehrsunfall. Der Fahrer eines Kleinlasters verschwindet daraufhin im dichten Schneetreiben und lässt auf der Ladefläche eine unbekleidete Tote zurück. Auf ihrem Leib steht rot geschrieben die private Adresse des Bundeskanzlers.
Der berühmt-berüchtigte BKA-Ermittler Artur (genannt Art) Mayer, gerade erst geschasst, wird ganz schnell zurückbeordert und gemeinsam mit der jungen Kommissaranwärterin Nele Tschaikowski mit der Aufklärung betraut. Noch wissen sie nicht, dass alles kein Zufall ist...

„Der Morgen“ ist sehr anschaulich und äußerst spannend geschrieben. Die Charaktere sind wunderbar ausgearbeitet, haben ihre Ecken und Kanten. Sie sind authentisch. d.h. lebendig. Zunächst passt überhaupt nichts zusammen für mein Empfinden. Was haben die Rückblenden mit den Geschehnissen der Gegenwart und dann noch mit dem amtierenden Bundeskanzler zu tun? Es erscheint wie ein riesiges Rätsel. Die Verbindungen zu den Jugendlichen in die Vergangenheit bleiben lange Zeit undurchschaubar. Diese Menge an Geheimnissen! Nach und nach fallen die Ergebnisse der Ermittlungsarbeit und der Intuition von Artur wie Puzzlesteine an die richtigen Stellen. Aber erst gegen Ende der Geschichte ergibt sich der große Zusammenhang.
Art erscheint erst als unnahbar und mürrisch wie ein typischer Einzelgänger. Doch bald beginnt er sich in der Zusammenarbeit mit der jungen und taffen Nele zu öffnen. Er zeigt auch seine liebevolle, warmherzige Seite. Unter rauen Schale verbirgt sich ein empfindsamer Mann.
Ich freue mich schon auf den nächsten Band mit den beiden Ermittlern. Leider muss ich und alle anderen Fans des Genres da noch ein ganzes Jahr darauf warten. Ein Glück ist, dass diese rätselhafte Story am Ende ihre Aufklärung erfährt.

Der zweite Fall (Titel: Dämmerung) für Art Mayer und die Anfängerin Nele Tschaikowski erscheint im Frühjahr 2024.

Fazit:
Dieser Thriller erfüllt alle Ansprüche, die ich an dieses Genre stelle. Wie auch schon die Tom Babylon-Reihe ist für meinen Lesegeschmack auch diese Geschichte hervorragend entwickelt und durchdacht. Ich fühlte mich vorzüglich und abwechslungsreich unterhalten. Besondere politische Brisanz erhält die Geschichte noch zusätzlich durch den Bezug zum Bundeskanzler und die Ausstrahlung auf Deutschland und die ganze Welt.

Das Cover rundet das Gesamtbild ab. Ich finde die Farbkombination des Covers gut gewählt, ein echter Hingucker!

Ich vergebe die Höchstbewertung und meine unbedingte Lese- und Kaufempfehlung!

Bewertung vom 29.03.2023
Storchenherzen / Die Hebammen vom Storchennest Bd.1
Teichert, Fritzi

Storchenherzen / Die Hebammen vom Storchennest Bd.1


gut

Zwei Hebammen, beruflich und privat
Ich hatte eine leicht und locker erzählte Geschichte über zwei unterschiedliche Hebammen erwartet, so wie es auf dem Buchumschlag angekündigt wird. Zunächst entwickelte es sich auch dementsprechend.

Helga ist 42 Jahre alt, erfahren im Beruf als Hebamme, aber sehr schroff im Umgang mit den werdenden Eltern, was dem guten Ruf des Storchennestes mehr und mehr zu schaden droht. Deshalb stellt die Leiterin Monika die junge Madita ein. Diese ist Anfang 20, gerade mit der Ausbildung als Hebamme fertiggeworden. Sie bringt mit ihrer quirligen, aufgeweckten Art Schwung und Tatendrang mit.

Storchenherzen ist unterhaltsam. Das möchte ich nicht abstreiten. Aus der Ich-Perspektive von Helga und Madita erfährt man die Geschichte, die das private und das berufliche Leben der beiden Frauen intensiv beleuchtet. Der Erzählstil ist flott, manchmal auch humorvoll und wenn Madita dran ist, wird es auch mal hektisch bis chaotisch. Statt der von mir anfangs vermuteten unschönen Auseinandersetzung, die aber nicht eintritt, herrscht recht bald zwischen den beiden Hebammen ein einvernehmliches Miteinander. Sie verstehen und ergänzen sich wider Erwarten richtig gut.
Schade, dass so gar kein roter Faden die ganze Geschichte zusammenhält. Es existieren meiner Meinung nach zu viele Nebenschauplätze, werden aufgegriffen, erst einmal wieder fallengelassen, um dann unverhofft erneut thematisiert zu werden. Da gibt es die werdenden Eltern in unterschiedlichsten Konstellationen, die Vorbereitungskurse im Storchennest, Hausbesuche, komplizierte Schwangerschaftsverläufe und Geburten bis hin zur Fehlgeburt. So weit, so gut, das ist das Berufsfeld einer Hebamme. Doch dazu kommen eine nervige, superschlaue Schwester, ein junger, gutaussehender Polizist, eine superpenible Wohngemeinschaft und ein(e) Stalker(in) bei Madita sowie ein Ehemann, der eine Auszeit möchte, ein geheimnisvoller Nachbar, eine unverhoffte Schwangerschaft bei Helga und vieles mehr. Mir war das wirklich zuviel an Nebenhandlungen! Auf der anderen Seite spielt die dritte Hebamme im Storchennest überhaupt keine Rolle mehr! Werden wir von ihr noch mehr erfahren?

Zum Ende hin wird alles schnell abgehandelt, so mein Eindruck. Silas (der junge Polizist) und Madita nähern sich an. Wie es mit ihnen und einigen anderen weitergeht, erfährt man dann wohl im nächsten Buch.
Für meinen Lesegeschmack bleibt zu vieles offen. Es ist wohl auch nicht mein Genre.

Meine Bewertung: drei von fünf Sternen!

Bewertung vom 24.03.2023
Ginsterhöhe
Caspari, Anna-Maria

Ginsterhöhe


ausgezeichnet

Ein Dorf Spielball der Geschichte
Der junge Bauer Albert Lintermann kommt entstellt, schwer gezeichnet trotz langem Krankenhausaufenthalt in sein Heimatdorf Wollseifen zurück. Dem jungen Mann zerfetzte eine Granate das halbe Gesicht. Seine Frau Bertha kann ihr Entsetzen und ihre Abscheu nicht verbergen. Sie läßt es ihm schmerzlich spüren. Doch Albert kämpft sich in den Alltag zurück. Ihm gelingt es den Hof größer werden, und den Fortschritt einziehen zu lassen. Gemeinsam mit der Dorfgemeinschaft werden im Laufe der Zeit auch große Projekte in Angriff genommen. Strom und Wasser für alle! Albert ist anerkannt und hat auch in Leni, der Verlobten seines im Krieg gefallenen Freundes und im italienischstämmigen Gastwirt Silvio sehr treue Freunde. Mit den Nationalsozialisten ändert sich die beschauliche Lage des kleinen Eifeldorfes. Die Gegend um Wollseifen wird für ein Schulungslager der Nazielite auserkoren und die Ordensburg Vogelsang errichtet. Damit änderte sich alles...

Anna Maria Caspari lässt die reale Geschichte des Dorfes Wollseifen mit fiktiven Figuren wieder auferstehen. Sie beschreibt mit einfachen und klaren Worten recht anschaulich das karge, bescheidene und beschwerliche Leben der Menschen in der Zeit von 1919 bis 1949. Das Buch besteht aus 28 Kapiteln und ist in drei Teile untergliedert. Die geschichtlichen Ereignisse sind im Großen wie im Kleinen in kursiver Schriftart durch die Aufzeichnungen des Wollseifener Lehrers Martin Faßbender nochmals näher dokumentiert.

Mir hat die Darstellung der zahlreichen Charaktere gut gefallen. Eindringlich und nachvollziehbar werden die Handlungen sowohl der Dorfbewohner, als auch die des meist negativ agierenden Nazis Johann Meller erzählt. Ich hatte an keiner Stelle des Buches das Gefühl, dass die Geschichte konstruiert wäre. Das tatsächliche Leben in Wollseifen hätte sich so abspielen können.
Über das Schicksal des Dorfes bin ich sehr betroffen. Davon hatte ich noch nie gehört und deshalb machte ich mich im Internet zusätzlich kundig. Die Autorin schreibt im Anhang noch Einiges zum Schicksal des Dorfes.

Fazit:
Ich fand Ginsterhöhe sehr unterhaltend erzählt. Es war eine schlimme Zeit und doch haben sich die Menschen nicht unterkriegen lassen. Wir erfahren von viel Leid, Kummer, Entbehrung, aber auch von Hoffnung und Zuversicht. Die Schicksale nahmen mich gefangen.
Ich bewerte das Buch mit fünf von fünf Sternen und vergebe meine Kauf- und Leseempfehlung!

Bewertung vom 17.03.2023
Liebewesen
Schmitt, Caroline

Liebewesen


gut

Schwierig, regt aber zum Nachdenken an
Eine intensive Warnung vorab: „Liebewesen" ist kein Wohlfühlbuch!
Hier erwartet den Leser/ die Leserin keine Liebesgeschichte mit Happy End. An vielen Stellen der Story von Max und Lio wurde es für mich sehr unbehaglich. Ich bin einiges gewohnt, da ich am liebsten Thriller und Krimis lese, die mich allerdings äußerst selten mit ihrer Thematik bis in den Schlaf verfolgen. Doch diese Geschichte wirkt immer noch in mir nach. Der Schreibstil von Caroline Schmitt ist krass anders als ich es gewohnt bin. Sie erzählt frei von der Leber weg, schnörkellos, geradlinig, teils sarkastisch, teils zynisch, humorvoll bis salopp.

Lio, eine junge Biologin, ist eine ambivalente Persönlichkeit, die ihre traumatischen Erlebnisse der Kindheit und frühen Jugend in die Liebesbeziehung mit Max einbringt. Doch auch der junge Mann hat eine anscheinend schwierige Vergangenheit. Zumindest litt er unter der Abwesenheit eines Vaters und hat des Öfteren depressive Phasen.
Die gesamte Geschichte ist aus der Sicht Lios geschrieben, so dass man lediglich ihre Auffassungen, Ansichten und Auslegungen erfährt. Erschreckend zu lesen, wie Lio sich selbst, ihren Körper empfindet und wahrnimmt. Sie liebt sich selbst nicht. Ekelt sie sich sogar vor sich selbst? Ihre Emotionslosigkeit ist einfach nur schlimm.
Hier ein Beispiel:
S. 124 „Außerdem musste die Natur doch ein Interesse daran haben, dass so jemand wie ich sich nicht fortpflanzte.“

Ihre Handlungen sind für mich oft überhaupt nicht zu verstehen. Sie sind schlichtweg übertrieben. An schweren Thematiken wird einiges in dem nur 224 Seiten umfassenden Buch eingebracht. Wer über Kindesmisshandlung, Alkoholsucht, Depression, unlustigen Sex, ungewollte Schwangerschaft und deren Abbruch lesen möchte, wäre hier richtig. Für mich war dieses Buch keine angenehme Unterhaltung, zumal der Ausgang der Story nichts Optimistisches in der Zukunft für die Protagonistin vermuten lässt. Den vielen überaus positiven Rezensionen kann ich leider nicht zustimmen.

Meine Interpretation der Geschichte verhält sich konträr zum Klappentext. Ich bin nicht der Meinung, dass wir hier die Geschichte einer großen Befreiung lesen. Was soll damit gemeint sein? So wie ich das verstanden habe, wird die Protagonistin ihre seelischen Verwundungen weiter in sich tragen. Daraus werden in ihrer Zukunft weitere entstehen, wenn sie sich keiner professionellen Hilfe unterzieht.
Die Bewerbung des Buches mit der Textauswahl auf dem Buchumschlag finde ich unglücklich ausgesucht. Problematisch auch die Aussage: Sie sind wie wir. Also ich bin und war nicht so (bin aber auch schon alt!). Vielleicht habe ich die Geschichte hinsichtlich der genannten Themen und über Partnerschaft, Zusammengehörigkeitsgefühl und gegenseitiges Verständnis auch nicht begriffen.

Das Cover mit dem Bild des Künstlers Mark Tennant und den Titel finde ich auch nicht so übermäßig gelungen.

Ich bewerte das Debüt von Caroline Schmitt mit drei von fünf Sternen.

Bewertung vom 07.03.2023
Das Geheimnis der Schokomagie / Schokomagie Bd.1
Allnoch, Mareike

Das Geheimnis der Schokomagie / Schokomagie Bd.1


sehr gut

Magische Kakaoerlebnisse
Das Buch aus dem arsEdition-Verlag punktete bei mir schon mal durch sein schön gestaltetes Cover und auch das Innenleben wurde grafisch ansprechend ausgeschmückt.

Die Story beginnt mit dem Prolog im Stile eines Märchens (Es war einmal...), in dem die Großmutter der Hauptfigur Mila Kornblum eine Gute-Nacht-Geschichte erzählt. Erst viel später erkennt das Mädchen, dass die Oma von sich selbst berichtete. Mila inzwischen 14 Jahre alt, erbte von ihr die Gabe des Duftsehens und kann beim Geruch von Schokolade in die Zukunft sehen. Die Visionen bereiten ihr Unbehagen und es ist gut, dass sie eine wirklich tolle Freundin mit Liz zur Seite hat. Sie beide fahren zum Schüleraustausch nach Paris. Ausgerechnet in eine Stadt, an der es an jeder Ecke nach irgendwelchen Dingen aus Kakaoprodukten riecht. Dazu stellt sich die Gastschwester Lou als Louis heraus, ist der Sohn des Präsidenten und sieht umwerfend aus. Da ist Chaos vorprogrammiert!

Über 256 Seiten und 30 Kapitel ist der junge Leser/Leserin nah am Geschehen und wird altersgemäß (Lesealter ab 10 Jahre) durch die teilweise aktionsreiche Handlung geführt. Mila erzählt aus der Ich-Perspektive. Das sind ihre Erlebnisse mit der wunderlichen Gabe, die sie in einem Duftdiarium (Tagebuch) festhält. Langsam, so peu à peu lösen sich die Geheimnisse um die Schokomagie und wie nebenbei wird ein Stückchen Paris vorgestellt.
Mila macht ihre ersten Erfahrungen mit der Liebe. Das Buch liest sich gut. Für mich als Erwachsene war aber vieles vorhersehbar und klischeebehaftet. Doch für ein Kinderbuch ist das okay.
Besonders schön finde ich die magischen Rezepte mit Schokolade am Ende des Buches. Die Titel der Rezepte sind kreativ ausgedacht. Toll!

Ich vergebe vier von fünf Sternen.

Bewertung vom 06.03.2023
Morgen, morgen und wieder morgen
Zevin, Gabrielle

Morgen, morgen und wieder morgen


ausgezeichnet

Das Leben ist kein Spiel
Gabrielle Levin versteht es in ihrem Roman ausgezeichnet die virtuelle Spielewelt mit dem tatsächlichen Leben in Einklang zu bringen. Das Buch ist vielschichtig und ziemlich komplex strukturiert, aber das Wichtigste ist die Entwicklung der Charaktere, denen man durch die kreative Schreibweise ganz dicht auf die Pelle rückt. Sie kamen mir mitunter sehr nahe.
Sam und Sadie sind die Protagonisten, die neben Marx die Hauptrollen einnehmen. Wir lernen die sehr privaten Seiten der jungen Menschen kennen. Dabei fiel es mir oft nicht leicht Sam und Sadie zu verstehen. Um es vorsichtig auszudrücken, beide sind keine einfachen Charaktere.
Mit den Zeitsprüngen auch innerhalb der Kapitel hatte ich anfangs Probleme, was mitunter bei mir zu Irritationen führte (in welcher Zeit befinde ich mich gerade?). Von den handelnden Personen erfährt man so immer ein wenig mehr. Die Erzählstruktur ist detailliert, aber dadurch auch sehr aufschlussreich. Hier und da ist es auch schon recht intellektuell. Dazu zähle ich die Verweise auf den japanischen Künstler Katsushika Hokusai („Die große Welle vor Kanagawa“ bildet den Hintergrund fürs Cover), auf William Morris und sein berühmtes Textildesign „Strawberry Thief“ oder auf Shakespeares Macbeth und dessen Monolog „Morgen, morgen und wieder morgen“ (der Titel des Buches!).
Zevin benutzt viele Metaphern und überträgt damit die Handlung auf verschiedene Ebenen. Da ist der Leser/die Leserin gefordert.

Fazit:
Meine Erwartungen an den Roman wurden übertroffen. Die wichtigste Erkenntnis für mich war, dass das Thema Videospiele, die technischen Raffinessen dazu, für mich überhaupt keine Rolle spielten.
Ich habe eigentlich an der Geschichte nichts wesentliches auszusetzen. Allerdings hätte es vor allem im Mittelteil, etwas kürzer gefasst sein können. So kam es inhaltlich schon hier und da zu Wiederholungen ein und desselben Sachverhaltes. Anfang und Ende der Story sind ganz stark erzählt.

Insgesamt ist es eine wunderbare zeitgenössische Erzählung, beginnend in den 90er Jahren des 20. Jahrhunderts bis fast in die Jetztzeit. Den durchweg positiven Stimmen vom Buchumschlag und Klappentext kann ich mich anschließen. Der geplanten Hollywoodverfilmung sehe ich mit Spannung entgegen. Das Buch umzusetzen wird eine große Herausforderung! Hoffentlich gelingt es.

Bewertung vom 01.03.2023
Die letzte Lügnerin / Eberhardt & Jarmer ermitteln Bd.3
Schwiecker, Florian;Tsokos, Michael

Die letzte Lügnerin / Eberhardt & Jarmer ermitteln Bd.3


ausgezeichnet

Fall Nr. 3
Es ist bereits der 3. Fall für Eberhardt und Jarmer. Wie die Zeit vergeht! Teil 1 der Justiz-Krimi-Reihe „Die siebte Zeugin" las ich vor zwei Jahren. Jedes Buch ist allerdings für sich lesbar. Es ist nicht zwingend notwendig, die vorherigen Bände zu kennen.

Dieses Mal ist es Rocco Eberhardts persönlichster Fall, denn es scheint so, als ob sein Vater mit der Angelegenheit zu tun hat. Auch aus diesem naheliegenden Grund übernimmt er die Verteidigung des Berliner Bausenators Dieter Möller. Zunächst handelt es sich um einen Politskandal als ein Video der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wird, in dem der Politiker schmutzige Immobiliendeals in Rotlichtatmosphäre tätigt. Doch nachdem der Tontechniker des Videos tot aufgefunden wird, kommt zur Korruption noch der Mordvorwurf. Der Rechtsanwalt ist in besonderem Masse gefordert.

Das Geschehen um den Bausenator gestaltet sich kompliziert. Alles weist eindeutig auf ihn als Täter hin. Ganz raffiniert wurde ihm eine Falle gestellt. Rechtsanwalt Eberhardt und sein guter Freund, der ehemalige Kriminalkommissar Tobias Baumann, recherchieren gründlich, um die Unschuld Möllers zu beweisen.
In 72 kurzen Kapiteln wechseln die Schauplätze. So wird die Spannung gehalten. Gut beraten ist, wer die Überschriften beachtet und mit in Betracht zieht. Verschiedene Nebenschauplätze und andere Personen vertieften bei mir das Interesse, wie alles miteinander in Verbindung stehen könnte. Die beiden Autoren harmonieren sehr gut miteinander. Der schnörkellose sachliche Schreibstil gefällt mir. Sie verstehen es die politischen bzw. gesellschaftlichen Hintergründe sinnstiftend mit in die Handlung einzuflechten. Das Immobilien-/Wohnungsbauthema spielt eine riesige Rolle in Berlin.
Allerdings empfand ich auch in diesem Krimi die Kontakte Roccos zu dem Rechtsmediziner Dr. Justus Jarmer sowie zu seinem Vater etwas spärlich. Doch immerhin ist sein bisher ziemlich distanziertes Verhältnis zu Eberhardt senior inzwischen aufgetaut. Das trübt aber meinen positiven Gesamteindruck nicht. Ich fand die gesamte Handlung in sich stimmig und nachvollziehbar.

Das Cover passt in seiner Gestaltung sehr gut in die Reihe. Es hat Wiedererkennungswert. Auch der Titel ergibt Sinn.

Fazit:
Authentisch und gut erzählter Krimi! Lesenswert! Ich spürte die Fachkenntnis der beiden Autoren und freue mich auf weitere Folgen.

Von mir gibt es die Höchstbewertung und eine unbedingte Lese- und Kaufempfehlung für alle Freunde des guten Kriminalromans.