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lustaufbuch

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Insgesamt 121 Bewertungen
Bewertung vom 16.04.2024
Splitterpoetologie
Schönbächler, Martina

Splitterpoetologie


ausgezeichnet

»Höchst anmutig ist diese natürliche Erzählung, nur erscheint sie zu kurz, und man fühlt sich berufen, sie ins Einzelne auszumalen.«

Dieses Zitat aus Goethes autobiografischem Werk „Dichtung und Wahrheit“ veranlasste Thomas Mann dazu, die biblische Geschichte von Jakob und selbstverständlich mit besonderem Augenmerk auf Joseph literarisch zu verarbeiten. Wie so oft, geriet der Umfang des Textes während des Schreibens außer Kontrolle und es entstanden innerhalb der Jahre 1926 bis 1943 vier Romane, mit einem Gesamtumfang von knapp zweitausend Seiten.
Doch diese Roman-Tetralogie bietet viel mehr, als eine bloße Nacherzählung! Das zeigt Martina Schönbächler in ihrer klugen Studie mehr als deutlich.

Sie analysiert in ihrer Dissertation – hier in einer für die Publikation überarbeiteten Fassung vorliegend – nicht nur den sog. Gerda-Komplex, welcher besonders unter dem Motiv der Heimsuchung bereits im „Tod in Venedig“ auftaucht, sondern macht es sich zur Aufgabe Parallelen zwischen den frühen Erzählungen Thomas Manns bezogen auf Eichendorffs „Das Marmorbild“ sowie Sacher-Masochs „Venus im Pelz“ aufzuzeigen. Dabei spielt vor allem „Der kleine Herr Friedemann“ eine wichtige Rolle. Klug und feinsinnig wird Motiven wie Sehnsucht, Leidenschaft, Tod und vielen mehr nachgespürt.
Dem vorangestellt ist ein ausführlicher theoretischer Input, besonders über die Intertextualität, welche anhand Thomas Manns Bibliothek und dessen Einfluss auf sein literarisches Werk untersucht wird.

Eine wirklich spannende, wenn auch überaus anspruchsvolle Studie, die viel Konzentration und genaues Lesen erfordert, welche die Autorin stets facettenreich und mit viel Aufwand auf sich genommen hat. Chapeau!

Bewertung vom 10.04.2024
Und alle so still
Fallwickl, Mareike

Und alle so still


ausgezeichnet

«Ich bin daran beteiligt, Nuri. Und weil ich mitmache, weil alle immer mitmachen, ändert sich nichts.»

Eine bis dahin unbekannte Protestform etabliert sich. Das besondere dabei, es werden keine Forderungen gestellt, keine Schilder gebastelt und es wird nichts geschrien. Einzig bemerkbar sind Frauen, die auf der Straße liegen und sogleich sämtliche Arbeit und Pflichten ruhen lassen sowie Männer, die nichts mehr verstehen und ab jetzt auf sich allein gestellt sind. Und alle so still …

Wir begleiten Elin, eine junge Frau – Influencerin, Ruth, deren bisher unbekannte im Krankenhaus arbeitende Tante und Nuri, einen sich in verschiedenen Jobs verausgabenden jungen Mann, geprägt von Selbstzweifeln.
Dabei gelingt es Mareike Fallwickl, jedes erzählte Schicksal für sich alleine stehen zu lassen und zugleich mit den anderen zu verweben.

Der Roman erstreckt sich über acht Tage und wird aus den Sichtweisen der drei Protagonisten erzählt. Doch neben diesen gibt es noch drei weitere Perspektiven, die den Leser zuerst ratlos zurücklassen: Die Pistole, die Berichterstattung und die Gebärmutter. Aufgrund der unterschiedlichen Blickrichtungen erlebt der Leser die geschilderten Erlebnisse möglichst intensiv. Es ist manchmal nicht leicht, einfach weiterzulesen, sondern man stockt, hält inne, denkt über bestimmte Schilderungen nach und ist entsetzt. Doch das Schlimmste daran ist, man realisiert, dass dieses Buch zwar eine fiktionale Geschichte erzählt, viele der Begebenheiten es jedoch keinesfalls sind, sondern jedem bekannt, aber oft nicht bewusst sind.

Ein Buch, das bewegt, schockiert und dadurch viel zum Nachdenken anregt – ein äußerst wichtiger Roman, den es zu lesen lohnt und der noch lange nachhallen wird!

Bewertung vom 10.04.2024
Solange es eine Heimat gibt. Erika Mann
Hörner, Unda

Solange es eine Heimat gibt. Erika Mann


ausgezeichnet

»Die Deutschen zeigen nicht die Spur einer Empfindung von Verantwortung, geschweige denn ein Gefühl von Schuld. […] Es gibt keine Heimkehr!«

Wir schreiben den 21. Mai 1949. Der Tag, an dem Klaus Mann, ältester Sohn von Thomas Mann, eine Überdosis Schlaftabletten schluckte und somit sein Leben freiwillig dem Tod übergab. Ausgehend von diesem Ereignis und immer wieder darauf zurückkehrend erzählt die Autorin Unda Hörner, beginnend mit der Jugend, prägende Facetten aus dem Leben von Erika Mann. Oft spielt dabei ihr geliebter Zwillingsbruder eine wichtige Rolle, dessen Todessehnsucht ihn schon früh plagte und für dessen nun vollzogenen Selbstmord sie sich selbst verantwortlich fühlt. Schließlich war sie nicht bei ihm, hat ihn allein gelassen in Cannes und war stattdessen mit den Eltern auf einer Vortragsreise in Stockholm unterwegs.

Das Buch beinhaltet eine wilde Reise durch das spannende und mehr als vielfältige Leben von Erika Mann.
In dessen Mitte stehen leitmotivisch der Vater Thomas Mann, Erikas Drang nach Freiheit, Veränderung sowie ihre scharfe Kritik am NS-Regime, welche sie besonders durch prägnante Essays und durch ihr politisches Kabarett „Die Pfeffermühle“ äußerte, aber auch der Umgang mit dem Exil, dem damit einhergehenden Verlust von Heimat und dem Leben in der Schwebe.
Eindrücklich wird auch das Ende des Buches in Erinnerung bleiben, welches sich mit den Nürnberger Prozessen sowie der Auseinandersetzung mit der Schuld-Frage beschäftigt und das Aufeinandertreffen von NS-Größen mit der ihnen wohl bekannten und verhassten Gegnerin schildert.

Unda Hörner gelingt es, dass Leben von Erika Mann spannend und auf eine annähernd reale Weise darzubieten, indem sie ihrem Buch epische Elemente zugrunde legt und dem Leser erlaubt, quasi direkt – als außenstehender Beobachter – an den Geschehnissen beteiligt zu sein.

Bewertung vom 02.04.2024
Die verkaufte Sängerin / Cristina Bd.1
Lorentz, Iny

Die verkaufte Sängerin / Cristina Bd.1


sehr gut

Ein vielversprechender Auftakt einer neuen Serie
Das bekannte Autorenduo, bekannt unter dem Pseudonym Iny Lorentz, entführt den Leser in ihrem neuesten historischen Roman, der sogleich der Beginn einer neuen Serie, genauer gesagt einer Trilogie, ist, ins Thüringen des 18. Jahrhundert. Dabei begegnen wir der Protagonistin Cristina, welche Sängerin ist und es nicht leicht hat. Schließlich hat sie, aufgrund ihres Aussehens, welches sie als leibliches Kind in Frage stellt, die Rolle einer Außenseiterin inne. Aus diesem Grund verkauft ihre Tante sie schon bald an den Herzog von Sachsen-Meinigen. Wir, als Leser, begleiten sie dabei auf ihrem Weg und durch viele Hindernisse, die ihr durch die neue Situation, aber auch die damalige historische Zeit in den Weg gelegt werden.

Das Cover ist wie stets bei Iny Lorentz prägnant und ähnelt Fotografien vor historischen Kulissen.
Eine Empfehlung für jeden, der gerne historische Romane liest und besonders für alle, die bereits Vorgänger dieses Duos kennen.

Bewertung vom 29.03.2024
Die Zauberflöte
Lütteken, Laurenz

Die Zauberflöte


ausgezeichnet

„Nie hat ein dramatisches Product bey irgend einer Nation ein allgemeineres Glück gemacht als Mozarts unsterbliches Werk, die Zauberflöte“, so Friedrich Justin Bertuch. Recht soll er behalten. Bis heute ist die „Zauberflöte“ immer noch eine der am häufigsten aufgeführten Opern im deutschsprachigen Raum.

Die „Zauberflöte“, von Mozart selbst als „große Oper“ bezeichnet, wurde 1791 kurz vor dessen Tod im Theater im Freihaus auf der Wieden uraufgeführt und bereits damals überwiegend positiv aufgefasst.
Die modern anmutende Musik komponierte Mozart, während der in einem eher archaischem Stil verfasste Text von Emanuel Schikaneder stammt. Jedoch weisen viele ausreichend belegbare Indizien darauf hin, dass Mozart auch maßgeblich am Prozess des Textschreibens beteiligt war.

Weiterhin etablierte sich schon kurz nach der Uraufführung die Annahme, dass dieser Oper ein Geheimnis zugrunde liege und so rätselte das Publikum intensiv über mögliche Deutungsansätze und zog dabei besonders die Französische Revolution oder gar die Freimaurerei in Betracht, schließlich waren Mozart und Schikaneder dieser Gruppierung zugehörig.

Und was hat Goethe mit der Zauberflöte zu tun?
Ja, Goethe selbst inszenierte 1794 in Weimar die Aufführung der Zauberflöte, basierend auf einer Bearbeitung des Textes von seinem Schwager Christian August Vulpius.

Was der Autor Laurenz Lütteken, Professor für Musikwissenschaft, mit diesem Buch geschaffen hat, ist nicht nur eine epochengeschichtliche Einordnung, vielmehr gibt er einen Gesamtüberblick über diese Oper, deren Entstehungs- sowie Wirkungsgeschichte und analysiert anschließend auch noch prägnante Details innerhalb des Werkes. So wird beispielsweise, um nur eine von zahlreichen schlüssigen Analysen zu nennen, die anthropologische Darstellung von Mensch und Tier, besonders auffällig bei der Betrachtung von Papageno, hinsichtlich dessen Auftretens und dem ihm gegebenen Namen, geschildert.

Bewertung vom 28.03.2024
Seifert, Nicole

"Einige Herren sagten etwas dazu"


ausgezeichnet

Günter Grass, Heinrich Böll, Siegfried Lenz …
Sagen dir die Namen was? Ja?
… Ingeborg Bachmann, Ilse Aichinger …
Diese auch noch?
… und was ist mit Ruth Rehmann, Ingrid Bachér, Ilse Schneider-Lengyel oder Ingeborg Drewitz, um nur um einige zu nennen?
Nein? Wirklich? Noch nie gehört?

Genau so erging es mir, als ich die letztgenannten Namen und noch viele weitere von anderen Autorinnen gelesen habe – ich hatte sie davor noch nie gehört.

Nicole Seifert gibt mit ihrem Buch einen Gesamtüberblick über die Gruppe 47 bezüglich deren Entstehung, die konkreten Abläufe der Treffen sowie deren Teilnehmer. Dabei wird deutlich, dass überwiegend Männer und nur wenige Frauen dazu eingeladen waren. Und selbst diese Teilnehmerinnen bekamen, im Vergleich zu vielen männlichen Schriftstellern, kaum Aufmerksamkeit und sind heute so gut wie in Vergessenheit geraten. Die Gründe dafür sind vielfältig und werden von Nicole Seifert in ihrer Studie vielschichtig und eindrucksvoll herausgearbeitet.
So wurden bspw. in Texten des Feuilletons sowie u.a. in privaten Aufzeichnungen anderer Teilnehmer die Autorinnen zuerst bezüglich ihres Aussehens beschrieben, beurteilt und teils ausschließlich darauf reduziert. „Den Autorinnenkörper außen vor zu lassen, nur den Text zu betrachten, scheint unmöglich“, so folgert Seifert sinngemäß.

Nebstdem entwirft das Buch zudem Potraits der an den Tagungen teilnehmenden Autorinnen und gibt zugleich Einblicke in deren Werk, sodass man beim Lesen regelrecht Lust bekommt, diese für sich selbst zu entdecken. Immerhin konnten fast ausschließlich Männer bedeutenden und primär lang anhaltenden Ruhm für sich gewinnen.

Ich hoffe, dass dies erst der Beginn der Aufarbeitung ist und in Zukunft noch viele weitere Werke über diese und ähnliche Thematiken folgen werden. Weiterhin bleibt zu wünschen, dass viele darin besprochene Schriftstellerinnen wieder aufgelegt und von einem breiten Publikum beachtet und vor allem gelesen werden!

Bewertung vom 26.03.2024
Die Erfindung des Gustav Lichtenberg
Arenz, Ewald

Die Erfindung des Gustav Lichtenberg


ausgezeichnet

Als der Physiker Ludwig Lang bei seiner Arbeit im Patentamt zufällig auf den Plan zum Bau einer Maschine stößt, welcher viele Jahrzehnte zuvor von einem gewissen Gustav Lichtenberg geschrieben wurde und kurz darauf noch die ihn bezaubernde Geigerin Elsa kennenlernt, welche sein Herz erobert, ändert sich für ihn alles.

Ewald Arenz erzählt, unterteilt in zwei alternierende Erzählstränge, die Geschichte einer ominösen Maschine, dessen Funktion sich erst im Lauf des Romans erschließt. Mit gekonnter Präzision verwebt Arenz beide Handlungen, die zu unterschiedlichen Zeiten spielen, miteinander. Während sich der eine Erzählstrang mit der Erfindung dieser Maschine durch einen gewissen Gustav Lichtenberg Mitte des 19. Jahrhunderts befasst, schildert der andere, gegenwärtig spielend, den Fund des Planes durch den Physiker Ludwig Lang und dessen schnell gefassten Beschluss, diese gezeichnete Apparatur nachzubauen, um deren Funktion auf die Schliche zu kommen.
Dabei fallen dem genauen Leser einige Ähnlichkeiten zwischen den Lebens- sowie Liebesgeschichten der männlichen Protagonisten Gustav Lichtenberg und Ludwig Lang auf.
Doch was hat es mit dieser Maschine auf sich?

Die einfühlsame, wunderschöne Sprache, welche den Roman definiert, ermöglicht seinen Lesern sich in die Gefühlswelt der Figuren hineinzuversetzen und wie direkt am Geschehen beteiligt zu sein. So wird auch der Leser von der Frage getrieben, was das denn nun für eine Maschine ist, die Ludwig nachbaut.
Doch dieses Buch ist noch viel mehr als das! Obwohl es nur knapp 250 Seiten umfasst, erzählt es von der Kraft der Liebe, beschäftigt sich intensiv mit der Magie von Musik sowie der Lust am Erfinden.

Ein Roman der sich lohnt, um für schöne Stunden der realen Welt zu entfliehen und in eine brilliant erzählte Geschichte einzutauchen!

Bewertung vom 24.03.2024
Hexen
Gibson, Marion

Hexen


sehr gut

„Was ist eine Hexe?“
Diese übergeordnete Frage, welche gleich zu Beginn des Buches gestellt wird, zieht sich wie ein roter Faden durch die von der Autorin Marion Gibson geschilderten 13 Hexenprozesse und die kurzen sogleich prägnanten theoretischen Inputs.
Da ich mich schon seit einiger Zeit sehr für die Hexenverfolgung in Deutschland interessiere, habe ich mich sehr auf diese Buch gefreut und wurde nicht enttäuscht.

Die Autorin hat mit diesem Buch ein sehr vielfältiges Werk geschaffen, welches zuerst der Frage auf den Grund zu gehen versucht, wie solche Prozesse überhaupt geschehen konnten und immer noch können. Dabei kommt sie zu dem Schluss, dass „Hexenprozesse […] durchgeführt [werden], um Macht über andere Menschen auszuüben“. Da die meisten Opfer jedoch überwiegend Frauen waren, lässt sich sagen, dass diese Prozesse eine Form von patriarchalischer Unterdrückung darstellen.
Der Großteil des Buches beschäftigt sich dagegen damit, wie diese Hexenprozesse konkret verliefen. Dafür werden 13 exemplarische Prozesse unterschiedlichster Art bezüglich deren Entstehung und den Abläufen, aber auch hinsichtlich der jeweiligen politischen und geografischen Weltlage, präzise geschildert, sodass sich diese Kapitel, jeweils etwa 30 Seiten umfassend, wie kurze Erzählungen lesen lassen.
Das Besondere dabei ist, dass die Autorin diese Prozesse vielfältig betrachtet, großteils aus der Perspektive der Opfer schildert sowie einen Überblick über die unterschiedlichsten Abläufe gibt und mit dem ehemaligen US-Präsidenten Trump endet.
Zudem lässt sich dieses Buch, trotz dessen Dicke, leicht und gut verständlich lesen.

Das Buch ist jedem zu empfehlen, der sich für die Thematik der Hexenverfolgung und deren weltweite Verbreitung sowie für die patriarchalischen Machtstrukturen interessiert, die dabei eine große Rolle gespielt haben und es immer noch tun.

Bewertung vom 19.03.2024
Thomas Mann
Kesting, Hanjo

Thomas Mann


sehr gut

Hanjo Kestings Buch „Glanz und Qual“ ist eine vielfältige Reise durch ausgewählte Werke sowie das Leben des aus Lübeck stammenden Nobelpreisträgers Thomas Mann.
Das Buch ist vom Autor in drei Teile, sogenannte Werk-, Quer- und Lebensfahrten, untergliedert, welche sich unter anderem mit den großen Romanen, den noch erhaltenden Tagebüchern und ausgewählten Beziehungen von Thomas Mann, sei es zu seinem älteren Bruder Heinrich, seinem ersten Sohn Klaus oder seiner Liebe zur Musik, beschäftigt.
Dabei schafft es dieses Werk bereits bekanntes Wissen informativ aufzufrischen, spannende Einblicke zu geben sowie teils neue Erkenntnisse und Denkanstöße zu vermitteln.
Auf gekonnte Weise fasst Kesting stets den jeweiligen Inhalt des besprochenen Werkes aufs Gröbste zusammen, damit sich der Leser der wichtigsten Figuren, Handlungen sowie Details erneut ersinnen kann, bevor er dieses Werk anschließend im Hinblick auf deren Entstehung, Bedeutung sowie Wirkung bespricht. Zugleich ergänzt der Autor die Betrachtung des Textes routiniert durch stützende Zitate aus Tagebüchern, Briefen oder Essays.

Jedoch sei anzumerken, dass dieses Buch einiges an Vorwissen, bezüglich dem Leben sowie den einzelnen Werken Thomas Manns, voraussetzt, sodass es eher fortgeschrittenen Lesern und Interessenten als Neulingen auf diesem Gebiet zu empfehlen ist. Darüber hinaus ist dieses Buch keine Biografie, sondern vielmehr eine punktuelle Auseinandersetzung mit ausgewählten Themen.

Für Kenner ist dieses Buch jedoch ein Lesegenuss, auch wenn nicht alle, sondern nur vereinzelte Werke auf ihre Kosten kommen und die Erzählung kaum betrachtet werden. Schließlich kann man als Liebhaber nie genug Bücher über Thomas Mann sowie die gesamte „amazing family“, wie Klaus Mann sie bezeichnete, gelesen haben!

Bewertung vom 13.03.2024
Endling
Schreiber, Jasmin

Endling


ausgezeichnet

Jasmin Schreibers neuer Roman entführt den Leser – in das Jahr 2041 – eine Welt der Zukunft. Dort begegnen wir der Biologin Zoe, die in ihr elterliches Haus zurückkehrt, um auf ihre kleine Schwester Hanna sowie Tante Auguste aufzupassen, während sich ihre alkoholkranke Mutter in einer Entzugsklinik befindet.
So weit, so gut, wäre Tante Auguste nicht übervorsichtig gegenüber jeglichen Keimen und würde nicht in ihrer Wohnung zurückgezogenen unter strengsten hygienischen Maßnahmen leben. Aber auch Hanna macht es Zoe nicht leicht. Sie hält ihr ständig vor, als große Schwester vollkommen versagt zu haben und versucht zugleich ihren Frust in Alkoholexzessen zu ertränken.
Als dann noch Sophie, die beste Freundin von Tante Auguste, sich wochenlang nicht mehr bei ihr meldet, machen sich die drei auf die Suche nach ihr, schweißen nach und nach zu einem Team zusammen und begegnen wundersamsten Dinge aus längst vergangenen Zeiten. Ständiger Begleiter ist HP14, die letzte Weinbergschnecke und somit ein Endling.
Über den gesamten Roman hinweg gibt die Ich-Erzählerin Zoe in regelmäßigen Abständen interessante Exkurse in die Biologie – eine Leidenschaft, die sie mit ihrer Tante teilt.

Schreibers Roman ist ein vielseitiger Streifzug durch eine mögliche Ausprägung unserer Zukunft, die von patriarchalem Faschismus und stetig wachsendem, nicht mehr aufzuhaltendem Artensterben geprägt ist.

Das Buch endet relativ abrupt und bleibt bezüglich der weiteren Lebensverläufe der Protagonisten relativ offen. Somit kann sich der Leser eigenständig die Geschichte dieses Romans weiterspinnen. Vielleicht ist das aber auch von der Autorin bewusst so gewollt, um mit einer eventuellen Fortsetzung daran anzuknüpfen – zu wünschen wäre es auf jeden Fall!

Trotz negativer Kritiken anderer hat mich Schreibers neuester Roman überzeugt und ist meiner Ansicht nach ihr bisher bester!