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Ute54
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Tostedt

Bewertungen

Insgesamt 86 Bewertungen
Bewertung vom 25.02.2023
Die letzte Lügnerin / Eberhardt & Jarmer ermitteln Bd.3
Schwiecker, Florian;Tsokos, Michael

Die letzte Lügnerin / Eberhardt & Jarmer ermitteln Bd.3


ausgezeichnet

Ein Lügensumpf
Das mehrfach ausgezeichnete Autorenduo Tsokos/Schwiecker erzählt in ihrem Justiz-Krimi um den Gerichtsmediziner Justus Jarmer und den Strafverteidiger Rocco Eberhardt von dem Problem um Immobilienspekulation anhand von zwei Einzelschicksalen.
Das Cover passt durch die Farbauswahl schwarz, weiß, rot zu den beiden Vorgängerbänden, die aber zum Verständnis dieses Werkes nicht herangezogen werden müssen.
Wir - haben hier einen spannenden Rechtsstreit über die Machenschaften innerhalb der Politik, und man muss sich die Frage stellen, wie stark der Wahrheitsgehalt ist und wie korrupt führende Köpfe tatsächlich sind.
Dieter Möller, der Bausenator, plant einen Immobiliendeal, um bezahlbare Mieten in Berlin zu schaffen. Es taucht ein Video, aufgenommen mit versteckter Kamera, auf, das ihn schwer belastet. In einer Bar wird ein Toter gefunden, der ebenfalls auf seine Karte gehen soll.
Der Hauptcharakter Rocco Eberhardt übernimmt die Verteidigung, wobei erschwerend hinzukommt, dass sein eigener Vater in den Skandal involviert zu sein scheint.
Eberhardt ist sehr authentisch und sympathisch beschrieben,während der Beschuldigte, Dieter Möller, Antipathien hervorruft.
Das Buch ist sehr fesselnd, wie auch der Vorgängerband, den ich verschlungen habe.
Der Lesefluss wird gefördert, indem die einzelnen Kapitel sehr kurz gehalten sind. Auch tragen Zeiten - und Ortswechsel dazu bei.
Der Erzählstil ist mitreißend und fundiert. Unvorhersehbare Wendungen lockern das Werk auf, und das Ende hat mich überrascht.
Wir haben hier ein sehr professionelles Werk ohne übertriebene Gewaltdarstellung. Besonders hat mich der politische Hintergrund interessiert.
Das Werk bezieht sich auf die aktuelle, sehr brisante Lage, besonders in Berli, wo bezahlbare Wohnungen sehr rar sind.

Bewertung vom 14.02.2023
Getraut / Andrea Schnidt Bd.12
Fröhlich, Susanne

Getraut / Andrea Schnidt Bd.12


ausgezeichnet

Chaos bei Andrea
Dieser Roman aus der Andrea Schmidt Reihe ist der erste, den ich gelesen habe. Bisher kannte ich nur „Moppel ich“ ( der kampf mit den Pfunden) von Susanne Fröhlich. Das Cover in seiner roten Schlichtheit, nur mit zwei Zahnbürsten in einem Wasserglas, passt perfekt zum Titel.
Die chaotische Protagonistin Andrea gerät in viele skurrile Situationen, nachdem ihr Ex-Schwiegervater im hohen Alter noch einmal heiraten wollte. Jedoch kann das alte Paar nicht zum Standesamt, da der Frankfurter Römer besetzt ist wegen Feierlichkeiten zu Ehren von Eintracht Frankfurt. Trotzdem finden Hochzeitsfeierlichkeiten und eine Hochzeitreise statt, aber es gibt Probleme u. a. mit den Ringen und den Hochzeitstauben.
Die Charaktere sind teilweise sehr speziele und überspitzt beschrieben. Aber das macht den Humorfaktor aus. Das Alltagsleben von Andreas Familie ist sehr chaotisch und voller Witz dargestellt, und hat mich oft Wiehern und Grinsen lassen.
Besonders gut hat mir gefallen, wie Andrea Selbstverwirklichung in den Seminaren des charismatischen Jerôme sucht, denn solche „Individuen“ finde ich immer mehr auf dem Markt, und es werden Vorurteile bestätigt.
Besonders habe ich Andreas Enkel ins Herz geschlossen. Er ist sehr schlau und hat auch skurrile Einfälle. Die sehr vornehme Ranghild sticht ebenfalls hervor.
Toll finde ich auch, wie Rudi, der Bräutigam, in allerschönstem Hessisch sagt, was er denkt.
Der Erzählstil ist sehr unterhaltsam und einfach zu lesen, vieles ist herrlich erfrischend dargelegt. Deshalb ist das Buch z. B. etwas für den Urlaub oder ein Couchwochenende. Ich hatte herrliche Mußestunden!
In mancherlei Hinsicht hat mich dieses Werk an die Bücher um Renate Bergmann erinnert. Andrea ist zwar jünger, jedoch haben sie beide „Probleme“ mit den männlichen Partnern. Auch die Lebensweisheiten sind tw. ähnlich, und eine lustige Szene folgt auf die nächste.
Also zugreifen bei Fröhlich, wenn man ein paar entspannte Stunden erleben möchte und in eine andere Familienwelt eintauchen will.

Bewertung vom 08.02.2023
Sibir
Janesch, Sabrina

Sibir


ausgezeichnet

Verschleppt nach Kasachstan
Dieser ergreifende Roman von Sabrina Janesch hat mich aufgrund des Klappentextes sehr interessiert, denn auch Mitglieder meiner Familie wurden aus dem Wartheland von der Sowjetarmee nach 1945 nach Sibirien verschleppt. Ein Aspekt wird leider in diesem Werk nicht aufgegriffen, nämlich das Schicksal der Frauen, die massenhaft vergewaltigt, geschwängert und oftmals deswegen zu Tode kamen .
In meinem jetzigen Wohnort gibt es auch viele Russlanddeutsche und Spätaussiedler, die am „Rande“ leben, wie Josef Ambacher es nennt, und sie integrieren sich nur halb, haben ihre eigene Kirche, heiraten untereinander und sprechen oftmals nur Russisch. Diese Buch hat mir sehr geholfen, ihre Mentalität zu verstehen. In der Sowjetunion waren sie die verhassten Nazis, hier sind sie die Russen.
In „Sibir“ wird die Geschichte der Familie Ambacher in einem flüssigen Schreibstil dargelegt. Man kann sich gut in die differenziert beschriebenen Charaktere hineindenken.
Stammend aus Galizien, wird die Familie im Wartheland von den Sowjets nach Kasachstan verschleppt. Sehr plastisch erfahren wir von der unvorstellbaren Kälte und, im Sommer, von der sengenden Hitze, von Schneestürmen, Erdhütten und der Unwirtlichkeit der Steppe.
Josef Ambacher , 10-jährig bei der Verschleppung, erlebt eine abenteuerliche Kinder- und Jugendzeit, und es ist erstaunlich, wie interessiert seine Tochter Leila später in Niedersachsen, nach der Freilassung, all seine Erzählungen aufsaugt. Josefs und Leilas Kindheit werden interessant und gut nachvollziehbar beschrieben, und es wird verständlich, wie auch Leilas Mentalität durch die Kindheitserinnerungen de Vaters geprägt wird.
Die Autorin analysiert geschickt, dass diese Menschen nirgendwo richtig zu Hause sind. Bedingt durch die ständige Anpassung, gehören sie teilweise gleich drei Kulturen an, was durch Josefs Sammeln der Wörter auf Russisch, Kasachisch und Deutsch deutlich wird.
Vergangenheit und Gegenwart der Protagonisten werden miteinander verwoben. Zuerst bewahrt der Vater noch viele Erinnerungsstücke aus Kasachstan auf, verbrennt sie alle plötzlich, sehr zum Leidwesen seiner Tochter, und versucht den kompletten Neuanfang, doch belastet ihn seine Lebensgeschichte sehr, das Vergessenwollen führt zu einer Art geistiger Verwirrung, aber Leila versteht ihn.
Allerdings hat das Buch ein sehr überraschendes Ende, was dem eine besondere Tragik verleiht und den Identifikationskonflikt hervorhebt.
Die mögliche Bedeutung des Covers hat sich mir erst nach der Lektüre erschlossen. Durch die verschiedenen Grüntöne soll wohl die Naturvielfalt in Sibir dargestellt werden. Aber was soll die übergroße Forelle evozieren?
Jedenfalls passt das Cover zu dem Roman, den ich allen an der Problematik von Vertreibung und Existieren in einer fremden Welt nur empfehlen kann, besonders, da es derzeit ja sehr viele Flüchtlinge und Immigranten in Deutschland gibt.

Bewertung vom 07.01.2023
Abnehmen mit der HAWEI-Methode
Keuthage, Winfried

Abnehmen mit der HAWEI-Methode


ausgezeichnet

Schlank mit Hawei

Das Cover gefällt mir gut, denn die Darstellungsweise mit einer symbolisierten Haferähre und einem Ei, dazu der Slogan: „ HAWEI, die revolutionäre Formel aus Hafer und Eiweiss “ ist übersichtlich und ansprechend gelungen. Die Farbgebung in verschiedenen Blautönen wirkt professionell und beruhigend.
In den beiden aufzuklappenden Deckblättern werden die wichtigsten Fakten mit blauen Überschriften, zum besseren Merken, dargelegt.
Das handliche Werk ist in drei Teile gegliedert.
Im ersten Teil des Ratgebers wird aufgezeigt, woran das Abnehmen häufig scheitert. In sprachlich konkreter, leicht verständlicher Weise erklärt Dr. med. Winfried Kreuzhage inwiefern Insulinresistenz, Stress und eine gestörte Darmflora eine Gewichtsreduktion verhindern.
Die Hafer-Eiweiß-Diät wird im zweiten Teil des Ratgebers als effektive Strategie vorgestellt, um Gewicht zu verlieren. Allerdings wird eine dauerhafte Umstellung des Ernährungsverhaltens und eine Bewegungstherapie vonnöten sein, um das reduzierte Gewicht auf Dauer zu halten.
Es werden Hafertage für den Anfang vorgestellt für Personen mit Insulinresistenz und Typ2-Diabetes, aber alle anderen Abnehmwilligen können davon profitieren. Um den Langzeiteffekt zu garantieren, wird eine Kombination aus hafer- und eiweißreichen Lebensmitteln dringend angeraten.
Im dritten Teil werden 60 leckere, gesunde und ballaststoffreiche Rezepte vorgestellt, deren Zubereitung genau erläutert wird. Zusätzlich wird jedes Gericht in appetitlichen Bildern vorgestellt.
Es gibt vollwertige warme Mahlzeiten, wie deftige Eintöpfe und Aufläufe, Brote, Dipps, süße und herzhafte Frühstücksvorschläge. Es werden vielfältige Gemüsesorten verarbeitet, aber immer Haferkorn, Haferflocken, Haferkleie, Hafermehl, Haferdrinks oder Hafersahne, die, ebenso wie Eiweißpulver im Reformhaus oder der Drogerie erhältlich sind. Zusätzlich basiert die Diät auf viel Quark, Joghurt, Milch, Käse und Skyr. Pizza und Quiche habe ich meiner begeisterten Familie bereits serviert.
Ich muss sagen, wir habe hier einen interessanten, leicht verständlichen und sehr anschaulichen Ratgeber.

Bewertung vom 18.12.2022
Der große Coup des Monsieur Lipaire / Die Unverbesserlichen Bd.1
Klüpfel, Volker;Kobr, Michael

Der große Coup des Monsieur Lipaire / Die Unverbesserlichen Bd.1


ausgezeichnet

Liebenswerte Gauner

Ein bereicherndes Werk für Südfrankreichkenner und solche, die es werden wollen. Das Lokalkolorit wir perfekt dargestellt, besonders,da die Kleinkriminellen im krassen Gegensatz zu den Reichen leben, die in Port Grimaud, wie auch an vielen anderen Orten der südfranzösischen Mittelmeerküste, ihre luxuriösen Sommersitze haben und mit ihrem tollem Lebensstil angeben. Das erzeugt natürlich Neid bei der ärmlichen, ständig dort lebenden Bevölkerung und führt zu Gaunereien, die von den Reichen, welche die meiste Zeit des Jahres abwesend sind, nicht bemerkt werden.
So träumt der Hausmeister Lipaire vom großen Coup, um am viel Geld zu kommen, damit er auch so ein luxuriöses Leben führen kann. Da er in einer Villa eine Leiche gefunden hat, wittert er seine Chance.
Leider führt er sein Vorhaben aber so dilettantisch durch, dass das Werk eher an eine Komödie erinnert. Es gibt viele Zufälle, was manchmal dazu führt, dass der Roman etwas unglaubwürdig wirkt. Der Protagonist geht so unvorsichtig vor, dass sich nach und nach 5 weitere Ortskundige dazugesellen, die auch vom großen Geld träumen. Ihr stümperhaftes Verhalten hat mich oft schmunzeln lassen, und natürlich hätte Louis de Funès noch gut dazu gepasst. Man könnte perfekt einen Film vo dem Buch drehen. Besonders dämlich wir der Priester dargestellt, der sich „angeblich“ immer hinters Licht führen lässt, aber wer weiß...
Lizzi, die 84- jährige Lebedame, wird sehr lebensnah dargestellt und hat mir besonders gut gefallen. Aber auch die ganze „Gurkentruppe“ ist sehr individuell, wenn auch teilweise klischeehaft, portraitiert.
Der Schreibstil ist flüssig und leicht zu lesen, was durch die kurzen Kapitel unterstützt wird. Gut ist auch das Register zur Erklärung französischer Termini am Ende.
Das Cover ist ein toller Hingucker. Sofort wird Urlaubsatmosphäre evoziert durch den meeresblauen Hintergrund, die Palmen und das Meer. Aber der Clou ist die Hand im Zentrum in den französischen Nationalfarben und Glanzoptik. Ebenso sind die 3 Lesebändchen in den Nationalfarben.
Dieser Roman ist als Auftakt zu einer Buchreihe geplant, und ich bin schon gespannt auf die Folgewerke.
Mir hat das Werk gut gefallen, denn es ist kein klassischer Krimi mit Mord und Totschlag, sondern ein sanfter Gaunerroman.
Ich freue mich schon darauf, mehr von den Unverbesserlichen lesen zu dürfen.

Bewertung vom 01.11.2022
Shorty
Maurer, Jörg

Shorty


ausgezeichnet

Wer glaubt an den Weltuntergang?
Das sehr minimalistische Cover gibt Rätsel auf, denn es wird ein Roman in einer Konservendose im Zentrum auf schwarzem Hintergrund präsentiert. Dazu der Name des Autors und des Protagonisten Shorty in riesigem grellen Weiß. Wer den Roman gelesen hat, weiß allerdings, was es damit auf sich haben könnte!
Der Autor, Jörg Maurer, war mir bisher unbekannt, umso mehr war ich von seinen ganz unüblichen erzählerischen Regeln und seinem hintergründigen Witz begeistert. Natürlich kann man davon ausgehen, dass seine Rolle als Kabarettist ihn dazu angespornt hat.
Wir haben hier also ein völlig neuartiges Werk vor uns liegen. Besonders gefallen mir die Faktenchecks zwischendurch und die sehr originelle Idee, die einzelnen Kapitel mit Weltuntergangsszenarien von bekannten Personen oder auch aus bedeutenden Schriften einzuleiten. Somit wird der Leser immer wieder mit der Nase darauf gestoßen, welches die zugrundeliegende Problematik ist, allerdings mit einem Augenzwinkern.
Der Protagonist Shorty ist in beruflicher wie privater Hinsicht ein Loser. Der Autor hat ihn sehr gut und individuell charakterisiert. Als er den Auftrag erhält, Sabotage zu begehen, um die Welt zu retten, hinterfragt er die Aktion nicht, fühlt sich geschmeichelt und ist beleidigt, dass man ihn für die gefährliche, gescheiterte Aktion verantwortlich macht. Er ist äußerst naiv, lässt sich fremdsteuern und bleibt ein völlig unbedeutendes Rädchen in einer riesigen Maschinerie. Schließlich landet er in unbekannten Universen und erhält einen völlig anderen Blick auf unsere Welt, unsere Gesellschaft. Somit wird aktuelle Gesellschaftskritik mitverarbeitet, was mich begeistert hat.
Es gibt aber auch andere gut gezeichnete Charaktere, zwar rätselhaft, aber in sich stimmig und glaubwürdig.
Spannung wird dadurch erzeugt, dass nach und nach die Informationen zu einem Ganzen zusammengefügt werden. Der Leser bleibt also gerne am Ball! Dieses Werk ist sehr fantasievoll, unterhaltsam, aber auch etwas aberwitzig. Es kann dem Bereich Fantasy zugeordnet werden.
Ich konnte mich mit dem angenehmen, spritzigen Schreibstil und dem sehr speziellen Witz sehr schnell anfreunden und habe das Werk in kürzester Zeit verschlungen.
Eine absolute Leseempfehlung von mir für die Leserinnen und Leser, die auch einmal das Andersartige und Besondere ausprobieren wollen.

Bewertung vom 31.10.2022
Lektionen
McEwan, Ian

Lektionen


ausgezeichnet

Manipulation, Individuum und Politik.
Nachdem ich im Urlaub den letzten “Schätzing” mit 727 Seiten gelesen hatte und häufig unbekannte technische Termini nachgoogeln mußte, erschien mir “ Lektionen” von Ian McEwan unkompliziert, obwohl dieses Werk mit über 700 Seiten, eines mir bis dahin unbekannten Autors, durchaus eine Herausforderung darstellt.
Das Cover spielt wohl auf die Klavierstunden mit seiner Lehrerin, Miriam Cornell, an, die große Auswirkungen auf sein späteres Leben haben. Das Cover in schreienden Farben ist sehr passend zur Lektüre gewählt, also ein Hingucker.
Dieser Roman beschreibt die komplette Lebensgeschichte des Roland Baines, eines fiktiven Charakters, dessen privates Leben mit seinem häufigen Auf und Ab dem Leser dargelegt wird. Dabei nimmt der Autor auf das politische und gesellschaftliche Leben der letzten 80 Jahre Bezug. Das hat mir an diesem Roman besonders gut gefallen, denn ich mag Werke mit realhistorischen Bezügen, deren Rekapitulation einen wertvollen Bildungswert enthalten.
Roland Baines strebt als Erwachsener einen Idealzustand, ein unbeschreibliches Glücksgefühl, an, dass er durch Miriam kennengelernt hatte, und jetzt wieder erreichen will. Jedoch scheitert er immer wieder, bis er durch die Heirat mit Alissa am Ziel seiner Träume zu sein glaubt. Aber es folgt wieder eine Enttäuschung, da sie ihn verlässt und ihn mit dem gemeinsamen Baby zurücklässt, denn sie strebt nach beruflicher Selbstverwirklichung. McEwan verarbeitet hiermit auch das Motiv in der moralischen Verwerflichkeit eines Individuums aus persönlichen, egoistischen Lebenszielen.
Als Charakter wird Roland Bains sehr vielschichtig dargestellt. Der Leser erlebt seine Entwicklung in Rückblenden, die uns sein “Problem” und die daraus seine resultierende Zerrissenheit darlegen, welches im Verlauf der Geschichte immer mehr beschrieben wird. Sein innerer Bewußtwerdungsprozeß wird verdeutlicht und seine Selbstreflexionen über seinen psychischen Zustand.
Die Sprache ist sehr abwechslungsreich. Es wechseln sich Passagen mit philosophisch anmutenden Betrachtungen auf hohem intellektuellem Niveau mit einfacher Narration und Dialogen ab.
Dieses Werk hat mir gut gefallen. Es wendet sich an anspruchsvolle Leserinnen und Leser, die ein wenig literarische Vorbildung haben sollten, denn es wird häufig auf Schriftsteller, besonders aus dem englischen / irischen Sprachraum, Bezug genommen.

Bewertung vom 05.10.2022
Die Welt kippt
Tschischwitz, Heiko von

Die Welt kippt


ausgezeichnet

Ist die Welt noch zu retten?
Der erste Roman von Heiko von Tschischwitz ist realitätsnah mit höchst interessanten und beängstigenden politischen Hintergründen, welche die sehr unterschiedlichen Interessen des Westens und Chinas hinsichtlich der Klimakatastrophe deutlich machen.
Das Werk ist gut recherchiert und betrachtet die Umweltproblematik aus verschiedenen Blickwinkeln. Dabei wird die Frage aufgeworfen, ob alle ernsthaft versuchen, die Welt zu retten oder einige nur an ihren Profit denken.
Das tiefrote Cover stimmt perfekt mit seiner Farbwahl auf das Thema Hitze und Klimawandel ein. Ein Hingucker in jedem Buchladen!
Mal ganz abgesehen vom Inhalt ist dieser Text sprachlich überzeugend. Ein rasanter Start und ein tolles Ende! Der Spannungsbogen wird kontinuierlich aufgebaut, man ist beim Lesen sofort dicht an den Figuren dran und kann sich mit manchen identifizieren. Einige Figuren sind allerdings etwas flach.
Die Dialoge sind lebendig und authentisch, der Text entwickelt einen unglaublich starken Sog, und man will unbedingt wissen, wie es weitergeht.
Der Text ist nicht unnötig mit Nebensächlichkeiten aufgebläht, deshalb ist es leicht, am Ball zu bleiben.
Würze erhält dieser Roman durch plötzliche Wendungen, Überraschungseffekte und viel Unvorhergesehenes. Dieses brandaktuelle Thema hat mich in der hier ausgefertigten Fassung völlig überzeugt.

Bewertung vom 26.08.2022
Das Funkeln der Sehnsucht / New Hope Bd.4
Bloom, Rose

Das Funkeln der Sehnsucht / New Hope Bd.4


ausgezeichnet

Kleines Glück auf Umwegen
“ New Hope - Das Funkeln der Sehnsucht” ist Band 4 der “New Hope Reihe” der Autorin Rose Bloom.
Ich hatte schon viel von den Vorgängerbänden gehört, jedoch ist dieser gefühlvolle Liebesroman, gespickt mit Kritik am amerikanischen Schulsystem, das erste Werk, welches ich von dieser Autorin mit Begeisterung in kurzer Zeit verschlungen habe.
Das helle Blau des Covers wirkt beruhigend und die Haptik birgt einen Überraschungseffekt. Es passt perfekt zu dieser Handlung.
Das Setting ist die fiktive Kleinstadt New Hope in den USA, die gut vorstellbar beschrieben wurde.
Die Charaktere sind der Autorin prima gelungen.
Besonders in den Protagonisten Jackson, ein Arzt, konnte ich mich gut hineinversetzen. Während seiner Schulzeit war er ein Mobbingopfer und er hat den Ort verlassen. Jetzt ist er notgedrungenermaßen zurückgekehrt, da er dort von seiner Tante, bei der er aufgewachsen ist, eine kleine Pension in diesem Ort geerbt hat. Aber es überfallen ihn all die schlechten Erinnerungen an seine Schulzeit dort.
Die weibliche Protagonistin ist Cassie, die Jackson von früher kennt. Der Roman wird aus den Sichtweisen der beiden Hauptprotagonisten geschildert. Rückblenden dienen der besseren Beleuchtung des Seelenzustandes von Jackson, der Handlung generell. Diese Liebesgeschichte ist gespickt mit vielen Gefühlen und Emotionen, ohne kitschig zu wirken. Deshalb habe ich das Werk sehr gerne gelesen, zumal der locker zu lesende Schreibstil eine zügige Lektüre ermöglicht.
Ich habe große Lust, auch die 3 Vorgängerbände zu lesen. Generell leichte Sommerlektüre, aber auch mit Tiefgang, die ich jeder romantisch angehauchten Leserin empfehlen kann.

Bewertung vom 20.08.2022
Die Rückkehr der Kraniche
Fölck, Romy

Die Rückkehr der Kraniche


ausgezeichnet

Natur in der Elbmarsch
Dieser Familienroman mit seiner norddeutschen Atmosphäre hat alle meine Erwartungen erfüllt. Bereits das Cover vermittelt eine entschleunigende Atmosphäre voller Romantik und Melancholie. Die wunderschön beschriebene Natur im Hamburger Elbumland, mit allen dort lebenden Tieren, lässt den Leser in eine fremde Welt eintauchen. So ist auch die Dorfatmosphäre, die jeden diskreiminiert, der sich nicht genau spurgenau verhält, sehr realistisch beschrieben.
Das alte Haus inmitten der Elbmarsch ist das Zuhause der 50-jährigen Vogelwartin Greta und Wilhelmine, Wilhelmine, ihrer sehr herrischen, alten, Mutter die immer schwächer wird. Ihre Schwester Freya, die sich dem bedrückenden Dorfleben entziehen konnte und Karriere in Berlin gemacht hat, kommt zu Besuch, ebenso wie Anne, ihre in Bremen dauerstudierende Tochter. Sie wollen Wilhelmine in ihrer vermutlich letzten Zeit beistehen.
Alle Frauen hatten völlig verschiedene Lebensentwürfe, teils gewählt, teils aus der Not heraus geboren. Sie werden sehr authentisch beschrieben. Besonders gut gefällt mir die Beschreibung von Wilhelmine, die ihre Töchter allein durchbringen musste. Sie steht für viele Frauen auf dem Lande in der Nachkriegszeit, die niemals die Chance hatten, sich selbst zu verwirklichen, geschweige denn ihr Dorf zu verlassen. Zu Arbeit von früh bis spät waren sie verdammt.
Der Perspektivwechsel gibt einen guten Einblick in das jeweilige Seelenleben der vier Hansen - Frauen. Wird Greta noch ungelebte Träume verwirklichen können? Auch sie hat immer in dem abgeschiedenen Dorf gelebt und hat den Resthof in Schuss gehalten. Die Themen sind auch das Älterwerden, der unerfüllte Kinderwunsch, ein unterdrücktes Liebesleben, das Verlassenwerden und Neuorientierung.
In allen Frauen stecken viele Geheimnisse. Aber werden sie ihr Leben verändern können, zumal das Reden miteinander schwerfällt?
Allen ist auf ihre jeweilige Weise die Natur wichtig Grete als Vogelwartin, Freya verkauft grüne nachhaltige Produkte, Anne studiert Umweltfragen, Wilhelmine ist nur in dieser grünen Landschaft glücklich.
Der ruhige sehr bildhafte Erzählstil ist Balsam für die Seele, ohne langweilig zu sein, denn man ist immer auf den Fortgang der Erzählung gespannt und wartet auf die sich sehr langsam anbahnende emotionale Annäherung der Frauen, die teilweise unnahbar wirken. Also typisch norddeutsch?
Ich kann dieses Werk Jedem empfehlen, der an komplizierten Familiengeschichten interessiert ist und einen Einblick in die Natur der norddeutschen Elbmarsch schätzt. Mich hat dieser Roman sehr begeistert, daher 5 Punkte