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honigbaerchen99
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Syke
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Ich bin eine kleine "Leseratte". Ich freue mich, wenn ich ein gutes Buch entdeckt habe und meine Freude mit anderen Lesern teilen kann.

Bewertungen

Insgesamt 37 Bewertungen
Bewertung vom 23.03.2022
Den Wölfen zum Fraß
McGuinness, Patrick

Den Wölfen zum Fraß


ausgezeichnet

Es ist mir zu Anfang nicht leicht gefallen, mich in das Buch einzulesen. Aber je weiter man sich einliest, desto fesselnder wird die Geschichte und auch bedrückender die Aussagen.

Eine junge Frau wird ermordet und schnell bietet sich der Öffentlichkeit und Presse der pensionierte ehemalige Lehrer, Mr. Wolphram, des Elite College "Chapelton" als Schuldiger an, einfach weil er anders ist.
Schnelle Schmierblätter und eine "Online-Kloake" machen ein Raubtier aus ihm, verbreiten für Geld Lügen, schüren den Hass gegen ihn und hetzen das ganze Land auf. Die Presse betreibt Rufmord und macht ihn zum Täter, bevor er überhaupt angeklagt wurde.
Die beiden Ermittler Ander und Gary-wie sie unterschiedlicher nicht sein können- beginnen aber zu zweifeln.

Dabei kennt Ander den Lehrer als einen der wenigen anständigen Menschen aus seiner Zeit als College Schüler in den 80iger Jahren.
Es kommen bei ihm schmerzhafte Erinnerungen hoch.

Der Roman spielt auf zwei Zeitebenen: Die aktuelle und die schlimmen Erinnerungen des Collegeschülers Ander.

Ander wird vor dem College von seinen Eltern "abgekippt" weil es eben Tradition und Vermächtnis ist und die Eltern das gleiche durchmachen mussten.

Es gibt im College einige Alptraum Lehrer, z.B. wie den Doc, Mr.Monk, der ein Sadist ist, kleingeistig und rachsüchtig. Er freut sich, nach "wissenschaftlichem Ansatz" den Jungen Schmerzen zuzufügen.
Jungen mit Stipendium fürchtet er besonders, da sie sich seiner Verformung durch Leute wie ihn widersetzen. Das Umkehren von Störenfrieden nennt er seine Spezialität. Als Jugendlicher war er der "looser" , nun rächt er sich an allen und missbraucht seine Macht. Er nennt es Autorität, Führung und Respekt. Es mündet in einem Pseudo-Hinrichtungsprozess für einen Schüler, der von ihm vor der Klasse erniedrigt wird. Der Doc hat Schüler, die sich von ihm vor den Karren spannen lassen.
Der Rektor unternimmt nichts und nennt es "Episode". Später stellt sich heraus, dass der Rektor, Mr. Goodship , diese schlimme Tradition der Klassenzimmer-Rechtsprechung und Pseudo-Hinrichtung seinerzeit ebenfalls durchgeführt hatte an dem Schüler Mr. Wolphram, weil dieser Schüler mehr wusste als die Lehrer und daher anstrengend war.
Konsequenzen gab und gibt es keine.

Die Eliteschule ist wie ein Miniaturstaat nach Kolonialmodell: Der blinde Rektor an der Spitze -von Beauftragten abgeschirmt von der Realität. Dann Lehrer, die nur arbeiten wollen und dann Aufsichtsschüler mit Sub Aufsichten ,einem Trupp von Reserve-Jasagern. Darunter befinden sich alle anderen.

Das ganze Land funktioniert genauso -oben im Houses of Parliament, bei Banken und auf Landsitzen, auf dem Richterstuhl und auf Rednertribünen.

Die Dinge sind nie ganz vorbei aber es gibt Hoffnung : Es ist nicht zu spät, die Dinge zu verändern.

Das Buch und die Geschichte haben mich sehr beindruckt und auch betroffen gemacht, obwohl es nicht einfach ist, es zu lesen und zu verstehen.
Und zum Schluss der Ausblick auf die Hoffnung einer Veränderung ist ermutigend.

Bewertung vom 07.03.2022
Das verschlossene Zimmer
Givney, Rachel

Das verschlossene Zimmer


sehr gut

Das Cover hatte mich sofort angesprochen, denn es deutet auf ein Geheimnis hin.
Der Roman findet an zwei Orten und auf zwei Zeitebenen statt: 1. Lemberg in den 1920iger Jahren zu Polen gehörend und
2. Krakau, Polen, Ende der 1930iger Jahre.

Es beginnt in Krakau 1939, wo Marie als junge Frau zusammen mit ihrem Vater Dominik Karski lebt. Der Vater, ein bekannter Arzt in einem Krankenhaus in Krakau, hat ein brisantes Geheimnis zu verbergen. Und Marie möchte endlich von ihm wissen, wer ihre Mutter war. Auch das ist ein großes Geheimnis, das der Vater ihr nicht verrät.
Marie begibt sich auf die Suche und rebelliert gegen ihren Vater, der sie gegen alles beschützen möchte. Etwas merkwürdig ist es, dass der Vater sie immerzu bekocht und sogar ein Kleid für sie näht. Im nachhinein ergibt das allerdings einen Sinn. Denn ihr Vater ist nicht der, für den er sich für die Welt und für Marie ausgibt.

Marie- ist es heroisch oder einfach naiv- lässt sich für ihre Liebe zum Judentum konvertieren und verschließt ihre Augen vor den Gefahren. Diese bekommt sie selbst zu spüren, als Bekannte die sie bislang respektierten, nun übel beschimpfen und eine lebensgefährliche Hetzjagd auf sie veranstalten.

Parallel wird die traurige Geschichte von Helena- der Mutter von Marie- erzählt, die aber schlussendlich durch das Wagnis einer Lüge die Wendung ihres Schicksals und das ihrer Tochter herbeiführen kann. Das die Lüge allerdings zu jener Zeit geklappt haben kann, ist meines Erachtens sehr unglaubwürdig.

Die Handlung ist eine bunte Mischung aus einer Liebesgeschichte, dem Thema Repressalien gegen Frauen und Missbrauch, Darstellung des gesellschaftlichen Lebens in Polen, Einblicke in jüdische Glaubenspraxis und Antisemitismus gegenüber Juden in Polen kurz vor dem Einmarsch des Deutschen Reiches in Polen im September 1939.

Insgesamt gibt es Licht und Schatten bei diesem Roman, denn unglaubwürdige Handlungen ( z.B. Dominik, der noch nie geschossen hat, trifft bei jedem Schuss, weil er vorher ein Buch gelesen hat) wechseln sich mit spannender und interessanter Romanhandlung ab.
Insgesamt war der Roman flüssig und gut zu lesen.

Das Ende ist auf jeden Fall eine Überraschung für den Leser!

Bewertung vom 11.02.2022
Die dritte Hälfte eines Lebens
Herzig, Anna

Die dritte Hälfte eines Lebens


sehr gut

Die Geschichte hat mich teilweise sehr ergriffen und dieses fiktive schlimme Dorf Krimmwing könnte überall sein.

Ausgegrenzt werden die Menschen, die anders sind als die Dörfler. Eine dunkle Hautfarbe haben wie der kleine Seppi, 3 Brüste wie die Liesl im Roman oder der Lorenz Karl Ignatius Rathbauer, der eine Frau sein möchte. Er muss dies aber vor dem Dorf verstecken, denn sonst endet es böse für ihn. Seine Eltern verstehen es auch nicht und es setzt Prügel.

Schon die Kinder mobben diejenigen, die anders sind und beschimpfen und drangsalieren sie bis zur Folter. Die Erwachsenen fühlen sich in ihrer Dorf-Gemeinschaft sicher und sehen lieber alle weg, anstatt einzuschreiten. Gottseidank sind es ja die anderen, die drangsaliert werden und nicht man selbst.
Lieber mit dem Strom schwimmen und nicht auffallen.

Dieses Verhalten kann man überall finden aber vielleicht besonders in konservativen dörflichen Gemeinschaften.
Hinterher stellt man sich im Dorf hin und sagt, wenn man das gewusst hätte, ja dann hätte man .......
Das ist so feige, entspricht aber leider der menschlichen Natur.

Die Autorin skizziert die Charaktere eindrucksvoll, so dass der Leser sie sich sehr gut vorstellen kann.
Die Sätze und der Schreibstil sind bemerkenswert.
Nichts ist zuviel oder zuwenig. Die Betonung erfolgt oft durch kurze nüchterne Sätze. Und oft schwingen Poesie und Metaphern mit , wie z.B. "An jedem Wochenende liegt das Kind im Bett und zählt seine Zehen, begutachtet die Farben seiner Nägel, die ihm die Mutter an Tagen lackiert, an denen das Lachen sie besucht und einige Stunden bleibt."

Oft habe ich etwas zweimal gelesen um zu erahnen, was gemeint ist.

Es ist ein kleines Buch aber mit um so mehr Sprengkraft, Intoleranz aufzuzeigen.
Ich bin ziemlich beindruckt und gebe eine klare Leseempfehlung ab.

Bewertung vom 12.01.2022
Unser kostbares Leben
Fuchs, Katharina

Unser kostbares Leben


ausgezeichnet

Das Cover des Buches und den Titel finde ich sehr gelungen.

Der Roman beginnt in den siebziger Jahren und endet Anfang der achziger Jahre in der Bundesrepublik Deutschland und beschreibt die Unruhen und politischen Umbrüche der Zeit aus den persönlichen Perspektiven jeweils der beiden Familien des Bürgermeisters und des Schokoladenfabrikanten des kleinen hessischen Städtchens Mainheim, in der Nähe Frankfurts.
Hauptprotagonistinnen sind Caro, die Tochter des Schokoladenfabrikaten, die Adoptivtochter Claire-ein vietnamesisches Waisenkind aus dem evangelischen Mainheimer Kinderheim- und Minka, die Tochter des Bürgermeisters.

Die Mädchen werden früh in ihrer kleinen Stadt mit vergiftetem Flusswasser durch Einleitung ungeklärter Chemie-und Abfallgewässer durch die Schokoladen-und Chemiefabrik, giftigen Dämpfen, üble Gerüche, verödeten Landschaften und Tiersterben durch Planierung der Rückzugs-und Feuchtgebiete, Sterben der Umwelt und Natur konfrontiert. Außerdem stoßen sie auf erschreckende Tierversuche und später auf Medikamentenversuche und Experimente an Heimkindern.
Caro recherchiert später, dass es gesetzlich nicht eindeutig war, dass die Versuche Anfang der 70iger illegal waren. Dies wurde erst sehr viel später gesetzlich festgelegt.

Die skrupellose "Ärztin Lavalette" ordnet jedenfalls Ethik Menschlichkeit und Gewissen dem Dienst der Wissenschaft und ihrer Karriere unter. Sie hat kein schlechtes Gewissen, sondern sie fühlt sich als "Schöpferin von morgen, die die Welt der Zukunft gestaltet, Erbkrankheiten ausmerzt", also als ein guter Engel.
Hier ist meines Erachtens eine Anlehnung an dien Nationalsozialismus zu sehen, der es ebenfalls so gehandhabt hatte. Das es sich um ein "kirchliches Heim" handelt, in dem der Missbrauch stattfindet, ist zusätzlich zu vermerken.

All dies ist auch möglich weil ein Netzwerk bestehend aus sechs Kumpels bzw, Skatbrüdern ,u.a. der Bürgermeister, der Schokoladenfabrikant, Direktor des Chemie-und Pharmariesen, gemeinsam "klüngeln". Die Schuld und Verantwortung an dem Unfall im Schwimmbad Anfang der 70iger wird vertuscht und Mutter und Opfer werden außer Sicht abgeschoben.

Durch den vom Bürgermeister herbeigeführten Strukturwandel -es besteht Anfang der 80iger Jahre in Mainheim eine zerklüftete Industrielandschaft mit Arbeiterstadt und schädlichen Umweltfeinflüssen, Überalterung, Abwanderung - fragt man sich später, wer überhaupt noch in Mainheim wohnen möchte. Das muss sich auch der ehemals auf den Strukturwandel so stolze Bürgermeister fragen.

Politische Hintergründe der Zeit sind die Proteste des Vietnamkrieges, Aufnahme von vielen Flüchtlingen nach Ende des Vietnamkrieges, Industrieunfälle in Seveso, Unruhen und Sprengstoffanschläge durch Rechtsextreme, dann wieder der kalte Krieg, Rüstungswettlauf und Afghanistan.
Die Aufzählung könnte man sicherlich bis heute fortführen.

Jede der Mädels im Roman geht seinen Weg und aus der Rebellin Minka wird Kommunalpolitikerin für die Grünen.
Die Friedensbewegung hat ihren Anfang Beginn der 80iger Jahre und der Erhalt von Natur und Umwelt rückt endlich mehr in das Bewusstsein der Menschen.

Der Roman ist sehr gut geschrieben und berührt sehr viele Probleme.
Durch die einzelnen Sichtweisen kann man sich die Figuren sehr gut und persönlich vorstellen. Es wurde bei mir jedenfalls anschauliches Kopfkino ausgelöst.

Ich halte dieses Buch für sehr wichtig und eindringlich und ich kann jedem nur empfehlen, es zu lesen.

Bewertung vom 12.12.2021
In ewiger Freundschaft / Oliver von Bodenstein Bd.10
Neuhaus, Nele

In ewiger Freundschaft / Oliver von Bodenstein Bd.10


ausgezeichnet

Wenn ewige Freunschaft zu ewiger Feindschaft wird-- spannend er Krimi bis zum Ende.

Die beiden Kommissare Pia Sander und Oliver von Bodenstein ermitteln in einem Mordfall und werden mit den düsteren Geheimnissen des Verlagshauses Winterscheid und den Besitzern und Freunden des Verlags konfrontiert.

Der Inhaber Winterscheid hatte den Verlag von Liebman ,einem jüdischen Verleger, übernommen in Zeiten des Nationalsozialismus. Die Frage ist zu welchem Preis das damals geschehen ist. Haben sich die Winterscheids damals bereichert? Ein reiner Gefallen wird dies nicht gewesen sein.

Weitere Abgründe tun sich auf. Angeblich ewig währende Freundschaften outen sich als Feindschaften mit Lügen, Erpressung, Missbrauch und Mord.

Was als ewige Freundschaft begann zwischen jungen Leuten, die sich aus Schule und Uni kannten und den Sommerurlaub zusammen auf der französischen Insel Noirmoutier verbrachten, endet mit Misstrauen, Lügen, Erpressung, Vertrauensbrüchen und Mord.
Erst ganz langsam beginnen sich die Puzzleteile an ihren Platz zu legen und die beiden Kommissare werden mit den Abgründen, die sich auftun, konfrontiert.

Sehr gut gelungen ist der Autorin der Wechsel zwischen den Ermittlungen und dem Privatleben der beiden Kommissare mit deren teilweise schwerwiegenden Problemen- vor allen Dingen für Oliver von Bodenstein, dessen Ehe total zerrüttet ist. Der Leser kann den Stress sehr gut nachempfinden.

Sehr interessant fand ich, dass man als Außenseiter (=Leser) in ein Verlagshaus mit seinen Tätigkeiten, Mitarbeitern, Autoren, Lektoren und den Literaturagenten hineinschauen kann, denn das ist dem einfachen Leser nicht ganz so ersichtlich.

Dass Carl der Verlagshauserbe den Verlag von Winterscheid wieder in Liebman-Verlag umbenennt, zeigt die klare und wahre Richtung, die er künftig gehen will.

Das Personenregister, das ganz zu Anfang aufgelistet ist, fand ich vor allen Dingen zu Beginn des Buches sehr hilfreich.

Der Krimi war jedenfalls so spannend, dass ich das Buch kaum aus der Hand gelegt habe.

Bewertung vom 12.11.2021
Revolution der Träume / Wege der Zeit Bd.2
Izquierdo, Andreas

Revolution der Träume / Wege der Zeit Bd.2


ausgezeichnet

Ich habe den ersten Band der "Wege der Zeit" Reihe von Andreas Izquierdo zwar nicht gelesen, konnte mich aber im zweiten Band "Revolution der Träume" ganz flüssig in das Leben von Carl, Artur und Isi einlesen.

Es ist Berlin 1918 zur Zeit Ende des ersten Weltkriegs.
Die Zeit ist geprägt von Unruhen, Putschversuchen, Umstürzen und Blutvergießen zwischen Spartakisten und Militärs. Das Volk steht dazwischen.
Es war Frieden- aber doch nicht wirklich Frieden.
Die Menschen starben Tag für Tag an Hunger und /oder an der Spanischen Grippe.
Die Nation lag am Boden und kämpfte mit den harten Waffenstillstandsbedingungen des Versailler Vertrags- mit den Folgen des sogenannten "Schandfriedens", wie ihn einige bezeichneten. Damit verspritzten sie das Gift des Hasses und die Schuld am Ausgang des Krieges und seinen Folgen wurden allein "den anderen" zugeschoben.
Zitat Seite 224 "...das große Leid der Verstümmelten und Hungrigen in Verbindung mit einer politisch gespaltenen Republik waren der Humus, auf dem der Hass gedeihen konnte."

Inmitten dieses Chaos finden sich Carl, Arthur und Isi in Berlin wieder und treffen aufeinander. Der Krieg hat bei allen dreien Spuren hinterlassen aber sie halten weiterhin fest alle drei zusammen gegen alle widrigen unterschiedlichen Umstände, die alle drei in Berlin durchleben..

Der Roman und die Historie werden aus der Sicht von Carl Friedländer in der Vergangenheitsform erzählt. Carl hat das unverschämte Glück, für die UFA zu arbeiten-später sogar als Kameramann.
Die Aktion des Sturzes des Kaisers, die Erstürmung des Schlosses sowie einige wenige andere Kapitel werden von Carl in der Gegenwartsform erzählt.

Es ist ein Roman mit faktisch gut dargestelltem historischen Ereignissen und die Lebensgeschichte der drei Freunde ist perfekt integriert. Man fühlt mit den drei Freunden in den verschiedenen Situationen mit, die auch manchmal komisch sind und wo man sich manchmal ein Schmunzeln nicht verkneifen kann.

Ich bin jedenfalls jetzt schon sehr gespannt auf die Fortsetzung und den dritten Teil der historischen Reihe um Carl, Artur und Isi. Eines weiß man- leichter werden die drei es zukünftig auch nicht haben.

Bewertung vom 19.10.2021
Wie schön wir waren
Mbue, Imbolo

Wie schön wir waren


ausgezeichnet

In dem kleinen afrikanischen Dorf in Kamerun namens Kosawa (Name ist fiktiv) war es früher wunderschön- schöne Umgebung, grüne Hügel, viele Tiere und Menschen frei von Angst und Sorgen, die in diesem Dorf lebten.

Dann hatte die Regierung von Kamerun das Land per Dekret beschlagnahmt und an den amerikanischen Ölkonzern Pexton für Ölbohrungen freigegeben. Die Bewohner hatten keinerlei Mitspracherecht.

Schon lange vor den Ölbohrungen wurden dessen Bewohner von europäischen Herren zwangsweise zur Arbeit in Kakaoplantagen rekrutiert und versklavt. Europa brauchte Kautschuk.

Dann führten jahrelange Ölbohrungen dazu, dass die Luft mit Ruß gefüllt ist, Fluss und Land vergiftet sind und das Wasser nicht mehr trinkbar. Kinder und Erwachsene sterben schnell.
Den Bewohnern wurde Reichtum von der Regierung und "Seiner Exzellenz" versprochen aber die Einzigen, die sich die Taschen füllen, ist die Regierung und der Ölkonzern.
Für die Bewohner ist es ein Fluch, das Öl unter ihrem Land zu haben, sie zahlen den Preis.

Erst spät wird der Zusammenhang zu den Ölbohrungen von den Dorfbewohnern erkannt.
Die andauernden leeren Versprechungen reichen irgendwann den Dorfbewohnern, die sich auflehnen. Aber Gesandte des Dorfes kehren von dem Regierungssitz nicht zurück und im Dorf findet ein Massaker durch Soldaten statt.

Durch Zeitungsartikel und durch Thula, die in Amerika studiert, wird die Geschichte Kosawas bekannt aber die "Aktion Neuanfang Kosawas" bringt über die Jahre keinen Sieg über Pexton zustande.
Bei einem juristischen Rechtsstreit sagt die amerikanische Richterin, sie hätten sich aus dieser Sache herauszuhalten und Drohungen Amerikas und Europas sind ein zahnloser Tiger, denn immerhin haben sie "Seiner Exzellenz" Kredite gewährt, um zu gemeinsamen Reichtum zu gelangen.

Thula kehrt in ihre Heimat zurück, um zu kämpfen.
Ihr Bruder Juba geht einen entgegengesetzten Weg mit seiner Arbeit in der Regierung. Er stellt aber fest, das das Land keine Chance hat wegen Korruption und Umleitung aller Gelder auf private Konten. Also beginnt auch er sich nur noch möglichst schnell möglichst viel in seine Taschen zu stopfen, um sich mit seiner Familie davonzustehlen.

12Jahre nach Thulas Rückkehr bleibt das Dorf vergiftet. 40 Jahre nach Aufbegehren der Dorfbewohner leben ihre Kinder in Amerika und Europa und fahren größere Autos denn je. Sie lachen und können sich nicht vorstellen, dass es irgendwann kein Öl mehr unter der Erde gibt.

Die einzelnen Kapitel werden aus der Perspektive des Mädchens Thula und ihrer Familie sowie den Kindern Kosawas erzählt.

Der Roman ist gut geschrieben und das Thema meiner Meinung nach aktueller denn je.

Bewertung vom 28.09.2021
Der schwarze Winter
Lindemann, Clara

Der schwarze Winter


ausgezeichnet

Das Cover mit den Trümmern der Stadt Hamburg ist sehr passend zum Roman gestaltet.

Silke und ihre jüngere Schwester Rosemarie werden als 1946 Vertriebene aus der Stadt Danzig wie viele andere auch damals bei Bauern untergebracht.
Hier müssen sie aber schuften und leiden trotz der vielen Arbeit trotzdem Hunger. Sie werden ausgebeutet, missbraucht, ausgenutzt und als diebisches Flüchtlingspack und Bettler-Gesindel beschimpft.

Als der Bauer Rosemarie vergewaltigen will flüchten beide Schwestern nach Hamburg in die völlig zerstörte Stadt. Hier versuchen sie sich mit Hilfe von Friseur Hans und Gustav ein neues Leben aufzubauen.

Aber das Leben in der britisch besetzten Stadt ist geprägt von Hunger und Armut.
Das einzige was funktioniert ist der Schwarzmarkt.

Die Nazis haben immer noch ihre Seilschaften und treten nur in einem anderen Gewand auf. Die Gestapo gab es nicht mehr, aber die Folterknechte gab es immer noch.
"Sie reihten sich leise und unbemerkt wieder in die Gesellschaft, als hätten ihre Verbrechen nie stattgefunden."

Ein Thema im Roman ist die fehlende Entnazifizierung kirchlich geführter Heime.
Es terrorisierten immer noch die gleichen Leute wie vorher in der Hitlerzeit die Zöglinge.
Und die Heime mit kirchlichen Trägern hatten sich dem menschenverachtenden Regelwerk der nationalsozialistischen Fürsorgeerziehung untergeordnet und es herrschte Drill, Züchtigung und Strafe bis der Wille gebrochen war.

Die Themen sind von der Autorin gut erarbeitet und der Schreibstil der Autorin ist flüssig und hat mir gut gefallen. Aufgrund der Spannung konnte ich das Buch kaum aus der Hand legen.

Ich empfehle dieses Buch sehr zum Lesen.

Bewertung vom 25.09.2021
Was bleibt, wenn wir sterben
Brown, Louise

Was bleibt, wenn wir sterben


ausgezeichnet

***Hilfestellung im Annehmen von Tod und der eigenen Endlichkeit- kein Leben ist ohne Verlust****

Dieses Buch ist ein großes Geschenk für mich, denn es befasst sich einfühlsam und empathisch mit dem oft Tabu-Thema Tod, Sterblichkeit und dem Annehmen der eigenen Sterblichkeit .

Viele Jahre war der Tod im Alltagsleben der Autorin nicht präsent, dann kommt alles anders.
Die Autorin hat sich durch einen Bruch in ihrem Leben- den Tod ihrer Eltern- gewandelt von der Journalistin zur Trauerrednerin.

Sie gibt in verständlichem gutem Schreibstil in vielen Kapiteln Hilfestellung und Mut anhand ihrer eigenen Lebensgeschichte aber auch anhand vieler anderer beispielhaften Lebensgeschichten, die geprägt sind von Brüchen im Leben, Schicksalsschlägen aber auch von Neuanfang, Glücksmomenten, Durchhaltevermögen und Widerstandskraft.

Es gibt unzählige kleine und große Weisheiten in diesem Buch, die ich beispielhaft erwähnen möchte:
"Manchmal müssen wir uns ins Auge des Sturms begeben, um aus ihm wieder herauszukommen."
"Das Leben ist nicht etwas, was einem passiert."
"Der Schmerz über den Verlust verschwindet nicht aber mit der Zeit nimmt die Liebe immer mehr Raum ein, so dass die Trauer erträglicher wird."

"Leben ist das Bedürfnis nach Bedeutung, Von Bedeutung zu sein, nach dem Tod und vor allem im Leben. Am wichtigsten ist die Person, die ich jetzt bin, so wie ich im Leben stehe, der Mensch der fehlbar ist."

Es gibt noch unendlich viel Tröstliches und Hoffnungsvolles in dem Buch und ich habe mich sehr oft wiedergefunden.
Zum Beispiel ist Lebenshumor eine Fähigkeit, Würde und Stolz zu bewahren, "das Leben etwas weniger ernst nehmen, als es ohnehin schon ist".

Die Autorin sagt von sich, dass sie selbst das Wissen ermutigt, "dem Tod nicht vollkommen ausgeliefert zu sein", denn wir können selbst bestimmen und mitteilen, wie wir gern sterben möchten. Sie ermutigt den Leser, sich mit dem eigenen Tod, Sterben und einer Bestattung zu beschäftigen.

Ich gebe eine klare Leseempfehlung !

Bewertung vom 09.09.2021
Der Tod und das dunkle Meer
Turton, Stuart

Der Tod und das dunkle Meer


ausgezeichnet

Ich bin begeistert von diesem Krimi und dieser Geschichte, die sich im Jahr 1634 zur Kolonialzeit und Zeit der holländischen Ostindien Kompagnie abspielt.

Der Ostindienfahrer „Saardam“ tritt die Rückreise von Indonesien-Batavia-nach Amsterdam an. Mit an Bord der Generalgouverneur und seine Familie. Auch dabei eine geheimnisvolle Fracht.

Mit dabei ist der Gefangene Sammy Pipps, seines Zeichens Detektiv, und sein Gehilfe Arent Hayes.
Die Fahrt startet unter keinem guten Stern, sondern mit einer mysteriösen Warnung.
Auf der Fahrt passieren sehr viele unheimliche Dinge und der „Alte Tom“ -wohl als Teufel anzusehen-verbreitet seinen Schrecken unter den Passagieren und führt sie in Versuchungen.

Das Ende und die Auflösungen sind absolut unerwartet für den Leser und der Leser bleibt mit seinen Vermutungen bis zum Schluss weitgehend im Dunklen.

Der Schreibstil und die Geschichte sind sehr fesselnd und ich konnte das Buch bis zum Schluss kaum aus der Hand legen.

In die Geschichte des 17.Jahrhunderts und gleichzeitig in diesen Krimi fällt der Aberglaube jener Zeit, Hexenverfolgungen, eigene Bereicherung jener Hexenjäger, Macht, Gewalt und Gier verbunden mit Skupellosigkeit.

In diesem Roman gibt es starke Frauen die versuchen, ihren eigenen Weg zu finden. Zu jener Zeit durften sie aber nicht ihre Intelligenz zeigen, da sie sonst als Hexen angesehen wurden. Sie durften lediglich das schöne dumme Beiwerk des Mannes sein.
Die Charaktere dieses Krimis sind sehr gut dargestellt und der Leser kann sich gut in die Geschichte hineinversetzen. Immer mehr wird klar, dass die Vergangenheit weiterhin eine Rolle in der Gegenwart dieser Geschichte spielt.

Sehr gut gestaltet und hilfreich fand ich die ersten beiden Seiten mit der Anordnung der Kabinen der Adligen und der Zeichnung des Querschnitts des Schiffes mit den Bezeichnungen der einzelnen Kammern. Und die Zeichnung der Ratten…

Mit der Entzifferung der Beschriftung hatte ich etwas Mühe, da diese wohl in damaliger Schrift verfasst wurde.

Zum Schluss entschuldigt sich der Autor bei der Geschichte und dem Schifffahrtswesen, denn zugunsten des Romans hat der Autor Details der eigentlichen Historie, Technik und Spache ignoriert. Ich finde, dass das nichts ausmacht, sondern dem Roman absolut zugute kommt und ihn nicht vom Wesentlichen ablenkt.

Für mich passt die Bezeichnung „ historische Fiktion“ oder „ die Historie ist Fiktion“ sehr gut zum Buch.

Ich gebe eine klare Leseempfehlung für dieses Buch und freue mich schon auf das nächste spannende Buch des Autors!