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Arizona

Bewertungen

Insgesamt 23 Bewertungen
Bewertung vom 28.03.2021
Das geträumte Land
Mbue, Imbolo

Das geträumte Land


ausgezeichnet

Jende Jonga und seine Frau Neni, Einwanderer aus Kamerun, leben den American Dream. Sie wohnen mit ihrem Sohn in Harlem, und Jende ist Chauffeur eines erfolgreichen Wallstreet-Managers. Er hat eine gut bezahlten Job und so geht es ihnen relativ gut. Er fährt seinen Chef und seine Familie durch die Gegend, und erhält so auch Einblick in das Familienleben der Edwards. Das Leben der Familie Jonda wird dabei anfangs noch als sehr glücklich geschildert, sie sind froh und dankbar in Amerika leben zu können, dem Land der unbegrenzten Möglichkeiten. Das Leben der reichen Edwards dagegen ist überschattet von vielen Problemen, dem Auszug des ältesten Sohnes, der vielen Arbeitszeit des Vaters, Eheproblemen etc. Dann folgt noch die Krise bei Lehmann, der Firma wo Mr. Edwards arbeitet.

Aber auch bei der Familie Jonda kommen Probleme auf, das Asylverfahren läuft nicht so gut, Neni wird erneut schwanger, sie muss ihr Studium abbrechen. Auch Jendes Job gerät in Gefahr, und Existenzängste bestimmen den Alltag. Dunkle Wolken schieben sich vor die Sonne, und der American Dream wird langsam Stück für Stück eher zum Alptraum.

Besonders gut gefallen hat mir an dem Buch die ungewöhnliche Perspektive durch die Sicht des Chauffeurs, so erfährt man z.B. nur indirekt von den Familienproblemen, z.B. durch mitgehörte Telefonate. Das fand ich ganz interessant gemacht. Und auch durch das schwebende Asylverfahren hat sich eine gewisse Spannung aufgebaut. Man nimmt teil am Schicksal der Familie und hofft mit ihnen, dass es ihnen gelingt in den USA zu bleiben. Aber sonst ist das Buch eher ruhig erzählt, obwohl sich doch so einige Dramen abspielen, so habe ich es nicht als kitschig oder überzogen empfunden. Ich fand es sehr real erzählt, eben ohne Dinge zu beschönigen.

Bewertung vom 28.03.2021
Das ferne Feuer
Waldman, Amy

Das ferne Feuer


ausgezeichnet

Die Anthropologie-Studentin Parvin ist fasziniert von dem Bestseller „Mutter Afghanistan“ von Gideon Crane. Der amerikanische Arzt hat Afghanistan bereist und berichtet über seine Erlebnisse in einem kleinen Bergdorf. Dort ist die Todesrate bei schwangeren Frauen sehr hoch. Mit Hilfe von Spendengeldern kann er im Dorf eine Klinik für Frauen bauen. Parvin stammt selbst aus Afghanistan, ihre Eltern sind jedoch mit ihr im Alter von einem Jahr in die USA ausgewandert. Durch ihr Studium beschäftigt sie sich damit, wie Menschen in anderen Kulturen leben und wie sie mit medizinischen Problemen umgehen. Sie beschließt, Cranes Projekt vor Ort zu unterstützen. Die junge Frau steckt nach dem Tod ihrer Mutter auch in einer Selbstfindungsphase, daher scheint ihr diese Reise in die Heimat ihrer Eltern sehr reizvoll zu sein. Aber es ist auch ein Land im Krieg. Sie reist in das abgelegene Bergdorf, um dort für einige Monate in der Familie wohnen, über die Crane in seinem Buch berichtet hat. Die Mutter Fereschta ist damals bei der Geburt ihres siebten Kindes verstorben. Dort trifft sie auf ihren Mann Wahid, der inzwischen neu verheiratet ist, sowie seine neun Kinder. Wir erfahren, wie Parvin sich im Dorf einlebt und wie sie versucht sich nützlich zu machen.

In den ersten Kapiteln sind auch einige Auszüge aus dem Crane-Buch abgedruckt. Hier erfährt man dann, dass die Inhalte des Buches doch sehr von der Realität vor Ort abweichen, und Parvin, die zuerst noch recht naiv und blauäugig erscheint, kommen die ersten Zweifel an Cranes Erzählungen.

Der Buchtitel zielt darauf ab, dass im Land Krieg herrscht. Die USA sind seit Jahren gegen die Taliban aktiv. Dies betrifft jedoch andere, entferntere Regionen des Landes. Die Leute im Dorf haben nur das Radio als Quelle für Nachrichten, die Berichte kommen „wie Asche von einem fernen Feuer“.

Das Dorf wird landschaftlich schön beschrieben, so abgelegen, es ist eine andere Welt dort, ohne Mobilfunk, ohne Autos, ohne Lärm. Aber es herrschen dort auch patriarchalische Strukturen, und die strenge Religion beherrscht das Leben. Also wie wird es Parvin dort im Dorf ergehen? Das Buch erzählt davon, auf welche Hürden humanitäre Hilfe vor Ort trifft. Und auch davon, welche Kehrseiten es gibt, wenn man missionarisch tätig wird. Was verändert ein Hilfsprojekt, was brauchen die Menschen vor Ort wirklich? Die Autorin macht deutlich, dass es keine wohlwollende Besatzung eines Landes durch fremde Nationen gibt, sondern dass es sich dabei um eine Form des modernen Imperialismus handelt.

Besonders gut fand ich, dass es viele verschiedene Perspektiven gibt, dass man die Beweggründe der Leute nachvollziehen kann. Es geht um Macht, um persönliche Vorteile, um Publicity, oder einfach ums Überleben. Es geht um Fragen der Loyalität, um Ideologien. Das alles ist sehr erleuchtend und das Buch wirft viele Fragen auf und regt zum Nachdenken an. Die Autorin hat das Buch sehr klug aufgebaut, und es gibt auch einige überraschende Ereignisse, die es auch spannend machen weiterzulesen.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 06.02.2021
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Boyle, T. C.

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sehr gut

Das Buch spielt in den 70er Jahren in den USA. Die Studentin Aimee sieht einen Professor ihrer Uni gemeinsam mit einem Affen in einer Quiz-Show. Professor Guy Schemerhorn arbeitet in einem Projekt zum Spracherwerb, und sein Affe Sam kann sich mit Hilfe von Gebärdensprache verständigen. Aimee ist davon fasziniert, und als sie an der Uni zufällig ein Jobangebot zur Mithilfe in dem Projekt sieht bewirbt sie sich.

Aimee fängt dort an zu arbeiten und versteht sich sehr gut mit Sam, und auch mit dem Professor... Doch die Betreuung von Sam ist aufgrund seiner Wildheit teilweise schwierig, und auch die Forschungen selbst sind nicht sonderlich von Erfolg gekrönt. Wie wird es mit Sam weitergehen...?

Solche Sprachforschungsprojekte gab es wirklich in den 70er Jahren. Und irgendwann wurden sie mangels weiterer Forschungsgelder auf Eis gelegt. Nur was geschieht dann mit den Forschungsobjekten, eben den Affen? Um diese Frage geht es in dem Buch. Es geht um Ethik, darum wie viel Verantwortung man als Mensch, als Forscher übernimmt. Es geht um den Umgang mit Versuchstieren, das ist nicht immer leicht zu ertragen.

Das Buch ist aber zum anderen auch unterhaltsam, es geht auch um das Leben in dieser Forschungsgemeinschaft. Aber im Mittelpunkt steht immer Sam, um den dreht sich hier eigentlich alles. Und es ist auf jeden Fall spannend, vor allem im letzten Drittel bzw. zum Ende hin. Aber klar ist es auch ein trauriges Thema, und es lässt ein nachdenklich zurück. Aber das wollte der Autor sicherlich auch bewirken.

Besonders gefallen hat mir, dass das Buch aus verschiedenen Perspektiven zusammengesetzt ist, so ist jedes Kapitel immer aus Sicht von Aimee oder Guy geschrieben, und zwischendrin sind immer kurze Kapitel aus Sams Sicht. Dadurch wirkt es sehr authentisch und man bekommt so einen guten Einblick in Sams Gefühlswelt. Und es setzt sich ein bisschen wie ein Puzzle aus diesen Bruchstücken zusammen. Es gibt aber trotzdem eine durchgängige Handlung.

Ein kleiner Kritikpunkt sind die mir etwas zu klischeebeladenen Charaktere, so ist Aimee sehr unterwürfig bzw. scheu und der Professor sehr egozentrisch, eine andere Person so ein typischer Bösewicht. Also alles etwas sehr schwarz-weiß gemalt. Aber unter dem Strich hat es mir trotzdem gut gefallen.