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Aus Liebe zum Lesen
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Rannungen

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Insgesamt 203 Bewertungen
Bewertung vom 17.03.2024
Erzähl's nicht deinem Bruder
Shalev, Meir

Erzähl's nicht deinem Bruder


gut

Ich bin großer Fan des im letzten Jahr verstorbenen israelischen Schriftstellers Meir Shalev. Entsprechend habe ich mich sehr auf seinen letzten Roman „Erzähl’s nicht meinem Bruder“ aus dem Diogenes-Verlag gefreut.

Itamar ist ein Bild von einem Mann und kehrt jedes Jahr für ein paar Tage nach Israel zurück, wo er mit seinem jüngeren Bruder Boas traditionell ihre Brüdernacht veranstaltet, in viel Selbstgebrannter fließt und beide Geschichten aus Ihrer Vergangenheit auspacken. In diesem Jahr erzählt Itta von seiner großen verlorenen Liebe, von den verstorbenen Eltern und von einer Nacht mit einer geheimnisvollen Frau.

Was spannend beginnt, hat sich im Verlauf für mich leider als nicht ganz so spannend entpuppt. Die Geschichte mit der unbekannten Liebschaft hat ihren Reiz, aber ich war zusehends von beider Verhalten genervt. Einzig die Neugier, was hinter all dem steckt, konnte mich zum Weiterlesen animieren. Leider hat sich das nicht gelohnt, denn vor allem der Schluss konnte mich gar nicht überzeugen.

Schriftstellerisch bewegt sich Meir Shalev auf gewohnt hohem Niveau. Was das Lesen etwas erschwert, sicher aber genau so gewollt war, ist, dass er ohne erkennbare Zeichen ständig zwischen den Zeitebenen springt. Spricht gerade die Frau in der Vergangenheit, antwortet im nächsten Satz Boas in der zweiten Erzählebene, die ebenfalls in der Vergangenheit liegt. Das hält den Lesenden definitiv auf Trab.

Bewertung vom 10.03.2024
König von Albanien
Izquierdo, Andreas

König von Albanien


ausgezeichnet

„Ich fürchte, es ist so weit: Es kommt zum Äußersten...«
„Arbeiten? Kommt nicht infrage!«“

Einmal König sein - das wär‘s doch! So ähnlich hat sich das auch Otto Witte im Jahr 1913 gedacht. Eigentlich ist er ein Lebenskünstler, der echte Arbeit scheut, wie Vampire Sonnenlicht. Seinen Lebensunterhalt „verdient“ er sich zusammen mit seinem Kompagnon Max in Konstantinopel durch Tricks, Schaustellerei und kleine Betrügereien. Sein Herz trägt er dabei aber an der rechten Stelle.

In den Wirren des Kriegs um Albanien ergibt sich für ihn die Chance, mit falscher Identität den Königsthron dieses Landes zu erobern und für 5 Tage zu halten, bevor der Coup auffliegt. Ob diese Anekdote wahr ist oder eher ein Schelmenstreich á la Münchhausen, lässt sich heute nicht ganz klären. So oder so, Andreas Izquierdo hat aus dem Stoff einen grandiosen Abenteuerroman gemacht. Seinen Otto muss man einfach lieben!

„Die lügen. Wir lügen. Das ist eine gute orientalische Verhandlung.“

Gewohnt spannend und mit viel Gespür und Liebe zum Detail nimmt uns der Autor auf eine Reise durch den historischen Balkan. Seine Figuren sind charmant und perfekt aufeinander abgestimmt, sodass man auf allen Handlungsebenen mitfiebert und trotz der stattlichen über 500 Seiten nur so durch den Roman fliegt.

Tolle Unterhaltung! Große Leseempfehlung!

Bewertung vom 06.03.2024
Endlich wieder im Gleichgewicht bei Hashimoto
Klasen, Jörn

Endlich wieder im Gleichgewicht bei Hashimoto


sehr gut

Ich habe wieder mal ein Buch über die Schilddrüsen-Erkrankung Hashimoto Thyreoiditis gelesen, da ich, wie 5-10 % der Deutschen davon betroffen bin: „Dr. Jörn Klasen - Endlich wieder im Gleichgewicht bei Hashimoto“.

Zunächst baut der Internist und Ernährungsmediziner Dr. Klasen die Grundlagen zum Verständnis der betroffenen Körperregionen und Organe sowie der Zusammenhänge und Funktionen auf. Er erklärt, wie die Schilddrüse arbeitet bzw. arbeiten sollte und wie wichtig sie ist. Danach erklärt er das Krankheitsbild der Hashimoto Thyeroiditis, wie man diese diagnostiziert und behandelt.

Dabei stellt er neben der bekannten medikamentösen Herangehensweise auch alternative Therapien vor und rückt die Ernährung in den Fokus der Behandlung. Weit über die Hälfte des Buchs machen dann Rezepte aus.

Die Erklärungen des Arztes sind gut verständlich und einleuchtend. Auch der große Effekt der Ernährung und einer gesunden Lebensweise auf Erkrankungen wie Hashimoto ist wichtig und sollte von Patienten beachtet werden. Die Ratschläge und Infos bleiben mir dabei aber zu sehr an der Oberfläche. Ich habe in diesem Bereich in den vergangenen Jahren schon wesentlich tiefergehende Informationen gesammelt. Für den Einstieg in eine ganzheitliche Therapie ist das Buch aber definitiv geeignet. Die Rezepte sind sehr vielfältig, aber entsprechend auch teilweise sehr aufwändig. Das ein oder andere werde ich aber ausprobieren oder als Inspiration nutzen. Die Aufmachung des Buchs ist hochwertig und es ist übersichtlich gestaltet.

Als Einstieg in die Unterstützung bei der Behandlung von Hashimoto kann ich das Buch definitiv empfehlen.

Bewertung vom 25.02.2024
Arctic Mirage
Kokkonen, Terhi

Arctic Mirage


weniger gut

„Karo sah sich nicht mehr als Opfer, sondern als Heldin in einer Welt, die anders war, als sie gedacht hatte, absurd und ungerecht.“

Karo und ihr Mann Risto checken nach einem Autounfall im titelgebenden Luxushotel „Arctic Mirage“ ein. Karo ist sich sicher, dass ein zweites Fahrzeug in den Unfall verwickelt war - Risto bestreitet das, aber Karo findet auch schon seit längerem Socken und Tassen nicht mehr… Kann Sie ihren Sinnen trauen?

Für diesen Debütroman hat die finnische Autorin Terhi Kokkonen bereits einen Literaturpreis gewonnen. Entsprechend vielversprechend lesen sich Klappentext, Prolog und die ersten Seiten. Doch der zur Szenerie passende kühle Schreibstil zieht sich so konsequent durchs Buch, dass mir das Lesen immer unangenehmer wurde - was möglicherweise von Kokkonen bewusst herbeigeführt wurde, um die Lesenden näher in die Gefühlswelt der Protagonistin zu bringen. Dennoch konnte ich keinerlei Sympathien zu ihr oder einer anderen Figur entwickeln, geschweige denn ihre Handlungen nachvollziehen.

Überhaupt ist mir die Figurenzeichnung zu übertrieben, zu gewollt, zu eindimensional. Auch die Geschichte, die durchaus spannend ist, wirkt unausgegoren. Zu viele irrelevante Nebenschauplätze, zu viele offene Fragen, zu wenig Hintergründe. Es gibt Bücher, die leben vom Nichtgesagten, hier ist es aber eher so, dass einiges fehlt, um ein stimmiges Gesamtbild zu ergeben. Und natürlich muss nicht jedes Buch ein Wohlgefühl beim Lesen erzeugen, aber hier habe ich mich immer unwohler gefühlt und bleibe am Ende ziemlich ratlos zurück. Leider keine Leseempfehlung von mir.

Bewertung vom 21.02.2024
Krummes Holz
Linhof, Julja

Krummes Holz


weniger gut

„Wenn man als Erwachsener an einen Ort zurückkehrt, an dem man zuletzt als Kind war, ist plötzlich alles zusammengeschrumpft und eng.“

Es ist Jirka, der nach über 5 Jahren zurück auf den Hof seiner Familie im „Krummen Holz“ kommt. Doch das Wiedersehen ist nicht herzlich, vielmehr bleibt die Stimmung zwischen ihm und seiner Schwester kühl und distanziert. Und dann gibt es noch Leander, den Sohn des ehemaligen Gutsverwalters, zu dem Jirka ebenfalls ein kompliziertes Verhältnis hat.

Schreiben kann Julja Linhof definitiv! Sie schafft mit ihren Worten ein kleines Kunstwerk, allerdings zu Leiden der Lesbarkeit. Die unzähligen Zeitsprünge sind nicht gekennzeichnet, von einem auf den nächsten Satz springt die Handlung auch schon mal um Jahrzehnte. Da sie vieles nur recht kryptisch erzählt, bleibt es oft nur beim Raten der Handlung.

Überhaupt konnte ich die Handlungen der Protagonisten, allen voran die des Ich-Erzählers selten nachvollziehen. Obwohl er uns an vielen Gedankengängen teilhaben lässt, bleiben sie dennoch diffus. So bleibt von der Geschichte mit viel Potential und der sprachlichen Finesse leider nicht viel übrig. Enttäuschend.

Bewertung vom 18.02.2024
Be Your Own F*cking Hero - das Workbook
Onaran, Tijen

Be Your Own F*cking Hero - das Workbook


weniger gut

Ich hatte die Tage ja schon ihr empowerndes Buch „Be your own f*cling Hero“ vorgestellt. Nun folgt Tijen Onarans gleichnamiges Workbook.

Wer den Ratgeber bereits gelesen hat, wird vieles wiedererkennen, was sie hier noch einmal aufgreift und in verkürzter Version als Grundlage ihrer 7 Kapitel noch einmal erzählt. Von daher kann das Workbook auch ohne vorherige Lektüre des Ratgebers selbständig gelesen und bearbeitet werden.

Auch das Workbook enthält entsprechend einige Inspirationen und bietet Denkanstöße. Ich finde, es geht dabei aber an keiner Stelle tief genug, um wirklich große Veränderungen voranzutreiben oder anzustoßen. Außerdem bleibt es sehr im Dunstkreis der Autorin, also im Bereich Social Media und sich als Marke zu präsentieren, was die Ziele zu sehr in diesem Bereich fokussiert, als dass es universell einsetzbar wäre. Zum selbstbestimmten Leben, zu dem es laut Cover verhelfen soll, gehören meines Erachtens eher andere Bereiche als Social Media und Mode.

Enttäuschend finde ich die unheimlich vielen leeren Notizseiten, die in ein Notizbuch und weniger in ein Workbook gehören und noch enttäuschender finde ich, dass die Inspirationsseite unabhängig vom Thema des jeweiligen Kapitels fast immer dasselbe Zitat enthält: „In einer Welt, in der du alles sein kannst, sei du selbst!“ – fertig, das wars. Hier hätte ich mir schon ein bisschen mehr Mühe der Autorin gewünscht.

Als Zusatzmaterial zum Ratgeber kann mich das Workbook leider nicht überzeugen: zu viele Wiederholungen, zu wenig neue Inspirationen, eher ein Notizbuch mit Struktur.
Als eigenständiges Buch statt des Ratgebers kann das Workbook sicher ein paar neue Inspirationen und Denkanstöße bringen, aber auch hier kauft man sehr viele leere Seiten mit.

★★★☆☆ 2,5/5

Bewertung vom 11.02.2024
Be Your Own F*cking Hero
Onaran, Tijen

Be Your Own F*cking Hero


sehr gut

„Ich kann Lippenstift tragen, mich pink anziehen und trotzdem Businessdeals verhandeln. Denn Lippenstift lässt mein Hirn nicht schrumpfen. Verrückt, ich weiß.“

Tijen Onaran fällt auf - sie ist laut, bunt, kraftvoll und erfolgreich - dennoch kannte ich sie bis dato nicht. Ihr neues Buch „Be your own f*cking Hero“ hat mich dennoch auf den ersten Blick angesprochen, genau mein Thema: Empowerment.

Die Autorin möchte anhand ihres eigenen Werdegangs und Erfolgs andere Frauen dazu empowern, ihren eigenen Weg zu gehen und ebenfalls erfolgreich zu werden. Das finde ich ein ausgesprochen ehrbares Ziel und finde Vorbilder und Bücher mit solchen Messages entsprechend wichtig.

„Wenn mich jemand unterbricht, sage ich gern: »Willkommen in meinem Satz, ich bin gespannt, wie Sie ihn zu Ende führen ...«“

In weiten Teilen des Buchs findet sich dann auch eher eine zerstückelte Biografie als ein hilfreicher Ratgeber. Überhaupt fehlt mir die Struktur, vielmehr springt Tijen Onaran von Gedanken zu Gedanken, von Zitat zu Zitat. Dabei sind glücklicherweise aber auch einige wertvolle Ratschläge und Inspirationen im Buch zu finden und ja, die Erfolgsstory von der jungen Frau mit Migrationshintergrund und ohne Geld zur Business-Frau, die mehrere Firmen leitet, macht Mut.

0 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 08.02.2024
Wolf
Stanisic, Sasa

Wolf


ausgezeichnet

„Wolf“ von Saša Stanišić war im vergangenen Jahr eines der hochgelobtesten Bücher überhaupt. Ob es den Hype wert war, davon wollte ich mich selbst überzeugen.

Kemi wird von seiner Mutter in ein Sommer-Ferienlager geschickt. Selbst ein Außenseiter, blickt der Protagonist und Ich-Erzähler auf die Gruppe der anderen Kinder im Camp und beobachtet, wie Jörg immer mehr gemobbt wird und dann taucht auch noch ein Wolf auf – nur in Kemis Traum oder in echt? Ich möchte nicht zu viel von der Handlung verraten, nur so viel: Kemi schaut nicht einfach nur zu. Das Buch wird zu Recht als absolut positives Beispiel gegen Mobbing gelobt und dafür, dass man so sein darf, wie man ist.

Das Hörbuch wird vom Autor selbst gesprochen, was ich generell sehr liebe und hier einfach grandios ist. Stanišić schafft es, seine Hauptfigur so lebendig, authentisch und mit allen Facetten zu zeigen. Absolute Herzensempfehlung.

Bewertung vom 04.02.2024
Endling
Schreiber, Jasmin

Endling


gut

„Mich bringen drei Treppen schon aus der Puste, denn ich bin in etwa so fit und sportlich wie ein Ast.“

Ich mag Jasmin Schreibers Schreibstil so gerne und habe mich richtig auf ihren neuen Roman „Endling“ gefreut, zumal ich die dystopische Zukunftsversion unseres Landes im Jahr 2041 ein spannendes Thema finde.

Deutschland ist unter der regierenden Rechten um 100 Jahre in der Entwicklung zurückgefallen. In dieser schwierigen Zeit begibt sich die Protagonistin und Biologin Zoe mit ihrer pubertierenden Schwester und von Panikattacken geplagten Tante auf einen Roadtrip zu mysteriösen Frauen-Dörfern, um die verschollene Freundin der Tante zu finden.

Gar nicht so einfach alle Themen hier in wenigen Sätzen unterzubringen und so wirken sie auch im Buch eher angeschnitten als auserzählt. Es gibt zu viele Figuren, zu viele schwierige Themen wie die Politik, Artensterben, Klimawandel, Rechte der Frauen, Alkoholismus, Tod, psychische Probleme, Zukunftsvisionen, ein bisschen Krimi, Rassismus u.v.m. Ich glaube, hier wollte die Autorin einfach zu viel. Entsprechend unausgewogen wirkt die Geschichte auch auf mich und ich konnte mit keiner der Figuren warm werden, geschweige denn, dass mich die Story überzeugen konnte.

Dennoch war es kein absoluter Reinfall. Gerade die Darstellung der politischen Vision halte ich für ziemlich realistisch wie erschreckend. Allerhöchste Zeit aufzustehen!

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 22.01.2024
Salzige Milch
Job, Anna;Pourian, Corinna

Salzige Milch


ausgezeichnet

„Aber jetzt, seit ich bin wie sie, tragend, wachsam, schützend, weiß ich, warum in der Tierwelt Mütter die Gefährlicheren sind.“

Die Bücher vom kunstanstifter Verlag sind ja immer was Besonderes. Da macht das Debüt „Salzige Milch - eine Erzählung. in Schnipseln“ von Anna Job definitiv keine Ausnahme.

Schnipsel trifft es ziemlich gut, denn genau so erzählt Anna Job die Geschichte ihrer Protagonistin. In vielen kleinen Episoden, in Gedankenschnipseln lässt sie uns an ihrer Liebe zum Meer und zu ihrem Kind teilhaben.

Mal kryptisch, mal klar und ungeschönt erzählt sie von der Freiheit, vom Reisen, aber auch der Sehnsucht mach Familie, vom verhassten Job, von der Schwangerschaft und dem Leben mit Säugling, von den schönen und anstrengenden Momenten, so wie das Leben eben ist.

Ich habe ein bisschen gebraucht, um reinzukommen, konnte das Buch dann aber nicht mehr aus der Hand legen. Die hochwertige Ausstattung, die tollen und höchst treffenden Illustrationen von Corinna Pourian, die einen ganz eigenen Sog auf die Lesenden ausüben, all das macht das Lesen zu einem besonderen Erlebnis.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.