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Bookwood
Wohnort: 
Bad Honnef

Bewertungen

Insgesamt 99 Bewertungen
Bewertung vom 31.05.2024
Wo die Asche blüht
Que Mai, Nguyen, Phan

Wo die Asche blüht


ausgezeichnet

Verletzte Seelen
„Ganz gleich, wer den Krieg gewinnt, die Menschen verlieren immer“. Dieses Zitat aus Nguyen Phan Que Mais Buch „Wo die Asche blüht“ fasst eigentlich schon absolut treffend den Inhalt des sehr berührenden Romans zusammen.
Im Mittelpunkt der Geschichte, die während des Vietnam-Krieges und in der Gegenwart spielt, stehen Menschen, deren Leben durch den Krieg zerstört wurde und die die Dinge, die damals passiert sind, niemals verarbeiten oder gar vergessen konnten.
Erzählt wird von dem Schwestern Tran und Quyinh, die aus einem Dorf nach Saigon kommen, um dort als Barmädchen zu arbeiten um so die Schulden ihrer verarmten Eltern abbezahlen zu können. Zu spät erst erkennen sie, dass sie für skrupellose Barbesitzer und traumatisierte US-Soldaten lediglich eine Ware sind und zerbrechen an der Realität.
Das Buch möchte aber besonders auch auf die Geschichte derjenigen aufmerksam machen, die heutzutage noch ganz besonders unter den Auswirkungen dieses grausamen Krieges leiden: die sogenannten Ameurasier, die Nachkommen der amerikanischen GIs, die quasi gezwungen waren, ein Leben zwischen zwei Welten zu führen und meist mit Verachtung, Rassismus und Zurückweisung konfrontiert wurden.
Die Figur des „Phong“ im Roman steht stellvertretend für vielen vielen Kinder, die ihre leiblichen Eltern nie kennengelernt haben und ständig auf der Suche nach ihren Wurzeln waren. Nicht zuletzt wird ein Teil des Buches aber auch aus der Sicht des US-Veteranen Dan erzählt, den die Schuld, seine hochschwangere vietnamesische Freundin einfach zurückgelassen zu haben, umtreibt und der immer noch mit den Dämonen seines Kriegstraumas kämpft.
Ein wirklich beeindruckender Roman ist das, der einen von der ersten Seite an in seinen Bann zieht. Obwohl die Themen sehr ernst und überwiegend auch sehr traurig sind, gelingt der Autorin der Spagat zwischen schonungsloser Darstellung und emphatischer Schilderung ungemein gut. Mich hat das Buch auch dazu bewogen, Dinge nachzurecherchieren und mein Wissen über den Vietnam-Krieg und über Vietnam zu vertiefen. Ich empfehle dieses Buch absolut zur Lektüre, wenn man sich für diese Themen interessiert. Die Covergestaltung gefällt mir gut und ich bin schon sehr gespannt auf ein nächstes Werk der Autorin.

Bewertung vom 31.05.2024
Issa
Mahn, Mirrianne

Issa


ausgezeichnet

Heilsame Reise zurück zu den eigenen Wurzeln
Mirrianne Mahn hat mit ihrem Erstlingsroman „Issa“ ein Werk geschaffen, das berührt und durch seine beeindruckende Erzählweise überzeugt. Es verbindet die Geschichte von fünf Frauen einer Familie, die zu verschiedenen Zeitpunkten angesiedelt sind und geht dabei durchaus schwierige Themen wie Kolonialherrschaft, Missbrauch, oder die Diskriminierung von Frauen an, ohne dabei ins Schwermütige abzudriften. Nein, es ist die durchgehende leichte und teilweise sogar sehr humorvolle Darstellung der Geschehnisse, die dem Roman seinen einzigartigen Charakter verleihen.
Im Mittelpunkt des Werkes steht Issa, die ungeplant von ihrem Freund schwanger geworden ist. Sie ist, bedingt durch ihre Abstammung, von je her hin und her gerissen zwischen dem Leben der Familie ihrer Mutter in Kamerun und ihrem Leben in Deutschland. Ihr Partner behandelt sie schlecht, mit ihrer Mutter streitet sie häufig. So ist es eine Art Flucht für sie, als sie überstürzt zur Vorbereitung der Geburt ihres Kindes nach Kamerun reist. Die Rituale ihrer noch traditionell lebenden afrikanischen Familie muten Issa zunächst fremd und teilweise sogar skurril an, aber mehr und mehr kommt sie durch das entschleunigte Leben zu sich selbst und kann eine Entscheidung treffen, wie sie in Zukunft leben will.
Durch Rückblenden zu einzelnen Lebensphasen von Issas Großmüttern und ihrer Mutter lernt man bei der Lektüre sehr viel über das Leben unter der Kolonialherrschaft in Kamerun. Erschreckend waren die brutale Ausbeutung und die Misshandlungen, die die Menschen damals erleiden mussten. Auch heute noch ist das Leben der Bevölkerung davon geprägt und die Autorin erinnert an das damals herrschende Leid, das nicht vergessen werden darf. Mich hat das Buch angeregt, noch einmal genau nachzuforschen, wie die historischen Zusammenhänge waren. Das Buch „Issa“ wird bei mir sicher noch länger nachwirken und gehört für mich jetzt schon zu den Lesehighlights des Jahres 2024.

Bewertung vom 05.05.2024
Das Waldhaus
Webb, Liz

Das Waldhaus


sehr gut

Mörderische Geheimnisse
Liz Webbs Thriller „Das Waldhaus“ ist eine verstörende Familiengeschichte, die in sehr spannender Art und Weise menschliche Abgründe offenlegt.
Als die 37-jährige Hannah wieder zu ihrem sterbenden Vater zieht, ist sie ein menschliches Wrack. Beruflich ist sie gescheitert und ihre psychischen Probleme versucht sie mit exzessivem Alkoholkonsum zu betäuben. Vor Jahren wurde ihre lebenslustige Mutter ermordet. Ihr Tod wurde allerdings nie aufgeklärt. Hannahs Bruder Reece, der inzwischen ein bekannter britischer Schauspieler geworden ist, war damals der Überzeugung, dass sein eigener Vater für den Tod der Mutter verantwortlich war und hat deshalb den Kontakt zu seiner Schwester und dem Vater abgebrochen. Hannah hingegen glaubte an seine Unschuld und beginnt jedoch daran zu zweifeln, als ihr Vater sie in seiner Verwirrtheit für seine Ehefrau hält. Hannah stellt Nachforschungen an und muss erkennen, dass sie bisher in einer Welt voller Lügen gelebt hat. Als sie dem Mörder ihrer Mutter allmählich immer näher kommt, begibt sie sich selbst in tödliche Gefahr.
Lizz Webb zeigt in ihrem Buch eindrucksvoll, wie sehr sich eine Familie in ein Netz von Lügen verstricken kann. Auch wenn man sich gegenseitig eigentlich nur schützen möchte, kann dies auch in die Katastrophe führen. In ihrem Thriller wird die Zerrissenheit der Protagonistin überzeugend dargestellt und nimmt einen großen Raum in der Erzählung ein. Deshalb gerät die Geschichte an einigen Stellen etwas zu langatmig. Dies wird jedoch wettgemacht durch einen wirklich rasanten Showdown, der das Buch zum Schluss doch noch zu einem Pageturner macht. Die Covergestaltung finde ich toll und für mich bräuchte es auch keinen farbigen Schnitt.

Bewertung vom 21.04.2024
Annas Lied
Koppel, Benjamin

Annas Lied


ausgezeichnet

Ein wundervolles Buch
„Annas Lied“ von Benjamin Koppel ist ein wunderschöner Roman, den der Umstand auszeichnet, dass er eine vom Thema her eher traurige Geschichte mit einer wundervollen Leichtigkeit erzählt. Hannah, ist das jüngste von vier Geschwistern und die einzige Tochter der jüdischen Familie Koppelmann. Das ostjüdische Ehepaar Bruche und Yitzhak strandete einst bei der eigentlich nach Amerika geplanten Ausreise in Kopenhagen, wo Yitzhak jetzt eine Schneiderwerkstatt besitzt und Bruche ein strenges Regiment in der Familie führt. Alle Kinder der Koppelmanns sind Musiker und auch Hannah träumt von einer Karriere als Pianistin. Doch ihre Mutter hat für sie ganz andere Pläne. Nachdem schon Hannahs Brüder Schande über die Familie gebracht und nichtjüdische Frauen geheiratet haben, soll Hannah nun mit einem gut situierten jüdischen Ehemann aus Paris vermählt werde. Obwohl Hannah die Aufnahmeprüfung für die Musikhochschule besteht und sich in den Dänen Aksel verliebt, bringt sie es nicht übers Herz, sich gegen ihre Mutter aufzulehnen. Es wird fast ihr ganzes Leben lang dauern, bis es Hannah gelingt, ein Leben zu leben, wie sie es sich erträumt hat.
Es ist wirklich kein leichtes Leben, auf das Hannah Koppelmann im Alter zurückschaut. Eigentlich hat sie vieles verloren, was sie liebte: eine erfolgreiche Karriere als Pianistin blieb ihr verwehrt, die Liebe ihres Lebens durfte sie nicht heiraten und auch zwei ihrer Kinder musste sie ziehen lassen. Trotzdem ist der Roman über diese beeindruckende Frau kein bedrückendes Leseerlebnis. An vielen Stellen kann man schmunzeln, z.B. dort, wo die chaotische Familie bei traditionellen Feiern völlig außer Rand und Band gerät und eine herrliche Lebensfreude versprüht. Man erlebt eine von der klassischen Musik beseelte Hannah, wenn sie Klavier spielt, oder gemeinsam mit den Brüdern musiziert. Das hat eine solche Herzenswärme, die berührt. Man leidet natürlich auch mit Hannah, die ihre große Liebe ziehen lassen muss und ihr Leben dafür mit dem aufgezwungenen Ehemann verbringen muss, der sie quält und nicht wertschätzt. Aber auch dieses Leben meistert diese beeindruckende Frau mit einer überragenden Tapferkeit. Dass Hannah im hohen Alter endlich noch so leben kann, wie sie sich dies als junges Mädchen erträumt hat, tröstet ungemein und macht den Roman zu einem runden Leseerlebnis. Danke Benjamin Koppel für dieses wundervolle Buch.

Bewertung vom 01.04.2024
Gussie
Wortberg, Christoph

Gussie


sehr gut

Bedrückende Erinnerungen
„Gussie“ ist ein nicht ganz leicht zu lesendes Buch in dem der Autor Christoph Wortberg die Erinnerungen der Ehefrau von Konrad Adenauer festhält. Als sie den wesentlich älteren verwitweten Politiker heiratet, hat er bereits 3 Kinder von seiner ersten Ehefrau und auch tut sie sich mit seiner eher spröden Persönlichkeit zeitweise doch recht schwer.
Allerdings gelingt es ihr rasch, die Herzen ihrer Stiefkinder zu gewinnen und auch ihrem Ehemann fühlt sie sich immer inniger verbunden. Als die Nazis in Deutschland die Macht übernehmen wird Adenauer zum Staatsfeind und ein normales Familienleben ist kaum noch möglich. Nach einem Attentat auf Hitler muss Gussies Mann fliehen und sie muss eine Entscheidung treffen, die sie noch auf dem Totenbett belastet.
Gussies Geschichte wird in Rückblenden erzählt. Die Politiker-Ehefrau liegt mit 52 Jahren im Sterben. Durch die Rahmenhandlung ihres Dahinsiechens bekommt der Roman einen sehr bedrückenden Charakter. Darüber hinaus war das Leben der Adenauers in der NS-Zeit alles andere als leicht. Die ständige Angst vor der Verhaftung und der Einweisung in ein Lager schwebte fortwährend über ihnen. Für mich war Gussie Adenauer eine starke Frau, die kämpferisch für ihren Mann und ihre Familie eintrat, auch wenn sie schließlich einsehen musste, dass man manche Dinge nicht verhindern kann. Sie hatte einen schweren Weg zu gehen und entwickelte sich von einer gut behüteten jungen Frau zu einer echten Persönlichkeit. Diese Entwicklung wird von Christoph Wortberg eindrucksvoll dargestellt.
Als Rheinländerin hat es mir besonders gut gefallen, mit Gussie zusammen so viele mir gut bekannte Orte aufzusuchen. Das Wohnhaus der Familie Adenauer liegt nur wenige Kilometer von meinem Wohnort entfernt und ist immer ein Muss, wenn sich bei uns Besuch ankündigt. Das war auch für mich die Hauptmotivation den Roman zu lesen. Besonders schön finde ich das im Buch angedruckte Gemälde, das auch das Cover maßgeblich mitgestaltet.

Bewertung vom 23.03.2024
Der Ausflug - Nur einer kehrt zurück
Kvensler, Ulf

Der Ausflug - Nur einer kehrt zurück


sehr gut

Dramatische Ereignisse in beeindruckender Naturkulisse
„Der Ausflug“ lautete der Titel des Romans des schwedischen Autors Ulf Kvensler und das ist ein wirklich harmloser Begriff für das, was er dann tatsächlich in seinem Roman beschreibt. Anna, Milena und Henrik kennen sich aus ihrer gemeinsamen Zeit an der Universtät von Uppsala. Anna und Milena studierten zusammen Jura, Henrik war damals einer ihrer Dozenten. Anna und Henrik wurden ein Paar und alle drei zogen später nach Stockholm. Sie verbringen regelmäßig einmal im Jahr eine gemeinsame Wanderwoche, die sie sehr genießen. Allerdings ist dieses Mal bei dieser Wandertour etwas anders: Milena bringt ihren neuen Freund Jacob mit, der etwas zu verbergen scheint und schnell versucht, das Kommando in der Gruppe zu übernehmen. So überredet er auch die anderen, die ursprüngliche Wandertour zu ändern und eine erheblich schwieriger Route in den Naturpark Sarek zu zu wählen. Rasch wird klar, dass das eine unkluge Entscheidung war und als sich das Wetter auch noch verschlechtert, spitzen sich die Ereignisse dramatisch zu. Die Gruppe gerät in lebensgefährliche Situationen.
Ulf Kvensler ist wirklich ein ausgesprochen guter Erzähler. Die sich immer mehr verschlechternde Situation innerhalb der Wandergruppe stellt er in den Kontrast zu der atemberaubend schönen Landschaft. Allerdings stellt sich auch heraus, dass die traumhafte Kulisse nicht darüber hinwegtäuschen kann, welche Gefahren sich in dieser rauen Natur verbergen. Für Menschen, die sich überschätzen, kann eine solche Wanderung zu keinem guten Ende führen. Aber haben Anna, Henrik und Milena nicht auch ihre Freundschaft überschätzt? Es brechen alte Wunden auf und der undurchschaubare Charakter von Jacob, bringt immer wieder Situationen mit sich, die zu extremen Handlungen führen.
Mich hat an diesem Buch gefesselt, dass hier mal keine sonst so übliche „Who‘s done it“-Geschichte erzählt wird. Rückblicke geben Einblicke in die Charaktere der Personen, die Vernehmungsprotokolle versuchen aufzuklären, was wirklich passiert ist.
Der Schluss des Romans bleibt etwas offen, gibt dafür aber Raum für eigene Spekulationen der Lesenden. Ich brauchte da nicht unbedingt einen klaren Schlusspunkt.
Ich fand den Roman absolut spannend und habe jede seiner 460 Seiten genossen.
Das Cover sieht super aus, den Farbschnitt brauche ich nicht unbedingt.

2 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 22.03.2024
Ein falsches Wort
Hjorth, Vigdis

Ein falsches Wort


sehr gut

Sehr traurige Familiengeschichte
Schwierige Themen, die sich Vigdis Hjorth für ihren Roman „Ein falsches Wort“ ausgesucht hat. Es geht um Inzest, Entfremdung von der Familie, Erbstreitigkeiten und Verdrängung von psychischen Problemen durch Alkoholkonsum. Die Protagonistin Bergljot kämpft schon seit ihrer frühen Kindheit mit dem Ungeheuerlichen, das ihr der Vater angetan hat. Die Mutter verdrängt die Geschehnisse zum Selbstschutz und ihre Schwestern wollen sie nicht wahrhaben, da sie selbst den Vater anders erlebt haben. Als der Patriarch stirbt, kommt es zu Erbstreitigkeiten und Bergljot und ihr Bruder Bard, die sich ungerecht behandelt fühlen, sehen sich zwangsläufig wieder mit den Dämonen ihrer Kindheit konfrontiert. Mir war von Beginn der Lektüre des Buches zwar klar, dass es sich nicht um eine leichte handeln würde, aber ich muss wirklich sagen, dass mir Bergljots Geschichte sehr unter die Haut gegangen ist. Ihr lebenslanges verzweifeltes Bestreben, den Missbrauch durch den Vater zu verarbeiten bzw. zu verdrängen wird von der Autorin so beeindruckend dargestellt, die sehr berührend ist.
Den quälenden Kampf den Bergljot immer wieder führt, weil ihre Familie ihre Sicht der Geschehnisse einfach nicht akzeptiert, führt diese immer wieder neu und kann deshalb ihren inneren Frieden nicht finden. Eine ganz traurige Lebenserinnerung, die letztendlich eine klare finale Entscheidung verlangt.
Der Roman ist sicherlich kein Buch, das man lesen sollte, wenn man etwas Unterhaltendes sucht. Mich hat allerdings der brillante Schreibstil von Vigdis Hjorth sehr beeindruckt, so dass ich ihr Werk nicht aus der Hand legen konnte und es sicher noch einige Zeit in mir nachwirken wird.

Bewertung vom 17.03.2024
James
Everett, Percival

James


ausgezeichnet

Ein Roman, der beeindruckt
„James“ ist der erste Roman, den ich von Percival Everett lese, aber ich bin jetzt schon absolut sicher, dass es nicht der letzte bleiben wird.
Allerdings hatte ich mir zunächst die Story etwas anders vorgestellt. Ich hatte gedacht, dass die Tom-Saywer-und-Huckleberry-Finn-Geschichte in ihrer Gesamtheit vom Verfasser wieder aufgegriffen werden würde. Dies ist zwar nicht der Fall, aber durch die Fokussierung auf die Person des Sklaven Jim, eigentlich James, entwickelt sich das Buch von einem reinen Abenteuerroman zu einem gesellschaftskritischen Werk, das das Thema „Sklaverei“ innerhalb der amerikanischen Geschichte sehr sensibel aber auch schonungslos beleuchtet. Dabei schafft es der Verfasser mit immensem sprachlichen Geschick gleichzeitig zu unterhalten und dabei aber auch nicht unangemessen mit der Ernsthaftigkeit des Themas umzugehen. Betrachtet man z.B. einmal die Szene in der James den Sklavenkindern „Sprachunterricht“ erteilt: die Tatsache, dass die Sklaven sich eine eigene Sprache ausgedacht haben, damit ihre Eigentümer sie für unterlegen und einfältig halten, lässt uns als Leser*innen vielleicht zunächst einmal schmunzeln. Dass die Erfindung dieser Sprache aber eigentlich aus der Not geboren wurde, willkürlichen Strafen zu entgehen und ggf. das eigene Leben zu retten hinterlässt dann doch letztendlich einen bitteren Nachgeschmack. Mich hat das Buch von Percival Everett unheimlich beeindruckt, wenn man einmal realisiert, wieviele Menschen tatsächlich ein solches Schicksal hatten, wie das von Jim. Wie grotesk erscheint einem auch u.B. das Phänomen des „Blackface-Gesangs“. Man kann kaum glauben, dass sich weiße Menschen dadurch unterhalten ließen. Ich hoffe, dass dieser Roman sehr viele Leser*innen findet, denn er setzt sich wirklich auf eine herausragende Art und Weise sehr kritisch mit einem dunklen Kapitel der amerikanischen Geschichte auseinander. Von mir gibt es eine absolute Leseempfehlung.

Bewertung vom 13.03.2024
Verborgen / Mörderisches Island Bd.3
Ægisdóttir, Eva Björg

Verborgen / Mörderisches Island Bd.3


ausgezeichnet

Spannender Island-Krimi
Für mich ist Eva Björg Aegisdottir eine der Krimi-Entdeckungen der letzten Zeit.
Mit der Ermittlerin Elma hat sie eine ungemein sympathische Protagonistin geschaffen, die clever ermittelt und ihre ganz eigene Geschichte hat.
Dieses Mal soll sie einen Mord an einem Jugendlichen aufklären, der anscheinend durch ein gelegtes Feuer vertuscht werden soll. Elmas persönliche Situation ist derweil
auch kompliziert. Sie ist unsicher, ob ihr Partner ihre Schwangerschaft mittragen wird.
Die Autorin hat eine tolle Begabung, einzelne Erzählstränge zu schaffen, die sich dann nach und nach zu einem Gesamtbild verweben. Dabei gibt es immer neue Wendungen der Story, die dazu führen, dass man als Leser*in in die Irre geführt wird. Man spürt, dass es der Autorin wichtig ist, Figuren zu schaffen, die gut und tiefgründig gezeichnet sind. Selbst Nebendarsteller*innen werden detailliert beschrieben und bekommen ihre eigene Geschichte. Die bisher erschienenen Bände der Island-Krimis fand ich ausnahmslos alle herausragend. Besonders hervorzuheben ist die gut beschriebene düstere Atmosphäre, die das Land Island immer ein wenig mystisch wirken lässt. Dazu passen auch perfekt die in schwarz-weiß gestalteten Buchcover. Das Bild auf diesem Band finde ich wieder besonders schön. Bleibt nur zu hoffen, dass Elma noch in vielen weiteren Fällen ermitteln wird.