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Bookwood
Wohnort: 
Bad Honnef

Bewertungen

Insgesamt 107 Bewertungen
Bewertung vom 29.07.2024
Hast du Zeit?
Winkelmann, Andreas

Hast du Zeit?


sehr gut

Ein Serienkiller geht um
Als großer Andreas Winkelmann war sein neuer Thriller „Hast du Zeit?“ natürlich ein Muss und wurde schon sehnsüchtig von mir erwartet.
Im Buch geht es, wie oft bei diesem Autor, um die Mordserie eines irren Täters, dessen Motiv lange im Unklaren bleibt. Irgendjemand bringt Menschen um, die scheinbar in keinerlei Verbindung zueinander stehen. Allerdings stellt er ihnen stets wenn er sie in seine Gewalt bringt die Frage, die sich im Buchtitel widerspiegelt. Die Ermittlungen in diesem Fall liegen zwar offiziell in den Händen der Polizei, doch eigentlich versucht der pensionierte Bundespolizist Lars Erik Grotheer den Täter zur Strecke zu bringen, hat er doch dessen Tochter entführt. Zusammen mit der jungen Fotografin Lilly, deren Lebensgefährtin ebenfalls verschwunden ist, muss er erst manche falsche Fährte verfolgen, ehe klar ist, wer hinter allem steckt.
Andreas Winkelmann fesselt seine Leserinnen und Leser in diesem Krimi durch abwechslungsreiche Twists. Die Ermittlungen von Grotheer und Lilly führen mehrere Male ins Nichts und da die Zeit, die verschwundenen jungen Frauen Michelle und Felicitas zu finden, immer mehr schwindet, steigt die Spannung stetig. Gut beschrieben fand ich auch die Szenen, in denen die einzelnen Opfer ihre Gefangenschaft durchleben. Das brachte mir wirklich ein richtiges Gänsehautgefühl. Obwohl durch eingeschobene Textteile, in denen der Täter beginnt sein Motiv näher offenzulegen, tappt man bis zum Schluss des Buches weitesgehend im Dunkeln, wer der irre Verbrecher ist. Mir kam die Auflösung dann vielleicht doch eher etwas „out of the box“ vor. Getrübt hat das meine Lesefreude jedoch nicht wirklich und so kann ich abschließend sagen: das war wieder ein Winkelmann-Krimi, der mir gut gefallen hat. Allerdings gibt es auch noch bessere Bücher des Autors - aber das mag jeder selbst herausfinden. Die Covergestaltung ist eher unspektakulär, der Farbschnitt ist für mich unnötig.

Bewertung vom 28.07.2024
Aufbruch in eine neue Welt / Savannah Bd.1
Wilke, Malou

Aufbruch in eine neue Welt / Savannah Bd.1


sehr gut

Savannah- Geschichte über die ersten Siedlungen in den Südstaaten
Die Autorin Malou Wilke beginnt mit „Savannah - Aufbruch in eine neue Welt“ eine Romanreihe, die das Leben der Einwanderinnen und Einwanderer in die amerikanischen Südstaaten im 18. Jahrhundert beschreibt. Im Mittelpunkt der Erzählung steht die junge Nellie Bernstein aus Preußen, die, nach einer Vergewaltigung schwanger geworden, von ihrem Vater aus dem Haus gejagt wird. Nellie muss schweren Herzens ihre Geschwister zurücklassen und findet zunächst Zuflucht bei Verwandten im kleinen Dorf Wedensen. Dort bringt sie ihre Tochter Barbara zur Welt und leidet unter der Situation, dass sie ihrem Cousin und seiner Familie zur Last fällt, da diese selbst nicht wohlhabend sind. Als schließlich noch weitere Verwandte bei der Bäckersfamilie stranden, beschließt Nellie sich mit ihrer Tochter Justus anzuschließen, der dem Ruf des Generals James Oglethorpes folgt, der Menschen die Möglichkeit zur Auswanderung nach Georgia in den Südstaaten von Amerika anbietet. So beginnt ein großes Abenteuer für Nellie, das ihr Leben vollständig verändert und bei dem sie neben einem großen Verlust aber auch ein neues Glück findet.
Der Roman bietet einen guten Eindruck davon, wie das Leben der ersten Siedlerinnen und Siedler in den Südstaaten ausgesehen haben könnte. Menschen, die die Gefahren des neuen Landes, in dem sie Fuß zu fassen versuchten, erst langsam erkannten und mit sehr widrigen Umständen umzugehen lernen mussten, kämpften dort sicherlich Tag für Tag um ihr Leben. Außerdem mussten sich Menschen aus verschiedenen Ländern und aus den unterschiedlichsten gesellschaftlichen Schichten „zusammenraufen“ und eine neue Gesellschaft bilden. Ich finde, die Darstellung dieser Problematiken ist der Autorin sehr gut gelungen. Die Geschichte liest sich spannend, hat einen realen Bezug und auch die Romantik kommt nicht zu kurz. Rundum ein wirklich schöner historischer Schmöker, der gut unterhält. Mir hat vielleicht an manchen Stellen etwas der Tiefgang gefehlt, aber da der Fokus des Buches sicherlich darauf liegt zu unterhalten und weniger darauf historische Details zu vermitteln, ist deshalb die Mischung aus historischem Hintergrund und persönlichen Geschichten absolut ok so. Die Protagonistin Nellie fand ich sympathisch und auch die anderen Figuren fand ich überzeugend gezeichnet.
Die Story lässt noch genug Luft für Fortsetzungsbände und so freue ich mich schon auf Band 2 „Erwachen einer neuen Zeit“, der im nächsten Jahr erscheinen wird.

Bewertung vom 28.07.2024
Die Verlierer
Hammesfahr, Petra

Die Verlierer


sehr gut

Racheengel
Seit längerer Zeit habe wieder einmal einen Krimi von Petra Hammesfahr als Lektüre gewählt. Schon früher fand ich ihre Bücher sehr spannend und die erzählten Geschichten intelligent gestrickt. Auch bei ihrem neuesten Werk „Die Verlierer“ zeigt sich, dass sie nach wie vor eine der besten deutschen Krimiautorinnen ist.
Dabei beginnt alles relativ unspektakulär: Ein Ehemann meldet seine Ehefrau als vermisst. Sie sei bei einer gemeinsamen Urlaubsreise vom Joggen nicht mehr zurückgekehrt.
Die ermittelnde Kriminalbeamtin Rita Voss stellt bei ihren Nachforschungen fest, dass es noch mehr verschwundene Frauen gibt, die anscheinend vom selben Täter entführt wurden. Obwohl ihr neuer Chef nicht an einen Serientäter glaubt, fühlt sich Rita immer mehr in ihren Vermutungen bestätigt und kommt einem ungewöhnlichen Tatmotiv auf die Spur. Dabei beginnt für sie ein Wettlauf gegen die Zeit, wenn sie weitere Morde verhindern möchte.
Obwohl die Geschichte sich etwas langsam entwickelt, ist sie gleich von Anfang an ziemlich spannend, da sie zusätzlich zum aktuellen Geschehen immer Erzählabschnitte aus der Täterperspektive beinhaltet. Durch diese Rückblenden wird das Tatmotiv immer klarer, so dass der Leser/die Leserin quasi mit ermittelt. Zusätzlich gibt es zum Ende des Buches hin aber auch nochmal einen richtig pfiffigen Twist, den man eher nicht erwartet hatte.
Petra Hammesfahrs Figuren sind wieder sehr überzeugend gestaltet, die Ermittlerin sympathisch in ihrer eigenen nicht perfekten Art und mit ihren persönlichen Problemen.
Für mich war das neue Werk der Autorin richtig gute Krimiunterhaltung, die ich auf jeden Fall weiterempfehle. Die Covergestaltung finde ich nicht so umwerfend. Da hätte man vielleicht noch etwas Ausdrucksstärkeres finden können.

Bewertung vom 29.06.2024
Die verkaufte Sängerin / Cristina Bd.1
Lorentz, Iny

Die verkaufte Sängerin / Cristina Bd.1


sehr gut

Von der Gauklerin zur Hofsängerin
Das Buch „Die verkaufte Sängerin“ bildet den Auftakt einer neuen Serie der sehr bekannten Autorin Iny Lorentz. Diese steht für spannende historische Romane mit gut recherchiertem Hintergrund. Auch in ihrem jüngsten Werk bleibt sie dieser Linie treu und erzählt eine Geschichte, die viel Potenzial für einen Mehrteiler hat.
Im Mittelpunkt der Story steht die 14-jährige Cristina, deren Leben alles andere als leicht ist. Sie zieht mit einer Gruppe Gauklern durch die Lande, in der sie eher geduldet als geschätzt wird. Sie ist das uneheliche Kind der Schwester des Clanchefs und unterscheidet sich schon durch ihr Aussehen erheblich von ihren Verwandten. Da ihre Mutter früh starb, hat sie aber keine andere Wahl, als bei ihrer Familie zu bleiben. Eines jedoch zeichnet Cristina aus: Sie hat eine unvergleichlich schöne Stimme und ist eine begnadete Sängerin.
Aber auch das betrachtet die Frau ihres Onkels eher voller Neid, deren Ziel es ist, Cristina loszuwerden.
Als sich die Gelegenheit bietet, das Mädchen an einen Bediensteten des Herzogs von Sachsen-Meiningen zu verkaufen, wird Cristina aus ihrem bisherigen Leben herausgerissen und muss sich in die strengen Regeln einer Ausbildung zur Hofsängerin fügen. Doch auch bei Hofe werden Intrigen gegen sie gesponnen und so gerät sie in eine Gefahr, aus der sie quasi in letzter Minute von ihrer Lehrerin Elizabeth Karau und dem Hofbeamten Irmbert von Lauenstein gerettet wird.
Die Handlung des Romans, der zu Beginn so etwas als „Aschenputtel-Geschichte“ daherkommt, entwickelt sich im Verlauf des Buches zu einer komplexeren Geschichte. Cristina durchläuft eine Entwicklung, in der sie zu einer selbstständigen Persönlichkeit wird, die ihre eigenen Entscheidungen trifft und sich nicht weiter in ihrem Leben herumschubsen lassen will. Ich denke, das wird in den Folgebänden von der Autorin so weiterentwickelt werden. Interessant fand ich die Beschreibung des damaligen Gesellschaftslebens innerhalb der vielen, damals existenten kleinen Herzogtümer. Wie kompliziert gestaltete sich doch alles durch diese ausufernde Bürokratie!
An einigen Stellen hätte ich mir in dem Buch noch etwas mehr Tiefgang gewünscht. Die Figur des lüsternden Balduin von Vollendorf war mir etwas zu einfach gestrickt und seine Intrigen zu offensichtlich. Trotzdem hat mir das Buch gefallen und Interesse an der Fortsetzung geweckt. Das fotorealistische Cover gefällt mir persönlich nicht ganz so gut, ist aber sicher im Buchladen für viele ein Hingucker.

Bewertung vom 26.06.2024
Unter dem Moor
Weber, Tanja

Unter dem Moor


sehr gut

Verwobene Schicksale
Als die junge Berliner Ärztin Nina einen Burnout erleidet, bricht sie alle Brücken hinter sich ab, kündigt ihren Job in der Charité und flieht in ein einsames Dorf mitten im Stettiner Haff. Dort will sie Klarheit darüber erlangen, wie es beruflich mit ihr weitergehen soll und auch darüber, ob sie sich mit ihrem bisherigen Lebensgefährten Jan eine Zukunft vorstellen kann. Zunächst werden diese anstehenden Entscheidungen jedoch in den Hintergrund gedrängt, denn Ninas Hündin stöbert im Wald Knochen auf, die, wie sich herausstellt, von einem Menschen stammen. Parallel zu Ninas Geschichte erzählt die Autorin Tanja Weber aber noch zwei weitere Geschichten, in denen zwei Frauen die Hauptrolle spielen: da ist zum einen Gine, die mit 14 Jahren 1936 ins Dorf kam, um ihr Landjahr auf dem Gutshof der Familie von Wetzlaff abzuleisten und die dabei Schreckliches erlebte. Zum anderen erhält man Einblicke in das Leben von Sigrun, die in der DDR aufwuchs, einen Nachfahren der von Wetzlaffs heiratete und schließlich verschwand. Alle drei Geschichten werden feinfühlig aufbereitet und miteinander verwoben. Jede für sich wäre schon Stoff für ein eigenes Buch, aber im Zusammenspiel machen sie den Roman „Unter dem Moor“ vielschichtig und facettenreich. Eine ganz besondere Atmosphäre vermittelt die Moorlandschaft mit seinen Wäldern, die das gesamte Buch durchdringt. Mir war der Roman fast etwas zu kurz. Da hätte noch vieles erzählt werden können. Einiges bleibt leider im Dunkeln. Mir hat am Buch besonders gefallen, dass es quasi eine Mischung aus Krimi in der Jetztzeit und historischem Roman ist. Die einzigartige Natur bleibt immer gleich, nur die Menschen kommen und gehen. Ich habe „Unter dem Moor“ nicht aus der Hand legen können, da es mich während des Lesens schon sehr in seinen Bann gezogen hat. Das Cover ist ebenfalls richtig schön und passend. Man bekommt richtig Lust, selbst einmal ins Stettiner Haff zu reisen.

Bewertung vom 31.05.2024
Die Sehenden und die Toten / Ein Carla-Seidel-Krimi Bd.1
Piontek, Sia

Die Sehenden und die Toten / Ein Carla-Seidel-Krimi Bd.1


ausgezeichnet

Toller Serienauftakt
Wow, was für ein toller Auftakt für eine neue Krimireihe, in der Carla Seidel als Ermittlerin im Fokus steht. Die Autorin Sia Piontek hat sich als Schauplatz für ihren Krimi das Wendland ausgesucht. Eine gute Wahl, wie ich finde, denn die ruhige Atmosphäre dieses Landstrichs mit seinen idyllischen Dörfern steht im krassen Gegensatz zu den menschlichen Abgründen, die sich in Carla Seidels erstem Fall nach ihrem Weggang aus Hamburg auftun. Dabei hatte die Ermittlerin, die mit ihrer pubertierenden Tochter zusammenlebt, so gehofft, ihr belastendes Leben in Hamburg hinter sich lassen zu können. Beruflich war sie dort sehr erfolgreich, wurde jedoch von ihrem sadistischen und gewalttätigen Mann gequält. Mit Alkohol versuchte sie ihre Probleme zu verdrängen und drohte so die Kontrolle über ihr Leben zu verlieren. Zunächst scheint es auch so, als hätte sie ihr Leben wieder im Griff, allerdings verfällt sie durchaus in Stresssituationen wieder in alte Verhaltensmuster. Auch ihr neuer Fall, bei dem ein Jugendlicher getötet wurde, bringt sie an ihre Grenzen und man kann sicher sein, dass die Ermittlerin auch in den Folgebänden der neuen Reihe sicherlich weiterhin mit ihren eigenen Dämonen zu kämpfen haben wird.
Obwohl die Thematiken des Krimis alle nicht neu sind, gelingt es der Autorin wirklich gut, einen spannenden Fall mit den Alltagsproblemen einer Ermittlerin zu verquicken. Mir war Carla Seidel mit ihren Ecken und Kanten sehr sympathisch und auch ihre Schwierigkeiten mit Tochter Lana finde ich durchaus realitätsnah. Der Mordfall ist wendungsreich gestaltet und fesselt bis zum Schluss beim Lesen. Besonders das Finale fand ich nochmal echt super.
Die Covergestaltung passt perfekt, so dass ich eigentlich nur resümierend feststellen kann, dass ich mich auf jeden Fall auf einen Fortsetzungsband freue.

Bewertung vom 31.05.2024
Das Baumhaus
Buck, Vera

Das Baumhaus


ausgezeichnet

Wer ist Opfer, wer Täter?
Für mich ist „Das Baumhaus“ bereits der zweite Krimi, den ich von der deutschen Schriftstellerin Vera Buck lese. Hat sie mich schon mit „Wolfskinder“ begeistert, so hat sie meine Erwartungen mit ihrem neuen Buch noch absolut übertroffen.
Der Schauplatz der Geschichte ist das sommerliche Schweden. Nora und Hendrik versprechen sich von ihrem Familienurlaub mit ihrem kleinen Sohn Finn ein Eintauchen in eine Bullerbü-Idylle, die sie zur Ruhe kommen lassen soll. Doch die Freude ist nur von kurzer Dauer. Schnell wird klar, dass das Ferienhaus, das Hendrik von seinem Großvater geerbt hat, von düsteren Ereignissen aus der Vergangenheit erfüllt ist. Nora stellt außerdem fest, dass sie ein Geheimnis, das sie vor Hendrik zu verbergen versucht, bis in die schwedische Wildnis verfolgt. Und dann verschwindet schließlich auch noch der kleine Fynn, was einen Albtraum Wirklichkeit werden lässt. Die junge Schwedin Rosa, die die Polizei mit ihrer besonderen Fähigkeit, in Pflanzen Todesspuren von Lebewesen erkennen zu können, wird ebenso darin verwickelt, wie auch Hendrik, dem nur langsam klar wird, dass sein bisheriges Leben ein einziges Lügengebäude darstellt.
„Das Baumhaus“ ist ein außerordentlich clever konstruierter Krimi. Die Geschichte ist teilweise etwas verworren, aber trotzdem so spannend, dass man da die ein oder andere Schwäche in der Story problemlos verzeihen kann. Besonders gut gefallen hat mir die Figur der Rosa, die durch ihre besondere Art als Person gut und sympathisch gezeichnet ist. Der absolute Pluspunkt des Buches liegt für mich darin, dass man beim Lesen lange nicht erkennt, wer eigentlich Opfer und wer Täter ist. Das macht für mich letztendlich den Reiz der Geschichte aus. Die Covergestaltung gefällt mir richtig, richtig gut und ist wunderschön gemacht. Allerdings bräuchte ich den Farbschnitt nicht, den ich für Ressourcenverschwendung halte und der mich sogar etwas beim Lesen stört. Aber das ist natürlich Geschmacksache. Ansonsten ist „Das Baumhaus“ für mich eine absolute Leseempfehlung und macht neugierig auf weitere Bücher der Autorin.

Bewertung vom 31.05.2024
Das Echo der Gezeiten
Frank, Rebekka

Das Echo der Gezeiten


sehr gut

Die Kraft des Meeres
Der Roman „Das Echo der Gezeiten“ von Rebekka Frank erzählt die Geschichten zweier starker Frauen, deren Leben gleichermaßen mit der Kraft des Meeres eng verbunden ist.
Tilda Puls lebt in den 60er Jahren im Ort St. Peter. Sie träumt davon Taucherin oder sogar Unterwasserforscherin zu werden, kämpft aber gegen ein in den Köpfen ihrer Zeit verankertes Frauenbild an. Im 17. Jahrhundert ist die zweite Frauengeschichte angesiedelt. Damals lebte die junge Nes Dorn, die mit ihrer Mutter vor Vater und Ehemann geflohen ist und auf der Insel Strand Zuflucht in einem fand. Auf Strand verschwinden immer wieder Kinder und als die junge Frau dahinterkommt, wer dafür verantwortlich ist, fasst sie einen mutigen Plan.
Die beiden Erzählstränge werden immer abwechselnd weitererzählt. Dabei gibt es einige „Cliffhänger“, die dazu führen, dass man der Fortsetzung der jeweiligen Geschichte quasi immer regelrecht entgegenfiebert. Dabei ist die Handlung im 17. Jahrhundert eine Mischung aus Kriminalroman und historischem Frauenschicksal. Tilla Puls Geschichte fokussiert sich eher darauf, den Zeitgeist der 60er Jahre widerzuspiegeln, wo weibliche Studentinnen noch die absolute Ausnahme und Wissenschaftlerinnen von ihren männlichen Kollegen eher müde belächelt und nicht ernst genommen wurden.
Leider hat das Buch einige kleine Längen. Das Verhältnis von Tilla zu ihren Eltern wird mir nicht konsequent genug beleuchtet und auch die Liebesszenen wirken etwas aufgesetzt.
Auch in Nes Geschichte werden einige Hintergründe nur angerissen und Figuren, wie z.B. die des Pay nicht überzeugend gezeichnet. Trotzdem hat mir das Buch insgesamt ziemlich gut gefallen, besonders die Tauchgänge von Tilla fand ich sehr spannend. Auch wie sich die beiden Geschichten der Frauen letztendlich zum Schluss zusammenfügen, fand ich rund.
Die Covergestaltung finde ich gelungen, die Farbgestaltung erinnert an Meer und Strand.
Wer gerne historische Frauenromane liest, wird sich sicherlich von „Das Echo der Gezeiten“ gut unterhalten fühlen.

Bewertung vom 31.05.2024
Wo die Asche blüht
Que Mai, Nguyen, Phan

Wo die Asche blüht


ausgezeichnet

Verletzte Seelen
„Ganz gleich, wer den Krieg gewinnt, die Menschen verlieren immer“. Dieses Zitat aus Nguyen Phan Que Mais Buch „Wo die Asche blüht“ fasst eigentlich schon absolut treffend den Inhalt des sehr berührenden Romans zusammen.
Im Mittelpunkt der Geschichte, die während des Vietnam-Krieges und in der Gegenwart spielt, stehen Menschen, deren Leben durch den Krieg zerstört wurde und die die Dinge, die damals passiert sind, niemals verarbeiten oder gar vergessen konnten.
Erzählt wird von dem Schwestern Tran und Quyinh, die aus einem Dorf nach Saigon kommen, um dort als Barmädchen zu arbeiten um so die Schulden ihrer verarmten Eltern abbezahlen zu können. Zu spät erst erkennen sie, dass sie für skrupellose Barbesitzer und traumatisierte US-Soldaten lediglich eine Ware sind und zerbrechen an der Realität.
Das Buch möchte aber besonders auch auf die Geschichte derjenigen aufmerksam machen, die heutzutage noch ganz besonders unter den Auswirkungen dieses grausamen Krieges leiden: die sogenannten Ameurasier, die Nachkommen der amerikanischen GIs, die quasi gezwungen waren, ein Leben zwischen zwei Welten zu führen und meist mit Verachtung, Rassismus und Zurückweisung konfrontiert wurden.
Die Figur des „Phong“ im Roman steht stellvertretend für vielen vielen Kinder, die ihre leiblichen Eltern nie kennengelernt haben und ständig auf der Suche nach ihren Wurzeln waren. Nicht zuletzt wird ein Teil des Buches aber auch aus der Sicht des US-Veteranen Dan erzählt, den die Schuld, seine hochschwangere vietnamesische Freundin einfach zurückgelassen zu haben, umtreibt und der immer noch mit den Dämonen seines Kriegstraumas kämpft.
Ein wirklich beeindruckender Roman ist das, der einen von der ersten Seite an in seinen Bann zieht. Obwohl die Themen sehr ernst und überwiegend auch sehr traurig sind, gelingt der Autorin der Spagat zwischen schonungsloser Darstellung und emphatischer Schilderung ungemein gut. Mich hat das Buch auch dazu bewogen, Dinge nachzurecherchieren und mein Wissen über den Vietnam-Krieg und über Vietnam zu vertiefen. Ich empfehle dieses Buch absolut zur Lektüre, wenn man sich für diese Themen interessiert. Die Covergestaltung gefällt mir gut und ich bin schon sehr gespannt auf ein nächstes Werk der Autorin.

Bewertung vom 31.05.2024
Issa
Mahn, Mirrianne

Issa


ausgezeichnet

Heilsame Reise zurück zu den eigenen Wurzeln
Mirrianne Mahn hat mit ihrem Erstlingsroman „Issa“ ein Werk geschaffen, das berührt und durch seine beeindruckende Erzählweise überzeugt. Es verbindet die Geschichte von fünf Frauen einer Familie, die zu verschiedenen Zeitpunkten angesiedelt sind und geht dabei durchaus schwierige Themen wie Kolonialherrschaft, Missbrauch, oder die Diskriminierung von Frauen an, ohne dabei ins Schwermütige abzudriften. Nein, es ist die durchgehende leichte und teilweise sogar sehr humorvolle Darstellung der Geschehnisse, die dem Roman seinen einzigartigen Charakter verleihen.
Im Mittelpunkt des Werkes steht Issa, die ungeplant von ihrem Freund schwanger geworden ist. Sie ist, bedingt durch ihre Abstammung, von je her hin und her gerissen zwischen dem Leben der Familie ihrer Mutter in Kamerun und ihrem Leben in Deutschland. Ihr Partner behandelt sie schlecht, mit ihrer Mutter streitet sie häufig. So ist es eine Art Flucht für sie, als sie überstürzt zur Vorbereitung der Geburt ihres Kindes nach Kamerun reist. Die Rituale ihrer noch traditionell lebenden afrikanischen Familie muten Issa zunächst fremd und teilweise sogar skurril an, aber mehr und mehr kommt sie durch das entschleunigte Leben zu sich selbst und kann eine Entscheidung treffen, wie sie in Zukunft leben will.
Durch Rückblenden zu einzelnen Lebensphasen von Issas Großmüttern und ihrer Mutter lernt man bei der Lektüre sehr viel über das Leben unter der Kolonialherrschaft in Kamerun. Erschreckend waren die brutale Ausbeutung und die Misshandlungen, die die Menschen damals erleiden mussten. Auch heute noch ist das Leben der Bevölkerung davon geprägt und die Autorin erinnert an das damals herrschende Leid, das nicht vergessen werden darf. Mich hat das Buch angeregt, noch einmal genau nachzuforschen, wie die historischen Zusammenhänge waren. Das Buch „Issa“ wird bei mir sicher noch länger nachwirken und gehört für mich jetzt schon zu den Lesehighlights des Jahres 2024.