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Benutzername: 
Glüxklaus
Wohnort: 
Franken

Bewertungen

Insgesamt 601 Bewertungen
Bewertung vom 05.08.2024
Fest im Sattel
Hicks, Faith Erin

Fest im Sattel


sehr gut

Vielseitige, kurzweilige Freundschaftsgeschichte, nicht nur für Pferdenärrinnen

Norrie und Hazel verbringen jede freie Minute im Pferdestall auf dem Edgewood-Hof, sie lieben Pferde und das Reiten und sind die besten Freundinnen. Als eines Tages Victoria, die vorher auf dem konkurrierenden Waverly-Hof trainiert hat, auf dem Edgewood-Hof auftaucht, ist Norrie skeptisch, möchte diese aber gerne besser kennenlernen. Victoria verhält sich ziemlich abweisend, hat sie doch schlechte Erfahrungen mit Freundschaften unter Reiterinnen gemacht. Norrie ist verständlicherweise beleidigt. Aber vielleicht ändert sich ihr erster Eindruck von Victoria ja noch?

Die Geschichte wird als Comic erzählt. Pro Seite sind drei bis fünf bunte, klar erkennbare Bilder abgedruckt. Hübsch und detailreich sind dabei die Landschaften gezeichnet. Die Figuren sehen nett und sympathisch, aber nicht perfekt „barbiemäßig“ aus, sie haben recht individuelle Gesichter. Die Mimik der Personen ist ausdrucksstark, es wird sofort deutlich, wie sie sich gerade fühlen. Kein Problem ist es, beim Lesen die Reihenfolge der Bilder beim Lesen einzuhalten. Die Geschichte wird meist chronologisch erzählt, selten werden kurze Rückblenden eingeschoben, die helfen, die aktuelle Handlung und bestimmte Verhaltensweisen besser zu verstehen. Das Buch richtet sich an Kinder ab neun Jahren, die nicht so gerne lange Texte lesen.

Dass die Charaktere so unterschiedlich sind, gefällt mir. Victoria ist es gewöhnt, ihr eigenes Geld zu verdienen. Sie mag Pferde, möchte aber auch noch Zeit für andere Hobbys haben. Dass sie ihre beste Freundin verloren hat, nagt an ihr. Um nicht erneut verletzt zu werden, verschließt sie sich. Norrie ist nett, direkt und offen, sie ist eine echte Plaudertasche und redet für Zwei. Das Mädchen leidet unter der Konkurrenz zu seinem erfolgreichen Bruder, der -anders als Norrie- nur Spitzennoten nach Hause bringt. Norries Freundin Hazel ist schweigsam, sehr loyal und hat wie Victoria an einer bestimmten schlechten Erfahrung zu knabbern. Und dann gibt es noch Sam, den einzigen Jungen auf dem Hof, der von seinen Brüdern wegen seiner Pferdeleidenschaft aufgezogen wird. Alle Figuren haben unterschiedlich geartete Probleme. Vielleicht können sie sich ja gegenseitig eine Stütze sein?

Als Kind habe ich hin und wieder gerne Wendycomics gelesen, obwohl ich mit echten Pferden wenig anfangen konnte. „Fest im Sattel“ hat mich direkt in die eigene Kindheit zurückversetzt.
Da kamen schnell nostalgische, schöne Erinnerungen hoch. Gut gefällt mir, dass die Charaktere anders als in den Wendycomics auch Interessen außerhalb ihres Pferdecosmoses haben, so schwärmen sie z.B. für eine Raumschiff-Nerd-Serie. Trekkies und Pferde, sonst eine eher ungewöhnliche Kombination, passen also hier durchaus zusammen.
Der Plot beruht teilweise auf autobiografischen Erfahrungen der Autorin. Das Buch ist nicht nur ein leichter Pferdecomic, sondern eine vielschichtige Geschichte über Zusammenhalt, Freundschaft, Träume, Akzeptanz, Mut und Selbstvertrauen. Es werden viele verschiedene aktuelle Probleme angesprochen wie Konkurrenz in Freundschaft und Familie, Geldnöte, übersteigerter Ehrgeiz oder der Wunsch nach Freiheit. Während bei anderen die Pferdeverrücktheit in Verbissenheit endet, mögen Norrie und Co Pferde sehr gerne, arbeiten auch für ihren Traum, weil sie eben nicht zu den Privilegierten gehören, verlieren sich aber darin nicht. Trotz aller angesprochenen Probleme, ist „Fest im Sattel“ auch ein wunderbares, kurzweiliges Wohlfühlbuch für alle Pferdefans, die sich zusätzlich auch für andere Themen als Pferde interessieren.

Bewertung vom 02.08.2024
Krähentage / Gruppe 4 ermittelt Bd.1
Cors, Benjamin

Krähentage / Gruppe 4 ermittelt Bd.1


gut

Spannend und dramatisch, aber auch recht reißerisch und brutal

Schon an ihrem ersten gemeinsamen Arbeitstag bekommen es die beiden Ermittler Mila Weiss und Jakob Krogh mit einem ganz besonderen Mordfall zu tun. Die Leiche einer älteren Frau wird gefunden, doch das Opfer wurde mysteriöserweise nach seinem Tod noch lebend gesehen. Und das Spiel wiederholt sich. Auch ein ermordeter Student scheint nach seinem Tod noch gelebt zu haben. Wie ist das möglich? Und was haben die ausgehungerten Krähen und ihre Botschaft an beiden Tatorten zu bedeuten? Mila und Jakob jagen einen Mörder, der im wahrsten Sinne des Wortes jeder sein könnte. Ob sie ihn finden?

In anschaulicher, klar verständlicher Sprache schildert Benjamin Cohrs, wie Milas und Jakobs Ermittlungen voranschreiten. Teilweise nimmt der Autor auch die Sicht des Mörders ein, beschreibt genau, wie er seine Taten plant und ausführt.

Nicht nur der Mörder, sondern auch die Polizisten Mila und Jakob haben Geheimnisse. Nach außen hin scheint der Familienvater Jakob Krogh ein verlässlicher, rücksichtsvoller und berechenbarer Kollege zu sein, der harmonisch und effektiv mit anderen zusammenarbeitet. Doch ist er das wirklich? Mila hingegen eckt mit ihrer toughen Art häufig an. Sie macht einen etwas verbissen Eindruck, gibt wenig von sich und ihrem Privatleben preis. Beide Figuren wirken etwas holzschnittartig, werden nur oberflächlich, recht einseitig beschrieben und haben trotz ihrer oft angedeuteten Geheimnisse wenig Tiefe. Mit keiner der Hauptfiguren konnte ich richtig mitfiebern.

„Krähentage“ ist ein Thriller mit besonderer, düsterer Atmosphäre. Anfangs hatte ich Schwierigkeiten, in die Geschichte hineinzufinden und es dauerte, bis ich den Bezug zu Plot und Figuren entwickelte. Ab der Mitte allerdings begann der Roman mich dann zu fesseln, Handlungs- und Lesetempo nahmen deutlich zu. Das Ende konnte mich leider nicht überzeugen, vor allem Jakobs Geheimnis war für mich nicht stimmig. Auch wenn der Mörder schon von Anfang an bekannt ist, ist das dramatische Finale wirklich spannend und mitreißend gestaltet. Ich wollte unbedingt wissen, wie alles endet. Insgesamt war mir der Thriller allerdings doch zu reißerisch und zu brutal. Ich hätte mir statt der vielen Effekte und Schockmomente gewünscht, dass mehr Wert auf eine intensivere Ausarbeitung der Charaktere und der Beziehungen der Figuren untereinander gelegt worden wäre. Nicht mein Buch, aber ein Thriller für alle unerschrockenen Leser mit starken Nerven, die es düster, actionreich und überraschend mögen.

Bewertung vom 02.08.2024
Das Baumhaus
Buck, Vera

Das Baumhaus


gut

Nervenaufreibender Albtraum statt schwedische Sommeridylle

Henrik und Nora verbringen mit ihrem fünfjährigen Sohn Fynn ihren Urlaub im Ferienhaus von Henriks Familie in Schweden. Doch aus dem erhofften idyllischen Bullerbüurlaub wird es nichts, vielmehr entwickelt sich der Aufenthalt zum absoluten Albtraum. Der umliegende Wald verursacht Probleme: Erst entdeckt Hendrik hier ein verfallenes Baumhaus, das unangenehme Erinnerungen an seine Kindheit heraufbeschwört, dann wird dort ein Kinderskelett gefunden und schließlich verschwindet Fynn beim Spielen in jenem Wald. Fieberhaft sucht die Polizei nach dem Jungen. Ein Wettlauf gegen die Zeit beginnt…

Die Geschichte wird aus vier Perspektiven erzählt. Rosa, die anhand von Pflanzenveränderung den Tod aufspürt und die Kinderleiche entdeckt, Henrik, Nora und Entführungsopfer Mara schildern, was sich in ihrem Leben ereignet. Anfangs war es für mich schwer, die Übersicht zu behalten und alle Verbindungen zu verstehen. Erst gegen Ende werden die einzelnen Erzählstränge zusammengeführt. Der anschauliche Schreibstil liest sich klar und flüssig.

Die Protagonisten geben den Lesern Rätsel auf. Sie alle verbergen Geheimnisse. Rosa hat eine sehr wissenschaftliche Sicht auf den Tod, wirkt nerdig und im Umgang mit anderen fast skurril, Henrik erzählt ganz offensichtlich Lügen, Nora spielt ebensowenig mit offenen Karten und auch Mara scheint durch ihre schrecklichen traumatischen Erfahrungen, ihre schwere persönliche Situation, keine verlässliche Beobachterin. Keine der Charaktere wirkte auf mich sympathisch, dennoch wird hier eine interessante, herausfordernde Figurenkonstellation dargestellt.

Keine sonnige Bullerbüstimmung, sondern ein düstere, mysteriöse, albtraumhafte Atmosphäre beherrscht Henrik und Noras Familienurlaub. Nach den ersten hundert Seiten fand ich mich in der Handlung gut zurecht, die anfängliche Unklarheiten legten sich und ich konnte die Personen besser einordnen. Vera Buck kann zweifelsohne packend schreiben und fesselte mich mit ihrem Roman über weite Strecken. Am Ende geht es Schlag und Schlag, fast alle Geheimnisse kommen ans Licht und es zeigen sich immer mehr Zusammenhänge. Die Handlung ist insgesamt recht komplex, wendungsreich und vielschichtig. Für mich persönlich verliert sich die Geschichte allerdings in zu vielen einzelne Handlungssträngen und -aspekten. Als etwas verworren und nicht ganz nachvollziehbar empfand ich daher die Auflösung. Es scheint, als hätte sich die Autorin angesichts der zahlreichen unterschiedlichen Twists etwas verzettelt. Bei all den positiven Stimmen waren meine Erwartungen recht hoch und wurden mit dem Roman nicht ganz erfüllt. Ein zwar mitreißender, atmosphärischer, aber letztlich nicht ganz runder Psychothriller.

Bewertung vom 02.08.2024
Wenn sie lügt
Geschke, Linus

Wenn sie lügt


gut

Starker Beginn, schwaches, enttäuschendes Ende

Norah, Goran, Peggy, Rolaf, Daniel, Marcel und Lisa aus dem thüringischen Waldesroda sind im Jahr 2004 eine feste Clique. Doch dann geht Norah mit David eine Beziehung ein. Wegen David sondert sich Norah nun häufig von ihren Freunden ab, verliert immer mehr den Kontakt zu ihnen. Schließlich zieht sie die Reißleine und trennt sich von David. Doch der kann sich mit der Trennung partout nicht abfinden und rastet völlig aus. In blinder Wut tötet er ein junges Pärchen und stirbt auf der Flucht selbst. Zwanzig Jahre später kehrt Goran in seine Heimatstadt zurück und erfährt, dass Norah Drohbriefe bekommt, die sie stark an Davids Tod zweifeln lassen. Wer steckt hinter den Briefen? Und was ist damals wirklich passiert.

Aus verschiedenen Perspektiven, Norahs, Gorans und der des unbekannten Briefeschreibern, erzählt Linus Geschke auf unterschiedlichen Zeitebenen. Es wird dabei nach und enthüllt, was damals geschah und wie alles mit den aktuellen Geschehnissen zusammenhängt. Der Schreibstil liest sich klar und unkompliziert.

Goran, der als Kind Norahs bester Freund war und von Norahs Mutter fast wie ein Sohn behandelt wird, war schon immer heimlich in Norah verliebt. Norah ging es mit Goran ebenso. Auch nach zwanzig Jahren haben die beiden noch Gefühle füreinander. Doch einige prekäre Geheimnisse und Lügen könnten für Konflikte sorgen. Können die beiden einander dennoch vertrauen? Und welche Rolle spielen die anderen Mitglieder der ehemaligen Clique? Die Personenkonstellation bietet viel Potential. Es war für mich sehr interessant zu erfahren, wie die einzelnen Protagonisten wirklich zueinander stehen, denn vieles ist hier oft anders, als es scheint.

Welche Geheimnisse kommen ans Licht? Wer möchte Rache an Norah üben? Was passierte damals wirklich mit David? Durch die besondere Erzählweise wird immer mehr Spannung aufgebaut. Mir fiel es gerade im Mittelteil sehr schwer, das Buch aus der Hand zu legen, wurde ich doch immer neugieriger auf den weiteren Verlauf der Handlung. Die Geschichte hat mich über weite Strecken wirklich gefesselt. Dass permanent angekündigt und wiederholt darauf angespielt wird, dass es noch verschiedene Geheimnisse zu gestehen und zu lüften gilt, empfand ich mit der Zeit allerdings als etwas redundant und ein wenig plump. Diese etwas künstlich aufgebauschte Dramatik hätte der Roman meiner Meinung nach bis dahin eigentlich gar nicht nötig gehabt. Die Auflösung, wer letztendlich hinter den Briefen steckt, konnte mich leider nicht überzeugen. Für mich ein unwürdiges Ende eines ansonsten packenden Thrillers. Letztlich hält der Thriller also nicht ganz, was er anfangs verspricht. Für mich eher Durchschnittsthrillerkost als Highlight.

Bewertung vom 24.07.2024
Feuerjagd
French, Tana

Feuerjagd


ausgezeichnet

Langsam und intensiv erzählter Spannungsroman mit bemerkenswerter Personenkonstellation

„Ganz gleich, wer gerade eine Wagenburg bildet, er bleibt außen vor, in der Dunkelheit, wo Raubtiere herumschleichen.“

Das irische Ardnakelty leidet diesen Sommer unter einer ungewöhnlichen Hitze. Doch die Gemüter kochen noch aus einem weiteren Grund: Johnny kehrt nach Jahren der Abwesenheit in seine alte Heimat zurück, in Begleitung eines reichen Geschäftspartners. Johnny schlägt den Dorfbewohnern einen besonderen Deal vor, der ihnen Reichtum verspricht. Johnnys fünfzehnjährige Tochter Trey scheint dabei in Johnnys riskantem Plan eine zentrale Rolle zugedacht. Treys väterlicher Freund Cal versucht, Trey vor den dubiosen Machenschaften ihres Vaters zu schützen. Doch die hat ganz eigene Interessen: Sie möchte Rache für ihren Bruder.

Tanja French erzählt klar und bildhaft. Sie schafft durch ihren individuellen Schreibstil eine ganz eigene Atmosphäre. Die unterschwellige Bedrohung und Gefahr, die Aggressivität und die sengende Hitze sind permanent spürbar.

Tanja French arbeitet ihre Charaktere sehr gründlich heraus. Sie kommen einem fast lebendig vor, so vielschichtig und authentisch werden sie dargestellt. Vordergründig geben sich hier so manche Personen ganz anders, als sie wirklich sind. Während nach außen scheinbar freundliche, unverbindliche Gespräche geführt werden, werden gleichzeitig in den Köpfen gegenteilige, hinterhältige Pläne geschmiedet. Die Figuren „tänzeln“ über weite Strecken umeinander herum, ohne dass wirklich Tacheles geredet wird. Und mittendrin steckt der ehemalige Polizist Cal, deren Irland eigentlich die Abgeschiedenheit suchte und nun doch nicht außen vor bleiben kann, fühlt er sich doch für die fünfzehnjährige Trey, die in ihrem jungen Leben so viel durchmachen musste, verantwortlich. Eine absolut gelungene, äußerst faszinierende Figurenkonstellation wird hier dargestellt.

Ganz langsam, eindringlich und sehr intensiv erzählt Tana French in „Feuerjagd“ von den Geschehnissen in dem irischen Ort, von den gefährlich brodelnden Konflikten, die sich unter der Oberfläche, unter der Hitze stauen. Es geht dabei um Geheimnisse, Zusammenhalt, Verantwortung, Familie, Schuld und Vergeltung. Gegen Ende zieht das Erzähltempo fulminant an, die Handlung explodiert in einem besonderen Finale, das einmal mehr völlig überrascht. Für mich erneut ein absolut lesenswerter Roman der großartigen Autorin, der auch ohne Kenntnis des Vorgängers verständlich ist. Die vollständige Tiefe der Charaktere und der ganze Reiz der Gesamtkonstellation entfalten sich aber noch deutlicher, wenn man den ersten Band gelesen hat.

Bewertung vom 22.07.2024
Baskerville Hall - Das geheimnisvolle Internat der besonderen Talente
Standish, Ali

Baskerville Hall - Das geheimnisvolle Internat der besonderen Talente


sehr gut

Eine Schule voller Geheimnisse - rätselhaftes und äußerst spannendes Freundschaftsabenteuer

„Prägen Sie sich das gut ein für Ihre Zeit in Baskerville Hall. Der Geist ist mächtiger als wir ahnen. Seine einzigen Grenzen sind die, die wir ihm selbst setzen.“

Arthur Doyle ist ein heller Kopf, dennoch überlegt er, von der Schule zu gehen und eine Lehre zu beginnen. Sein Vater arbeitet leider immer weniger und irgendjemand muss schließlich die Familie über Wasser halten. Doch dann rettet Arthur auf spektakuläre Weise ein Baby, was einen Unbekannten auf ihn aufmerksam macht. Kurze Zeit später erhält Arthur die Nachricht, dass er an der streng geheimen, aber sehr renommierten Internatsschule Baskerville Hall aufgenommen wurde. Und das völlig kostenfrei. Diese Chance kann sich Arthur doch nicht entgehen lassen. In der Schule angekommen, erlebt Arthur mit seinen neuen Freunden das größte Abenteuer seines Lebens.

Die Geschichte wird bildhaft, lebendig und für Kinder gut verständlich erzählt. Der Sprachstil und die Wortwahl sind dabei eher zeitlos als modern gehalten und so der Zeit, in der die Handlung spielt, dem Jahr 1868, angepasst. Die authentische Sprache schafft eine sehr spezielle Atmosphäre. Das Buch richtet sich an Kinder ab zehn Jahren.

Arthur hat meistens recht, einen messerscharfen Verstand und beobachtet sehr genau. Er überrascht immer wieder mit besonderen Fähigkeiten und vergisst nie, was er einmal gehört hat. So ist er sogar in der Lage, spontan „wilde Tiere“ zu zähmen. Doch auch die anderen Schüler der Baskerville Hall-Schule verfügen über erstaunliche Talente. Arthur findet daher rasch gleichgesinnte Freunde, doch nicht alle Mitschüler stehen ihm positiv gegenüber. Auch die Lehrer am Internat sind ziemlich außergewöhnlich. Eine sehr faszinierende, vielseitige Figurentruppe, die sogar eigentlich ausgestorbene Spezies umfasst.

Wie sah wohl die Kindheit des berühmten Sherlock Holmes Autors aus? Autorin Ali Standish hat da eine detaillierte Vorstellung, die sie in „Das geheimnisvolle Internat der besonderen Talente- Baskerville Hall“ zu einer packende Detektivgeschichte mit vielen rätselhaften Geheimnissen verarbeitet. Das Buch enthält auch einige Fantasyelemente, die waghalsigen Experimente mancher Professoren sind daher auf keinen Fall zur Nachahmung empfohlen. Sherlock-Holmes-Kenner werden sich darüber freuen, dass einige Figuren aus den Originalfällen des Meisterdetektivs, wie z.B. Dr Watson oder Irene Adler, auftauchen. Wiederholt finden sich weitere Anspielungen auf die berühmten Bücher. Der Schauplatz Baskerville Hall, ein großes, historisches, von Wald umgebenes Herrenhaus, birgt Potential für allerhand Heimlichkeiten und Mysterien. Hier herrscht eine ganz besondere, manchmal düstere, manchmal fast magische Stimmung. Aufgrund des Settings erinnert das Buch doch ein wenig an „Harry Potter“, so gibt es den Häusern in Hogwarts ähnlich, auch je nach Interessen und Fähigkeiten verschiedene „Zirkel“ der Schüler und mächtige Geheimbünde.
Das Buch ist weitestgehend abgeschlossen, am Ende werden aber noch nicht alle Fragen vollumfänglich beantwortet.
Meine Kinder und ich haben Arthurs aufregende Abenteuer sehr gerne verfolgt und sind schon gespannt auf die Fortsetzung. Ein wendungsreiches Kinderbuch voller Geheimnisse und Rätsel mit besonderen Figuren zum Abtauchen in eine längst vergangene, nie dagewesene, phantastische Welt.

Bewertung vom 22.07.2024
Nikki King: Verfuchst noch mal!
Matysiak, Mascha

Nikki King: Verfuchst noch mal!


sehr gut

Aufregendes, buntes Erstleseabenteuer für kleine Tierfreunde

Nikki King ist ein ganz normales Mädchen: acht Jahre alt, mittelmäßig in der Schule, ein Mensch, mit Haut, ohne Fell. Das denkt sie zumindest. Doch eines Tages verwandeln sich ihre Ohren und plötzlich hat sie auch noch einen Schwanz. Nikki ist ratlos, doch dann lernt sie den Nachbarjungen Jaro kennen, der ihr erklärt, was mit ihr los ist….

Die Geschichte ist in einfacher Sprache mit kurzen Sätzen verfasst. Dabei ist die Schrift etwas größer, der Zeilenabstand etwas weiter als normal, so dass Leseanfängern das Lesen des Textes erleichtert wird.
Die vielen drolligen Bilder sind lustig, machen Spaß und motivieren. Schon das Cover, auf dem Nikki und Jaro mit auf dem ersten Blick falschen Schatten zu sehen sind, zeigt Nikkis Geheimnis sehr klar und weckt garantiert die Neugier. Das Text-Bild-Verhältnis ist angemessen, es sind auf den einzelnen Seiten nur wenige Sätze abgedruckt, jungen Leser fühlen sich so nicht überfordert.
Das Buch ist in sechs Kapitel mit lesefreundlicher Länge unterteilt. Sprech- und Denkblasen, Ausrufe und Geräusche oder Inflektive in anderer Schriftart oder Farbe gestalten die Seiten abwechslungsreich.
Das Buch richtet sich an Leseanfänger der ersten Klasse ab sechs Jahren.

Nikki ist eine ungewöhnliche Heldin mit einem besonderen Geheimnis. Kinder, die sich gern vorstellen, einmal jemand ganz anderes zu sein, werden sich sicher gut in Nikki hineinversetzen können. Auch Jaro, der einiges mit Nikki gemeinsam hat, eignet sich zur Identifikation. Die beiden Kinder sind aktuell noch auf sich alleine gestellt, haben keinen Erwachsenen an ihrer Seite. Aber dafür gibt es noch Nikkis Hamster Gurke, der Nikki versteht und ihr Ratschläge gibt, wenn sie unsicher ist. Eine interessante, originelle Figurenkonstellation.

Nikkis Leben ändert sich von einem Moment auf den anderen komplett. Nikki erlebt ein für sie unvorstellbares, aufregendes Abenteuer, das leider mitten in der Geschichte ziemlich abrupt endet. Für Kinder ist das Szenario, das zwar nicht ganz neu ist und schon aus anderen Reihen bekannt ist, sicher reizvoll und faszinierend. Es passiert recht viel und die Phantasie der Kinder wird angeregt. Die Geschichte spricht Jungen und Mädchen gleichermaßen an. Auch wenn für mich nicht alles hundertprozentig logisch ist, insgesamt wenig detailreich und recht verkürzt erzählt wird, ist „Nikki King - Verfuchst nochmal“ ein motivierendes, hübsch gestaltetes Erstlesebuch, das Lust auf weitere Abenteuer mit der kleinen Tierwandlerin macht.

Bewertung vom 01.07.2024
Windstärke 17
Wahl, Caroline

Windstärke 17


ausgezeichnet

Tragisch wie komisch - wunderbarer Roman mit ganz eigenem, originellem Erzählton

„Irgendwann sagt er: „Ich habe dich gewarnt, dass ich das Letzte bin, was du brauchst“, und so eine dumme Phrase ist wirklich das Letzte, was ich gerade brauche.
Ich: Hör auf, wie in so einem schlechten Highschool- Liebesfilm zu reden, und sei halt einfach nicht das Letzte, was ich brauche.“

Nachdem Ida ihre alkoholkranke Mutter tot in der gemeinsamen Wohnung gefunden hat, packt sie ihren Koffer und geht. Schließlich landet sie durch Zufall auf der Insel Rügen bei Knut und Marianne, die sie bei sich aufnehmen. Ida geht es bald besser, was nicht nur an der gemeinsamen Zeit mit Marianne, sondern auch an Leif liegt. Doch dann bringt eine schlimme Nachricht erneut alles ins Wanken. Ob die verletzliche Ida damit fertig wird?

Caroline Wahl hat einen ganz einzigartigen, unverkennbaren, sehr individuellen Schreibstil. Sie schildert in direkten, klaren Worten alles, was Ida gerade wahrnimmt. Dabei liefert sie auch ein genaues Abbild von Idas Gedanken. Bei der wörtlichen Rede verzichtet die Autoren meist auf Anführungszeichen. So wirkt der Stil recht dicht, dennoch wird auch einiges zwischen den Zeilen erzählt.

Ida hatte eine komplizierte Kindheit, ihre Mutter war aufgrund ihrer labilen Psyche und ihrer Alkoholprobleme nicht in der Lage, Verantwortung zu übernehmen und sich richtig, um Ida zu kümmern. Bis zu ihrem Weggang übernahm Idas Schwester Tilda für Ida die Mutterrolle. Ida plagen große Schuldgefühle wegen des Todes ihrer Mutter. Sie sieht immer wieder ihren Tod vor sich, nennt sich eine „Scheißtochter“. Mit allem, was aktuell über sie hereinbricht, kann Ida nicht umgehen. Bot ihr das Schreiben früher Trost und Ablenkung, findet sie jetzt keine Worte mehr, da sie sich selbst verachtet. So flüchtet sie, lässt das alte Leben hinter sich. Ida hat zuviel erlebt, um leicht im Umgang zu sein. Doch Marianne nimmt sie, die „tickende Zeitbombe“ auf, frühstückt, läuft, spielt mit ihr, lässt ihr Raum, unterstützt sie, ohne sich aufzudrängen. Bei Marianne fühlt Ida sich wohl und beginnt zu heilen. Und auch Leifs Gesellschaft tut ihr gut. Die Figuren sind sehr unterschiedlich, haben alle ihre Sorgen und werden dennoch füreinander zum Rettungsanker.

Dass Ida einfach losfährt und an einem völlig fremden Ort auf so besondere Menschen trifft, die ihr ohne viele Worte Verständnis entgegenbringen und Rückhalt geben, ist eine tröstliche Vorstellung und hat durchaus etwas Märchenhaftes. Ida findet auf Rügen genau das, was sie braucht, ihren persönlichen Schatz. Und wie schon im Vorgängerband entfaltet auch immer wieder das Wasser seine besondere Wirkung.
Der Roman, Idas schonungsloser Abrechnung mit sich und ihrer vermeintlichen Schuld tut durchaus auch weh, aber nicht wie ein dauerhafter Schmerz, sondern eher wie ein Pflaster, das man abreißt und unter dem schließlich eine langsam verheilende Wunde zum Vorschein kommt.
Bei aller Tragik schafft es Caroline Wahl, Idas Geschichte dennoch voller Leichtigkeit und Zuversicht auf sehr originelle Art zu erzählen. Immer wieder blitzt ihr ganz eigener, lustiger Humor durch, so wenn Idas Gedanken dann wortwörtlich im Gespräch erneut wiederholt werden oder wenn sie auf ihre trockene Art recht nüchtern, völlig skurrile Situationen beschreibt.
„Windstärke 17“ ist ein absolut lesenswerter Roman über Familie, Liebe, Verzeihen, Abschlüsse und Abschiede mit ganz eigenem Sound. Auch mit ihrem zweiten Roman beweist Caroline Wahl erneut eindrücklich, dass sie zu Recht als neuer Stern am deutschen Literaturhimmel gehandelt wird. Bitte mehr solcher Bücher!

Bewertung vom 01.07.2024
Stolz und Vorurteil
Austen, Jane;Kühn, Claudia

Stolz und Vorurteil


sehr gut

Gelungene, motivierende Comicversion des unvergleichlichen Klassikers

„Es ist eine allgemein anerkannte Wahrheit, dass ein Junggeselle im Besitz eines schönen Vermögens nichts dringender braucht als eine Frau.“

Dies ist Mrs. Bennet bewusst. Dennoch zweifelt sie, ob sie all ihre fünf Töchter standesgemäß unter die Haube bringen wird. Als auf dem Nachbaranwesen der Bennets der wohlhabende Junggeselle Mr. Bingley einzieht, macht sich Mrs. Bennet berechtigte Hoffnungen, ihre Tochter Jane an den Mann zu bringen. Und dann wird Mr. Bingley auch noch von seinem Freund Mr. Darcy begleitet, der eigentlich wie gemacht für Janes Schwester Lizzy scheint. Doch Mr. Darcy erweist sich als stolzer, arroganter und grummeliger Zeitgenosse. Kein Wunder, dass Lizzy da Vorurteile entwickelt….

Der Klassiker wird als Graphic Novel in vier nach den Jahreszeiten benannten Abschnitten erzählt. Die Bilder sind in gedeckten Farben gehalten, klar konturiert und problemlos erkennbar. Sie passen insgesamt sehr gut. Der Zeichenstil wirkt fast märchenhaft, ist er doch der historischen Zeit angepasst, in der die Geschichte spielt. Die Figuren sehen attraktiv aus. Es macht einfach Spaß, über die sehr gelungenen Bilder in Jane Austens Welt einzutauchen. Die Handlung entwickelt sich über die Bilder, Sprechblasen und kurze einführende Texte weiter. Dabei sind die Texte prägnant und leicht verständlich formuliert. Das Buch richtet sich an Kinder ab 12 Jahren und Erwachsene.

Lizzy ist intelligent und recht selbstbewusst. Sie weiß, was sie will und hat klare, feste Ansichten, lernt aber im Verlauf der Geschichte, dass der erste Eindruck manchmal täuschen kann. Der steife Mr. Darcy scheint sehr von sich und seiner Meinung eingenommen zu sein. Doch ist das wirklich so?

Nicht umsonst dient die berühmte Figurenkonstellation von „Stolz und Vorurteil“ immer noch zahlreichen Romanen und Filmen als Vorbild. Besser als im Original kann man das Thema meiner Meinung nach nicht verarbeiten. Dieser Comic kommt dem Original ziemlich nahe. An einigen Stellen hätte durchaus noch etwas ausführlicher erzählt werden können, manche Personen wurden für meinen Geschmack nicht deutlich genug eingeführt, so dass ich teilweise noch einmal zurückblättern musste, um die verschiedenen Charaktere nicht zu verwechseln. Die Originalgeschichte zu kennen, erleichtert das Verständnis. Unterm Strich bringt dieses Buch aber die Atmosphäre des Klassikers recht authentisch herüber. Für mich eine gelungene, hübsch gestaltete, stimmige und passende Comicversion, die dem Original wirklich gut gerecht wird und Kinder an den berühmten Klassiker heranführt. Ich bin überzeugt, dass der Comic in so manchen Lesern die Lust wecken wird, sich noch intensiver mit der besondere Geschichte zu beschäftigen.