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Benutzername: 
* Vivi *
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Bayern
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Vielleserin

Bewertungen

Insgesamt 32 Bewertungen
Bewertung vom 31.01.2018
Die Vergessenen
Sandberg, Ellen

Die Vergessenen


ausgezeichnet

Justizentscheidungen auf dem moralischen Prüfstand

Ein geheimnisvoller Mann für besondere Fälle, Manolis Lefteris, gutaussehend, intelligent, kultiviert, löst Probleme unkompliziert – das ist an sich schon ein guter Anfang. Doch die Thematik und die Handlung ergeben ein durchaus komplexeres Werk: Es geht um Schlupflöcher in der Justiz und den Glauben an Gerechtigkeit.

Ellen Sandbergs Geschichte fängt spannend an und bleibt durchgehend auf diesem Niveau. Dies gilt sowohl für die Charaktere als auch für die Ereignisse. Ebenso konstant ausgeglichen bleibt der Grundton des Romans, der Erinnerungen an den zweiten Weltkrieg in Rückblenden verarbeitet und in eine moderne Kriminalgeschichte in der Gegenwart einbettet.

Nach Aussage der Autorin sind alle Personen und Orte frei erfunden, doch der Kern der Geschichte ist wahren Begebenheiten nachempfunden. Die dokumentarisch präzise dargestellten Episoden aus der Vergangenheit wirken genauso schockierend wie die bedrückende juristische Bewertung der geschilderten Massaker und Mordfälle als normale Kriegshandlung. Dieser Freispruch löst in den nachfolgenden Generationen emotionale Konflikte aus. Die Verzweiflung und Machtlosigkeit der beteiligten fiktiven Charaktere ist spürbar.

Neben der fesselnden und abenteuerlichen Handlung stimmen die moralischen Schwankungen mal hoffnungsvoll mal niedergeschlagen: Wo liegt der Unterschied zwischen Völkermord und normale Kriegshandlung? Gibt es eine Chance auf Gerechtigkeit? Ist Selbstjustiz im Zweifelsfall akzeptabel? Dementsprechend ist Ellen Sandbergs Protagonist, Manolis Lefteris, kein gewöhnlicher Alltagsmensch, obwohl er diesen Schein gern wahren möchte. Sein Doppelleben macht ihn noch interessanter, da seine Beweggründe – trotz Brutalität – gewisser weise aufrichtig sind: Gerechtigkeit außerhalb der Grenzen des Gesetzes.

Neben den nachdenklichen Momenten erscheint das pulsierende Münchner Großstadtleben als Kulisse sehr realistisch, teils sogar heiter, die Szenen aus dem Verlagsleben – ob seriöse Tagespresse oder leichte Unterhaltung für eine alternde weibliche Zielgruppe – sind glaubhaft. Besondere Momente werden bildhaft beschrieben und ergeben mit gefühlvollen und klassischen musikalischen Elementen ein noch intensiveres Leseerlebnis.

„Die Vergessenen“ behandelt ein ernstes Thema mit Leichtigkeit, fesselt durch abenteuerliche Verwicklungen und zeigt auf verschiedenen Zeitebenen düstere Kapitel des Krieges und deren Spätfolgen. Die Autorin stellt ein Mahnmal für die unschuldigen Opfer, die im Laufe der Zeit leichthin in Vergessenheit geraten sind.

Bewertung vom 12.11.2017
Kleine Stadt der großen Träume
Backman, Fredrik

Kleine Stadt der großen Träume


ausgezeichnet

Das Leben normaler Menschen unter Eishockey-Fanatikern

In einer abgelegenen schwedischen Kleinstadt wird Eishockey vergöttert. Unter normalen Umstände dürfte diese Tatsache noch keine Probleme verursachen. Doch die Stadt- beziehungsweise „Waldbewohner“ – wie sie von Außenstehenden abgestempelt werden – übertreiben es gewaltig in allen Lebenssituationen. Daher entsteht in Björnstadt kein glückliches Landidyll zwischen Bergen, Wäldern und Seen, wie aus dem Bilderbuch. Vielmehr existieren dort getrennte Gruppen der Eishockey-Fans und der nicht-Fans, die in strenger Hierarchie eingeordnet zurecht kommen müssen. Konflikte gehören zum Alltag. Für normale Menschen ist dieser Ort verständlicherweise wenig lebenswert, höchstens nur akzeptabel. Ein Verbrechen eines Eishockey-Stars der Juniorenmannschaft, eine Vergewaltigung, stellt jedoch alles nochmal auf den Kopf.

Fredrik Backman drängt seine Leserschaft mit seinem Roman „Kleine Stadt der großen Träume“ zu einem emotionalen Karussell. Er bewegt seine Romanfiguren zwischen den äußersten Grenzen einer gespaltenen Gesellschaft, schockiert mit bitteren Auseinandersetzungen, mit Wut und Enttäuschung, spielt mit Variationen zwischen richtig und falsch und letztendlich zwischen gut und böse. Ist es denn uneingeschränkt vertretbar, nur das beste für einen Sportklub zu wollen und dabei Menschlichkeit, Gerechtigkeit und Frieden aufs Spiel zu setzen?

Die Funktionsweise eines sponsorenabhängigen Sportvereins und die Stimmung eines Eishockey-Spiels werden authentisch geschildert. Genauso glaubhaft wirken die Charaktere, die im Laufe der Ereignisse aufeinander treffen, manche prallen sogar wortwörtlich aufeinander: Aggression im Spiel und im alltäglichen Leben ist genauso Teil des Geschehens, wie zutiefst rührende Dialoge – alles in einer treffsicheren Sprache, ausdrucksstark und nüchtern zugleich. Fredrik Backman verleiht seinen Texten stets eine atemberaubende Intensität.

„Kleine Stadt der großen Träume“ ist eine polarisierende, dramatische Geschichte über „Erfolgsmenschen“ und „Loser am äußersten Rand der Zugehörigkeitsskala“, überraschend und spannend bis zum letzten Wort.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 12.11.2017
Das Glück an Regentagen
Stapley, Marissa

Das Glück an Regentagen


sehr gut

Sowohl Regentage als auch schwere Lebensphasen kann man überwinden

Die Hauptfigur in Marissa Stapleys Erzählung, Mae, wird erneut verlassen. Ihre Verzweiflung treibt sie in ihre Heimat zurück, die sie vor langer Zeit verließ. Sie wird in Alexandria Bay sowohl mit ihrer als auch mit der Vergangenheit ihrer Eltern und Großeltern konfrontiert. Gleichzeitig bekommt sie eine Chance auf eine bessere Zukunft, doch sie muss daran glauben, dass sich ihr Schicksal wenden kann.

Dieses Buch ist eine durchwegs melancholische Lektüre, mit tragischen Zwischenfällen. Mae schwelgt entsprechend in Selbstmitleid. Glücklicherweise gibt es eine Sammlung von weisen Sprüchen, die ihre verstorbene Mutter hinterließ, und die sie durch die Regentage helfen – sowohl im wörtlichen als auch im übertragenen Sinne.

Nach einer schockierenden Einführung findet die Geschichte langsam zum Gleichgewicht. Dennoch werden nicht alle Handlungen logisch nachvollziehbar. Ziemlich alle Romanfiguren ertappt man dabei, dass sie furchtbar unter ihren quälenden Schuldgefühlen leiden. Dennoch bereichern die Lebenswege der betroffenen Familien über vier Generationen, denn die Ereignisse zeigen eine ausgeprägte Tendenz zur Romantik und zu rührenden Emotionen. Die naturnahe Kulisse wird bildhaft dargestellt und hinterlässt ein wohliges Zufriedenheitsgefühl – so muss sich Heimat anfühlen.

Sind denn Regentage etwas Aussichtsloses? Maes verstorbene Mutter, Virginia, sieht jedenfalls, wie man sie am besten verkraften und sogar genießen kann. Die Empfehlungen, wie man an Regentagen zum Glück beitragen kann – jeweils am Kapitelanfang – bieten eine liebevolle Sammlung von New Yorker Insider-Tipps (einige sogar von Alexandria Bay), mit Kaffees, Geschäften und Ausflugsmöglichkeiten. Dieser kleine indirekte Reiseführer ist stimmungsvoll und einladend.

„Das Glück an Regentagen“ ist ein feines, geheimnisvolles Buch für die Seele. Seite für Seite bringt es den Lesern bei, wie man stets mit Zuversicht in die Zukunft blickt.

Bewertung vom 28.09.2017
Palast der Finsternis
Bachmann, Stefan

Palast der Finsternis


ausgezeichnet

Fantasievolle Gruselgeschichte in einem prächtigen Palast

Hinter dem edel schimmernden Cover des Abenteuerromans „Palast der Finsternis“ versteckt sich eine packende Geschichte, die Jugendliche und Erwachsene gleichermaßen begeistern kann.

Nach kurzer Einleitung legt Stefan Bachmann ein rasantes Tempo hin. Der Autor verwickelt seine jungen, US-amerikanischen Protagonisten in verwirrende Abenteuer in einem geheimnisvollen unterirdischen Palast, in Péronne, Frankreich. Bald entsteht eine unermesslich hohe Spannung. Im weiteren Verlauf erscheinen übernatürliche Figuren und ein zweiter Erzählstrang aus der Vergangenheit (Ereignisse in Frankreich, Ende des 18. Jahrhunderts) lässt Parallelen zur Gegenwart erahnen.

Entwicklungsfähige, interessante Charaktere und überraschende Wendungen tragen dazu bei, dass sich die Situationen oft zuspitzen. Mit sicherer Hand führt der Autor durch eine wilde Verfolgungsjagd vor einer gruseligen und dennoch edel wirkenden Kulisse.

Ein kleines Team aus Jugendlichen meistert atemberaubende Herausforderungen. Ob ihnen die Flucht aus der irrsinnigen (Alp-)Traumwelt gelingt, ist fraglich. Bis zum Schluss ist nicht klar, wie man die Ansammlung von bedrohlichen, abartigen Wesen im unterirdischen Palast beseitigen kann.

Gewürzt mit schlagfertigen Dialogen, frechen Sprüchen und tiefgehenden Gedanken landet der Autor sicher einige Treffer bei einem jungen Publikum. Aber auch Fantasy-begeisterte Leser aus älteren Jahrgängen werden ihren Spaß an diesem von Sarkasmus durchwobenen Roman haben. Nachdem man aber vor lauter Spannung das Buch kaum aus der Hand legen kann, verspricht diese Lektüre in erster Linie Hochspannung im Rahmen einer langen Lesenacht, um nur eine flotte Möglichkeit zu nennen.

Bewertung vom 05.04.2017
Es klingelte an der Tür / Nero Wolfe Bd.41
Stout, Rex

Es klingelte an der Tür / Nero Wolfe Bd.41


ausgezeichnet

Kultdetektiv Nero Wolfe legt sich mit dem FBI an

„Es klingelte an der Tür“ ist keine Neuerscheinung, sondern ein klassischer amerikanischer Detektivroman, ein Bestseller aus den 60ern – neu aufgelegt vom Klett-Cotta Verlag, aktuell übersetzt von Conny Lösch.
Das Cover sticht mit einem zeitgerechten Motiv hervor, das geschickt auf die bekannte Nero-Wolfe-Tradition hinweist – natürlich mit Leineneinband im Retrostil.
Die Kriminalromane von Rex Stout wurden seit den 30ern mehrfach verlegt und verfilmt, mittlerweile wuchs eine riesige Fan-Gemeinde heran. Kein Wunder, Stouts Stil überzeugt von Anfang an sowohl mit hochwertiger Schreibqualität als auch mit spannendem Inhalt. Dabei gewinnt man bei „Es klingelte an der Tür“ anfangs einen etwas verrückten Eindruck, die Handlung klingt absurd: Eine reiche Witwe verwickelt sich in einen anscheinend gefährlichen Konflikt mit der Sicherheitsbehörde der USA und danach wird sie vom FBI verfolgt. Zumal könnte sie ihre Tage völlig sorglos und gedankenlos verbringen, sich in Luxus wälzen und glücklich sein. Doch sie fordert ihr Schicksal heraus. Wie soll es Nero Wolfe gelingen, die Auftraggeberin vor dem FBI dauerhaft zu schützen?

Zuerst gilt es, die Motive der Protagonisten – der Auftraggeberin und des Detektivs, Nero Wolfe – zu verstehen. Danach geht es schwungvoll an die Lösung heran und all diese Vorgänge bereiten großen Spaß. Schlagfertige Dialoge, charakteristische Figuren und theatralisch angelegte Inszenierungen verhalfen diesen Roman seit der ersten Auflage stets zum Erfolg.

Besonders bemerkenswert ist die Persönlichkeit von Nero Wolfe, dem übergewichtigen, orchiedeenzüchtenden Sonderling mit scharfem Verstand und mit ausgeprägter Neigung zum Genuss. Doch unerwarteterweise ist er nicht der Erzähler. Die Geschichte wird von seinem smarten Assistenten aus der Ich-Perspektive – spürbar kritisch – dargestellt: Ein ironisches Augenzwinkern ist immer dabei.

Das heutige Publikum wird sicherlich den klaren Stil des Autors genießen und die Leichtigkeit, mit der er verwirrte Situationen beschreibt und bewertet. Die etwas nostalgische, elegante Grundstimmung wird durch die aktuelle Übersetzung hervorragend unterstreicht: Die beste Basis, um in den faszinierenden New Yorker Alltag der 60er Jahre einzutauchen.

Die Folge 28 der bereits weltberühmten Nero-Wolfe-Serie ist eine stilvolle und amüsante Lektüre für anspruchsvolle Leserschaft.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 10.12.2016
Die Spionin
Coelho, Paulo

Die Spionin


ausgezeichnet

Ein faszinierendes Frauenleben

Von Paulo Coelho erwartet man's eben nicht anders und man wird auch niemals enttäuscht: Er schafft Meisterwerke. Seine Darstellung über das Leben von Mata Hari ist beeindruckend und einfühlsam. Zwar geht es hier um eine gut recherchierte, dokumentarische Geschichte, die Erzählung durch fiktive Abschnitte ergänzt. Diese schöpferische Freiheit bereichert jedoch das Gesamtwerk.

Die Vorstellung über ein aufregendes Leben und die Sehnsucht nach Unabhängigkeit trieben eine junge Dame dazu, eine zumindest sicher erscheinende Existenz aufzugeben. Sicher und unglücklich. Sie lebte nach dieser Entscheidung gewiss anders, doch das Anderssein hatte seinen Preis.

Wie Mata Hari auf ihre unvermeidbare Tragödie zusteuert wird in Briefform niedergeschrieben. Zwei Ansichten werden geschildert und beide erscheinen jeweils eine Rechtfertigung zu sein. Mata Hari erklärt ihre Beweggründe zur gefahrenvollen „Spionage“, ihr Verteidiger erklärt, wieso ihr Fall vor dem Gericht von Anfang an aussichtslos war.

Die rührende Erzählweise stimmt nachdenklich: War Mata Hari tatsächlich eine selbstbewusste Persönlichkeit? Wurde sie lediglich Opfer von Verrat und Intrigen? Musste sie denn leidenschaftslose Liebesaffären hinnehmen, um dadurch ihren Wunsch nach Freiheit zu befriedigen? Führte sie ihr Schicksal selbst herbei?

Ein faszinierendes Frauenleben in einer männerdominierten Welt, mit Coelhos Worten einfach tief gehender ausgedrückt, als je zuvor.

1 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 09.11.2016
Und nebenan warten die Sterne
Spielman, Lori Nelson

Und nebenan warten die Sterne


sehr gut

Trauerverarbeitung mit Sprüchealbum

Eine herzzerreißende Familientragödie erschüttert das Leben von Erika Blair. In ihrem persönlichen Umfeld wird sie mit den Gefühlen ihrer Familienmitglieder und ihrer Freunde konfrontiert. Sie muss über dies hinaus noch „verstörende Erinnerungen“ aus der Kindheit bewältigen.

Autorin Lori Nelson Spielmann wählte ein überaus emotionales Thema für ihren Titel „Und neben warten die Sterne“. Die Ausgangssituation gibt genug Stoff für Spannungen: Alleinerziehende (geschiedene) Mutter, eine Adoptivtochter – junge Erwachsene mit einer Menge Unsicherheiten –, eine tragisch verunglückte leibliche Tochter, ein etwas oberflächlicher Ex-Mann, hoch gesetzte Ziele im Beruf – stressiger Alltag – und emotionale Lasten aus der Vergangenheit.

In erster Linie steht in diesem Buch die Trauerverarbeitung mit qualvollen Schuldgefühlen. Die Autorin führt die Leser durch zweierlei Ansichten durch die Ereignisse. Erika Blair erzählt in der Ich-Perspektive, die Eindrücke ihrer Adoptivtochter werden in der dritten Person geschildert. Das sorgt zwar anfangs für etwas Verwirrung, doch der direkte, schnörkellose Schreibstil hilft, um sich schnell an dieses Wechselspiel zu gewöhnen.

Die zwei Hauptfiguren, Erika und Annie, kämpfen sich durch die verwirrte, hektische Welt. Vielversprechende, überraschende Wendungen tragen dazu bei, dass es im Roman nicht nur bei Vorwürfen und quälenden Schuldgefühlen bleibt, sondern auch alte und neue Freundschaften blühen können und Liebe entflammt.

Letztendlich tragen die Sprüchealben viel bei, dass die Romanhelden nahezu unversehrt durch alle Desaster kommen. Großmutters liebevolle und weise Anleitung begleitet die Töchter schützend über den Tod hinaus.

Ein bemerkenswerte Lektüre, doch das Thema ist fast zu umfangreich für knapp 400 Seiten. Zeitweise mangelt es an Beweggründen und es wird mutig angenommen, dass die emotionale Wahrnehmung bei Männern fehlt. Es prickelt, es kriselt gewaltig, es ist in jeder Hinsicht aufregend. Die Schwierigkeiten, das eigene Leben „aufzuräumen“, sind knallhart erlebbar.

Autorin Lori Nelson Spielman bleibt sich treu und sorgt mit ihrem aktuellen Titel für ein packendes emotionales Leseerlebnis.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 09.11.2016
Winterblüte
Bomann, Corina

Winterblüte


sehr gut

Romantisches Wintermärchen

Ein eiskalter Winter tobt in Heiligendamm, Weihnachten steht vor der Tür und die Familie Baabe ist in großer Aufregung. Tochter Johanna soll bald heiraten, doch sie will nicht. Zumindest nicht die Kandidaten, die ihr den Hof machen. Schließlich möchte sie glücklich werden. Doch 1902, Anfang des 20. Jahrhunderts spielt die gesellschaftliche Stellung eine so große Rolle, dass weibliche Familienmitglieder kaum auf ein unabhängiges und freies Leben hoffen dürfen.

Glücklicherweise bringt eine unbekannte Schiffsbrüchige Abwechslung ins Leben des kleinen Ortes an der Ostseeküste. Aus der melancholischen Grundstimmung entwickelt sich eine spannende Geschichte, die sowohl die festgefahrenen Traditionen als auch die Toleranz der Beteiligten auf die Probe stellt.

Die lebendig gezeichneten Figuren und bildhaften Szenenbeschreibungen lassen unterhaltsam in die Kulisse der vorletzten Jahrhundertwende eintauchen. Besonders stimmungsvoll ist die elegante Umgebung, die eifrige Vorbereitung in der Vorweihnachtzeit und die Einstimmung auf das Fest. Ergreifend die dramatischen Emotionsausbrüche – schließlich geht es um Identität, Abstammung und ferner um eine glückliche Zukunft.

Aussichtslosigkeit und Hoffnung wechseln sich in kurzen Abschnitten ab. Sogar gewisse Parallele zum Aschenputtels Leidensweg werden erkennbar, während sich die Liebesbeziehungen etwas eigenständig entwickeln und sich die Situation am Weihnachtsabend beim prunkvollen Ball zuspitzt.

Die Autorin strickt „Winterblüte“ fesselnd und einfühlsam, einzig die Dialoge enthalten zum Teil moderne Redewendungen, die sich etwas unglücklich in die Zeit vor über 100 Jahren fügen. Insgesamt gewinnen die Sympathie zu den Romanfiguren und die kurzweilige Erzählkunst.