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Bewertungen
Insgesamt 204 BewertungenBewertung vom 21.03.2023 | ||
Anleitung ein anderer zu werden Nach "Abschied von Eddy" blieb bei mir die Frage, wie Édouard Louis den Ausbruch aus den dort beschriebenen hoffnungslosen Verhältnissen eigentlich genau geschafft hat. Diese Frage wird nun in "Anleitung ein anderer zu werden" beantwortet. Zeitlich schließt es an "Eddy" an und beschreibt, durch welche Begegnungen und Zufälle er, nachdem er als Teenager das Dorf und seine Familie verlässt, seinen Weg bishin in teils absurd elitäre Verhältnisse gefunden hat. Damit hat das Buch eine andere Stimmung als "Eddy". Gegenüber seinen Eltern schlägt er versöhnlichere, verständnisvollere Töne an, das Dorf kommt nur am Rande vor – nicht mehr als Mittelpunkt des Lebens, sondern als Gegenpol zum neuen bzw. zukünftigen Leben, als Anreiz, aufzusteigen und dort nie wieder leben zu müssen. Insgesamt ist "Anleitung ein anderer zu werden" weniger düster als der Vorgänger, die Aussicht auf eine positive Zukunft ist immer spürbar. Aber auch ein rastloses Streben nach weiterem sozialen Aufstieg und materieller Sicherheit ist immer da – so zieht es ihn dann, nachdem er auf dem Gymnasium und an der Uni in Amiens schon mehr erreicht hat, als die meisten erwartet hätten, nach Paris auf eine Elite-Universität. Nur so scheint es ihm sicher, das Dorf endgültig hinter sich lassen zu können. Der Weg, den Édouard Louis durchläuft, ist eindrucksvoll, auch wenn ich mich bei allem Respekt vor so viel Mut, Kraft und Ehrgeiz manchmal frage, ob er sich dabei nicht etwas zu sehr von anderen beeinflussen lässt – ein Dilemma, das ihm aber auch selbst bewusst zu sein scheint. Bleibt zu hoffen, dass er irgendwann ankommt. |
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Bewertung vom 07.03.2023 | ||
Michael Köhlmeier erzählt die Geschichte des 14-jährigen Franks und seines Großvaters. Der Großvater kommt frisch aus dem Gefängnis, soll wohl geheimnisvoll bis unheimlich sein, was auf mich aber nicht wirklich wirkte. Frank, im besten Teenageralter, benimmt sich erwachsener (schon fast boomermäßig) als die Erwachsenen. Nachdem ich schon Probleme hatte, den Großvater ernst zu nehmen, fiel es mir bei Frank durch dieses Verhalten noch schwerer. Zwei so ungewöhnliche Figuren könnten auch eine tolle Geschichte ergeben - leider haben sie mich aber nur gelangweilt. Schade. |
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Bewertung vom 15.02.2023 | ||
In "Sibir" verbindet Sabrina Janesch zwei Coming-of-Age-Geschichten: die von Leila und die ihres Vaters Josef. Josef wird als Kind nach dem Zweiten Weltkrieg mit seiner Familie in die kasachische Steppe verschleppt. Das Leben unter extremen Bedingungen, das Miteinander verschiedener Volksgruppen, eine gewisse kasachische Mystik - das war eine interessante Mischung und eine Lebensrealität, von der ich vorher noch nicht gelesen hatte und die ich sehr spannend fand. Josefs Tochter Leila wächst in Norddeutschland unter Russlanddeutschen auf. Auch dies eine Lebensrealität von der ich nichts weiß - geprägt von mehreren Kulturen, der Vergangenheit und der Suche nach Heimat. Interessant und anders bei diesem Coming-of-Age-Buch der ständige Bezug auf die Vergangenheit. Das Umfeld beider Kinder/Jugendlicher ist stets geprägt vom Blick zurück ihres Umfelds, während junge Menschen doch eigentlich nach vorne blicken. So müssen beide ihren Weg mit und abseits dieser Prägung finden. Während ich Leilas Geschichte irgendwann mehr als auserzählt fand, hätte ich gerne noch mehr von Josef und dem Dorf Nowa Karlowka gelesen - wie so oft bei Geschichten auf zwei Zeitebenen kann auch hier die Geschichte in neuerer Zeit nicht mit der älteren mithalten. |
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Bewertung vom 22.01.2023 | ||
Die Bücher, der Junge und die Nacht "Die Bücher, der Junge und die Nacht" ist eine eingängliche und atmosphärische Geschichte über Bücher und Buchliebhaber unterschiedlicher Couleur. Dabei kratzt sie manchmal an dem Punkt, an dem Klischees und Überzeichnung zu viel sind – vielleicht ist das dem Genre Phantastik, in dem der Autor sich ja meist bewegt, geschuldet. Für mich war das ok so. |
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Bewertung vom 16.01.2023 | ||
In "Glasgow Girls" finden sich viele starke Frauen, die alle selbstbewusst ihren teils beschwerlichen Weg gehen. Im Mittelpunkt steht dabei die junge Olivia, die es mit Talent, Ausdauer und etwas Glück aus einfachen Verhältnissen bis in die Künstlerwelt Glasgows schafft. Diese ist Ende des 19. Jahrhunderts vom Jugendstil geprägt und hat die renommierte Glasgow School of Art hervor gebracht, an der neben Malerei auch alle möglichen anderen Kunstrichtungen unterrichtet werden, u.a. die Stickerei, der sich Olivia bevorzugt widmet. Über diese Künstlerwelt erfährt man im Roman von Susanne Goga auf leichte Art und Weise so einiges (Es lohnt aber zusätzlich auch, die Künstlerinnen zu googlen, um sich deren Werke anzusehen – eine Liste der realen Personen, die in diesem Roman vorkommen, findet sich am Ende des Buches). Auch das Leben in Glasgow wird lebendig beschrieben – von den Sorgen der weniger Privilegierten über Teesalons bis hin zu vegetarischen Restaurants ist das manchmal überraschend und immer bildhaft. |
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Bewertung vom 09.01.2023 | ||
Happy New Year - Zwei Familien, ein Albtraum Auch wenn die Beschreibung und das Cover von Malin Stehns "Happy New Year" genauso gut einen Thriller ankündigen könnten, handelt es sich (wie vom Verlag aufs Cover gedruckt) um einen Roman mit weniger Spannung als in einem Thriller. Die Geschichte wird im Wechsel von drei der erwachsenen Hauptfiguren erzählt, die mir durch ihr größtenteils selbstfixiertes Gejammer im Laufe des Buches immer unsympathischer wurden. Das ist an sich ok und ja auch durchaus ehrlicher und spannender, als wenn alle nur nett wären, aber irgendwann war es halt eintönig und die Figuren auch etwas nervig. Auch dadurch zieht sich die Geschichte bis zum etwas kruden Ende ziemlich in die Länge. Die Auflösung kommt dann aus dem Nichts, was ich immer enttäuschend finde, wenn man vorher miträtselt, und umfasst zudem sehr sehr dezente Andeutungen, ob nicht doch mehr dahinter steckt. Dieses Ende war das i-Tüpfelchen, dass mich das Buch ziemlich unzufrieden zurücklässt. Weder ist dieses Buch spannend, noch geht es tiefer auf die oberflächlich angerissenen Themen wie Drogenkonsum, Untreue etc. ein - von mir deshalb leider keine Leseempfehlung. 1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich. |
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Bewertung vom 03.01.2023 | ||
Ich war schon in Wollseifen in der Eifel und es ist tatsächlich ein Ort, der in Erinnerung bleibt. Bei meinem Besuch habe ich unweigerlich einiges über die Geschichte des Dorfes Wollseifen und auch über Vogelsang gelernt und nun interessierte mich, wie diese bewegte Geschichte in Romanform umgesetzt wurde. |
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Bewertung vom 20.11.2022 | ||
Theresia Enzensberger entwirft in "Auf See" eine Zukunftsvision, von der man bis zum Schluss nicht genau weiß, wie dystopisch sie eigentlich ist. Deutschland (Europa? die Welt?) wurde von den Folgen des Klimawandels eingeholt, auch politisch und gesellschaftlich gab es negative Entwicklungen, die aber nur angedeutet werden und unscharf bleiben. Wenig überraschend, dass in diesen prekären Zeiten selbsternannte Heilsbringer, die neue Gesellschaftsformen propagieren, Zulauf gewinnen. Theresia Enzensberger stellt hier sowohl in Romanform fiktive, als auch in im gut lesbaren Sachbuchton verfassten Zwischenkapiteln reale Beispiele solcher utopischen Projekte (und deren Scheitern) vor. Das ist alles interessant und auch die Fokussierung auf den weiblichen Blickwinkel hat mir gefallen, aber ein Aha-Moment blieb aus. Manche Nebenfiguren tauchen auf und verschwinden wieder ohne dass ihre Geschichte auserzählt scheint. Die Geschichte insgesamt fließt ohne Überraschungen oder große Wendungen vor sich hin - das hatte ich anderes erwartet. |
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Bewertung vom 29.10.2022 | ||
Ich war überrascht, dass Celeste Ngs neuster Roman "Unsre verschwundenen Herzen" diesmal nicht in der US-amerikanischen jüngeren Vergangenheit spielt, sondern eine Dystopie ist. In den hier beschriebenen USA herrscht ein totalitäres System, das das Gesetz PACT erlassen hat, welches die Bevölkerung auf Patriotismus einschwört. Hieraus resultiert ein Klima der Angst und weithin akzeptierter Rassismus. Celeste Ng setzt hier bei bereits realen Tatsachen an: verbreiteter Rassismus, zu häufige Wegnahme von Kindern aus Familien, Zensur in Bibliotheken etc. PACT scheint dadurch also gar nicht so weit weg, wie man zunächst denken könnte. |
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Bewertung vom 13.10.2022 | ||
Die eigentliche Geschichte in "Spitzweg" ist übersichtlich, langsam erzählt und ziemlich verquer-absurd. Eine Freundschaft zwischen drei Außenseitern in der Oberstufe, von denen eine dann verschwindet. Die Protagonisten sind aus der Zeit gefallen, was sich in ihrem Kleidungsstil, ihrer Ausdrucksweise, ihrem Auftreten zeigt. Auch Handlungszeit und -ort lassen sich nicht genau festmachen und so schwebt das ganze Buch über der Zeit bzw. unserer Realität. |
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