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katl2

Bewertungen

Insgesamt 39 Bewertungen
Bewertung vom 12.02.2022
Die Tote von Brighton
Harris, C.S.;Radtke, Katharina

Die Tote von Brighton


ausgezeichnet

Eine junge Frau wird mit einem Dolch im Rücken aufgefunden – und das in den Armen des Prinzregenten George IV. Für Charles Lord Jarvis, der schon seit Jahren im Schatten die Fäden zieht, steht fest: um einen royalen Skandal zu verhindern, muss der wahre Mörder gefunden werden. Und zwar schnell, und ohne einen Skandal zu provozieren. Leider kennt er nur einen, der dazu in der Lage ist. Ein Mann, der Jarvis alles andere als sympathisch ist. Der Einzige, der ihm an Intelligenz nichts nachsteht. Sebastian St. Cyr wird sich von ihm nicht in einen Mordfall hineinziehen lassen. Aber Jarvis hat noch einen Trumpf in der Hand: eine Halskette, die eng mit Sebastians Vergangenheit zusammenhängt.
Ein Stein der Vergangenheit
Erneut sieht sich Sebastian einem Mordfall gegenüber. Seine anfängliche Abneigung, in diesem Fall zu ermitteln, ändert sich, als er die Kette in Jarvis Hand erkennt. Und so wirft er sich erneut ins Netz voll Intrigen und Lügen, von Geheimnissen und Verschwörungen, die unter der scheinbar makellosen Oberfläche der Londoner Oberschicht schlummern.
Noch immer gibt es zahlreiche Anhänger von James II., dem katholischen Regenten, der 1688 bei der Glorreichen Revolution nach Frankreich geflohen ist. Die katholischen Nachfolger des vertriebenen James II (auch Jakob II, was seinen Anhängern den Namen Jakobiner einbrachte) haben kein Recht mehr auf die Thronfolge, aber der unbeliebte Prinzregent George IV bringt die Flamme der Intrigen wieder zum Brennen.
Fazit
Besonders interessant fand ich den historischen Hintergrund der Revolution, dem Thronfolgestreit, dem unbeliebten Prinzregent George IV. All dies verpackt C. S. Harris in einem fesselnden Krimi, der erneut ein absolutes Leseerlebnis darstellt.

Bewertung vom 12.02.2022
Ein Präsident verschwindet / Philipp Gerber Bd.2
Langroth, Ralf

Ein Präsident verschwindet / Philipp Gerber Bd.2


sehr gut

Der Krieg ist vorbei, aber Deutschland ist gespalten. Verschiedene Siegermächte und diverse Ideologien trennen das Land und seine Bewohner. Kommunismus steht dem Kapitalismus gegenüber. Der Krieg ist vorbei, aber Frieden herrscht noch lange nicht.

Ein Bild erregt die Gemüter in West-Berlin: Der Verfassungsschutzpräsident Otto John in Ost-Berlin. Was macht er dort? Wurde er entführt oder überschritt er freiwillig die Grenze? Philipp Gerber soll das herausfinden. Der Geheimdienst hat bereits einen Verdacht, den er bestätigen soll: eine junge Frau soll Otto John zum Übertritt animiert haben. Doch Gerber zweifelt diese Aussage an: denn diese Frau ist niemand anderes als seine Geliebte Eva Herden. Und dass kann er nun wirklich nicht glauben. So etwas würde Eva niemals tun! Oder etwa doch?

Sprache und Stil

Gliedsätze, bildhafte Szenenbeschreibungen und unterschiedliche deutsche Dialekte prägen den Erzählstil von Ralf Langroth. Es ist verständlich und leicht geschrieben. Immer wieder spielt der Autor auf den Vorgängerband an, aber es stört nicht, wenn man diesen, wie ich, nicht gelesen hat. Ein abrupter Einstieg ins Buch, überraschende Wendungen, relativ kurze Kapitel und eine rasche Erzählweise machen es praktisch unmöglich das Buch aus der Hand zu legen.

Das Cover

Wie auch bei „Die Akte Adenauers“ prangt am Umschlag des Buches ein altes Foto aus dieser Zeit. Der grünliche Schimmer sowie die Schreibmaschinenartige Schrift kombiniert mit dem historischen Foto versetzen einen sofort in die Zeit, in der die Handlung des Thrillers angesetzt wird. Der Buchtitel sowie der Klappentext versprechen ein interessantes Leseerlebnis von einer Zeit, die viele noch selbst erlebt haben, die ich selbst jedoch nur aus Erzählungen kenne.

Fazit

„Ein Präsident verschwindet“ ist ein hervorragend recherchiertes Buch, das durch wechselnde Erkenntnisse und aktionsgeladene Szenen ein angenehmes Leseerlebnis dargestellt hat. Langweilig war es nie, aber der Schluss war für mich persönlich etwas zu rosig, aber das ist reine Geschmackssache.

Ein politischer Thriller aus der Nachkriegszeit – für Interessierte auf jeden Fall empfehlenswert. Wer bei dem Thriller auf blutige und psychische Extremfällte der Menschheit treffen will, ist hier jedoch an der falschen Adresse.

Bewertung vom 29.01.2022
The Maid / Regency Grand Hotel Bd.1
Prose, Nita

The Maid / Regency Grand Hotel Bd.1


ausgezeichnet

Kampf dem Staub

Ein Tag wie jeder andere. Mollys Dienstmädchenuniform hängt frisch gebügelt und gewaschen an ihrem Spind, der Putzwagen ist neu aufgefüllt und motiviert wie immer startet sie in ihren Arbeitstag. Selbst die Unordnung in der Suite von Mr. und Mrs. Black ist nichts Ungewöhnliches. Ungewöhnlich ist jedoch, dass Mr. Black am Fußboden herumliegt. Und das, ohne zu atmen.

Schlagartig ändert sich Mollys geregeltes Leben. Die Spurensicherung versperrt ihren Arbeitsbereich, die Polizei stellt unangenehme Fragen und schließlich wird sie auch noch gebeten, von der Arbeit fernzubleiben. Dabei hat sie nichts falsch gemacht. Hat sich an die Belehrungen von Mr. Snow, dem Hoteldirektor gehalten und stets die Etikette des Anstands bewahrt. Und dafür gesorgt, ihrer Arbeit gewissenhaft nachzugehen – trotz der schrecklichen Umstände. Die Polizei findet Mollys Arbeitswillen höchst verdächtig und findet auch genügend Gründe, um das Zimmermädchen ganz oben auf die Liste der Verdächtigen zu setzen.

Molly Maid

Ein klingender Name, der nicht besser passen könnte. Schon als Kind träumt Molly davon, Zimmermädchen zu werden. Nichts schöner als eine Suite in den Zustand der Perfektion zurückzuversetzen. Sauberkeit und Regeln beherrscht sie zur Perfektion. Zwischenmenschliche Beziehungen oder die Tiefe menschlicher Verschlagenheit weniger. Mit ihrer ungewöhnlichen Art zu Sprechen und etwas weltfremden Art dauert es nicht lange bis sie ins Fadenkreuz der Ermittler gerät und schnell lernt Molly den wahren Unterschied zwischen einem echten Freund und einem falschen Fuffziger.

Fazit

Witzig, erfrischend und mit einer Priese Ehrlichkeit, die einen aufrüttelt und über Vorurteile und voreilige Schlüsse nachdenken lässt. Eine neue Sichtweise im Genre des Krimis, die ich so noch nicht kannte und sehr genossen habe. Ein Gute-Nacht-Krimi zum Genießen.

Bewertung vom 01.01.2022
Pyria (eBook, ePUB)
Bedelis, Elin

Pyria (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Die Schatten. Sie sind Leéns einzige Chance, ihren Vater aus dem Gefängnis zu holen. Die berüchtigten Handlanger des schwarzen Fürsten, die ihre Mitgliedschaft durch weiße Handschuhe kennzeichnen, sind zwar alles andere als hilfsbereit, aber Leén hat keine andere Wahl. Machairi, der Messerdämon bietet ihr einen Handel an – wenn sie bereit ist, ihn auf eine Reise zu begleiten, würde er ihren Wunsch erfüllen. Mangelns Alternernativen schließt sie sich dem Schatten uns seinem Gefolge an und begibt sich auf eine Reise ins Ungewisse.
Sprache und Stil
Vier verschiedene Perspektiven erzählen die aufregende Reise des Schattens durch einen unbekannten Kontinent. Gwyn, Vica, Mico und Leén – sie alle nehmen unterschiedliche Dinge wahr, legen, geprägt durch ihre Vergangenheit, auf andere Sachen wert und zeigen durch ihre persönlichen Gedanken und Gefühle, wie facettenreich und vielschichtig das Leben und die Menschen sind. Besonders durch die unterschiedlichen Betrachtungsweisen des Schattens, dem jeder von ihnen einen anderen Namen gibt, um ihn nicht Machairi zu nennen, verdeutlicht dies.
Elin Bedelis benutzt eine beschreibende Sprache, die die Welt rund um Machairi zum Leben erweckt. Lange, verschachtelte Sätze sowie persönliche Gedanken bringen die Charaktere unglaublich nahe. Sie findet eine perfekte Mischung zwischen Aktion reichen Handlungssträngen und ruhigeren Szenen, die keineswegs langweilig werden.
Der Schatten der Geschichte
Machairi, der Messerdämon, steht im Zentrum der Aufmerksamkeit. Unberechenbar und tödlich strahlt er eine unglaubliche Anziehungskraft aus, der sich keiner entziehen kann – ebenso wenig wie ihm kaum einer für längere Zeit in die Augen blicken kann. Ein menschlicher Dämon oder ein dämonischer Mensch ohne Skrupel – er ist beides und dennoch etwas völlig anderes. Ein Schatten mit einem Ziel, das niemand kennt.
Fazit
Pyria ist ein faszinierendes Buch. Eine völlig neue Welt, erzählt von vier Charakteren, die nicht unterschiedlicher sein könnten. Die unerfahrene Leén, der grimmige Mico, der gutgelaunte und die blinde und misstrauische Vica. Sie alle verbindet nur eines – sie sind der Anhang von Machairi, dem Messerdämon. Farbenfroh und packend erzählt Elin Bedelis die Geschichte von einem Schatten und seinem Gefolge, von Magie und der Frage nach Treue. Ein gelungener Auftakt eines Fantasyromans – absolut empfehlenswert für jeden, der dieses Genre liebt.

Bewertung vom 09.11.2021
Der Mann, der nicht mitspielt / Hardy Engel Bd.1
Weigold, Christof

Der Mann, der nicht mitspielt / Hardy Engel Bd.1


ausgezeichnet

Der Schatten der Goldenen Zwanziger

Ein erfolgloser Schauspieler ist in Hollywood keine Seltenheit. Hardy Engel ist nur einer von vielen. Sein Versuch, als Privatdetektiv über die Runden zu kommen, ist ebenfalls nicht von Erfolg gekrönt. Bis eines Tages eine attraktive, rothaarige Frau um eine Audienz bei ihm bittet. Und mit einem Schlag ändert sich im Leben von Hardy Engel alles. Seine Ermittlungen führen ihn hinter die Bühnen und Scheinwerferlichter von Hollywood zu den dunklen und verdorbenen Geheimnissen der Filmwelt. Schnell wird ihm klar, dass hier nichts so ist, wie es scheint und dass es manche Vorfälle gibt, die nie in das Licht der Öffentlichkeit geraten sollen.

Der Detektiv

Hardys Wunsch, ein Komiker zu werden, ist nicht sonderlich von Erfolg gekrönt und so beschießt er, sich seine Erfahrungen als Polizist zunutze zu machen und beschließt, Privatdetektiv zu werden, anfangs mit einer niedrigen Beschäftigungsrate. Ein unscheinbarer Auftrag ändert dann alles. Seine Hartnäckigkeit und sein Talent, stehts zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort zu sein, stoßen den zynischen und sturköpfigen Hardy mitten hinein in die Welt des Filmes, wo es von Geheimnissen und Unwahrheiten nur so wimmelt. Doch für Hardy Engel ist klar, dass er letztendlich nur der Wahrheit dient. Und die will er finden, koste es was es wolle.

Ein Platz, an dem Träume zur Wirklichkeit werden

Hollywood – ein Platz voller Träume, berühmter Persönlichkeiten und ein Himmel auf Erden. Zumindest scheint es so. Christof Weigold malt ein anderes Bild von Hollywood. Drogen, Alkoholismus und sexuelle Vergnügungen stehen an der Tagesordnung der großen Stars. Die vermittelte Illusion existiert nicht, und doch kämpft die Filmbranche darum, eben jene Illusion aufrecht zu erhalten. Doch der Skandal, der durch den Tod von Virginia Rappe ausgelöst wird, lässt die Fassade bröckeln und ermöglicht den Medien einen Blick hinter die sorgsam verborgenen Kulissen. Die Aufregung ist groß. Zeitungen erkennen ihre Chance zu Massenabnahmen ihrer Schlagzeilen, die Filmproduzenten fürchten um ihren Ruf, Schauspieler und Produzenten haben Angst um ihre Karriere. Am Ende ist sich jeder selbst der nächste. Und, wie Hardy später klarstellt: Im Krieg und im Film ist die Wahrheit das erste Opfer.

Fazit

Ein spannungsgeladener, actionreicher Kriminalroman der 1920er Jahre. Unerwartete Richtungsänderungen und Entwicklungen machen die Handlung unberechenbar und sorgen für eine fesselndes Leseereignis. Hardy Engel ist ein symphytischer Ermittler, der sich seiner eigenen Schwächen und Fehler durchaus bewusst ist und mit seinem zynisch-ironischen Blick auf die übertriebene Welt um ihn herum, einen angenehmen Gegenpol zu den undurchsichtigen Persönlichkeiten des Buches bildet. Ich habe diesen Ausflug in die Goldenen Zwanziger genossen, jede einzelne Seite davon. Für Menschen, die verwickelte Handlungsstränge lieben, ein absolutes Muss.

Bewertung vom 26.10.2021
Die Clique der Ehrlosen (eBook, ePUB)
Majhen, Thomas

Die Clique der Ehrlosen (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Geschichten von und über den 2.WK sind bekannt, erschütternd und grausam, aber bis zu einem gewissen Grand sie sie ähnlich – Geschichten von den Tagen an der Front, die bedrückenden Erzählungen von Menschen, die das KZ überlebt haben, der pure Wille zu Überleben bei der Bevölkerung.
Thomas Majhen wählt einen neuen Winkel: durch die Augen eines Offiziers, Hans Oster, und eines Jungen, Christoph Goeben, berichtet er vom Vorabend des Krieges.
Bei Hans Oster steht die Blomberg-Fitsch-Affäre im Zentrum der Erzählungen. Seine Teile sind wie ein spannend geschriebenes Geschichtebuch – zahlreiche Namen und Fakten, die der Autor in einen spannend geschriebenen Kontext verpackt hat.
Christoph Goeben erlebt erster Hand die Veränderung der Bevölkerung: das systematische Verschwinden der jüdischen und nicht-deutschen Bevölkerung, der wachsende Druck der Gesellschaft zur Parteibeitritt, die schrittweise Ausbildung zu Soldaten. Die Leichtigkeit der Jungs schwindet im Schatten der Hakenkreuze.
Fazit
Ein großartiges Buch. Thomas Majhen liebt lange, verschachtelte Sätze, die ideal auf mein normales Leseverhalten abgestimmt war. Für Leserinnen und Leser, die kurze, einfache Satzstrukturen bevorzugen, könnte das Buch etwas mühsam werden. Der Inhalt ist hervorragend recherchiert und aufgearbeitet. Ein historischer Roman, dem es an Spannung und Fakten nicht fehlt.

Bewertung vom 02.10.2021
Das Lied der Alemannen (eBook, ePUB)
Fernandez, Thomas

Das Lied der Alemannen (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Die Alemannen lebten friedlich und im Einklang mit der Natur in den Wäldern des Schwarzwaldes. Doch dann kamen die Franken, und die Welt begann sich zu ändern. Missionare versuchten den Glauben des Alemannen und die damit verbundenen Bräuche und Rituale auszulöschen. Sie wollten sie zu wahren Gott führen. Dabei brandschatzten sie heilige Orte und verhängten hohe Strafen gegenüber denen, die sich gegen die neuen Gesetze auflehnten. In dieser turbulenten und brutalen Zeit wuchs der junge Folkwart heran. Ganz nach den Traditionen der Alemannen. Doch Verrat ist den Alemannen nicht fremd und schon bald muss Folkwart beweisen, dass er der Tücke und Verschlagenheit der Missionare gewachsen war.
Ein Volk des Waldes
Die Geschichte spielt zu einem Zeitpunkt des Aufbruchs. Der Glaube der Alemannen war fest in der Natur verankert. Geister, Gestaltwandler und die Kräfte der Bäume. Runen und Zauber bringen erfolgreiche Ernte und helfen bei Verletzungen oder Schmerzen. Thomas Fernandez wirft mit seinem Buch einen Blick auf die Lebensweise des Volkes. Rechtsprechung, Begräbnisse, Hochzeiten. Auf die Sitten und Bräuche der Alemannen. Diesen Traditionen steht ein neuer Glaube gegenüber. Ohne Rücksicht werden die Menschen missioniert. Wer nicht gehorcht, wird bestraft. Nur wenige wagen es, aufzustehen. Mut, Treue, Ehre und Tapferkeit stehen Feigheit, Gier, Faulheit und dem menschlichen Streben nach Macht gegenüber. Ein unglaublich faszinierendes Buch, das von einem Volk erzählt, das ich bisher nicht gekannt habe.
Und im Hintergrund erklingt die Laute
Der Autor benutzt eine beinahe poetische Sprache, mit der er den Klang dieses Werkes perfekt zur Geltung bringt. Leicht verständliche erzählt er seine Geschichte in moderne Sprache. Und dennoch erkennt man das Lied der Alemannen im Hintergrund. Wie die alten Heldengesänge erzählt dieses hier seine Geschichte. Die Geschichte eines Mannes, dessen Volk dem Untergang geweiht ist. Schwingt in den Kapiteln der Christen die Härte und Unnachgiebigkeit der Kirchenvertreter wider, erlebt man bei den Teilen der alemannischen Kultur den warmen Hauch der Melancholie.
Fazit
Ich habe dieses Buch verschlungen. Die Art und Weise wie der Autor sein Wissen über die Alemannen verpackt hat, ist einzigartig. Man lernt ein altes Volk kennen, so als wäre man mitten im Geschehen. Die detailreiche und beinahe epische Schreibweise passt zu der Geschichte wie die Faust aufs Auge. Absolut empfehlenswert für alle, die es lieben, Geschichte hautnah zu erleben.

Bewertung vom 03.09.2021
Schach mit dem Tod
Jacobsen, Steffen

Schach mit dem Tod


ausgezeichnet

Ein Blick hinter die Kulissen

Das Jahr 1945. Während in Europa der 2. Weltkrieg tobt, arbeiten Wissenschaftler aus aller Welt an einem mehr oder weniger geheimen Projekt: der Erschaffung der ersten Atombombe, die den Krieg gegen das Nazi-Deutschland und vor allem gegen die Japaner entscheiden soll. Der Elektrotechniker David Adler wird zu diesem Forscherkreis, der unter dem Decknamen Manhatten-Projekt arbeitet, hinzugezogen. Als Fachkraft und Verwandter von Nils Bohr erlebt er diesen weltverändernden Prozess hautnah mit. Doch im Krieg ist, wie in der Liebe, alles erlaubt und die Grenzen zwischen den verschiedenen Fronten sind nicht so eindeutig, wie es den Anschein hat. Intrigen, Spionage und eigene Interessen beeinflussen den Lauf der Dinge, während der Augenblick der Bombenzündung immer näher rückt.

Manhatten-Projekt, 1945

Steffen Jacobsen entführt in eine Welt der Spionage und der Wissenschaft in eine Zeit, an der die Welt gespalten war. Tod und Gewalt regierten. Die eine Seite des Atlantiks versank im Blut, während auf der anderen die Köpfe rauchten, auf der Suche nach einer Lösung, eine Bombe zu erschaffen, die mehr Zerstörung anrichtet, als sich je irgendjemand vorstellen konnte. Gemeinsam mit David taucht man ein in die Ränge der Wissenschaftler. Ein berühmter Name wechselt den vorherigen ab. Niels Bohr, Robert Oppenheimer, George Kistiakowsky. Sie alle sind beteiligt bei diesem haarsträubenden Experiment, das die Welt für immer verändert hat.

Sprache und Spannungsbogen

Kurz und knackig, ohne unnötige Schnörkellein berichtet Steffen Jacobsen die historischen Ereignisse. Hautnah erlebt man die Männer hinter den großen Namen. Erkennt ihre Macken und Fehler, ihre Visionen und Taten. Fiktion und Fakten vermischen sich zu einem atemberaubenden Leseerlebnis, das sich nur schwer aus der Hand legen lässt. Fachliche Analysen werden auf eine Sprache heruntergebrochen, die es auch einem Laien möglich machen, den Aufbau und die Wirkungsweise einer Atombombe nachvollziehen zu können. Die ständige Angst vor Spionage, die die Wissenschaftler bei ihrer Arbeit verspüren, erhöht den aufgebauten Druck innerhalb der Geschichte zusätzlich. Beinahe hört man die Uhr im Hintergrund ticken, die das Ende unweigerlich näherbringt.

David Adler

Ein Mann mit einem klaren Ziel: seine Familie zu beschützen. Als Jude zur Zeit des Nationalsozialismus ist das keine leichte Aufgabe. Intelligent und sympathisch, sucht er einen Weg, das Unmögliche zu erreichen. Er trennt sich von seiner Familie, versucht Geld zu verdienen, um sie nachholen zu können. Obwohl er kein Wissenschaftler ist, kommt er mit den Fachjargons und Eigenheiten der Gruppe gut zurecht. Er findet seinen Platz in einer Gesellschaft, die nicht unbedingt die seine ist. Je weiter das Buch voranschreitet desto mehr lernt man Davids Vergangenheit kennen und schnell wird klar, dass auch seine Weste nicht so rein ist, wie es zunächst den
Anschein hat.

Fazit

Ein packender Thriller, gewürzt mit Fakten und wissenschaftlichen Erklärungen. Ein intelligenter Held, gefangen in einer grausamen und brutalen Zeit, der mir durch seine Fehler und moralische Einstellung sehr ans Herz gewachsen ist. Das Buch bietet einen Blick hinter die Kulissen der Weltgeschichte, einen Blick auf die Männer hinter den großen Namen der Wissenschaft und den Weg von der Idee bis zur zerstörerischen Energie der Atombombe.

Bewertung vom 12.08.2021
Ein neuer Morgen für Samuel
Druart, Ruth

Ein neuer Morgen für Samuel


ausgezeichnet

Der Franzose Jean-Luc lebt schon seit Jahren mit seiner Frau und ihrem Sohn Samuel in den USA. Eines Tages wird er von schwarz gekleideten Männern von Zuhause abgeholt und Jean-Luc wird unfreiwillig erneut mit seiner Vergangenheit konfrontiert. 1944 verrichtete er Frankreich seinen Dienst als Gleisarbeiter. Züge sieht er nie. Antworten bekommt er keine. Doch dann kommt es zu einem technischen Effekt und mit einem Schlag ändert sich sein ganzes Leben.
Aufbau und Spannungsbogen
Die Geschichte, die uns Ruth Druart hier präsentiert, gliedert sich in zwei Abschnitte: zum einen spielt sie in der Vergangenheit – in Frankreich des Jahres 1944 und zum anderen in der Gegenwart, die von dieser Zeit stark beeinflusst wird. Obwohl man das Schicksal der verschiedenen Charaktere durch die Kapitel in der Gegenwart und den Klappentext bereits kennt, ist es eine interessante und durchaus spannende Reise. Das Buch ist an keiner Stelle langatmig oder fad. Wie ein junger Bach plätschert sie unaufhörlich dahin – manchmal schneller, gelegentlich etwas langsamer. Aber stets in Bewegung. Eine Geschichte, die fesselt bis zum Schluss.
Schreibstil
Die Autorin besitzt ein unglaubliches Fingerspitzengefühl, dass bei einer solchen Handlung auch von Nöten ist. Trotz der düsteren Thematik besitzt sie einen leichten Schreibstil, so als würde sie auf Zehenspitzen durch das Leben tanzen. Auf den ersten Blick scheint dieser Stil nicht zu dieser Art von Geschichte passen, aber dem ist nicht so. Mit viel Emotion und moralischen Konflikten zieht Ruth Druat in ihren Bann. Was würdest du in einer solchen Situation tun? Was ist richtig, was ist falsch? Sie stellt diese Fragen, ohne zu richten, ohne zu urteilen. Sie stehen im Raum und gehen nicht mehr aus dem Kopf.
Charaktere
Die Geschichte wird von fünf Charakteren erzählt: von Jean-Luc, seiner Frau Charlotte, Samuels Eltern David und Sarah und von dem Jungen selbst. Die unterschiedlichen Erzählperspektiven beleuchten die Geschichte von allen Seiten. Denkweisen und Handlungen werden klarer, verständlicher. Sie alle haben ihre Fehler, ihre Macken und Eigenheiten. Sie sind nicht perfekt. Keiner von ihnen. Und deshalb wachsen sie einem ans Herz. Weil sie ihre Fehler machen, diese einsehen und versuchen daraus zu lernen.
Fazit
Ein wunderbares Buch, das hoffentlich noch viele Menschen lesen werden. Es erzählt von einer Zeit, die man nicht vergessen sollte, in der Menschen Unaussprechliches erleben mussten, die Zahlreiche nicht überlebt haben. Bücher darüber gibt es viele. Aber dieses ist anders. Es erzählt nicht nur vom Schmerz und vom Tod, sondern richtet seinen Fokus auf ein kleines Stückchen Hoffnung: auf den kleinen Samuel, der überlebte.

Bewertung vom 08.08.2021
Dampfer ab Triest
Neuwirth, Günter

Dampfer ab Triest


ausgezeichnet

Gefahr auf hoher See
Brunos Leben verläuft friedlich und in geregelten Bahnen. Sein Leben gefällt ihm und um ehrlich zu sein hat er keine Lust, an Bord der Thalia über das Mittelmeer zu schippern und heimlicher Bodyguard des Grafen Urbanau zu sein. Doch sein Vorgesetzter lässt ihm keine Wahl. Unauffällig mischt er sich unter die anderen Fahrgäste, fest davon überzeugt, dass seine Anwesenheit völlig überflüssig ist. Doch er sollte sich irren.
Triest, 1907
Die Geschichte beginnt einige Jahre vor dem Ersten Weltkrieg in der Hafenstadt Triest, die damals noch Teil der Österreich-Ungarischen Habsburgermonarchie war. Mit schriftstellerischem Geschick und Fingerspitzengefühl gelingt es dem Autor nicht nur frühere Sprachgewohnheiten und Redensarten wieder zum Leben zu erwecken, sondern bietet auch einen interessanten Blick auf die Denk- und Lebensweisen der Menschen von damals. Moderne Technik steht der Nostalgie gegenüber, der Kampf der Frauen nach Freiheit und Rechten den strengen Normen der Gesellschaft, der Wunsch nach Unabhängigkeit einzelner Volksstämme gegen herrschende Monarchien. Eine turbulente Zeit, die unterschiedlichste Strömungen und Denkweisen aufgewiesen hat und die Günter Neuwirth eine fabelhafte Kulisse für seine Geschichte geboten hat.
Sprache und Stil
Der Autor versucht das Leben von damals, durch den Gebrauch von fremdartigen Ausdrücken und Sprechweisen näher zu bringen. Während mir sein Stil sehr gefallen hat und ich gut damit zurecht gekommen bin, gibt es bestimmt Leserinnen und Leser, die die moderne Sprache vorziehen und das Lesen dadurch etwas beschwerlicher finden. Die Sprache passt zu der Zeit, in der die Handlung stattfindet, aber sie ist nicht für jeden was.
Der Handlungsverlauf und Charaktere
Die Geschichte beginnt ganz im Zeichen ihres Protagonisten – gemütlich und ohne Stress. Langsam, aber stetig werden die verschiedenen Figuren in die Handlung miteingeflochten. Der Autor nimmt sich dafür genügend Zeit, so dass später keine Probleme mit der Identifizierung der Charaktere mehr auftritt und auch ähnliche Namen wie Friedrich und Ferdinand für keine Verwirrung mehr sorgen. Dann zieht die Handlung stramm an und das Buch bleibt bis zum Schluss spannend und unberechenbar.
Fazit
Leserinnen und Leser, die gerne mit zahlreichen und unterschiedlichen Charakteren zu tun haben, ist das Buch ideal. Ein zügiges Tempo, aber nicht zu rasch. Eine ideale Sommerlektüre, die man auch mal ein paar Tage aus der Hand legen könnte (falls die aufgebaute Spannung es zulässt). Ein tolles Buch, dass ich nur weiterempfehlen kann.