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Frankfurt

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Insgesamt 690 Bewertungen
Bewertung vom 15.09.2024
Das Geheimnis der Glasmacherin
Chevalier, Tracy

Das Geheimnis der Glasmacherin


sehr gut

Dieser Roman verbindet so einiges! Hier trifft Geschichte auf Phantasmen, hier trifft Familie auf Kunsthandwerk. Ein Ritt durch die Zeit der 1468 beginnt und uns nach Venedig bringt, nach Murano. Eine Insel auf der seit jeher die Glasbläserkunst zu Hause ist, weil die reiche Handelsstadt auch genügend Überschuss hatte sich Feines und Schönes zu leisten.
Im Mittelpunkt steht Familie Rosso. Der Patriarch stirbt, hinterlässt eine Manufaktur und keinen ausgebildeten Erben, der es weiterführen kann um die Familie zu ernähren. Somit sucht die Mutter einen Ausweg in dem sie ihre Tochter Orsola Glasperlen herstellen lässt, da Frauen die Werkstatt so nicht betreiben dürften…Der Erfolg gibt ihr Recht, den richtigen Weg eingeschlagen zu haben.
Der Roman erläutert das Kunsthandwerk inklusiver italienischer Phrasen und Wörter. Lesend tauchte ich hier in eine andere Welt ein, die bis heute ihr Handwerk der Glaskunst gekonnt der Welt präsentiert.
Ein Roman der im Jahr 1468 entspringt und dann bis in die Gegenwart seinen Lauf nimmt. Geopolitische Ereignisse treffen auf Venedig und besagter Familie. Und nun kommt das phantastische Element: denn wie dem Chronos entzogen verändert sich die Familie nicht, kein Altern keine Gebrechlichkeiten. Unsterblich durch alle Zeiten. Für uns Leser:innen von Vorteil, weil nicht immer wieder Tod und Geburt zur Fülle der Charaktere im Buch beitragen, aber eben ein surreales Element, dass auch nicht weiter thematisiert bzw. aufgelöst wird.
Geschrieben ist es wunderbar leicht lesbar und auch super übersetzt von Claudia Feldmann.
Tracy Chevalier hat wieder einen tollen Roman geschrieben, der viel beinhaltet, nutzt die literarischen Schaffensgrenzen um uns Murano mit seiner eigenen Welt ganz nahe zu bringen.

Bewertung vom 11.09.2024
Sobald wir angekommen sind
Lewinsky, Micha

Sobald wir angekommen sind


ausgezeichnet

Wir landen zunächst in Zürich und glauben „nur“ Schaulustige in einer zerrütteten Beziehung zu sein. Zaungast bei Ben und Marina Oppenheimer, die mit dem Nestprinzip ihren gemeinsamen Kindern die bestmögliche Weiterführung ihres bekannten Lebens geben wollen. Aber weit gefehlt. Dies ist nicht nur ein Roman mit einem Protagonisten in der Züricher Bio-Intellektuellen-Bubble sondern auch ein Roman eines generationsübergreifend geprägten Schweizer Juden, der nun mit Kriegsängsten sich seiner Prägung tief im Inneren stellt.
„Er war Kind, Enkel und Urenkel von erfolgreich Geflüchteten.“ wie es auf Seite 87 so treffend heißt.
Hinzu kommt seine Unfähigkeit sich was anderem zu widmen als sich selbst und sich auch sonst in so mancher Situation als Lebensunfähig herausstellt. Ein Mann über den man viel lachen kann und zugleich seufzen.
Also, diese beiden im Jahr 2022 (wenn ich mich hier nicht irre). Getrennt im Nestprinzip und er wieder verbandelt mit einer jüngeren Frau namens Julia. Beides starke Frauen, denen Ben mit schwächelndem Selbstwertgefühl nicht gewachsen ist.
Und nun passiert es, oder Ben und Marina glauben es zu wissen: Der Krieg in der Ukraine droht in einem dritten Weltkrieg zu eskalieren, da Nato-Territorium getroffen wurde. Flucht statt Angriff ist hier der jüdische Instinkt und so, trotz Trennung fliehen Marina & Ben gemeinsam mit den Kindern nach Brasilien.
Ben, von Beruf Drehbuchschreiber ohne Pacht auf die Sonnenseite des Erfolgs, würde gerne einen Film über Stefan Zweig verkaufen, der auch seinerzeit nach Brasilien ins Exil ging. Daher auch viele humorig reflektierte Stellen, wenn Ben sich mit Zweig vergleicht. Spoiler alert: Es ist weitaus weniger romantisch als Ben es sich ausmalte.
Ein Roman voller schwarzem Humor, der mich sehr begeistern konnte. Wenn es da heißt: „Sie wirkte erleichtert, und Ben schöpfte wieder Hoffnung. Noch war Polen nicht verloren. Zum Glück gab es diesen Krieg.“ auf Seite 71. Galgenhumor, der eigenen wahnsinnigen Situation entfliehend.
Dieses Buch gehört gelesen! Mir fallen auch nur wirklich wenige Menschen ein in meiner Bubble, denen ich dieses Buch nicht empfehlen könnte.

Bewertung vom 11.09.2024
Spektakuläre Berggipfel
Balossi Restelli, Nicola

Spektakuläre Berggipfel


ausgezeichnet

Dies ist mal ein fabelhafter Bildband für alle Bergliebhaber! In Nicola Balossi Restellis „Spektakuläre Berggipfel“ gibt es genau das zu sehen: atemberaubende Bilder von den grandiosesten Spitzen der Erde. Neben den üblichen Verdächtigen vom Mount Everest, Fujiyama, Mont Blanc und anderen, sind auch vereinzelt Berge dabei, die ich bisher nicht kannte: Mauna Loa auf Hawaii oder Kailash in China. Den ganz verrückten Bergsteigern sagen all diese Namen sicherlich was.
Insgesamt 24 Gipfel werden portraitiert und bildlich wie textlich toll in Szene gesetzt. Startpunkt ist die Lokalität: Wo genau befindet sich der Berg und welches ist der nächste Referenzort und Höhenangaben inklusive der Prominenz (in Metern).
Die Bilder sind laut Verzeichnis hinten nicht vom Autor sondern aus Getty Images und Shutterstock Bildern bestückt. Aber macht nix, weil sie alle so atemberaubend sind, dass sich die Vielfalt sehen lassen kann.
Zu jedem Berg gibt es spannende kurzweilige Texte, die aus meiner Sicht genau die richtige Länge haben und gut informieren. Klar, nix für hardcore fact Sucher, eher ein Buch zum genießen und blättern, wenn man eher drinnen auf einer gemütlichen Couch sitzt.

Bewertung vom 10.09.2024
Scandor
Poznanski, Ursula

Scandor


sehr gut

Ursula Poznanski hat schon einige sehr spannende Jugendbücher geschrieben, die Lesemuffel zu Pageturner-Kindern gemacht haben. Das neueste Werk: Scandor ist wieder so einen aus meiner Sicht
Scandor ist ein neuer Lügendetektor, der absolut jeden Funken Unwahrheit und Lüge erkennt. Überall werden Münzen mit einem Code gefunden, die 100 Personen einladen, an einem Wettbewerb teilzunehmen diesen Lügendetektor auszuprobieren. Die 100 Teilnehmer werden rund um die Uhr an Scandor angebunden und wer lügt, fliegt raus. Gar nicht so einfach. Unter den 100 sind auch Tessa Weidrich und Philipp Bajon (19 Jahre alt). Die allerletzte Person gewinnt 5 Millionen Euro. Das hier nicht alle fair spielen, weil es um sehr viel Geld geht, das muss ich nicht verraten. Tessa und Philipp schlagen sich ganz gut, nutzen jedes Wort vorsichtig, um keinen Fehler zu machen, denn beide könnten die Kohle gut gebrauchen…wer nicht?
Spannend erzählt Ursula Poznanski hier wieder eine gute Jugendthriller. Der Verlag gibt ein Alter ab 14 Jahren an, das passt aus meiner Sicht gut. Aber hej, kann aber auch gut von Erwachsenen gesuchtet werden, ICH habe es auch gerne gelesen und fand es spannend. Praktisch ab Seite 1 ist man voll drin und will einfach weiterlesen. Sehr gelungen!
Das Thema Lügen wird hier mega gut in ein - auf den ersten Blick einfaches Konstrukt - eingebunden. Wie normal ist das Lügen in unserer Gesellschaft? Was macht eine Unwahrheit aus für den eigenen Vorteil? Wann sind Notlügen moralisch vertretbar? Das Thema ist wirklich toll in diesem spannenden Jugendthriller verpackt.
Dann noch das coole Cover, dass in der Sonne so schön changiert. Außerdem bin ich bei Jugendbüchern wie diesem Fan vom festeren Papier. Liegt gut in der Hand, wenn man sich für das haptische Buch entscheidet.
Fazit: Tolles Geschenk für Jugendliche! Da wird vielleicht doch mal zum Buch statt zum Smartphone gegriffen!

Bewertung vom 05.09.2024
Pi mal Daumen
Bronsky, Alina

Pi mal Daumen


ausgezeichnet

Was ein toller Roman von einer tollen Autorin! Alina Bronsky hat wieder mal ein richtig gutes Buch vorgelegt mit ‚Pi Mal Daumen‘. Ein toller Titel für diesen mathelastigen Roman. Und keine Sorge, wer nicht so Fan der Rechen- und Logikkunst ist, kommt trotzdem auf jeden Fall auf seine Kosten!
Denn eigentlich geht es um zwei besondere Menschen. Moni, eine Frau, die auf die 50 zugeht und es doch noch mal wissen will und ein Mathematikstudium beginnt. Auch, wenn ihr Leben mit den drei Enkelkindern ihrer Tochter, dem nicht-helfenden Mann, schon genug ausgelastet ist. Eine Frau, die schon viel erlebt hat und sich bereitwillig jedem Schicksal andient, dass eine helfende Hand braucht.
Damit wären wir auch schon beim hochbegabten Klugscheißer Oscar, der mit 16 Jahren bereits das Mathestudium angetreten hat. Sein Autismus on top, hilft nicht Freundschaften zu schließen und dass er dann auch noch seitens der Eltern reich ist, dass ist den Meisten einfach zu viel.
Und diese beiden finden sich, erst einmal ungewollt und dann ergibt eine schöne Win-Win-Situation. Er hilft ihr bei Mathe und sie ihm beim Leben.
Toll erzählt, bissig mit viel Wärme und Humor werden hier Höhen und Tiefen zweier sehr unterschiedlicher Personen ausgeleuchtet. Vor allem der Lebensmut und der Optimismus Veränderungen in die Hand zu nehmen, das hat mir bei Moni imponiert. Alina Bronsky hat großes Talent runde Charaktere zu erschaffen, die nachhaltig Freude bereiten.
Der Roman hat mir extrem gut gefallen!

Bewertung vom 01.09.2024
Greekish
Hayden, Georgina

Greekish


ausgezeichnet

Georgina Hayden kannte ich bisher noch nicht, aber ich bin nun sehr froh sie für mich entdeckt zu haben. In England scheinbar schon sehr bekannt, denn sie war jahrelang im „Food-Team“ von Jamie Oliver und hat auch für ihn Rezepte kreiert. Die Gute hat griechische Wurzeln und hat sich nun ihrer eigenen Herzensküche gewidmet, aber nicht im klassischen Sinne, sondern bei diesen mehr als 100 Rezepten gerne mal was verändert. Es gibt Rezepte, die im Original sehr aufwendig sind, die hat sie kurzerhand so angepasst und vereinfacht, dass man nicht 10 Stunden in der Küche stehen muss. Auch hat sie geschmackliche Fusionen gewagt, sie sich sehen lassen können. Ich muss da gleich an die HLT-Kritharaki denken, bei ihr eine Pasta aus Reisnudeln mit Halloumi und auf Zypern DAS Sandwich schlechthin. Das haben wir probiert: saulecker!
Ein Kochbuch voller toller Rezepte, die alle entweder einen griechischen Ansatz, mediterrane Zutaten oder auch an einen Ort erinnern! Ich bin begeistert und wir haben erst ein paar der Rezepte ausprobiert. Überzeugt bin ich, weil ich zwar gerne auch mal was ausgefallenes koche, dass auch länger dauern darf, aber let`s face it, wann haben wir schon dauerhaft soooo viel Zeit. Also ich nicht, also bin ich großer Fan von pragmatisch guten Rezepten und die finden sich hier! Aber genauso auch Georgina Hydens liebste Gerichte und auch ganze Festmahle sowie Menüvorschläge sind zu finden.
Alles drin von Frühstück, kleine Snacks, Alltagshelden, Dinge am Spieß, Festmahl sowie Salate, Beilagen & Gemüse. Was darf natürlich nicht fehlen? Sicher doch: auch etwas Süßes ist zu finden.
Ganz praktisch ist die Kennzeichnung ob Rezepte vegetarisch, vegan oder auch glutenfrei oder laktosefrei sind. Macht es für Einschränkungen einfacher.
Und was es dann sehr persönlich macht und mich schon beim Blättern überzeugt hat: Vor jedem Rezept hat die Autorin einen Absatz mit Erklärungen, Ideen, Gedanken oder ähnliches spendiert. Das macht es noch mal netter und bringt auch die Rezepte in einen Kontext, wie beispielsweise bei der salzigen Honigbutter. Hätte ich nie gewusst zu was ich die mache sollte.
Wirklich ein gutes Kochbuch. Daher: Καλή όρεξη!

Bewertung vom 31.08.2024
Möchte die Witwe angesprochen werden, platziert sie auf dem Grab die Gießkanne mit dem Ausguss nach vorne
Stanisic, Sasa

Möchte die Witwe angesprochen werden, platziert sie auf dem Grab die Gießkanne mit dem Ausguss nach vorne


ausgezeichnet

Das Thema Freundschaft ist vielschichtig und unzählige Male schon literarisch aufgearbeitet. Nun kommt eine hinzu, das uns viele Facetten präsentiert und zugleich den längsten Buchtitel aller Zeit hat: Möchte die Witwe angesprochen werden, platziert sie auf dem Grab die Gießkanne mit dem Ausguss nach vorne! Schon an diesem Titel erkennt man den humorvollen und sprachliebenden Saša Stanišić. Es ist weder Roman noch Erzählband, eher etwas das zwischen den Stühlen sitzt, bauen die einzelnen Episoden doch aufeinander auf und greifen ineinander ein. Daher auch die Bitte des Autors zu Beginn: Bitte der Reihe nach lesen. Und ja, das braucht es um dem roten Faden der Freundschaft zu folgen. Um zu erkennen, dass Streben nach Zugehörigkeit, Ausgrenzung, mutigen Neuanfängen und ein Erleben der Freiheit im Leben vieler eine Rolle spielt.
Zu Beginn sind da die vier 16jährigen im Weinberg 1994 mit der guten Geschäftsidee, jeder darf seine Zukunft oder besser eine seiner Zukunftsszenarien testen für 10 Minuten gegen 130 Mark. Famos und literarisch möglich. Und dann folgen viele feinfühlige und auch sehr witzige Geschichten. Herrlich.
Saša Stanišić schreibt poetisch, humorvoll und nimmt uns auf eine literarische Reise mit. In einer verknappten Sprache mit viel wörtlicher Rede wird viel transportiert mit wenig Text. Mir hat das Lesen dieser schlanken 250 Seiten sehr viel Freude bereitet.

Bewertung vom 31.08.2024
Warte auf mich am Meer
Neff, Amy

Warte auf mich am Meer


ausgezeichnet

Wer was fürs Herz braucht, liegt hier genau richtig. Eine Geschichte, die einen eher geringen Spannungsbogen hat und vor allem getragen wird von einer lebenslangen Liebe mit all seinen Tiefen und Höhen. Das Cover und der Klappentext lassen auf einen Rosamunde-Pilcher-Stil schließen, aber dieses Debüt von Amy Neff ist es bei weitem nicht! Ein Roman zweier Menschen, die sich gefunden und lieben lernten, Schatten- und Sonnentage zusammen erlebten.
Es geht um Evelyn und Joseph. Evelyn und ihr Bruder Thomas wachsen in einem kleinen Küstenort in New England, USA auf. Joseph, ein Nachbarsjunge wird dann zu Evelyns große Liebe. 1940 schreiben wir und die beiden Männer ziehen in den Krieg, beide freiwillig gemeldet. Evelyn und Joseph heiraten nach seiner Rückkehr und übernehmen das Oyster Shell Inn seiner Eltern, bekommen drei Kinder. Nun, 60 Jahre später entscheiden sich beide gemeinsam noch ein letztes Jahr miteinander zu verbringen und wollen dann gemeinsam sterben, denn Evelyn ist totkrank und er kann nicht ohne sie. Verkünden tun es die beiden auf einem Familienfest. Die Kinder sind erschüttert.
Nun könnte man meinen, ich habe die ganze Story schon erzählt. Ja, stimmt, aber das macht diesen wunderbaren Roman nicht aus und es gibt noch einige Details, die ich nicht erwähnt habe. Nicht die Geschichte selbst, sondern die handelnden Personen, die Charaktere, wie und warum sie miteinander sind, was ihre Freuden und Leiden sind. Wünsche und geplatzte Träume finden genauso Raum wie die tiefe und unerschütterliche Liebe. Wie sie zusammenwachen und auch verzweifeln. Ein hoch emotionaler Roman an der Küste Neuenglands. Amy Neff, sehr gut übersetzt von Wibke Kuhn, beschreibt gekonnt die Interaktion der Einzelnen.
Erzählt aus Evelyns und Josephs Sicht, aber auch ab und an durch andere, vor allem die Kinder kommen zu Wort. Es wird aus der Gegenwart sowie aus der Vergangenheit berichtet. Eine gute Mischung, die diesen über 400 Seiten lagen Roman, dann doch irgendwie schnell vorbei fliegen lassen.
Fazit: Lasst euch nicht vom Cover & Titel abschrecken, ist ein tolles Buch! Und alle anderen, die das Cover toll finden, sollten es natürlich auch lesen!

Bewertung vom 30.08.2024
Die geheimnisvolle Freundin
Baldelli, Simona

Die geheimnisvolle Freundin


sehr gut

Bei italienischen Freunschaftsgeschichten muss ich sofort an Elena Ferante denken. Auch das ging mir durch den Kopf als ich den Titel dieses Romans las: „Die geheimnisvolle Freundin“ von Simona Baldelli. Und dann bei der Lektüre war ich auch ab und an geneigt an die unterschiedlichen Freundinnen aus Ferantes Roman zu denken, aber hier sind zwar zwei Freundinnen auf dem Cover und der Titel lässt es zu, dass man meinen könnte das ist „nur“ ein Roman über Freundschaft und Geheimnisse. Und da muss ich (zum Glück!) sagen, dass da noch eine Menge mehr drin steckt. Es ist ein Roman über eine Frau und ihren steinigen Weg, der auch durch Freundschaften getragen wird, aber das ist bei weitem nicht alles. Im Original heißt das Buch: Il pozzo delle bambole und heißt so viel wie: „Der Puppe geht es gut“, wenn ich dem Übersetzungsprogramm trauen darf. Und das find ich ja schon mal treffender.
Denn es geht um Nina, ein Mädchen, dass in einem ländlichen Waisenhaus aufwächst in den 50er Jahren in den Abruzzen. Von Nonnen streng und sittlich geführt, wenig Bildung, viel Demut und wenig Zuwendung jeglicher Art. Seit ihrer Geburt in diesem System gefangen, kommt zwar in der Tat Lucia mit 7 Jahren dazu und es gibt auch noch andere wie Marcella, aber Nina kämpft sich durch die Tristesse ihres Daseins. Muss auch einige herbe Schläge verdauen, steht aber immer wieder mental auf. Nach dem Waisenhaus arbeitet sie in der örtlichen Tabakfabrik.
In Summe ein bescheidenes Frauenleben und hier stecken so viele tiefgreifende Themen drin, die Simona Baldelli äußerst treffend beschreibt. Wie dieses Kind eine Resilienz entwickelt trotz der Umstände, wie Klassenunterschiede zu Handlungen oder eben auch nicht führen, der emanzipatorisch steinige Weg dieser Zeit gefangen im Patriachat und den starren traditionellen Ansichten. Vor allem schafft die Autorin einen besonderen Blick auf den Habitus durch Zugehörigkeit und ermöglichenden Bedingungen. Das was Nina fehlt, immer klein gehalten, systematisch vieler Möglichkeiten beraubt.
Wie schon der Roman „Die Rebellion der Alfonsina Strada“ ist auch „Die geheimnisvolle Freundin“ ein sehr lesenswerter Roman von Simona Baldelli. Großartig übersetzt für uns aus dem italienischen von Elisa Harnischmacher. Nur der Titel, na ja, da hätte man sich noch mehr Mühe geben können.

Bewertung vom 29.08.2024
Gefährliches Komplott
Baldacci, David

Gefährliches Komplott


gut

Dies war mein erster David Baldacci und habe schon auf viel Blut und mehrere Tote gewartet, da auf dem Titel Thriller steht. Aber dann war es für diese Kategorisierung aus meiner Sicht moderat und daher: eher meins!
Der Titel verrät es: Gefährliches Komplott! Und das ist auch was passiert. Denn die Protagonistin, Mickey Gibson, eine Ex-Detective, alleinerziehend mit 2 Kindern und ist nun private Cyberermittlerin für ein Unternehmen, dass Steuer- und Kreditbetrug aufspürt. Es erreicht sie ein ungewöhnlicher Auftrag via Telefon einer vermeintlichen Kollegin. Ein zu verkaufendes Haus braucht eine Schätzung für das verbleibende Mobiliar. Nun gut, Mickey macht sich auf den Weg und schon liegt ihr eine Leiche vor den Füßen und sie sieht sich mit Anschuldigungen konfrontiert die Mörderin zu sein. Wer war also die Anruferin?
Genau um diese beiden geht es im Grunde im gesamten Buch und um die Aufklärung des Todes. Ein Fall der immer wieder wie ein Puzzle zu neunen Erkenntnissen und Informationen führt. Der Schluss war etwas übers Knie gebrochen, aber in Summe eine solide Unterhaltung.
Besonders hat mir gefallen, dass nicht wieder die harten Jungs hier den größten Teil der Geschichte gerockt haben, sondern dass hier zwei Frauen im Mittelpunkt stehen und sich nichts schenken!