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Feenfeuer - Fantasy Blog
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Fantasyleser und -blogger auf: http://feenfeuer.wordpress.com/

Bewertungen

Insgesamt 120 Bewertungen
Bewertung vom 03.05.2011
Das Erbe des Lichts / Grim Bd.2
Schwartz, Gesa

Das Erbe des Lichts / Grim Bd.2


sehr gut

Ihre Leiber sind blutleer, die Augen entfernt worden und niemand hat die Tat beobachten können. In den nächtlichen Strassen von Paris treibt ein mörderischer Schatten sein Unwesen. Doch den Gargoyle Grim und seine Schattenflüglern beschleicht die düstere Vorahnung, dass diese Morde nur der Beginn einer wesentlich grösseren Katastrophe sind, die sich über der Welt der Menschen manifestiert. Als Mia von Schattenalben angegriffen wird, das Grab ihres Bruders plötzlich leer ist und uralte Magie die Ordnung der Menschenwelt zersetzt, geraten die Ereignisse ausser Kontrolle und alle Hoffnung liegt auf einem alten, vergessenen Kriegerorden…

Ein Jahr ist vergangen, seit dem Kennenlernen, Verlieben und letzten Abenteuer von dem Gargoyle Grim und der magisch begabten Hartidin Mia. Mit Das Erbe des Lichts hat Gesa Schwartz den zweiten Roman ihrer Grim Reihe vorgelegt und entführt mit ihn, in ein facettenreiches Abenteuer, mit konstant hohem Spannungsfaktor. Elemente der nordische Sagen-, Märchen- und Mythenwelt erwarten den Leser in diesem Roman, sie kommen aber in einem erfrischend eigenständigen Gewand daher und fügen sich äusserst harmonisch in die Geschichte ein.
War Grim – Das Siegel des Feuers noch eher auf die Gargoyle Stadt Gorgonia konzentriert, erlebt die phantastische Romanwelt der Gesa Schwartz nun eine weitere Öffnung in ihrer Breite und präsentiert u.a. das Reich der Zwerge und jenes Abgeschottete der Feen. Hier macht die Autorin deutlich, dass sie Fantasy Welten wirklich im Großformat schreiben kann und ihre Urban Fantasy aus deutlich mehr, als einem Vampir am Schlafzimmerfenster besteht. Neben dem eindrucksvollen und interessanten Weltenbau, wartet die Autorin mit einem wahren Action Feuerwerk auf und verleiht ihrer Geschichte eine gute Portion Tempo, Humor, Dramatik und Spannung. Grim und Mia befinden sich unter Dauerbeschuss, hasten von einer Konfrontation in die nächste, erleben ein Wechselbad aus Flucht und Verteidigung. Obwohl dies zunächst sehr actionlastig erscheinen mag, gelingt es der Autorin ausgesprochen gut, stets furiose Kämpfe und vielfältige Schauplätze für diese zu inszenieren. Ein wenig leiden die Charaktere, bis zur Hälfte des Buches, unter dieser rasanten Handlung, verlieren ein wenig Tiefgang und verharren in ihren Rollenmustern, was die Geschichte aber nicht weniger fesselnd macht. Hier hat die Autorin ihr Können nicht vollends ausgeschöpft.

Bereits im ersten Grim Band hat Gesa Schwartz ganz leicht mit düsteren Horror Elementen gespielt und tut dieses in Das Erbe des Lichts erneut, womit sie absolut zu begeistern weiss. Hier drängt sich dem Leser förmlich der Wunsch nach einem Horror / Dark Fantasy Roman aus der Feder von Gesa Schwartz auf, denn diese morbiden, dunklen und skurrilen Momente und Bilder beherrscht die Autorin schlichtweg auf eindrucksvollste Weise. Neben diesen dezent gestreuten Augenblicken weiss Grim 2 vor allem durch eine frostig-bedrohliche Atmosphäre und eindrucksvolle Antagonisten zu überzeugen. Ihnen gegenüber stehen, neben der mutigen Mia und dem steinharten Grim, weitere Charaktere, die allesamt gekonnt gezeichnet sind und jeder auf seine sympathische und gewitzte Art zu unterhalten weiss. Mit Das Erbe des Lichts liegt ein würdevoller Nachfolger des ersten Grim Bandes vor, der Urban Fantasy, mit epischem Ansatz, präsentiert und dieses Genre in all seinen Möglichkeiten kreativ und eindrucksvoll zu nutzen weiss.

Fantasy aus der Feder Schwartz findet im Großformat statt, ist farbenfroh in ihrer Welt, erfrischend durch eigenständige Elemente und spannend in ihrer Handlung.

Gesa Schwartz: Grim 2 – Das Erbe des Lichts – Ein spannendes, actionreiches und rasantes Fantasy Abenteuer, mit grossen Bildern, einer sehr gelungenen Atmosphäre und prägnanten Figuren. Eine Autorin, die für die Bestsellerlisten schreibt.

Bewertung vom 10.04.2011
Kunstfehler
Lind, Hailey

Kunstfehler


ausgezeichnet

Mit dem Auftaktband Kunstfehler, zu ihrer Reihe, um Die Fälle der Annie Kincaid, hat das Autorinnengespann, hinter dem Pseudonym Hailey Lind, einen modernen, spannenden und ungewöhnlichen Krimi vorgelegt.
Hailey Lind – Das sind die Geschwister Julie Goodson-Lawes, eine Künstlerin aus Kalifornien und die Historikerin Carolyn J. Lawes aus Virginia. Der erste Fall von Annie Kincaid entwickelt sich schnell zu einer rätselhaften Kriminalgeschichte, im trüben Lichte des Kunstfälschermetiers. Hierbei sind keine künstlerischen Kenntnisse von Nöten, um den Roman verstehen und geniessen zu können. Annie Kincaid stakst und stolpert durch ihre abenteuerlichen Ermittlungen, verheddert sich in ihren Herausforderung und spielt ein gefährliches Spiel mit ihrem Leben. Was zunächst als herbe Schlappe für das Brock Museum erscheint, entwickelt sich rasant, gewitzt und spannend zu einem verzwickten Interessenspiel diverser, zwielichtiger Figuren und es folgt ein rätselhaftes Ereignis auf das Andere. Hailey Lind entwickelt hier ein sehr feines Netz der Hinterhältigkeiten, in dem nicht nur bei Kunstwerken die Frage nach Schein und Sein gestellt werden muss. Besonders die Ansiedlung der Geschichte im Künstler- bzw. Kunstfälschermilieu verleiht Kunstfehler einen ganz eigenen Charme und packenden Flair, der Einblicke in eine spannende Welt gewährt, die leichte Züge einer Parallelgesellschaft aufweist und reichlich Interessantes in sich birgt.
Wodurch dieser Krimi aber im Wesentlichen brilliert ist seine Hauptfigur. Auch wenn hier ein absolut spannender, eigenständiger und durchgehend faszinierender Krimi vorliegt, ist es doch Annie Kincaid, die diesem Buch seinen unvergleichlichen Charme verleiht. Die ehemalige Kunstfälscherin ist ein beständiger Unterhaltungsgarant, der dem Leser unglaublich schnell ans Herz wächst. Hier haben wir eine höchst sympathische, erfrischende Hauptfigur, jenseits langweiliger Allrounderinnen, die mehr schlecht als recht durch ihre Ermittlungen stolpert und einfach zum Mitfiebern zwingt. Annie Kincaid ist eine facettenreiche, lebensnahe Protagonistin, mit Ecken und Kanten, Brüchen in ihrer Biographie und Widersprüchen in ihren Gedanken, die diesen Krimi zu einem amüsanten, spannenden, verrückten, dramatischen und ganz leicht romantischen Lesevergnügen macht.
Somit ist Kunstfehler – Die Fälle der Annie Kincaid ein Buch, an dem schlichtweg alles stimmt. Eine sorgsam geflochtene Kriminalgeschichte, mit spannenden, mysteriösen Elementen, zwielichtigen Figuren, rätselhaften Ereignissen und einem sehr durchdachten, nachvollziehbarem und bis zur letzten Seite packenden Aufbau. Wem das Thema Kunstfälschungen, für einen Krimi, zu trocken klingt, dem sei hier gesagt – wenn von Hailey Lind geschrieben, ist es das Thema für einen Krimi. Abwechslungsreich, spannend und mörderisch gut.

Hailey Lind: Kunstfehler – Die Fälle der Annie Kincaid 1 – Ein spannender Krimi, mit einem grossartigen Geflecht dubioser Machenschaften und verzwickter Täuschungsmanöver. Ein packender Lesegenuss, der durch seine erfrischende, unkonventionelle und farbenfrohe Hauptfigur einen unvergleichlichen Charme bekommt und bis zum Schluss zu amüsieren und zu fesseln weiss.

Bewertung vom 04.04.2011
Die Stadt
Brandhorst, Andreas

Die Stadt


ausgezeichnet

Benjamin Harthman stirbt. Ein Autounfall hat sein Leben und das seiner Frau ausgelöscht, so denkt er. Vage erinnert sich Benjamin an Sirenen und Stimmen, seine Beine sollten eigentlich zerquetscht sein. Er wollte mit Kattrin ein neues Leben anfangen, das Arbeiten reduzieren und irgendwo einen Neubeginn wagen – Jetzt ist Benjamin tot und in der Stadt.
Auf kaltem, staubigen Boden, wird er von Louise aufgelesen und bevor er recht begreift, wie ihm geschieht, wird er auf eine hektische Flucht gezerrt. Die Nebel wabern aus dem Loch empor und in ihnen bewegen sich Schemen, welche die nächtliche Stadt durchstreifen.

Andreas Brandhorst hat mit Die Stadt einen ungewöhnlichen, phantastischen Roman erschaffen, der eine Jenseitsfiktion als Handlungsort auserkoren hat, die zu fesseln weiss. Weder Himmel noch Hölle, oder sonst ein bekanntes Jenseitsbild, verwendet Andreas Brandhorst in Die Stadt, sondern setzt ganz auf einen eigenständigen, leicht skurrilen Entwurf eines Orts, abseits des Lebens. Die Stadt entpuppt sich Enklave weniger Verstorbener und gibt somit ihren toten Bewohnern das grösste Rätsel, um ihre Existenz, auf. Warum gelangten nur so wenige Menschen in die Stadt? Ist die Stadt Strafe oder Paradies, eine Vorstufe zu Himmel oder Hölle?
Jeder Bewohner hat seine eigene Theorie über den Sinn der Stadt und den Aufenthalt der Toten. Diese reichen von einem Acker göttlicher Prüfung, über ein inszeniertes Experiment von Ausserirdischen, bis zu dem Ergebnis von Quantensprüngen, welche aus einem irdischen Atomkrieg resultierten. Gewiss ist nur zweierlei. Wer in der Stadt „lebt“, kann sterben, wacht aber wieder geheilt auf, es sei denn die Schatten zerren ein Opfer in die Tiefen des Loches, und der Supermarkt ist das Herzstück des Orts. Benjamin muss sich in einer neuen Welt zurecht finden, zwischen verschiedenen, durchaus verfeindeten, Fraktionen der Stadt, ihrer eigenwilligen Bewohner und nächtlichen Schrecken. In einer Stadt, die sich selbst baut und repariert und die doch, von dichtem Nebel umschlossen, ein Gefängnis im Nirgendwo darstellt.

Andreas Brandhorst schafft es seinen Romans in allen Aspekten sehr spannend darzustellen. Hervorzuheben wäre da die Stadt als solche, welche einen Hauch von postapokalyptischem Weltenbau hat, gerade wenn die Bewohner in mühselig zusammen gebastelten Schrottautos durch die grauen Gassen kurven, Barrikaden die Grenzen der Gebiete verschiedener Gruppe markieren und ganze Wohnblöcke, wie gespenstische Behausungen, verfallen. Weiter wären die Menschen und ihre Aufteilung in verschiedenen (Glaubens-)Gruppen zu nennen.
Hier hat Andreas Brandhorst eine sehr spannende kleine Zivilisation erschaffen, mit grossartig verschrobenen Charakteren und Mentalitäten zwischen Predigern, die sich selbst für erleuchtet halten und skurrilen Einzelgängern. Das dritte eindrucksvolle Standbein der Geschichte ist die Hauptfigur Benjamin und insbesondere seine Vergangenheit vor dem Tod. Der Tod ist ein Dieb, heisst es bei den Bewohnern der Stadt, er stiehlt jedes mal eine Erinnerung und auch Benjamin ist in der Stadt nicht vor dem Sterben gefeit.
Die Stadt ist ein ungewöhnlicher Roman, mit einer sehr gelungenen finsteren Atmosphäre, skurrilen Elementen und tollen Charakteren. Obwohl Andreas Brandhorst als Science Fiction Autor bekannt wurde, liegt hier kein Science Fiction Roman vor, sondern eher ein Mystery Thriller oder schlichtweg faszinierende Phantastik, die zu beeindrucken weiss und wirklich eigene, eindrucksvolle Wege geht. Ein herrlich morbides Lesevergnügen, mit überraschenden Wendungen, grossen Bildern und einer absolut spannenden Jenseitswelt.

Andreas Brandhorst: Die Stadt – Ein düsteres, phantastisches Abenteuer, das sich flüssig lesen lässt und spannend zu unterhalten weiss. Eine durchdachte Geschichte, mit leicht skurriler Note, interessanten Figuren, einer guten Portion Action und nebeligem Friedhofsflair, sowie einer Stadt, die den Leser in ihren Bann zu ziehen weiss.

Bewertung vom 29.03.2011
Neva
Grant, Sara

Neva


sehr gut

Heimatland nennt sich jenes zivilisatorische Gebilde, welches unter der undurchdringlichen Energiekuppel der Protektosphäre in isoliertem Stillstand verharrt. Eine gefangene, inzestuöse Gesellschaft, durchzogen von einem allgegenwärtigen Überwachungsstaat und der Ideologie patriotischer Selbstaufopferung.
Neva ist ein 16jähriges Mädchen aus besserem Hause, denn ihre Ahnenlinie verweist auf einen der Gründungsväter von Heimatland. Doch Neva hat es satt die verbotenen Fragen nicht zu stellen, in Perspektivlosigkeit zu verharren und beginnt mit ihren Freunden eine erste Widerstandsaktion zu planen.

Mit Neva hat einen Sara Grant einen dystopischen Social Fiction Roman vorgelegt, der jugendliche LeserInnen durchaus begeistern dürfte. Mit einem angenehm lesbaren Schreibstil taucht die Autorin in die Kuppelwelt von Heimatland und entspinnt in ihr ein romantisches Abenteuer, das deutlich an Romantasy bzw. moderne Romantic Urban Fantasy Geschichten erinnert. Wirklichen Fans dystopischer Literatur dürfte der Weltenbau ein wenig zu dünn geraten sein, böte der Roman doch Platz und Möglichkeiten für mehr Breite und Tiefe von Heimatland. Hier bleiben einige spannende Fragen offen oder werden nur ansatzweise gestreift, wie beispielsweise die Entstehungsgeschichte des Kuppelprojekts in allen Facetten. So ist Neva eindeutig mehr Charakterroman, als die Geschichte einer Welt und ihrer Entwicklung. Sehr gut gelingt es der Autorin die bedrückende Atmosphäre von Heimatland einzufangen und diese immer wieder auf Neva wirken zu lassen, auch schafft sie es, ein realistisches Bild zu entwerfen von dem Willen zum Widerstand gegen eine erbarmungslose Obrigkeit und die Überwindung dieses dann auch praktisch umzusetzen. Hier erwartet den Leser eine interessante Gruppendynamik in Neva´s Freundeskreis, die sich im Spannungsfeld euphorischer Hoffnung, Resignation und purer Angst vor staatlicher Repression bewegt. Selbiges gilt in noch viel eindringlicherem Masse für Neva´s Familie, in der die Auffassung über Heimatland und die Kuppel unterschiedlicher nicht sein könnten. Vor diesem Hintergrund entwickelt sich Neva´s spannender Weg gegen das Regime von Heimatland, mit dem festen Wunsch in ihrem Herzen, die Protektosphäre zu überwinden und in die Freiheit zu entfliehen.
Neva als Hauptfigur dürfte einen durchaus zwiegespaltenen Eindruck hinterlassen. Zwar ist sie eine sympathische junge Heldin, die Identifikationspunkte bietet und deren Handeln zum Mitfiebern anregt, doch ist es auch sie, die sich auf eine Liebelei mit dem festen Partner ihrer besten Freundin einlässt und zudem stammt Neva aus angesehenem Hause, was es ihr in Heimatland deutlich leichter macht, als manchem ihrer Freunde. Man kann Neva einen gewissen Egoismus in einigen Situationen unterstellen und zum Ende des Romans bleibt der bittere Nachgeschmack, das es denen am schlechtesten geht, die auch schon zuvor am meisten unter dem Kuppelland Regime zu leiden hatten. Diese Umstände können eher negativ ausgelegt werden oder aber auch als gelungener Versuch, eine Geschichte so zu erzählen, wie sie am realistischsten sein könnte.
Somit ist Sara Grant ein dystopischer Jugendroman, mit vertrauten Momenten und ungewöhnlichen Facetten, gelungen, der auch nach Beendigung der Lektüre den Leser noch beschäftigt.

Sara Grant: Neva – Ein dystopisches Jugendabenteuer, mit einer romantischen Liebesgeschichte vor dem Hintergrund einer abgeschotteten Welt, das modern daherkommt und durch seine bedrückende Atmosphäre spannend zu unterhalten weiss.

Bewertung vom 19.03.2011
Das Mädchen
King, Stephen

Das Mädchen


ausgezeichnet

Um zehn Uhr sitzt Trisha noch im Auto ihrer Mutter. Um halb elf hat sie sich im Wald verirrt. Um elf Uhr versucht sie, sich nicht zu fürchten…

Der PAN Verlag hat mit Stephen King´s Das Mädchen einen Roman in Neuauflage herausgebracht, der nicht nur perfekt in seine Novitäten passt, sondern auch pures düsteres Lesevergnügen birgt. In der Grobstruktur eines Baseballspiels gehalten sind die Kapitel in Das Mädchen unterteilt und jener amerikanische Populärsport taucht auch als relevantes Element in dem Buch auf. Trisha ist ein Fan der Red Sox mit Herzblut, genauer gesagt, vor allem von Tom Gorden, dem Mann für spielentscheidende Situationen bei den Sox. Was auf den ersten Blick nicht recht zusammenpassen mag, entpuppt sich schnell als wirklich gelungener Zug von King. In den Tiefen des riesigen Waldes ist es der Gedanke an Tom Gorden, der Trisha ihren Lebensmut nicht gänzlich verlieren lässt.
Das Mädchen erinnert eher an eine Novelle, als an einen Roman und wagt es beinahe gänzlich ohne Nebenschauplätze auszukommen. Das Zentrum bildet stets Trisha und ihr Erleben des Waldes und formt sich in ein wirklich eindrucksvolles Charakterspiel, das auch gar nicht mehr benötigt, als diese Konzentration auf das Wesentliche. Basierend auf der simplen Grundidee des Verlaufens in einem Wald, entspinnt Stephen King eine gefühlsstarke, düstere und atmosphärisch unter die Haut gehende Geschichte, welche zu fesseln weiss, wenn man bereit ist sich auf Trisha und ihre Gedankenwelt einzulassen. Was diese Geschichte so eindringlich und fesselnd macht ist King´s Talent, seine Hauptfigur und den Schauplatz wirklich nachempfindbar darzustellen, mit allen schönen und schaurigen Facetten.

In dem Wald lebt ein Ding. Es verfolgt Trisha, spielt mit ihr und wartet auf den Moment kompletter Erschöpfung und Lebensaufgabe. Es ebnet ihre Pfade mit zerfetzten Tierleibern und markiert sie, als seine alleinige Beute. Schnell verliert Trisha den Überblick und die Möglichkeit zwischen Realität und Einbildung zu unterscheiden. Die kopfüber hängenden Vögel, die baumelnden Kadaver in den Ästen, das letzte Gespräch mit Tom Gordon und ihrem nach Bier stinkenden Vater, die seltsamen Götter auf der Lichtung,… Eigentlich braucht dieser Roman kein mysteriöses Geschöpf in den Tiefen des Waldes, kein lauerndes Ungetüm und es ist auch fraglich, ob es in seiner Erscheinungsform wirklich gut in die Geschichte passt.
Das Grauen welches auf den Seiten von Das Mädchen schlummert, ist der Wald selbst, pure körperliche Erschöpfung und Angst. Wie ein Labyrinth legt er sich um die junge Trisha, versperrt Wege oder lässt sie in abgrundtiefe Hoffnungslosigkeit taumeln. Diese Art mit einem Schauplatz umzugehen und aus ihm heraus eine Verzweiflung zu erzeugen, die beständig grösser wird, ist schlichtweg genial. Hier leidet der Leser mit jedem Schluck brackigen Wassers, das Trisha wieder erbricht, jeder Beule und Schwellung der unzähligen Insektenstiche, jeder winzigen Hoffnung, die gnadenlos zerschlagen wird. Diese Geschichte vollzieht den beklemmenden Weg von unschuldiger Lebensfreude zum Tod.

Stephen King: Das Mädchen – Eine grandiose Geschichte um den Verfall einer Hauptfigur, die so schnell ans Leserherz wächst, wie ihre Verzweiflung steigt. Eindrucksvolle Charakterentwicklungen, ein brillantes Spiel mit Wahn und Wirklichkeit, durchgehende Spannung, dichte, düstere Atmosphäre und ein beklemmend gut inszenierter Schauplatz bestechen in einer Geschichte, die sehr gekonnt auf leise Töne setzt und ohne grosse Effekte auskommt.

2 von 4 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 17.03.2011
Das Wörterbuch des Viktor Vau
Ruebenstrunk, Gerd

Das Wörterbuch des Viktor Vau


ausgezeichnet

Viktor Vau ist ein Gentleman, wie er im Buche steht. Und ein unter Kontrollzwängen leidender, leicht autistischer, Wissenschaftler; desinteressiert an allem Politischen und verbissen in der Schaffung seines Lebenswerkes, welches ihm in wissenschaftlichen Kreisen nur Hohn und Spott beschert hat. Seine Idee ist nicht neu, basiert jedoch auf einer anderen These, als die vorherigen Versuche zur Schaffung einer Universalsprache. Viktor Vau´s Wörterbuch enthält nicht nur die exakte Skizzierung einer neuen Sprache, die streng logisch ist und jeden Begriff ohne Möglichkeit zur Zweideutigkeit oder Missinterpretation bezeichnet, es besitzt eine zweite Ebene, die in einen seit Menschengedenken andauernden Krieg einzugreifen bereit ist.

Gerd Ruebenstrunk hat mit Das Wörterbuch des Viktor Vau einen äusserst ungewöhnlichen phantastischen Roman erschaffen, der in seinem facettenreichen Gesamtbild zu beeindrucken und zu überzeugen weiss. Der Autor hat für sein Buch eine faszinierenden Mischung aus zurückhaltenden Science Fiction Momenten, dystopischen Gesellschaftsformen, einer Prise Wissenschaftsthrillermund spannender Abenteuerliteratur erschaffen. Konkurrierende Geheimdienste, Überwachungsstaaten und die Vision absolut totalitärerer Gesellschaften, militante Anarchisten, Zeitreisen, Verschwörungen, ein eiskalter Serienkiller, medikamentöse und psychologische Experimente, Flucht, Verfolgungsjagden, Geiselnahmen und noch viel mehr, machen diesen Roman zu einem vielfältigen Lesegenuss, der durchgängig spannend ist und stets mit überraschenden Wendungen aufwartet. Gerd Ruebenstrunk verwendet für Das Wörterbuch des Viktor Vau einen minimalistischen Schreibstil, ganz so wie seine Hauptfigur die Geschichte wohl selber erzählen würde. Hier gibt es wenige Schnörkel und keine einzige verträumte Beschreibung, der Autor hat das Wesentliche auf 500 Seiten konzentriert und dies tut dem Roman absolut gut. Den Figuren in der Geschichte ergeht es da nicht anders. Mit kaum einer fühlt der Leser wirklich mit oder baut eine engere Beziehung auf und doch sind sie allesamt nicht blass gezeichnet, sondern üben eine Faszination aus, die für beständige Neugierde sorgt. Man muss Gerd Ruebenstrunk unterstellen das er, nicht nur bei der Ausformung und Darstellung seiner Charaktere, genau wusste was er tat, dies penibel plante und exakt so umsetzte, wie er es haben wollte. Dementsprechend hat dieses Buch keine wirklichen Schwächen oder Stärken, es entfaltet den detailreichen Plan einer verzwickten Geschichte, die entweder den persönlichen Lesegeschmack trifft oder nicht.

Das Zentrale Element in Das Wörterbuch des Viktor Vau ist die Entwicklung und Konstruktion menschlicher Sprache, welche dem Leser auf sehr angenehme Weise nahe gebracht wird und eine bewusstere Auseinandersetzung mit diesem Thema und der Selbstverständlichkeit im Umgang mit Sprache anregt. Neben diesem äusserst faszinierenden Moment ist es vor allem die Originalität der Romanidee, welche dieses Buch so aussergewöhnlich macht. Das Wörtbuch des Viktor Vau bewegt sich abseits jeglicher Trends und eines, wie auch immer gearteten, Mainstreams.

Gerd Ruebenstrunk: Das Wörterbuch des Viktor Vau – Ein geniales, sehr gut recherchiertes phantastisches Buch, ein spannender Wissenschaftsthriller und fesselnder dystopischer Abenteuerroman. Eine Lektüre, die durch ihren Facetten- und Detailreichtum und eine wirklich originelle Idee in sehr gelungener Umsetzung, besticht. Ein packendes Abenteuer und eindrucksvolles Spiel aus Verschwörungen, Zukunftsvisionen und Intrigen, basierend auf der Maskerade seiner Figuren.

Bewertung vom 12.03.2011
Nicodemus, Der Zauberverschreiber
Charlton, Blake

Nicodemus, Der Zauberverschreiber


sehr gut

In Starhaven, der Stadt der Magie, gehört Nicodemus zu den belächelten oder mit Argwohn betrachteten Lehrlingen der magischen Künste. Er ist ein Kakograph und daher nur eingeschränkt in der Lage sich die Zaubersprachen anzueignen, schlimmer noch, jede Berührung mit einem Zaubertext führt zu dessen Verfälschung.
Und doch umgibt ihn die Prophezeiung des Halkyon, jenes Erretters vor dem Krieg der Sprachen, angestoßen durch die wiedererstarkten Dämonen der alten Welt. Es ist ein Mal auf Nicodemus Rücken, welches dem des prophezeiten Halkyons verblüffend ähnelt, doch auch andere Schlussfolgerungen zulässt...

Mit seinem Romandebüt Nicodemus – Der Zauberverschreiber hat Blake Charlton auf sehr interessante Weise das Thema Legasthenie und abenteuerliche Fantasy verwoben. Ein junger Zauberschüler und sein alter, weiser Meister, eine Prophezeiung und ein unbekanntes Böses, das klingt erstmal nicht nach sonderlich origineller Fantasy Literatur und doch besticht dieses Buch durch ungewöhnliche Elemente. Das Herausstechenste ist zweifelsohne die Magie. Wie heutzutage ein Programmierer Zeichenabfolgen zu Befehlen reiht, bauen die Zauberer ihre Sprüche aus verschiedenen Runen auf. Dies sind mal weniger komplizierte Sätze, mal erfordert ein Zauber jedoch auch stundenlanges, haargenaues Schreiben.
Für die Magiebegabten sind jene Runensätze schwebende, sichtbare Linien, die beeinflusst und umgeschrieben werden können, so ist es beispielsweise möglich die Runensätze der Wasserspeier herauszunehmen, zu aktualisiert und auch mit neuen Befehlen zu versehen. Diese Möglichkeit der magischen Programmierung verleiht der Atmosphäre von Starhaven einen ganz besonderen Flair. Runensätze flirren leuchtend durch die Luft, verdichten sich zu magischen Effekten und tauchen den abgelegenen Ort in beständiges Glühen.

Die Geschichte um den Zauberverschreiber Nicodemus entpuppt sich als ein Abenteuer mit leichtem Hang zu einer Krimigeschichte. Schritt für Schritt erfährt der Leser mehr über die verschiedenen Charaktere und ihre Hintergründe, bis sich ein durchaus spannendes Netz aus Interessengruppen, Prophezeiungsanhängern und -gegnern und eigenwilligen Gottheiten enthüllt. Neben einer recht einfach gehaltenen Schreibweise, die punktuell sogar etwas unbeholfen wirkt, gibt der Autor dem Leser so einige Rätsel auf. Gerade die sehr typisch ausgeformten Rollen von Shannon und Nicodemus, aber auch der Umstand einer alten Prophezeiung, die den Zauberverschreiber zum Halkyon erklären könnte deuten auf eine inhaltlich recht konventionelle Entwicklung der Buchreihe hin, jedoch hat Blake Charlton in diesem Roman bereits bewiesen das er sehr wohl in der Lage ist mit Erwartungen bzw. Klischees zu spielen und diese auch zu brechen. Besonders der, für den zweiten Band angedeutete, Aufbruch aus Starhaven, lässt einen interessanten und einfallsreichen Weltenbau vermuten.

So wird das Abenteuer von Nicodemus zu einer unterhaltsamen Lektüre, mit eigenwilligen Bildern, gewitzten Momenten, durchaus liebevolle erschaffenen Figuren, einem spannenden Komplott und der Ungewissheit ob der Autor hier eine typische Fantasy Geschichte in erfrischendem Gewand entwickeln wird oder diese Erwartung eine gänzlich falsche Fährte ist.

Blake Charlton: Nicodemus – Der Zauberverschreiber – Schriftstellerisch nicht herausragend, aber mit interessanten Ansätzen und kreativen Ideen, die auf mehr hoffen lassen. Ein durchaus spannendes Fantasy Abenteuer, das als gelungener Auftaktband bezeichnet werden kann und mit einem eindrucksvollen Magiesystem besticht, erfrischende Akzente setzt, sowie eine wahrlich fantastische Welt bereithält.