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Midnight-Girl
Wohnort: 
NRW

Bewertungen

Insgesamt 853 Bewertungen
Bewertung vom 18.04.2021
Sylvester und der Gespensterdoktor
Cornelius, Nicholas

Sylvester und der Gespensterdoktor


sehr gut

Geflohen aus dem Waisenhaus und auf der Suche nach Antworten, braucht Sylvester in einer Gewitternacht schnellstmöglich einen Unterschlupf. Er findet eine einsame Scheune, die allerdings alles andere als verlassen ist. Die anfängliche Skepsis gegenüber dem Doktor, auf den er dort trifft, weicht schnell einer Neugierde, mit der Sylvester nicht gerechnet hätte, schon gar nicht bei der Thematik. Es gibt tatsächlich Gespenster? Und Gespenster können genauso krank werden wie Menschen?

Allein auf Grund des Titels ahnt der Leser zumindest auf was für eine Geschichte er sich hier einlässt. Und doch verhält sich einiges komplett anders als erwartet, überhaupt sollte man niemals vorschnell urteilen, weder über Figuren noch über Situationen. Schon mit dem ersten Satz bleibt dem Leser nichts anderes übrig als mitten ins Geschehen zu stolpern, denn nicht nur zu Beginn, sondern über die gesamte Distanz, wird man einbezogen wo es nur geht. Das mag ein wenig unfair erscheinen, schließlich hat man keine Chance zur Gegenwehr, meist allerdings geht eine solche Taktik vorzüglich auf – so auch hier.

Zunächst zieht Sylvester die Sympathien nicht unbedingt an, doch je weiter die Handlung voranschreitet, desto mehr Details werden offengelegt, die zum Teil selbst für ihn absolut überraschend sind. Dadurch verändert sich einerseits sein Verhalten merklich, andererseits auch die Sichtweise des Lesers auf ihn.

Mitnichten handelt es sich hier um eine ‘typische’ Gespenstergeschichte, wie man vielleicht annehmen könnte. Teilweise düsterer als gedacht, aber definitiv auch tiefgründiger. Hin und wieder hätte man sich weiterführende Erläuterungen gewünscht, denn so werden einzelne Aspekte recht schnell abgehakt, als wären sie einfach ein notwendiges Anhängsel. Nichtsdestotrotz überwiegt der Spannungsgehalt des Inhalts, der den Leser förmlich in den Bann zieht. Die Richtung ist klar, aber trotz allem ein Lesevergnügen für Groß und Klein.

Bewertung vom 18.04.2021
Duell im Vermissa Valley oder Das Tal der Angst / Sherlock & Watson - Neues aus der Baker Street Bd.9 (2 Audio-CDs)
Koppelmann, Viviane

Duell im Vermissa Valley oder Das Tal der Angst / Sherlock & Watson - Neues aus der Baker Street Bd.9 (2 Audio-CDs)


sehr gut

Im neunten und vermeintlich vorletzten Fall der zweiten Staffel wird der Disput zwischen Holmes und Moriarty greifbarer, nicht zuletzt auf Grund des konkreten Aufeinandertreffens der Kontrahenten. ‘Das Tal der Angst’, übertragen in die Neuzeit, spielt mit den Möglichkeiten des Digitalen, weshalb es nicht überrascht, dass einerseits ein groß angelegter Hackerangriff im Raum steht, andererseits John Watson in der Gegenwart – in der er von den damaligen Vorkommnissen auf seinem Blog berichtet – auf der Suche nach versteckten Daten ist, die Holmes für ihn hinterlegt hat.

In dieser zweiten Staffel wird generell deutlich, dass sämtliche Ereignisse, die Holmes und Watson bisher erlebt haben, und vielleicht sogar noch erleben werden, in irgendeiner Weise miteinander verwoben sind, mal mehr mal weniger. Somit sollte neben der Haupthandlung weder der Schlagabtausch zwischen Watson und den Lesern seines Blogs, noch der Ausblick auf das weitere Geschehen vernachlässigt behandelt werden. Überall können Hinweise versteckt sein, die nicht nur für den aktuellen Fall relevant sind. So wird man womöglich sogar mit Erkenntnissen konfrontiert, die Antworten auf längst vergessene Fragen aus vorangegangenen Fällen liefern.

Brisante Informationen erreichen Sherlock Holmes, der diese selbstverständlich nicht ignorieren kann und somit unerschrocken seinem Gegenspieler gegenübertritt. Drohende Gefahren, diffuse Halbwahrheiten oder Verschwörungstheorien, dem Hörer bleibt wenig Zeit um das Gehörte zu ordnen, denn es geht ziemlich temporeich zur Sache. Kaum glaubt man einen Aspekt erfasst zu haben, befindet man sich schon mindestens zwei Schritte weiter. Ein Stück weit muss man einfach auf die Fähigkeiten der Protagonisten vertrauen, um sich nicht abschütteln zu lassen.

Wer ist Freund, wer Feind? Die Frage stellt man sich nahezu unentwegt, nicht zuletzt da sie selbst unterschwellig ebenfalls durchweg versucht sich Gehör zu verschaffen. Gebannt und konzentriert verfolgt man das Geschehen, das gleichzeitig verwirrend, aber auch erleuchtend erscheint. Hat man die wohldosierten Fakten erst einmal selektiert und entschlüsselt, darf man auf den Showdown nochmal richtig gespannt sein.

Bewertung vom 18.04.2021
Fred im alten Rom
Tetzner, Birge

Fred im alten Rom


sehr gut

In und um Rom rankt sich so mancher Mythos und manche Legende. Gleichzeitig zeugen zahlreiche Plätze und Bauten von historischen Ereignissen, die in ihrer Gänze zu erfassen Stoff für mehr als eine Reise bieten. Besonders eindrucksvoll sticht das Kolosseum hervor, zu dem auch Fred und sein Opa Alfred zielstrebig unterwegs sind.

Wer Fred bereits auf anderen Abenteuer begleitet hat weiß, dass er früher oder später in die Vergangenheit katapultiert wird. Der Auslöser ist jedes Mal ein anderer, ebenso der Zeitpunkt, weshalb sowohl Protagonisten als auch Hörer immer wieder überrascht sind. Zudem ist ein ordentliches Improvisationstalent notwendig, schließlich darf Fred nicht mehr auffallen als er es ohnehin tut, wenn er plötzlich wie aus dem Nichts auftaucht.

Auch in Rom, genauer gesagt im Untergeschoss des Kolosseums, ist Anpassungsfähigkeit gefragt. Über ihm in der Arena dröhnt und brüllt es, Gladiatoren bereiten sich auf ihre Kämpfe vor. Glücklicherweise hat Fred Grundkenntnisse in medizinischer Wundversorgung und wird kurzerhand als Gehilfe des Medicus rekrutiert. Nicht nur während seiner Einsätze lernt er die unterschiedlichsten Persönlichkeiten und ihre Geschichten kennen.

Vielleicht hat man bereits die ein oder andere Reportage gesehen, den ein oder anderen Artikel gelesen, doch so lebendig wie hier wird Geschichte selten erzählt. Selbst eintauchen können in ebenjene Zeit und Ereignisse hautnah mitverfolgen, das wäre die höchste zu erreichende Stufe. Mit den Hörspielen rund um Fred und seine Abenteuer ist man aber immerhin schon ganz nah am Ziel. Eh man sich versieht ist man völlig versunken in den Erzählungen über den Imperator und die ausgerichteten Festspiele.

Im beiliegenden Booklet gibt es wie gehabt weiterführende Informationen zur Geschichte Roms, die innerhalb des Hörspiels nur ansatzweise zur Sprache kommt. Somit kann man sich aber entweder im Vorfeld oder im Nachgang noch umfangreich informieren, was ja nicht zwanghaft ausschließlich aufs Booklet begrenzt ist. Womöglich ist man nach der mitreißenden Geschichte so neugierig auf die Stadt und ihre Vergangenheit, dass man nach anderweitigen Quellen forscht. Den Anstoß allerdings wird ganz sicher – wie schon häufig – das (inzwischen achte) Fred-Hörspiel geben.

Bewertung vom 10.04.2021
Der Opiumkult (MP3-Download)
Scott, Benjamin K.

Der Opiumkult (MP3-Download)


sehr gut

Nahtlos anknüpfend an die Ereignisse der ersten Folge, ist Graham Cluskey auf der Suche nach dem Verantwortlichen für die Vorkommnisse am englischen Königshof. Auch steht noch immer die Frage im Raum was genau dort eigentlich vorgefallen ist. Die Raserei, die Grausamkeiten, nur sehr langsam verblasst der Schrecken und weicht einer unbedingt notwendigen Objektivität und Professionalität. Die Drahtzieher ausfindig zu machen – und dass es welche gibt, steht außer Frage – hat oberste Priorität.

Nicht zuletzt auf Grund des gewählten Titels dieser zweiten Folge, ist dem Hörer schon im Vorfeld klar auf welches Terrain man sich nun begibt. Dennoch ahnt vermutlich niemand in welche Tiefen es hinabzusteigen, in welche Abgründe es zu schauen und welchen Abscheulichkeiten es sich gegenüberzustellen gilt. Immer wieder prescht Cluskey voran, aller Gefahren und Risiken zum Trotz. Ist er nur übereifrig oder schon überheblich?

Finstere Gestalten und undurchdringliche Charaktere scheinen just zur richtigen Zeit am richtigen Ort. Das können nicht allesamt Zufälle sein, hier sind Mächte am Werk, die aufzuscheuchen einem Todesurteil gleichkommt. Das Schrillen der Alarmsirenen im Kopf des Hörers nimmt gar kein Ende mehr, fast schon unverständlich, dass den Protagonisten, allen voran Cluskey, nicht ähnliches widerfährt. Zielstrebig, fast schon verbissen wird die Suche nach dem bisher nicht näher identifizierten Phantom fortgesetzt, zur Not im Alleingang.

Scotland Yard formiert sich gerade und bekommt es gleich zu Beginn mit mysteriösen Ereignissen zu tun. Einerseits verständlich, dass noch nicht alles in geordneten Bahnen verläuft, andererseits nimmt aber auch die Verwirrung zu. Sicherlich, die abschließende Enthüllung ist durchaus überraschend und bietet schlussendlich ausreichend Potential für den weiteren Fortgang der Reihe.

Bewertung vom 10.04.2021
Fair Play
Gulden, Kerstin

Fair Play


gut

Eine gewagte Idee, und doch ein Schritt in die richtige Richtung. Eine App, entwickelt, um der Klimakrise entgegenzutreten, nicht einzeln, sondern als Gemeinschaft. Nichtsdestotrotz wird offengelegt, wer sein Klimakonto überzieht, was wiederum dazu führt, dass alle anderen sich weiter einschränken müssen, um das Gemeinschaftsicon im grünen Bereich zu halten. Doch was passiert, wenn nicht alle an einem Strang ziehen, wenn das Experiment die Menschen mehr entzweit als dass es sie zusammenbringt, um für dieselbe Sache zu kämpfen?

Das Ziel ist immer, die Welt zu retten – zumindest einen kleinen Teil dazu beizutragen. Meistens steckt Überzeugung dahinter, wenn man sich an etwas Großem versucht, doch manchmal sind die Intentionen so vielfältig wie die Menschheit selbst. Die Autorin wählt vier ganz unterschiedliche Persönlichkeiten aus, die das Experiment nicht nur abwechselnd aus ihrer Sicht darlegen, sondern dem Leser zudem Gefühle und Gedanken offenbaren, die den Mitstreitern häufig verborgen bleiben. Dabei wird allerdings ziemlich schnell deutlich, dass es um weitaus mehr als eine App und die Klimakrise geht.

Zunehmend wird die Grundthematik zur Nebensache, jede Figur hat ihre ganz eigenen Probleme, die es zu bewältigen gilt. Dadurch rückt gleichzeitig das Gemeinschaftsziel in den Hintergrund, überhaupt von ‘Gemeinschaft’ zu sprechen ist in weiten Teilen unangebracht. Eher liest man von vier Einzelkämpfern, die nicht einmal großartige Sympathien auf sich ziehen.

Die Hauptaspekte, mit denen das Buch beworben wird, sind sicherlich aktuell und absolut wichtig und sollten sich daher nicht auf Grund privater Befindlichkeiten verdrängen lassen. Ansonsten ist der Weg, den die Handlung einschlägt, weitestgehend vorgezeichnet, großartige Überraschungen sind nicht zu erwarten. Zudem sind einzelne Ereignisse wie auch diverse Charaktere recht klischeebehaftet, fast schon überladen. Auch der emotionale Funke will nicht so recht überspringen, was den Leser durchweg auf Distanz hält.

Eine spannende und interessante Grundidee, die in ihrer Umsetzung leider nicht überzeugen konnte, obwohl ausreichend Potenzial vorhanden ist.

Bewertung vom 04.04.2021
Noah - Von einem, der überlebte
Würger, Takis

Noah - Von einem, der überlebte


ausgezeichnet

Takis Würger scheut sich nicht vor großen Projekten. Um die Erinnerung aufrecht zu erhalten, um wichtige Geschichten zu erzählen, um zu polarisieren – er nimmt die Herausforderung an.

Noah Kliegers beeindruckendem Leben wird hier eine Bühne gegen das Vergessen geboten. In manchen Teilen mag die Erzählung arg komprimiert erscheinen, wohingegen andere Ereignisse weit mehr Raum einnehmen. Mit Sicherheit gäbe es auch noch viel mehr zu berichten, und doch ist es gerade die schnörkellose Darstellung, die den Hörer in den Bann zieht.

Wenn auch nicht bildhaft ausgeschmückt, darf keinesfalls der Eindruck entstehen, es handele sich hier um eine emotionslose Aneinanderreihung der Stationen im Leben des Noah Klieger. Im Gegenteil, es liegt eine sehr einfühlsame und ergreifende Erzählung vor, die, aller Grausamkeiten zum Trotz, immer auch einen Funken Hoffnung in sich trägt.

Als Hörer hat man durchaus mit widerstreitenden Gefühlen zu kämpfen, ist aber gleichzeitig nicht gewillt auch nur eine Sekunde des Gesagten zu versäumen. Sämtliche Schilderungen regen zum Nachdenken und Reflektieren an, das Nachwort des Autors und weitere Anhänge bilden da keine Ausnahme. Denn am Ende zählt nicht, ob alle Fakten historisch belegt sind oder ob Zeitspannen im falschen Verhältnis zueinander stehen, was zählt ist die Erinnerung.

2 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 04.04.2021
Wächter der Lüfte / Falcon Peak Bd.1
Wolz, Heiko

Wächter der Lüfte / Falcon Peak Bd.1


sehr gut

Auch wenn Kendrick beim Weggang noch sehr klein war, spürt er schon bald eine tiefe Verbundenheit mit der Gegend, in der seine Eltern damals lebten. Gemeinsam mit seinem Vater ist er nun zurückgekehrt, kann die auf ihn einwirkenden Eindrücke allerdings gar nicht so schnell verarbeiten. Schule, Felsen, Lehrer und Schüler – alles umgibt eine geheimnisvolle Aura, die zu durchdringen schon im Vorfeld gegensätzliche Emotionen in Kendrick hervorruft. Was erwartet ihn, wenn er sich öffnet? Wird er womöglich Antworten auf die quälenden Fragen nach dem Tod seiner Mutter finden?

Der immer selbe Albtraum begleitet den jungen Hauptprotagonisten schon seit Jahren, doch seine Bedeutung blieb ihm bisher immer verborgen. Oder fürchtete er sich vor dem was passieren könnte, wenn er sich intensiver mit den Traumbildern auseinandersetzt? Für den Leser wird ziemlich schnell die Verbindung zwischen den Darstellungen aus dem Unterbewusstsein des Jungen und dem Inhalt deutlich. Nichtsdestotrotz fiebert man dem Moment entgegen, an dem die Erkenntnis auch Kendrick treffen wird. Gespannt ist man vor allem darauf was er draus machen wird.

Eine uralte Legende umrankt die Gipfel, die der Autor, ebenso wie die unendlich wirkende Landschaft, sprachlich in einer Art und Weise würdigt, dass man sofort mitgenommen wird auf eine Reise, deren Ziel man nicht kennt. Ein Umkehren jedoch erscheint absolut unmöglich, zu stark ist der innere Sog, obwohl die Atmosphäre sich zunehmend auflädt. Die drohende Gefahr ist zunächst nicht mehr als ein zaghaftes Pochen im Hinterkopf, breitet sich aber im weiteren Verlauf kontinuierlich aus und wartet schlichtweg auf den großen Auftritt.

Fantastische Aspekte des Geschehens werden gekonnt integriert, so dass der Grat zur Realität so schmal wird, dass man ihn häufig erst erkennt, nachdem er bereits überschritten wurde. Niemals vergessen werden darf allerdings, dass das Abenteuer, dem man beiwohnt, kein Spiel ist, sondern weitreichende Folgen haben kann. Hin und wieder mag man den Eindruck haben es wurde sich zu sehr an einem Detail festgehalten, im Großen und Ganzen aber wird der Handlung durchweg Auftrieb verliehen.

Schon jetzt wird die Wartezeit lang, bis man erneut auf die weitestgehend sympathischen Charaktere trifft und hoffentlich weitere Antworten erhält. Denn nicht wenige Fragen sind am Ende des Auftaktbandes noch offen.

Bewertung vom 04.04.2021
Sylter Schuld / Kari Blom Bd.6
Tomasson, Ben Kryst

Sylter Schuld / Kari Blom Bd.6


sehr gut

Einmal mehr soll Kari Blom undercover auf Sylt eingesetzt werden, was ihr diesmal eigentlich ganz gut passt. Schließlich entzieht sie sich dadurch unliebsamen Gedanken, die sie zu überrollen drohen. Dass sie allerdings während des Jobs immer wieder an emotionale Grenzen stoßen würde, die sie privat aus dem Gleichgewicht bringen, hätte Kari nicht erwartet. Dabei sollte sie sich lieber voll und ganz auf den eigentlichen Auftrag konzentrieren und der Frage nachgehen, ob die gerade eröffnete Wellness-Oase tatsächlich der Geldwäsche dient.

Wie es der Zufall – wieder einmal – will, wird eine Leiche am Westerländer Strand angespült, die in Verbindung zu Karis neuestem Einsatz steht. Allerdings darf sie sich dadurch nicht aus der Ruhe bringen lassen und ihre Tarnung nicht gefährden. Zumal noch längst nicht feststeht, ob es sich tatsächlich um Mord handelt oder der Zusammenhang ein ganz anderer ist. Auch wenn dem Leser sogleich einige Fragen unter den Nägeln brennen, versucht man sich ebenfalls zu zügeln und ein wenig der Entspannung hinzugeben, bevor es zweifelsohne trubelig werden wird.

Jeder Charakter scheint ganz eigene Interessen zu verfolgen und verbirgt dabei gekonnt sämtliche Informationen, die sie oder ihn direkt in den Fokus der Ermittlungen rücken würden. Somit bieten sich dem Leser zahlreiche Ansatzmöglichkeiten, um Theorien zu spinnen, die den Fähigkeiten der Häkelmafia, die natürlich ebenfalls wieder mit an Bord ist, in nichts nachstehen. Da jedoch die Ermittlungen immer wieder ins Stocken geraten, entwickeln die eigenen Überlegungen sich gleichsam zögerlich.

Natürlich verfolgt man das Geschehen dennoch gebannt, immer in der Hoffnung auch nur den kleinsten Hinweis zu erhaschen, der notwendig ist, um noch vor den Protagonisten auf die Lösung zu stoßen. Der stetige Spannungsaufbau hält die Erzählung dabei lebendig und unterstützt die konzentrierte Haltung des Lesers. Trotz allem ist ein gewisses Maß an Vorsicht nicht verkehrt, zu schnell lässt man sich ansonsten dazu verleiten einer falschen Fährte zu folgen.

Obwohl die meisten Charaktere bereits einige Fälle miteinander erlebt und gelöst haben, wird es auch Neueinsteigern nicht schwerfallen sich in dem Gefüge zurechtzufinden. Vielmehr wird man vermutlich auf den ein oder anderen Vorgängerband aufmerksam werden und im Nachgang zurückgreifen.

Bewertung vom 28.03.2021
Portugiesisches Schicksal / Lissabon-Krimi Bd.6
Sellano, Luis

Portugiesisches Schicksal / Lissabon-Krimi Bd.6


sehr gut

Eigentlich noch voll und ganz mit den Nachwirkungen des Feuers, das vor einigen Monaten im Antiquariat wütete, beschäftigt, stößt Henrik Falkner plötzlich auf Quittungen eines Nobelrestaurants, in dem er seinen verstorbenen Onkel niemals vermutet hätte. Wie so häufig einem Bauchgefühl folgend, setzt er sich in Bewegung und ehe er sich versieht, gehört Henrik zur Belegschaft. Aber gibt es dort tatsächlich ein Geheimnis zu ergründen?

Der vorliegende sechste Band der Reihe spielt zwar einige Monate nach den Ereignissen des direkten Vorgängers, geht aber zunächst auf den ein oder anderen Aspekt noch einmal kurz ein, um eine gewisse Einordnung vorzunehmen. Das allerdings ist hauptsächlich für Leser interessant und verständlich, die auch ‘Portugiesische Wahrheit’ verfolgt haben. Für alle anderen sind die Zusammenhänge nicht unbedingt nachvollziehbar.

Da jedoch jeder Band einen eigenständigen Fall beinhaltet, der unabhängig lesbar ist, sollte man sich wohl am besten darauf konzentrieren. Denn der Autor zeigt gekonnt, was sich aus zunächst unscheinbar wirkenden Belegen alles entwickeln kann. Vermutlich ahnt nicht einmal Henrik Falkner, welches Ausmaß das Geschehen annehmen wird. Als er dies zu realisieren beginnt, ist aus der zunächst nicht so recht in Schwung kommen wollenden Ermittlung längst ein Selbstläufer geworden.

Plötzlich geht es temporeich, ab und an vielleicht auch ein wenig unüberlegt, zu und nicht nur der Leser muss sich sputen, um nicht abgehängt zu werden. Wird es schlussendlich ausschließlich um Schadensbegrenzung gehen oder ist ein konkreter Ermittlungserfolg möglich? Diese Frage drängt sich immer wieder an die Oberfläche, je tiefer man in die dargestellte Materie eintaucht. Niemals hätte man erwartet in solche Abgründe einzutauchen und auf derartige Figuren zu treffen. Jedwede Charakterisierung würde entweder bereits zu viel vorwegnehmen oder dem Grauen nicht gerecht werden.

Man darf keinesfalls den Fehler begehen die Lektüre zu unterschätzen. Womöglich belächelt man zu Beginn sogar noch die ein oder andere Begebenheit, im weiteren Verlauf aber tritt die anfängliche Leichtigkeit immer mehr in den Hintergrund. Die zutage geförderte Thematik wiegt zu schwer als dass sie von einem Schmunzeln begleitet werden könnte.

Bewertung vom 28.03.2021
Ghostwalker
Wekwerth, Rainer

Ghostwalker


sehr gut

Das Darknet ist schon heute ein riesiges schwarzes Loch und vermutlich der Großteil der Menschheit wüsste nicht einmal wie er dieses betreten sollte, bestenfalls ohne auf sich aufmerksam zu machen. In der gar nicht so weit entfernten Zukunft skizziert Rainer Wekwerth ein Szenario, in dem die virtuelle Welt noch viel mehr Raum einnimmt und auch für Unternehmen unverzichtbar wird. Tatsächlich muss man sich während der Lektüre immer mal wieder zur Raison rufen und realisieren, dass sich der Hauptanteil des Geschehens auf der Datenautobahn abspielt. Denn obwohl dies wiederholt zur Sprache kommt, wirkt alles so echt und lebendig, als bräuchte man nur die Hand ausstrecken.

Als einer der besten Ghostwalker mal mehr mal weniger am Rande der Legalität agierend, erhält Jonas eines Tages einen riskanten Auftrag, der nicht nur seine absolut realen Sorgen auf einen Schlag eliminieren könnte, sondern womöglich Antworten auf seine wichtigsten Fragen liefern kann. Doch schnell wird nicht nur ihm klar, dass es um viel mehr geht und die Gefahr buchstäblich greifbar ist. Auch wenn man nicht alle Handgriffe unbedingt nachvollziehen kann und nicht in sämtlichen Punkten mit Jonas’ Meinung übereinstimmt, verfolgt man trotz allem gebannt seinen Weg.

Im Verlauf der Geschichte trifft man auf die unterschiedlichsten Personengruppen. Auf Grund des recht hohen Erzähltempos reicht die Zeit hauptsächlich für erste oberflächliche Betrachtungen. Wenn notwendig, werden während des Fortgangs weitere Informationen gestreut, um einzelne Figuren besser einordnen zu können. Doch schon von Beginn an ist klar, dass Jonas höchstwahrscheinlich die Unterstützung seiner stärksten Konkurrentin benötigt. Doch wird sie sich auf seine Seite schlagen oder verfolgt sie ganz und gar eigene Ziele?

Ein gewisses Maß an technischen Begrifflichkeiten ist natürlich unvermeidbar, und doch gelingt es dem Autor die Thematik so darzubieten, dass auch Leser, die damit bisher wenig anfangen konnten, von den Ereignissen gefesselt werden. Mit der Zeit bewegt man sich völlig natürlich in der Materie. Je tiefer man allerdings ins Geschehen eintaucht und mit ihm verschmilzt, desto vorhersehbarer gestaltet es sich. Dennoch bleibt die Atmosphäre angespannt, die Stimmung aufgeheizt und der Ausgang nichtsdestotrotz ungewiss, schließlich könnte zu jeder Zeit der Stecker gezogen werden..

Manch einen Aspekt hätte es nicht unbedingt gebraucht, andere wiederum hätte man sich ausführlicher gewünscht. Alles in allem jedoch ein gelungenes Werk, das für ein paar spannende und interessante Lesestunden sorgt.