Benutzer
Top-Rezensenten Übersicht

Benutzername: 
takabayashi
Wohnort: 
Berlin
Über mich: 
Vielleser

Bewertungen

Insgesamt 144 Bewertungen
Bewertung vom 27.10.2023
Taubenschlag / Teit und Lehmann ermitteln Bd.2
Jürgensen, Dennis

Taubenschlag / Teit und Lehmann ermitteln Bd.2


sehr gut

Teit und Lehmann ermitteln in Deutschland

Das dänisch-deutsche Ermittlerduo soll nach seinem großen Erfolg bei der Aufklärung eines Falles in Dänemark (Band 1: Gezeitenmord) nun wieder grenzüberschreitend zusammenarbeiten. Lykke Teit und Rudi Lehmann verbindet so etwas wie eine Vater-Tochter-Beziehung, sie mögen sich und können sehr gut zusammenarbeiten.
Dieses Mal geht es um mehrere brutale Mordfälle in Norddeutschland, bei denen ältere Menschen in ihren Häusern brutal ermordet aufgefunden werden, auffällig hindrapiert mit einer blutigen toten Taube auf dem Schoß. Allmählich fällt den beiden Kommissaren auf, dass alle Toten aus der ehemaligen DDR stammen, und dass ihre Ermordung in Verbindung steht mit Verbrechen aus DDR-Zeiten. Auch der Fund einer mumifizierten dreiköpfigen Familie in einer unterirdischen Berliner Bunkeranlage scheint damit in Zusammenhang zu stehen.
Lykke und Rudi können ihre Freundschaft wieder auffrischen und vertiefen und Lykke lernt auch Rudis Ehefrau kennen, mit der sie sich auf Anhieb gut versteht. Wir Leser erfahren wieder etwas mehr über die Vorgeschichte der beiden Protagonisten, die wieder sehr sympathisch rüberkommen - nur Rudis ständige Neckereien Lykke gegenüber sind auf Dauer etwas zu viel und wirken manchmal zu gewollt lustig. Das klingt jetzt vielleicht etwas nach "Friede, Freude, Eierkuchen", so ist es aber nicht, die beiden haben auch jeweils ihr Päckchen zu tragen, und die Schilderung ihrer Freundschaft ist nicht seicht, sondern hat durchaus Tiefgang.
Der Autor hat offenbar gründlich recherchiert und sein Ausflug in die DDR-Vergangenheit wirkt sehr überzeugend. Der Fall ist interessant und spannend , unterhält aber auch gut. Der erste Band war eine angenehme Überraschung für mich, die Fortsetzung brachte die nun schon erwartete Qualität. Ich freue mich auf den nächsten Fall. Ein skandinavischer Krimi für alle, die keine Gewaltexzesse mögen!

Bewertung vom 27.09.2023
Mrs Potts' Mordclub und der tote Bräutigam / Mord ist Potts' Hobby Bd.2
Thorogood, Robert

Mrs Potts' Mordclub und der tote Bräutigam / Mord ist Potts' Hobby Bd.2


sehr gut

Die Talente von Judith Potts und ihren Freundinnen sind wieder gefragt

Wieder ein schön britischer Cosy aus Robert Thorogoods Feder!
Da die Polizei von Marlow den Tod des ortsansässigen Adligen Sir Peter Bailey bei der Party am Vorabend seiner Hochzeit mit seiner wesentlich jüngeren Krankenschwester Jenny als Unfall abtut, ist es wieder an Mrs. Potts, den Fall aufzuklären, denn sie ist davon überzeugt, dass es sich um einen Mord handelt, auch wenn es einer dieser kniffligen Fälle in einem verschlossenen Raum ist. Ein schwerer Schrank in Sir Peters Arbeitszimmer ist umgefallen und hat ihn erschlagen.
Auch DS Tanika Malik, die kommissarisch die Mordkommission leitet, ist dieser Ansicht, aber leider kehrt ihr Vorgesetzter zurück, der immer gern den Weg des geringsten Widerstandes einschlägt, und sie muss die Leitung an ihn abgeben. Sie und der Mordclub kennen sich schon vom letzten Fall, bei dem sie im Endeffekt erfolgreich zusammengearbeitet hatten - und das tun sie auch dieses Mal wieder, denn Tanika kann sich der Meinung ihres Chefs nicht anschließen.
Die Ermittlungen laufen zuerst recht schleppend, denn alle Verdächtigen haben ein Alibi und die Ermittlungsergebnisse wollen sich nicht zu einem schlüssigen Tathergang zusammenfügen.
Aber im Endeffekt gelingt es der intelligenten, um die Ecke denkenden Kreuzworträtselmacherin Judith und ihren Mitstreiterinnen, den extrem verzwickten Fall aufzuklären. Das liest sich sehr spannend und unterhaltsam, ist mit viel Humor gewürzt und sehr wendungsreich. Suzie und Becks offenbaren auch noch neue Talente und aus Tanika ist inzwischen schon fast ein viertes Mitglied des Mordclubs geworden. Und in einem kleine Exkurs trifft Judith auf einen anderen - hoch betagten - Kreutworträtselmachers, in dessen Rätsel sie geheime Hinweise gefunden hat ... aber Hinweise worauf?
Für Liebhaber des gepflegten britischen Cosy-Krimis eine unbedingte Empfehlung!

Bewertung vom 25.09.2023
Die Erfindung des Lächelns
Hillenbrand, Tom

Die Erfindung des Lächelns


gut

Der Raub der Mona Lisa

Gut recherchierter historischer Roman über die "Entführung" der Mona Lisa aus dem damals (1911) nur unzureichend gesicherten Louvre bis zu ihrem Wiederauftauchen im Jahre 1913. Eine gelungene Melange aus realen Ereignissen und Fiktion, ein anschauliches Stimmungsbild der Gesellschaft und Lebensweise im Paris der ausgehenden Belle Époque. Im Umfeld des Raubes treffen wir auf bekannte Figuren wie z.B. Pablo Picasso, Guillaume Apollinaire, die Tänzerin Isadora Duncan, den Okultisten Aleister Crowley und den Anarchisten Jules Bonnot, genannt Le Bourgois. Die zu seiner "Bonnot-Bande" gehörende Russin Jelena scheint eine Erfindung Hillebrands zu sein, über sie konnte ich im Netz nichts finden. Diese schillernde Erscheinung arbeitet außerdem bei dem Designer, der Isadoras Kostüme schneidert, schreibt unter dem Pseudonym Voltairine Artikel für die Zeitschrift L'Anarchie und betätigt sich erfolgreich als Hoteldiebin. Dadurch wird sie zu einer Art Bindeglied zwischen den verschiedenen Gruppen. Außerdem treten diverse weitere real existierende zwielichtige Gestalten aus der kriminellen Kunstszene auf.
Sehr viele handelnde Personen, viele unterschiedliche, teils leider etwas ausufernde Handlungstränge machen die Lektüre hin und wieder etwas unübersichtlich und manchmal sogar recht zäh. Ich war irgendwie etwas hin- und hergerissen: die Handlung ist zumeist sehr interessant, aber manchmal doch anstrengend zu lesen, ich bin sehr langsam vorangekommen - es ist keins dieser Bücher, die man nicht aus der Hand legen kann, erst auf den letzten 100 Seiten hat der Roman richtig Fahrt aufgenommen. Es ist auch nicht wirklich eine Krimi, die Stärken dieses Buches liegen vielmehr in der atmosphärischen Beschreibung des Lebensgefühls im Paris dieser Zeit. Also schon eine lohnende Lektüre, der es allerdings hin und wieder an Spannung mangelt!

Bewertung vom 04.09.2023
Die Akte Madrid / Lennard Lomberg Bd.2
Storm, Andreas

Die Akte Madrid / Lennard Lomberg Bd.2


ausgezeichnet

Franco und die Deutschen

Auch der zweite kunsthistorische Krimi um Lennard Lomberg ist wieder sehr unterhaltsam, spannend und informativ.
Der Kunstexperte Lomberg wird von seinem britischen Freund und Geschäftspartner Peter mit dem deutschen Verteidigungsminister Franziskus Ritter zusammengebracht, denn Ritter braucht Lombergs Hilfe. Er steht kurz davor, zum Nato-Generalsekretär gewählt zu werden und sieht seine Karrierere gefährdet durch Vorkomnisse um seinen Vater, der nach dem Krieg in Spanien eine wichtige Rolle für das Franco-Regime und die deutsch-spanischen Beziehungen spielte und generell einigen Dreck am Stecken hatte. Aktueller Anlass für Lombergs Ermittlungen ist der Diebstahl des Bildes einer spanischen Malerin, das die drei Freunde Lorca, Dali und Bunuel im Madrider Café Gijón zeigt und lange als verschollen galt, also nicht im Besitz der Familie Ritter hätte sein dürfen.
Es geht also wieder um das Thema Beutekunst, der Roman spielt auf drei Zeitebenen, 2016, 1943 und 1968, hauptsächlich in Bonn und in Granada. Es gibt eine Vielzahl an Personen, eine ausführliche Personenliste am Ende des Buches erleichtert den Überblick.
Ein anspruchsvoller Krimi, der sich nicht ganz leicht liest, trotzdem aber sehr spannend ist und gut unterhält. Alles ist sehr gut recherchiert, man bekommt viele interessante politische, zeit- und kunstgeschichtliche Informationen, aber eben nicht in einem trockenen Sachbuch, sondern bei unterhaltsamer Lektüre.
Mir hat das Buch sehr gut gefallen und ich freue mich schon auf den nächsten Band, der vermutlich etwas mit dem britischen Königshaus zu tun haben wird, wenn ich die Anspielung am Ende des Buches richtig gedeutet habe.

Bewertung vom 30.08.2023
Kommissar Jennerwein darf nicht sterben / Kommissar Jennerwein ermittelt Bd.15
Maurer, Jörg

Kommissar Jennerwein darf nicht sterben / Kommissar Jennerwein ermittelt Bd.15


ausgezeichnet

Gewohnt witzig - und doch anders!

Jörg Maurer versteht es immer wieder, seine Leser zu überraschen: Nach seinem Ausflug ins Science Fiction Genre (Shorty, der mich nicht so überzeugt hat, wie seine Krimis) ist er wohl auf den Geschmack gekommen, und es fließen nun auch einige Elemente davon in seinen neusten Krimi ein, der sich deutlich von den ersten 14 Bänden unterscheidet. Mich hat das nicht gestört, ich bin Hubertus Jennerwein wieder gerne gefolgt. Dieses Mal in ein Sporthotel, in dem er sich erholen und nicht ermitteln soll. Das klappt natürlich gar nicht, denn eh er sich's versieht, ist Jennerwein wieder diversen Verbrechen auf der Spur. Außerdem haben von ihm überführte Kriminelle sich zu einer Gruppe zusammengeschlossen und gemeinsam einen Auftragskiller auf ihn angesetzt. Also, Erholung geht anders!
Die größte Überraschung ist, dass Jennerwein inzwischen geheiratet hat! Jedoch lässt der Autor bis ganz zum Ende nicht durchblicken, wer denn Jennerweins Auserwählte ist. Das ist dann ganz am Ende die allergrößte Überraschung, da wäre ich nie drauf gekommen!
Mir hat auch Jennerweins neuestes Abenteuer wieder gut gefallen, auch wenn es sich deutlich von seinen Vorgängern unterscheidet und die Absurdität auf die Spitze treibt. Humor und Spannung haben mich prächtig unterhalten und ich bin jetzt schon gespannt, was Maurer sich beim nächsten Mal einfallen lässt. Ich nehme ihm jedenfalls die Abweichung vom gewohnten Schema nicht übel, im Gegenteil!

Bewertung vom 27.07.2023
Das Restaurant der verlorenen Rezepte / Die Food Detectives von Kyoto Bd.1
Kashiwai, Hisashi

Das Restaurant der verlorenen Rezepte / Die Food Detectives von Kyoto Bd.1


sehr gut

Der Detektiv der trostspendenden Speisen

In diesem kulinarischen Episodenroman aus Japan lernen wir den ehemaligen Polizisten Nagare Kamogawa und seine Tochter Koishi kennen. Die beiden führen ein versteckt liegendes kleines Restaurant mit angeschlossener Detektei in Kyoto. Zu ihnen finden hauptsächlich Gäste, die ihre Anzeige im "Gourmet-Insider" gelesen haben und auf der Suche nach einem Gericht sind, das mit einem Schlüsselerlebnis in ihrem Leben in Zusammenhang steht, dessen Rezept sie aber nicht kennen.
Wir treffen sechs der unterschiedlichen Gäste und ihre sehr unterschiedlichen Speisewünsche.
Es geht um Erinnerungen und zwischenmenschliche Beziehungen und dabei erfahren wir viel über Japan und japanisches Essen. Der Ablauf der einzelnen Kapitel mit den sechs Kunden ist immer gleich, was ich aber nicht als störend empfand. In sehr gut lesbarem Schreibstil skizziert der Autor die einzelnen Kunden und ihr Problem, zeigt, wie das sympathische Vater-Tochter-Duo an den jeweiligen Fall herangeht, wie die Tochter durch geschicktes Fragen die größtmögliche Menge an Informationen aus den Klienten herauskitzelt und der Vater dann sein überragendes detektivisches Geschick zum Einsatz bringt und aus spärlichen Informationen das Optimum herausholt. Und hervorragende Köche sind beide! Kein Gast wird enttäuscht und jeder verlässt das Lokal mit neuer Zuversicht. Ein warmherziger Roman, der gut unterhält und Appetit auf japanisches Essen macht.

Bewertung vom 30.06.2023
Der treue Spion / Offizier Gryszinski Bd.3
Seeburg, Uta

Der treue Spion / Offizier Gryszinski Bd.3


ausgezeichnet

München, Paris, Sankt Petersburg - toller historischer Krimi

Erst nachdem ich das Buch gelesen hatte, habe ich bemerkt, dass es sich um den dritten Band einer Krimiserie handelt. Das war aber kein Problem, man kann den Roman auch sehr gut als Einzelband lesen. Da mir dieser historische Krimi sehr gut gefallen hat, werde ich sicher auch noch die ersten beiden Bände lesen.
Der Roman spielt auf zwei Zeitebenen: 1896 soll Wilhelm von Gryszinski den Fall eines verschwundenen französischen Diplomaten aufklären, in dessen Folge es auch noch einen Mord an einem deutschen Erfinder gibt. Der hat eine Methode erfunden, wie man in Krisenzeiten dem Feind gezielt falsche Nachrichten unterjubeln kann - die Dokumente über diese Erfindung sind auch verschwunden. Hat der französische Diplomat sie mitgenommen? Im Zusammenhang mit seinen Ermittlungen stößt Gryszinski auf ein extravagantes russisches Betrügerpärchen, denen er (als Tarnung in Begleitung seiner Ehefrau) nach Paris und Sankt Petersburg folgt.
Die zweite Zeitebene spielt 1916 während des 1. Weltkriegs: Fritz, der Sohn von Wilhelm Gryszinski, ist jetzt Anfang zwanzig und als Meldegänger an der Front. Ein General, der seinerzeit Fritz' Vater kannte, nimmt ihn unter seine Fittiche und gibt ihm einen Auftrag als Spion, der ihn, wie damals seinen Vater nach Paris und nach Petrograd führt, wie die Stadt nun heißt. Er stößt dabei auf den alten, immer noch ungelösten Fall seines Vaters, der sehr viel vielschichtiger ist, als man zuerst meinte und auch ganz persönlich etwas mit der Familie Gryszinski zu tun hat.
Sehr atmosphärisch, sehr anschaulich beschrieben, die Sprache passt, man fühlt sich in jene Zeiten zurückversetzt. Die Handlung ist sehr spannend, historische Zusammenhänge sind gut recherchiert. Die Familie Gryszinski wird als eine sehr liebevolle Familie geschildert, deren Vater frei von Macho-Gehabe ist und nicht so autoritär wie damals üblich. Das Schurkenpärchen ist schillernd und der Oberschurke entpuppt sich als grausam und rachsüchtig. Eine sehr spannende, informative und unterhaltsame Lektüre, speziell zu empfehlen für Liebhaber der historischen Krimis von Volker Kutscher.

Bewertung vom 18.06.2023
3000 Yen fürs Glück
Harada, Hika

3000 Yen fürs Glück


ausgezeichnet

Schöner Roman über eine japanische Familie und ihren Alltag - als Pseudo-Sachbuch verpackt

Das Buch kommt ein bisschen wie ein Finanzratgeber daher: Es geht zwar auch um Geld und wie man sparsam damit umgehen kann, aber meiner Meinung nach ist das nur der Aufhänger, um uns vom Leben von vier Frauen aus drei Generationen einer Familie zu erzählen.
Die Hauptfigur ist Miho, eine junge, unverheiratete Frau, die ganz gut verdient und bisher ihr Geld so ausgegeben hat, wie sie es gerade wollte. Als sie jedoch feststellt, dass sie gerne einen Hund haben würde, den aber nur halten könnte, wenn sie ein eigenes Haus hätte, kommt sie ins Grübeln. Ihre ältere Schwester Maho hat einen Mann, den sie liebt, der aber als Feuerwehrmann nicht viel verdient. Sie hat seit der Geburt ihrer Tochter aufgehört zu arbeiten und versucht mit allen ihr möglichen Mitteln Geld für das künftige Studium ihrer Tochter anzusparen - das geht von sparsam einkaufen, über Rabattaktionen, Gutscheine sammeln bis hin zu Aktienspekulation (Sie war früher Bankangestellte). Die Mutter der beiden, Tomoko, stellt nach einer Krankheit fest, dass sie ihren Mann nicht mehr liebt und sich gerne scheiden lassen würde, Aber kann sie sich das überhaupt leisten? Und schließlich die Matriarchin der Familie, Tomokos Schwiegermutter und die Oma der Schwestern, Kotoko. Sie hat immer sparsam gelebt, hat ein Haushaltsbuch (Kakeibo) geführt, was sie auch ihren Enkelinnen rät. Aber jetzt, im Rentenalter, hat sie das Gefühl, dass ihre Rente ziemlich knapp ist, und sie sucht sich einen Job.
Die Autorin beschreibt dies alles so anschaulich und gut lesbar, dass man mit den Protagonistinnen mitfühlt und sehr viel über japanische Kultur und japanische Denkweisen erfährt. Ich hatte die Lektüre etwas skeptisch angefangen, aber die Geschichte hat mich ganz in ihren Bann gezogen, gut unterhalten und nachdenklich gemacht. Sicher nicht jedermanns Sache, aber von mir gibt es die volle Punktzahl, ich habe das Buch sehr genossen.

Bewertung vom 17.06.2023
Die Spur der Aale / Ein Fall für Greta Vogelsang Bd.1
Wacker, Florian

Die Spur der Aale / Ein Fall für Greta Vogelsang Bd.1


sehr gut

Nicht die übliche Schmuggelware!

Der Zollfahnder Lars Mathissen wird tot aus dem Main geborgen und die Abteilung für Kapitalverbrechen geht von Selbstmord aus. Staatsanwältin Greta Vogelsang ist anderer Meinung. Doch da sie wegen Arbeitsüberlastung kürzlich das Ressort gewechselt hat, ist sie nicht mehr zuständig. Trotzdem ermittelt sie auf eigene Faust weiter. Denn sie kennt Mathissen und hat ein schlechtes Gewissen, weil sie seine letzte Email ignoriert hat, obwohl DRINGEND im Betreff stand. Mathissen war einem großangelegten Schmuggel mit Glasaalen für den asiatischen Markt auf der Spur, hatte aber keine Beweise, sondern nur Indizien, und sie hatte das, wie auch Mathissens Kollegen, nicht so ernst genommen.
Es handelt sich um den ersten Band einer neuen Reihe, die in Frankfurt spielt. Greta Vogelsang, Staatsanwältin aus eher "bildungsfernem" Milieu stammend, hat sich nach oben gekämpft, nachdem sie in ihrer Jugend eher auf der anderen Seite stand und bei den Protesten gegen den G8-Gipfel in Genua 2001 dabei war. Sie ist eine sympathische Protagonistin, die anschaulich charakterisiert wird. Die Geschichte wird auch aus anderen Perspektiven geschildert, z.B. von Mian, einer jungen Frau aus Hongkong, die in einem China-Restaurant im Raum Frankfurt arbeitet, hin und wieder Kurierflüge nach Hongkong machen muss, und unter sklavenähnlichen Verhältnissen dort festgehalten wird. Auch Paul, ein arbeitsloser junger Franzose, ist am Rande in den Aalschmuggel verwickelt.
Gut lesbarer, flüssiger Schreibstil, interessante Protagonisten und ein ungewöhnlicher Plot (vom Schmuggel von Glasaalen hatte ich noch nie etwas gehört), all das hat "Die Spur der Aale" für mich zu einer unterhaltsamen, informativen und spannenden Lektüre gemacht. Ich freue mich auf Greta Vogelsangs nächsten Auftritt!

Bewertung vom 17.06.2023
Idol in Flammen
Usami, Rin

Idol in Flammen


gut

Ein Leben als Fan

Das ist die Geschichte von Akari, einer japanischen Schülerin im Teenageralter. Die Autorin beschreibt die obsessiven Ausmaße, die das Fan-Sein bei ihr annimmt. Sie hat ganz offensichtlich schwere psychische Probleme, leidet unter Depression und Magersucht. Sie hat enorme Minderwertigkeitsgefühle, fühlt sich als unfähiges, dummes Trampel und wächst in einer dysfunktionalen Familie auf. Von ihrer Mutter und Schwester erfährt sie keinerlei Unterstützung, nur Vorwürfe und Genörgel. Die Beschäftigung mit ihrem Idol ist ihre Fluchtstrategie. Das geht so weit, dass ihr ihr Schicksal vollkommen gleichgültig ist und sie die Schule abbrechen will.
Es ist interessant, etwas über die asiatische Idol-Kultur zu erfahren, die es in diesen Ausmaßen bei uns nicht gibt. Letztendlich steckt eine gnadenlose Ausbeutung sowohl der Fans, als auch der sogenannten Idol-Groups dahinter. Die Autorin beschreibt das alles eindrücklich und gut, aber ich muss sagen, ich finde das Ganze ziemlich erschreckend.
Mich hat dieses schmale Bändchen traurig, aber auch aggressiv gemacht. Mir wäre ein etwas dickeres Buch mit mehr Hintergrundinformation lieber gewesen; man merkt, dass Akari schwer gestört ist, man ahnt, dass die familiären Umstände schuld daran sein könnten, aber ich hätte doch lieber mehr "Butter bei die Fische" gehabt. Es ist definitiv eine Kunst, so minimalistisch zu schreiben, aber mein Geschmack ist es nicht. Ich fand die Beschreibung dieses trostlosen Lebens, die Selbstzweifel dieser jungen Frau, ihre Art mit den Problemen umzugehen, erschütternd: das Buch lässt mich bedrückt und ratlos zurück.