Benutzer
Top-Rezensenten Übersicht

Benutzername: 
Annika
Wohnort: 
Köln

Bewertungen

Insgesamt 26 Bewertungen
Bewertung vom 12.06.2024
Seinetwegen
Del Buono, Zora

Seinetwegen


ausgezeichnet

Die Autorin Zora del Buono verlor im Alter von 8 Monaten durch einen Autounfall ihren Vater. Mit ihrer Mutter hat sie über das Geschehene und ihren Vater im allgemeinen im Laufe der Jahre kaum gesprochen. Mittlerweile ist die Mutter dement, wohnt in einem Heim und Zora räumt deren Wohnung aus. Dabei stellt sie sich die Frage, wie es eigentlich dem Unfallverursacher im weiteren Leben ergangen sein könnte. Sie begibt sich auf die mühsame Suche, denn sie kennt zunächst nur dessen Initialen. In der Wohnung findet sie erste Hinweise, die sie in die Schweiz, in die Nähe des Unfallortes führen. Hier versucht sie Einsicht in die Gerichtsakten zu erhalten und tritt mit etlichen Einheimischen in Kontakt, um herauszufinden, ob der Mann noch lebt und was für ein Mensch der „Töter“ ihres Vaters ist. Parallel dazu berichtet sie zwischendurch von eigenen Erinnerungen an ihre Mutter und auch an die Familie ihres Vaters. Zudem lässt sie den Leser an Kaffeehausgesprächen mit Freunden zu verschiedenen Themen rund um ihre Suche teilhaben. Mehr und mehr nähert sie sich dem fremden Mann an und verändert ihr Bild von ihm. Ihr Schreibstil ist sehr poetisch und angenehm. Sie bringt sehr viele kleine Exkurse philosophischer, poetischer Natur sowie Wissen zu ihrer Heimat Schweiz in den Verlauf des Buches ein, die nur bedingt mit der eigentlichen Geschichte zu tun haben. Mir hat das gut gefallen, da sich alles gut die Waage hielt. Ein wirkliches Kleinod.

Bewertung vom 02.06.2024
Und Großvater atmete mit den Wellen
Teige, Trude

Und Großvater atmete mit den Wellen


ausgezeichnet

Erzählt wird ein Teil der Lebensgeschichte von Konrad, seiner „Liebsten“ Sigrid und seinem Bruder Sverre. Konrad und Sverre werden in den Kriegswirren 1943 auf einem norwegischen Versorgungsschiff im indischen Ozean von den Japanern angegriffen und überleben diesen beide nur sehr knapp. Im Krankenhaus auf Java lernt Konrad Sigrid kennen und verliebt sich. Die drei Protagonisten werden im weiteren zeitlichen Verlauf in verschiedene Lager interniert und verlieren sich so zwischenzeitlich aus den Augen. Bevor sie sich wiedersehen, durchleben sie unfassbare Qualen durch Hunger, Krankheiten und ständige Demütigungen durch die Japaner.
Der Roman beschreibt eindrucksvoll das Verhalten der Kriegsmacht Japan, bevor die USA in den Krieg eintrat und der Umgang mit den europäischen Kolonialherren auf Java.
Das Buch ergänzt wunderbar das Buch „Als Großmutter im Regen tanzte“. Es handelt sich jedoch um eine eigenständige Geschichte, für die man das andere Buch nicht gelesen haben muss. Beide Bücher haben einen lebendigen, hinreißendem Schreibstil, der alle Gefühle vom Lachen bis zum Weinen abgedeckt.

Bewertung vom 02.06.2024
Dunkle Verwicklungen auf La Palma / Calderon und Rodriguez ermitteln Bd.1
Flores & Santana

Dunkle Verwicklungen auf La Palma / Calderon und Rodriguez ermitteln Bd.1


weniger gut

Am Strand von La Palma wird der Bauunternehmer Álvaro Martínez, Sohn einer angesehenen Familie aus Madrid erschlagen aufgefunden. Alles deutet sofort auf die Gegner des Hotelbauprojekts hin, einen angrenzenden Bananenbauer und eine Umweltgruppe. Oder ist der Mord möglicherweise politisch motiviert? Hat es vielleicht auch mit der mündlich versprochenen Spende an das örtliche Observatorium zu tun?
Der Kripochef tauscht sich rege mit seinem Jugendfreund Ben aus, der als Journalist auf der Insel lebt. Dieser diskutiert den Fall ausgiebig mit seiner Freundin Naira und seiner Schwester Yaiza. Es verschiedene Freunde auf der Insel auf, die konkret, lose oder gar nichts mit dem Mord zu tun haben. Nebenbei kann auch noch ein Rätsel aus Jugendtagen geklärt werden. Das Buch bietet viele Perspektivwechsel zwischen den Personen und es gibt viele lose Enden. Die persönlichen Beziehungen bleiben oberflächlich und ich hatte das Gefühl, es sollen zudem möglichst alle touristischen Attraktionen sowie ein paar Geheimtipps der Insel La Palma unterkommen. Auch der Kriminalfall bleibt blass. Mich hat das Buch leider nicht richtig erreicht

Bewertung vom 16.05.2024
Der Lärm des Lebens
Hartmann, Jörg

Der Lärm des Lebens


ausgezeichnet

Im Buch „Der Lärm des Lebens“ erzählt der Schauspieler Jörg Hartmann aus seinem Leben. Es wechseln sich Geschichten aus verschiedenen Zeitebenen ab; so wie Erinnerungen auch nicht zeitlich geordnet auftauchen.
Eindrucksvoll, humorvoll, feinfühlig, tiefgründig, lustig und traurig zugleich sind nur ein paar Adjektive, die mir beim Lesen zum Schreibstil eingefallen sind. Durch den zusätzlichen Lokalkolorit des Ruhrgebiets hat mich das Buch sofort gepackt und tief eintauchen lassen. Es fühlt sich an, als sei man dabei, wenn Jörg seinen Vater „oben auf dem Berg“ besucht, in Lyon in einem Café einen Kaffee trinkt oder alles versucht, um als Schauspielschüler ein Vorsprechen an einem Berliner Theater zu ergattern.
Das Buch sei Liebhabern von Biografien, die jedoch nicht die schnöde Aneinanderreihung von Lebensjahren mögen, wärmstens ans Herz gelegt.

Bewertung vom 16.05.2024
Südlich von Porto wartet die Schuld
da Silva, Mariana

Südlich von Porto wartet die Schuld


ausgezeichnet

Ria, die in Stuttgart aufgewachsen ist, aber durch einen portugiesischen Vater auch im Norden Portugals Familie hat, hat sich entschieden, vollständig nach Torreira zu ziehen. Vor Ort wird sie von ihren Verwandten und ihrem Jugendfreund Nuno unterstützt. Eine Arbeit findet sie im Polizeirevier, in dem sie zunächst ihre schwangere Cousine vertritt. Obwohl in dem beschaulichen Dörfchen eigentlich keine Morde geschehen, wird ein angesehener Richter tot in den Dünen gefunden. Das ruft wieder den vorgesetzten Kommissar Baptista aus Aveiro auf den Plan und eine weitere Ermittlung beginnt. Die Krimihandlung bleibt bis zum Ende spannend und wird nicht zu früh aufgelöst. Neben viel portugiesischem Lokalkolorit, bei dem man zu Beginn jeden Kapitels auch etwas lernen kann, spielt auch die persönliche Geschichte zwischen Ria und Baptista wieder eine gewisse Rolle. Zunächst nach der letzten Mordermittlung wieder auf Distanz, verstehen sie sich mit der Zeit immer besser. Auch diese Ebene bleibt die gesamte Zeit spannend. Zu empfehlen ist das Buch allen LeserInnen, die neben einem spannenden Krimi auch an der Weiterentwicklung der (Liebes–)Geschichte der ermittelnden Personen Freude haben.

Bewertung vom 14.05.2024
Eine Fingerkuppe Freiheit
Zwerina, Thomas

Eine Fingerkuppe Freiheit


ausgezeichnet

Dass die heute weltweit gültige Blindenschrift auch Braille-Schrift genannt wird, wusste ich, bin jedoch nie mit den Hintergründen des Namens in Berührung gekommen. Umso mehr gespannt war ich auf diese Biographie in Romanform über das, nicht allzu lange Leben und Wirken Louis Brailles. Durch einen Unfall mit 3 Jahren einseitig und den späteren Folgen mit 5 Jahren vollständig erblindet, wird der intelligente Junge gefördert und es gelingt ihm, auf Vorgängerversuchen aufbauend, eine einfacher zu nutzende Blindenschrift zu entwickeln.
Ich wurde nicht enttäuscht. Die Sprache kommt zunächst ein bisschen sperrig daher, man wähnt sich zur Lebenszeit Louis Brailles. Es gelingt jedoch bald sich in den anspruchsvolleren Schreibstil einzufinden und ihn zu genießen. Sodann eröffnet sich eine wundervolle Geschichte über das Leben Louis Brailles und seine großartige Erfindung mit allen Unterstützern seiner Idee, jedoch auch Rückschlägen und Widerständen durch die Sehenden. Der Autor, selbst mit 13 Jahren erblindet, fühlt sich liebevoll in alle handelnden Personen ein und gibt ein tolles Porträt dieser Zeit.
Wer anspruchsvolles Lesen mag, dem sei das Werk unbedingt zu empfehlen.