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Sali

Bewertungen

Insgesamt 124 Bewertungen
Bewertung vom 23.10.2023
Ein Fluss so rot und schwarz
Ryan, Anthony

Ein Fluss so rot und schwarz


sehr gut

Dunkel, Düster, Dystopie
Wenn auch der Plot für die meisten Endzeiterzählungen ziemlich ausgekaut ist, so schafft es Antony Ryan eine spannende, rätselhafte und dramatische Erzählung zu kreieren. Der Roman hat bei mir - entgegen vieler solcher Geschichten - ein beklemmendes Gefühl der Traurigkeit erzeugt, welches auch noch lange nachhallte. Was muss in Menschen vorgehen, wenn sie ohne Erinnerungen auf einem Boot erwachen, welches einen voreingestellten Kurs verfolgt, der sie tief in die Apokalypse bringt? Warum sind ausgerechnet sie dort? ASie müssen nicht nur mit ihren eigenen Fragen und ihren Mitgenossen fertig werden, sondern auch mit unvorstellbaren Grauen und Tod, welche sich im scheinbar nie lüftenden Nebel verbergen. Der knackige Schreibstil und der Spannungsbogen, welchen Antony Ryan gekonnt bis zum letzten Kapitel aufrecht hält, ziehen den Leser in ihren Bann. Ein Buch, bei dem die Stunden wie Minuten verfliegen.

Bewertung vom 15.10.2023
Die Welt war voller Fragen
Dutzler, Herbert

Die Welt war voller Fragen


ausgezeichnet

Erinnerungen
Es ist schwierig, wenn man an der Grenze zwischen Kindheit und Erwachsenwerden herumirrt und dabei von einem Fettnäpfchen ins nächste tritt. Der Protagonist Siggi lässt jedenfalls selten eins aus und das nur, weil er noch kindlich naive Fragen stellt. Nur irgendwie reagiert die Lehrerschaft und der Pfarrer darauf mit Wutausbrüchen und Einträgen. An Siggi kann es nicht liegen oder doch? Eine Geschichte über einen Jungen, der quasi im Aufbruch ist und noch nicht genau weiß, wo er hingehört. Ein Buch, dass mich ab der ersten Seite gefangen genommen hat. Die niedlich naive Art, wie Siggi seinen Alltag beschreibt, die Familienfeste wie Weihnachten, die wie überall weit entfernt von Gemütlichkeit und Heiler Welt sind. Die Spannungen, die er wahrnimmt und sich doch nicht erklären kann, all das hat Herbert Dutzler gekonnt eingefangen. Es ist egal, ob die Kindheit in den 60ern oder in den 70ern oder in einem anderen Jahrzehnt war, wir werden Teile davon wieder erkennen, Erinnerungen werden Aufflammen und manchmal möchte man ihm zuflüstern. Halte durch - es wird besser jedenfalls manches. Ich kann das Buch nur empfehlen.

Bewertung vom 19.09.2023
Die Suche nach dem Route 66 Killer (eBook, ePUB)
Piskulla, Christian

Die Suche nach dem Route 66 Killer (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Irgendwo im Nirgendwo wartet der Tod


„Get your kicks on Route 66“ diese Liedzeile hatte ich quasi als Ohrwurm im Kopf als ich mit dem Lesen des Buches begonnen habe. Nur nicht jeder wird sich bis zum Schluss amüsieren können. Männer verschwinden auf der Route 66 - ohne erkennbares Muster. Vermisst werden Biker, Hiker und sowohl normale Touristen als auch Hobos. Genau an diesem Schauplatz der Biker und Hinterwäldler finden sich die Hauptpersonen aus dem „Pacific Crest Trail Killer“ wieder. Mark und Rebecca, die gerade erst eine Privatdetektiv-Agentur gegründet haben, werden von der Mutter eines der verschwundenen Bikers engagiert, um unauffällig nach deren Sohn zu suchen. Hier zeigt sich wieder der geniale Schreibstil von Christian Piskulla. Zum einen schaut man regelmäßig dem Mörder über die Schulter ohne zu ahnen, wer es ist, zum anderen schüttelt man immer wieder den Kopf über Mark und Rebecca, die nach zwei Jahren des Nichtstuns und mit üppigen finanziellem Polster ausgestattet, überaus unengagiert und naiv agieren. Zum Glück haben die Beiden Unterstützung vom FBI-Agenten im Ruhestand Steve Cortez, der sich, wie ein Terrier in die Ratte, im Fall verbeißt. Allerdings verschwinden immer noch Männer, es passieren seltsame Unfälle und zwei Cops werden hingerichtet. Was ist in dieser Einöde, die gefühlt aus Staub, lost Places und Motels, die ums Überleben kämpfen, nur los?
Das Buch ist mega spannend und in bildhafter Sprache geschrieben. Ich konnte es kaum aus der Hand legen, so sehr hab ich mitgeraten und mitgefiebert. Auch die Beschreibung der einzelnen Orte und der merkwürdigen Menschen, die diese besiedeln, und in welche die eigenen Erinnerungen des Autors einfließen, haben mich in diesen entlegenen Teil der Welt gezogen. Ich würde das Buch niemanden empfehlen, der zeitnah die 66 fahren möchte. Es könnte gar zu gruselig werden. Einige Szenen sind schon sehr detailliert beschrieben und je nach Konstitution könnte der eine oder andere Leser schamhaft erröten oder sich grün verfärben. Eine Triggerwarnung wäre für empfindsame Leser durchaus angebracht. Alle anderen können es genießen und sich in seinen Bann ziehen lassen.

Bewertung vom 19.09.2023
Die Formel der Hoffnung
Cullen, Lynn

Die Formel der Hoffnung


ausgezeichnet

Kampf gegen die Bestie

Wenn Krankheiten eine Gestalt hätten, dann würde ich mir die Kinderlähmung als riesige Würgeschlange vorstellen, die ihre Opfer umschlingt bis diese sich zuerst nicht mehr rühren und später auch nicht mehr atmen können. Manche tötet sie und andere lässt sie abrupt los.
Das Buch beginnt, als sich die Welt in den 40er Jahren des vergangenen Jahrhunderts im Griff dieser Seuche befindet. Dr. Horstmann gehört mit zu den Forschern, die Polio den Kampf angesagt haben. Ein Buch über einen Teil des Lebensweges einer mutigen, empathischen und engagierten Frau. Der Roman stimmt nachdenklich, er führt uns vor Augen wie zerbrechlich ein Leben ist und um wieviel zerbrechlicher in der Zeit vor Penicillin. Aber er macht auch Mut, wenn man liest wie unbeirrbar Dorothy Horstmann sich allen Widrigkeiten stellt. Ich fand diesen Roman sehr gelungen, er hat mich beeindruckt. Mir gefiel der schnörkellose Schreibstil frei von Kitsch und ich kann dieses Buch nur empfehlen.

Bewertung vom 08.09.2023
Wie ein Stern in mondloser Nacht
Sand, Marie

Wie ein Stern in mondloser Nacht


ausgezeichnet

Berlins erste Babyklappe
Das Elend beginnt bei vielen nach der Geburt. Dies hat die junge Henni schon so oft erleben müssen und sie, die ihre Berufung nach einem Schicksalsschlag, den sie alleine durchstehen musste, fand, versucht alles um verzweifeln Frauen zu helfen. Nie wieder soll eine Frau sich nach der Entbindung die Pulsadern aufschneiden müssen oder versuchen sollen, das Baby während der Entbindung zu töten.
Zusammen mit einer befreundeten Anwältin geht Henni einen mutigen Schritt in einer rechtlichen Grauzone und zu einer Zeit, in der bei allem Fortschritt die Gleichberechtigung noch weit entfernt ist.
Dieses Buch verspricht die ganze Bandbreite an Gefühlen. Es beginnt mit der jugendlichen Henni, die frech und liebevoll ihr ärmliches Leben mit Mutter und kleinen Bruder meistert über ihre Verliebtheit bis zu dem Tag, nach dem alles anders sein wird. Ich habe mit Henni gefühlt, war begeistert über ihre ruhige und unkonventionelle Art, Entbindungen vorzunehmen und den Gebärenden die Angst zu nehmen. Sie war ihrer Zeit weit voraus. Dieses Buch erhält von mir - jedenfalls für weibliche Leserinnen eine volle Leseempfehlung.

Bewertung vom 07.08.2023
Mattanza
Fabiano, Germana

Mattanza


ausgezeichnet

Was bleibt, ist der Atem des Meeres

So wie das Meer gleichmäßig Wellen auf die Küste schickt, sie manchmal zu Bergen auftürmt und dann wieder ganz sanft am Land lecken lässt, in solchen gleichbleibenden Rhythmen verlief das Leben bislang auf Katria. Die einen kamen auf die Welt, die anderen verließen sie und einmal im Jahr kam der Thunfisch. Ihm verdanken die Einwohner im Wesentlichen ihr bescheidenes Auskommen auf der Insel im Mittelmeer. Und der Rais sorgt dafür, dass die Fische im Netz landen. Ein Amt, was an männliche Erben weitervererbt wird. Doch diesmal ist alles anders - der Nachfolger ist ein Mädchen. Aber Nora zeigt, dass in ihren Adern das Blut von Generationen von Fischern fließt und führt die Tonnaroti in die Neuzeit. Nur auf einmal ist alles anders. Die Thunfische verschwinden und stattdessen verfangen sich tote Flüchtlinge in den Netzen und die Lebenden, die Katria an Land gehen, stellen die Einwohner vor völlig neue Herausforderungen. Und dass mit dem Hintergrund, dass auch deren Lebensgrundlage gerade schwindet.
Ein fesselndes Buch über Tradition, Moderne und mittendrin eine schweigsame Rais, die es scheut im Rampenlicht zu stehen. Die aber genau weiß, was sie tut bis die neue Zeit über ihr zusammenbricht wie eine Sturmflut. Ein schönes Buch der leisen Töne, der vielschichtigen Erzählweisen und Figuren. Ein Roman, der nachklingt und bei dem man den Geruch von Salzwasser noch lange in der Nase hat.

Bewertung vom 06.08.2023
Projekt 22
Linell, Alexa

Projekt 22


ausgezeichnet

Alice eine Schizophrenie Patientin flieht aus ihrem Elternhaus um einer weiteren Einweisung in die Anstalt zu entgehen, in welcher sie seit ihrer Kindheit behandelt wurde und wo ihr Schreckliches widerfahren ist. Nur wer glaubt schon jemanden mit diesem Krankheitsbild? Und welche Rolle spielt der Pharmakonzern, der diese Einrichtung betreibt. Ein Katz- und Maus- Spiel beginnt, wobei die Jäger Alice und ihren Helfern, die sie auf der Flucht kennengelernt hat, immer einen Schritt voraus zu sein scheinen und auch äußerst brutal vorgehen.
Hält der Wahn Alice fest im Griff? Oder ist die Realität schlimmer als alle Wahnvorstellungen? Ist Alice wirklich so krank oder eventuell gesund und im Grauen gefangen? Diese Fragen stellten sich mir beim Lesen und das machte die Geschichte so ungeheurer stark. Man fiebert mit den Handelnden und erwartet immer eine Katastrophe. Und es stellt sich zwangsläufig die Frage, wie weit geht die Forschung, um an Erkenntnisse zu gelangen. Werden ethische Grundsätze vielleicht schon immer ausgehöhlt. Ein sehr mitreißendes und spannendes Buch, welches ab und an auch eine nachdenkliche und traurige Seite anreißt, im Hinblick darauf, welchen Preis die Gesellschaft eventuell für Erkenntnisse und Wissen zahlen will und welchen Wert das einzelne Individuum dann noch hat. Das sollten wir eventuell immer bedenken, sonst könnte Alice vielleicht schon morgen Realität sein.

Bewertung vom 04.08.2023
Der Skandal
Orgel, T. S.

Der Skandal


ausgezeichnet

Was hat der Umweltaktivist Peter herausgefunden, dass er Opfer eines „merkwürdigen“ Verkehrsunfalls wurde und seitdem im Koma liegt. Und wie kommt sein Laptop auf seine Arbeitsstelle - dem Laborfleischerzeuger Light Food? Vor diesen Fragen stehen seine Freundin Lisa, seine Schwester Anna und der Rest von Peters Aktivistenzelle. Und vor allem ist Peters Arbeitgeber wirklichen der grassierenden Erkrankung schuld. Auf der Suche nach Informationen müssen sich auf einmal Anna und der Firmeninhaber Dan Light kooperieren, denn der Feind ist mächtiger und gnadenlos. Den Brüdern Tom und Stephan Orgel ist mit diesem Roman ein beinah gespenstiger Ausblick auf unsere nahe Zukunft gelungen. Besonders an dem Buch haben mir die Handelnden gefallen, welche sich im Verlauf der Geschichte stetig weiterentwickelt und immer mehr Tiefgang bekommen haben. Der Thriller verpackt spannend aktuelle Themen mit etwas Science Fiction und lässt uns als Leser atemlos der Handlung folgen bzw. auch eigene Einstellungen überdenken. Ein Buch, welches man nicht aus der Hand legen mag. Und wieder einmal bewahrheitet sich der Spruch „ Du bist, was Du isst“.

Bewertung vom 26.07.2023
Der Hipster von der traurigen Gestalt
Gascón, Daniel Rodriguez

Der Hipster von der traurigen Gestalt


gut

Enrique ist zu seiner Tante aufs Land gezogen mit der Mission einen Biogarten anzulegen, Denner in Zukunft zusammen mit seinen Freunden bewirtschaften will. Bei aller Merkwürdigkeit, die er in den Augen der Dorfbewohner an den Tag legt, wie Yoga, gepflegte Hände, Abhängigkeit vom Mobiltelefon, schafft er es doch die Herzen der Bewohner zu gewinnen. Er zeichnet sich nämlich durch Loyalität, Freundlichkeit, Urvertrauen und einem nie versiegenden Optimismus aus. Er glaubt fest an das Gute im Menschen und dies verhilft ihm an die Spitze der Gemeinde.
Der Inhalt ist wirklich gut. Zum Teil schräg, wenn die Drohne, die den Biokaffee liefern sollte, abgeschossen wird oder wenn die Freunde aus der Großstadt auftauchen. Aber ein Manko hat das Buch und das ist die gestelzte umständliche Sprache. Ewige Sätze und Monologe - ich hab mich häufig ertappt, wie meine Konzentration gegen Null ging und ich ganze Abschnitte nochmals lesen musste. Wenn der Sprachstil nicht wäre, volle Punktzahl. Aber so muss ich echt zwei abziehen.

Bewertung vom 17.07.2023
Weil der Mut die Angst besiegt (eBook, ePUB)
Rosenberger, Sabine

Weil der Mut die Angst besiegt (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Sabine Rosenberger berichtet unglaublich ehrlich aus ihrem Leben. Angefangen von der schwierigen Kindheit und Jugend bis zu den Herausforderungen und Irrungen des Erwachsenenseins. Sie beschönigt nichts, redet nicht herum und steht zu ihren Fehlern. Ein Buch, welches in klarer und eindringlicher Satzwahl klarmacht, worauf es im Leben ankommt und dass man für einen Neuanfang nie zu alt ist. Sie macht mit ihrem Beispiel Mut und zeigt auf, welche Kräfte in uns schlummern.
Die Biografie liest sich flüssig. Die Sätze sind kurz, auf überflüssigen stilistischen Schnickschnack verzichtet sie. Somit kann man sich vollkommen auf den Inhalt konzentrieren und diesen aufnehmen. Ein Buch, ein Leben, was mich fasziniert, erstaunt hat und manchmal auch ein Kopfschütteln hervorgerufen hat. Von mir gibt es eine Leseempfehlung, insbesondere für diejenigen, die Mut oder einen kleinen Anstupser brauchen, kann dieses Werk sehr hilfreich sein.