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Milienne
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Essen

Bewertungen

Insgesamt 115 Bewertungen
Bewertung vom 18.02.2024
Mutter ohne Kind
Lindner, Eva

Mutter ohne Kind


ausgezeichnet

Aufrüttelnd, aufklärerisch und emotional


Schon das Cover und der Titel sind berührend: Eine Frau, die sehnsüchtig auf ihre leeren Arme blickt, in denen eigentlich ein Kind liegen sollte, dazu der Titel "Mutter ohne Kind". Und genau darum geht es in dem Sachbuch, um die Mütter, die sehr wohl Mütter sind, aber kein lebendes Kind in den Armen halten können. Der Untertitel ist ebenfalls sehr treffend: Das Tabu der Fehlgeburt und was sich ändern muss.
Dass ausgerechnet etwas, das jede dritte Frau betrifft so selten medial und öffentlich wirksam thematisiert wird, ist erschreckend. Und tatsächlich wusste auch ich als Frau nicht, dass jede dritte Frau betroffen ist und dass es gar nicht unwahrscheinlich ist, dass mir das gleiche passiert.
Das könnte mir jetzt Angst machen, aber so verfährt das Buch nicht weiter, das Ziel ist es, die Schuldgefühle zu nehmen, eben da es so oft vorkommt. Mit gut belegten Fakten wird erklärt, was viele Ärzte gar nicht so mitteilen, meistens aus Zeitgründen und fehlender Thematisierung im Studium. Genau da setzt Eva Lindner an, in dem System, in dem einiges falsch läuft.

Dabei wird immer eine Geschichte von einer Frau oder einem Paar erzählt, die Namen sind geändert, doch es sind echte Geschichten, die zeigen, wie facettenreich das Thema inklusive aller Schwierigkeiten ist.
Im Ländervergleich, historisch, gesellschaflich, medizinisch, in allen aufgezeigten Perspektiven zeigt sich, welch falscher Umgang mit dem Thema Fehlgeburt/ Stille Geburt einhergeht.

Es ist persönlich, denn immer wieder schildert die Autorin aus der Ich-Perspektive, wie es ihr mit ihrem persönlichen Schicksal ging.
Es ist vielseitig, weil so viele verschiedene Perspektiven eingenommen werden.
Es ist feministisch, weil für die Rechte der Frauen, aber auch der Männer als Väter ungeborener Kinder eingestanden wird. Es ist sachlich, weil mit Gynäkolog*innen und Expert*innen gesprochen, sowie mit zahlreichen Quellen gearbeitet wurde.
Und es ist vor allem wichtig, da sich durch dieses Buch endlich so viele gesehen fühlen, die es aufgrund der momentanen Strukturen, nicht tun.

Ich habe das Buch schon mehrfach weiterempfohlen, an Frauen und männer, weil wir alle - in welcher Form auch immer - irgendwann damit umgehen werden müssen.

Bewertung vom 07.02.2024
Always by Your Side / Pixton Love Bd.2
Heeger, Mimi

Always by Your Side / Pixton Love Bd.2


gut

Es ist eine Woche her, dass Scarletts Leben aus den Fugen geraten ist: Ihre religiösen Eltern fanden heraus, dass Scarlett neben dem Literaturstudium in Yale erotische Bücher schreibt und Scarlett steht ohne ihre Unterstützung vor dem Nichts. In dem Versuch, vor ihren Sorgen wegzurennen, landet sie auf einer Studentenparty unwissentlich in Theos Zimmer. Theo ist ein sehr empathischer Psychologiestudent, der Scarlett vorher nur durch sein auffälliges Äußeres aufgefallen ist. Theo merkt, dass Scarlett tiefgehende Probleme hat, denn damit hat er nicht nur im Studium Erfahrungen gemacht. Von diesem Moment an sind die beiden füreinander da.

Das Buch behandelt ernsthafte Themen, die auf der letzten Seite mit einer Triggerwarnung versehen sind. Es ist voller Emotionen, Herausforderungen, psychologischer Tiefe und Intimität. Die zahlreichen expliziten Szenen sind detailliert beschrieben. Ich empfand die Darstellung sehr idealisiert, obwohl sie bei weitem nicht so problematisch ist, wie in vielen anderen Büchern. Das einzige, was ich da allgemeingültig kritisieren kann, ist, dass Kondome ohne weiteres als unnötig betrachtet werden.

Die Geschichte geht nicht nur körperlich, sondern auch psychologisch tief. Sowohl Theo als auch Scarlett kämpfen mit ernsthaften Problemen und versuchen, einander zu verstehen. Der Untertitel "always by your side" trifft hier zu 100% zu. Theo als Charakter ist faszinierend; er kleidet sich unkonventionell, um die Reaktionen seiner Mitmenschen zu testen, und bringt gerne sein psychologisches Fachwissen ein.
Ich bin etwas unschlüssig zurückgeblieben; das letzte Drittel des Buches hat mich stark mitgerissen, erotische Szenen in Büchern treffen generell nicht meinen Geschmack. Für Leser*innen dieses Genres könnte die Reihe jedoch empfehlenswert sein, aber eher ab 18. Fans der Reihe werden sich darüber freuen, dass Abigail und Quinn in diesem Teil nicht aus dem Fokus geraten.

Bewertung vom 30.01.2024
Brennendes Wasser
Erler, Lukas

Brennendes Wasser


ausgezeichnet

In Kantheim entfacht nach jugendlichem Leichtsinn ein flammendes Drama, als das Haus, in dem der ulkige Alte eben noch getanzt hat, in Brand gerät. Caro, Josh und Speedy hatten ihn dabei beobachtet und gefilmt, sie landen nach schweren Verletzungen im Krankenhaus. Caro ist sich sicher: Das, was sie gesehen hat, war nicht normal, doch das Video ist vorerst verschwunden. In Colorado zwingt Gary die hohen Tiere einer Öl- und Gasfirma, ihr eigenes verschmutztes Wasser zu trinken – eine Konsequenz des Frackings.

Auch wenn man grob weiß, dass die Öl- und Gaskonzerne Umwelt nicht zu ihrer höheren Priorität zählen, wird das Problem des Fracking hier sehr deutlich und die Folgen wie “brennendes Wasser” erreichen hier sogar Deutschland. Die brisante Verbindung zwischen beiden Vorfällen wird schnell enthüllt und die Bedrohung für die deutschen Jugendlichen steigt. Der Thriller verwebt geschickt Amerika und Deutschland, macht das brisante Fracking-Thema greifbar und verleiht der Geschichte eine fesselnde Realität. Bis zuletzt bleibt es spannend, wobei die Verknüpfung von Fiktion und realen Umweltproblemen gekonnt für Spannung und Wissensvermittlung sorgt. Ich kann mir das Buch gut als Schullektüre vorstellen, die Handlung ist natürlich manchmal einfach gestrickt, aber das darf das Genre, das Thema erscheint mir gut recherchiert und aufgearbeitet.

Bewertung vom 22.01.2024
Die Bibliothek der Hoffnung
Thompson, Kate

Die Bibliothek der Hoffnung


ausgezeichnet

Historische Romane, die viel Wahrheit beinhalten, berühren mich immer besonders. Dieser kann sich in eine Reihe von Herzstücken einfügen, die ich zu diesem Genre in meinem Regal stehen habe und nie wieder hergebe. Vor allem die starken Frauen, die zu der erzählten Zeit vermutlich nie die Beachtung erhielten, die sie verdienten, berühren mich.

So auch Clara Button und Ruby Munroe. Als die Geschichte anfängt sind wir in der Gegenwart, sogar Corona gab es schon. Clara hätte nie gedacht, das sie so einen Ausnahmezustand in dem Alter noch einmal erlebt, hat sie doch bereits den schlimmsten überhaupt mitgemacht: Den zweiten Weltkrieg.

Wirklich berührend aber auch hoffnungsvoll, wird von der Zeit in der unterirdischen U-Bahn Londons erzählt, wo sie sich tatsächlich ein Leben samt eigener Bibliothek aufgebaut haben. Bücher verbinden und bieten Ausblick, auf Welten, die besser sind als die aktuelle, weswegen Claras Bibliothek ein wichtiger Ort für viele wird.

Beim Lesen habe ich einige Tränen berührt, so emotional war das. Dabei aber auch interessant und vor allem durch die rebellische Ruby oft witzig. Außerdem konnte ich viel über London zu Kriegszeiten lernen, womit ich mich sonst nicht beschäftige.

Bewertung vom 22.01.2024
Edvard
Beck, Zoë

Edvard


ausgezeichnet

Edvard hat verschiedenste Gründe, nicht mehr in die Schule zu gehen. Die Sommerferien neigen sich dem Ende zu, doch seine Stimme ist immer noch zu hoch, die Brust haarlos, und die Aussicht auf Ferien auf einem Bauernhof mit seinen engagierten, vegetarisch essenden Eltern bereitet ihm wenig Freude. In der virtuellen Welt hat er sich als Jason ein alternatives Leben geschaffen, mit einem durchdachten Fake-Profil, das ihn mit Constanze verbindet. Doch sein Nachbar Herr Tannenbaum könnte ihm eine Chance bieten, sich im echten Leben zu beweisen.
Edvard teilt seine Ängste und Sorgen in Blogposts, verbringt viel Zeit online und hat sogar künstliche Intelligenz genutzt, um seinen Fake-Account zu perfektionieren - unter anderem mit künstlicher Intelligenz. Dadurch bekommt die Geschichte natürlich einiges an Aktualität, denn er fälscht mal eben sogar ganze Videos. Dieses Lügennetz, was er da aufbaut, ist aber insgesamt ziemlich lustig und hat selbst ständig Sorge, wie sich das entwickeln soll. Seine Pubertätsprobleme sind nicht geringer und natürlich ist er ausgerechnet in das beliebteste Mädchen der Klasse verliebt. Da ist uns als Leser*innen die neue Mitschülerin Karli lieber, aber ich finde es ziemlich authentisch, dass Edvard da nicht genauso vernünftig denkt wie wir. Neben Humor und ziemlich vielen Problemen der Pubertät, ist das Thema Engagement gefragt und Edvard kann für die Rettung von Herrn Tannenbaums Haus endlich seine Energie mal richtig einsetzen.
Auf jeden Fall sehr unterhaltsam und nachvollziehbar, wie Edvard uns seine kleinen und großen Sorgen ganz modern mitteilt. Gäbe es den Blog wirklich, würde ich ihm bestimmt folgen.

Bewertung vom 07.01.2024
Heartstopper Volume 5 (deutsche Hardcover-Ausgabe) / Heartstopper Bd.5
Oseman, Alice

Heartstopper Volume 5 (deutsche Hardcover-Ausgabe) / Heartstopper Bd.5


ausgezeichnet

Im bereits 5. Teil von Heartstopper ist es ein Jahr her, dass mit Nick und Charlie alles angefangen hat. Die beiden sind immer noch sehr verliebt und wollen miteinander schlafen, nur sind sie da noch sehr unsicher im Umgang miteinander. Für Charlie ist das alles auch wegen seiner mentalen Vergangenheit gar nicht so einfach. Aber auch Nick hat Sorgen, denn bei ihm steht die Zukunftsplanung an, immerhin ist er ein Schuljahr weiter als Charlie und kurz vor dem Abschluss.

Nach dem Lesen überrascht es mich nicht mehr, dass die Geschichte von Charlie und Nick ihren Weg zu Netflix gefunden hat. Die beiden sind trotz ihrer Unterschiede sehr sympathisch und die Verliebtheit ist mit wenigen Bildern spürbar, außerdem sind die kleinen Bilder schon so szenenartig und perspektivisch dargestellt, dass man als Serienmacher*in eigentlich gar nicht mehr so viel zu tun hätte. Die Illustrationen haben mir sehr gut gefallen, die Größe und Anordnung führen die Augen mühelos durch die Geschichte und ermöglichen ein entspanntes Lesen.
Es ist schön zu sehen, wie trotz des Fokus auf die Liebesgeschichte, die Freundesgruppe eine wichtige Rolle spielt, und wie Charlie sich nach und nach bei seinen neuen Freunden öffnen kann. Sensible Themen wie Nicks Essstörung und seine Narben werden angesprochen, und vorne im Buch findet sich eine Triggerwarnung.
Auch ohne die vorherigen Teile gelesen zu haben, fühlt man sich gut von der Handlung abgeholt. Am Ende gibt es eine Übersicht des "Osemanversums", die eine Zeiteinordnung der Geschichte bietet. Alice Oseman hat mit der fortlaufenden LGBTQ+-Graphic-Novel "Heartstopper" wirklich eine fesselnde Welt geschaffen, die glücklicherweise viele Leser*innen erreicht und berührt.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 02.01.2024
The waves we catch / Emerald Bay Bd.2
Schäfer, Lorena

The waves we catch / Emerald Bay Bd.2


sehr gut

Im zweiten Teil der Emerald-Bay-Trilogie enthüllen sich endlich die Hintergründe von Nathan, dem besten Freund von Taylor, der bereits im ersten Teil eingeführt wurde, sowie von Billie, die dort nur namentlich erwähnt wird. Zuvor war Billie einfach verschwunden und hatte Nathans Herz gebrochen. Als ihre "Pflegemutter" Phoebe stürzt und ins Krankenhaus kommt, kehrt Billy zurück, obwohl sie geschworen hatte, dies nie wieder zu tun. Ein Treffen mit Nathan lässt sich dabei nicht vermeiden…

Noch viel mehr als im ersten Teil besteht hier die Dramatik in der fehlenden Kommunikation der beiden Hauptfiguren, Billie und Nathan. Bei Ivy und Taylor war die fehlende Kommunikation aber ein wenig verständlicher, denn die beiden kannten sich nun mal noch nicht. Billie und Ivy kennen sich seit dem sie Kinder sind und waren sogar ein Paar.
Billies Beweggründe sind schon nachvollziehbar, vor allem bleibt es spannend, da man diese nicht direkt erfährt. Allerdings habe ich bei sowas immer das Gefühl, es wird eine Tragik konstruiert, die mit einem einfachen Gespräch zu einem Happy End werden kann, ohne dass eine der Figuren dabei an Sympathiepunkten verliert. Was genau dahintersteckt, kann jede*r selbst nachlesen, je nach Erwartungshaltung wird man eventuell enttäuscht. Dennoch sind romantische Elemente und die malerische Kulisse Australiens auch im zweiten Teil präsent. Fans von Ivy und Taylor dürfen sich freuen, da sie in dieser Fortsetzung nicht gänzlich fehlen und man zudem mehr über den Verlauf der anderen Figuren erfahren wird.
Den Titel finde ich für den Surfprofi Nathan passend, ich dachte mir sofort, dass es in dem Teil um ihn geht..
Für den dritten Teil hätte ich andere Hauptprotagonist*innen erwartet, trotzdem bin ich gespannt, wen wir da aus Emerald-Bay wieder treffen.

Bewertung vom 02.01.2024
In einem alten Haus in Berlin
Wolf, Kathrin

In einem alten Haus in Berlin


ausgezeichnet

Mit „einem alten Haus in Berlin" beginnt die Geschichte, als die Familie Schwartz im Jahr 1871 erstmals in das Gebäude einzieht, das nun ihr Eigen ist. Unten betreibt Karls Vater eine Apotheke, und von diesem Zeitpunkt an verfolgen wir das Leben der Familie sowie ihrer Nachkommen, die mit den vielfältigen Veränderungen im Haus und insbesondere in der sich wandelnden Welt konfrontiert werden. Die Erzählung erstreckt sich über die klassischen Etappen der Geschichte, darunter die Kriege von 1870 sowie die beiden Weltkriege, die Nachkriegszeit, den Mauerbau und -fall sowie die Herausforderungen der Moderne.
Jede Generation führt uns durch ein neues Familienmitglied in das Leben im Haus ein. Nach Karl übernimmt seine Tochter Martha die Erzählung ab 1914. Später folgt ihre Schwester Anna, ab 1933 übernimmt Marthas Sohn Hans die Rolle des Geschichtenerzählers, begleitet von seiner Schwester Ursula und so weiter, bis in die Gegenwart. Falls Leser*innen bei den vielen Namen und Familienmitgliedern durcheinanderkommen, bietet der Stammbaum am Anfang eine nützliche Übersicht zur Überprüfung und Verknüpfung der Beziehungen innerhalb der Familie.

Das Buch präsentiert sich in beeindruckender Größe, und die Seiten nach den Erzählungen der Kinder sind wie lebendige Wimmelbilder gestaltet, die zahlreiche Details bieten. Ein sachlicher Text zur jeweiligen Zeit wird begleitet von einem Sammelsurium an Bildern, Illustrationen und Aussagen von Menschen, die den Zeitgeist dieser Ära einfangen. Die Fülle an Informationen kann dabei überwältigend wirken, daher würde ich ein epochenweises Lesen empfehlen. Ein schnelles Durchblättern würde auch gar nicht den schönen Illustrationen gerecht werden, da findet man nämlich immer wieder etwas Neues.
Wer schnell viel Geschichte aufsaugen will, ist mit dem Buch nicht unbedingt bedient. Durch die Mischung von Sachbuch, Illustrationen und perspektivischem Erzählen bekommt man zwar viel Abwechslung, allerdings kann das meiner Meinung nach auch zu einer Reizüberflutung führen.
Schön fand ich auch, die Geschichte anhand eines Hauses zu zeigen, da sieht man doch, wie viel sich in kurzer Zeit ändern kann. Im Buch wird auch erzählt, was inzwischen mit dem Haus geschehen ist, die Entwicklung fand ich sehr spannend.
Besonders wissbegierige Leser*innen werden zudem das Glossar am Ende des Buches schätzen, das die wichtigsten Begriffe übersichtlich auflistet.

Bewertung vom 01.01.2024
Die Farbe von Schneeflocken
Schira, Larissa

Die Farbe von Schneeflocken


ausgezeichnet

Die 16-Jährige Letti und der 17-Jährige Matteo sind weihnachtliche Gegensätze. Letti ist nicht wirklich ein Fan des Festes, während Matteo sich als richtiger Weihnachtsenthusiast bezeichnet. Doch trotz ihrer gegensätzlichen Meinungen arbeiten sie gemeinsam an einem besonderen Projekt in der Kinderklinik – dem Wunschbaum, um den kranken Kindern dort ein zauberhaftes Weihnachten zu bereiten. Letti kommt die Zusammenarbeit gerade recht, da sie so nicht alleine mit Weihnachten konfrontiert wird. Matteo ist trotz Lettis Abneigung gegen Weihnachten auch begeistert, denn Letti gefällt ihm. Während Letti allerdings ehrenamtlich in der Klinik arbeitet, hat Matteo andere Beweggründe…
Die Abneigung von Letti gegenüber Weihnachten mag zunächst übertrieben wirken, aber es ist erfrischend, dass der Weihnachtsroman die Vielfalt von Weihnachtserfahrungen berücksichtigt, denn die Festtage sind nicht für jeden eine fröhliche Zeit. Das Kinderklinik-Setting ermöglicht zudem Einblicke in die Arbeit vor Ort.
Die Magie von Weihnachten findet dennoch ihren Platz, vor allem dank Matteos engagierten Bemühungen, ohne Letti etwas aufzudrängen. Trotz ihrer Fehler erscheinen sie reflektiert im Umgang miteinander – für mich immer ein Zeichen tatsächlicher Zuneigung.
Obwohl Letti mit dem Leistungsdruck ihrer Eltern in Sachen Eislaufen zurecht überfordert ist, sind Matteos Probleme nochmal eine ganz andere Hausnummer und recht ernst. Diese werden meiner Meinung nach aber gut aufgearbeitet und nicht einfach links liegen gelassen. Letti und Matteo erzählen abwechselnd aus der Ich-Perspektive und ich kann beide an vielen Stellen in ihrem Handeln verstehen, bin aber umso beeindruckter von Lettis Entwicklung gegen Ende.
Dabei bleibt es nicht nur ernst, die Schlagabtäusche der beiden zum Thema Weihnachten sind ziemlich witzig, außerdem gibt es natürlich auch ein paar romantische Momente, die wirklich herzerwärmend und niedlich sind. Meine Lieblingsstelle ist die, an der der Titel des Romans “erklärt” wird, da wird die Geschichte schön abgerundet und irgendwie passt auch da alles zusammen.
Wirklich eine süße Geschichte, die man mit oder ohne Weihnachtsstimmung lesen kann, denn es ist für jeden was dabei.

Bewertung vom 30.12.2023
Nenn keine Namen
Sy, Astrid

Nenn keine Namen


ausgezeichnet

„Ab jetzt nicht mehr deinen Namen sagen. Oder den deiner Eltern. Nenn keinen Namen. Vergiss, wer du bist.”

Kaat wird auf der Straße Amsterdams zum ersten Mal mit der Verzweiflung von Eltern, die deportiert werden sollen, konfrontiert, denn eine Frau will ihr ohne weiteres ihren Säugling in die Arme geben und fleht sie an, sich um diesen zu kümmern. Kaat, die eigentlich nur ihr unbeschwertes Studentenleben führen wollte, wird jäh aus ihrer naiven Hoffnung gerissen, dass der Krieg schnell vorübergehen würde. Ihr guter Freund Pim öffnet ihr die Augen und zeigt ihr, wie sie Kinder tatsächlich retten kann.
Währenddessen weigert sich Rosie beharrlich, die Augen vor der düsteren Realität zu verschließen. Entschlossen weigert sie sich, den Judenstern zu tragen, und drängt darauf, dass ihre Familie sofort untertaucht. Rosie, die in einer Kinderkrippe im Zentrum Amsterdams arbeitet, wird unmittelbar mit den Auswirkungen der Deportation konfrontiert. Hier verschmelzen ihre Lebensgeschichten, denn es sind genau diese Kinder in der Krippe, die durch den mutigen Widerstand gerettet werden.
Sowohl Kaat als auch Rosie und ihre Mitstreiter riskieren ihr eigenes Leben, um Kinder vor dem sicheren Tod zu bewahren.
Ein starker historischer Roman, der seine Wurzeln in zahlreichen wahren Geschichten findet. Die Figuren des Romans sind authentischen Vorbildern nachempfunden, und so liegt der Roman mit seiner ungeschönten Darstellung eng an der Realität vergangener Zeiten. Durch diese Darstellung wird der Schrecken des Krieges ebenso eindrücklich vermittelt wie die Heldentaten des Widerstands. Die Erzählstränge reichen über das Kriegsende hinaus, denn das Leben der Menschen setzt sich fort, ohne dass ein einfaches Happy End möglich wäre. Der Roman ehrt auf wunderbare Weise die realen Held*innen des Widerstands, die trotz ihres beispiellosen Einsatzes zur Rettung vieler Kinder stets das Gefühl hatten, nicht genug getan zu haben.
Besonders schön ist, dass sowohl Rosie als auch Kaat nicht nur als repräsentativ für alle Helfer*innen stehen, sondern gerade in ihrer Unterschiedlichkeit den Seiten Leben geben. Dadurch treffen manche Ereignisse die Lesenden noch tiefer als ohnehin.
Die Auseinandersetzung mit dem historischen und sensiblen Material erfolgt äußerst transparent. Begriffe, die einer Erklärung bedürfen, sind mit einem Asterisk gekennzeichnet und finden sich im Glossar am Ende des Buches wieder. Die Lesenden haben somit die Möglichkeit, sich bei Bedarf näher mit spezifischen Begriffen vertraut zu machen. Zusätzlich ist die umfassende Recherchearbeit der Autorin dokumentiert und kann nachgelesen werden.