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Top-Rezensenten Übersicht

Benutzername: 
Pitty318
Wohnort: 
Lahn-Dill

Bewertungen

Insgesamt 55 Bewertungen
Bewertung vom 27.02.2022
Der Erinnerungsfälscher
Khider, Abbas

Der Erinnerungsfälscher


ausgezeichnet

Eine sanfte Geschichte bei der die Folgen von Krieg und Diktatur am Beispiel des jungen Irakers Said deutlich werden
Ein wunderbar poetisches, sensibles und tiefgehendes Buch. Als ob der Autor versucht hat, Trauer und Schmerz mit einem Flügelschlag an Worten wegzuwischen.
Said Al-Wahid, ein junger Iraker, ist nach einer Odyssee durch mehrere Länder in Deutschland gestrandet, lernt die Sprache, arbeitet und möchte gern bleiben. Aber er hat immer noch einen Asylbewerberstatus, den er regelmäßig verlängern lassen muss. Said möchte sehr gern seine kranke Mutter im Irak noch einmal sehen, bevor sie stirbt. Wird er rechtzeitig im Land, das seit vielen Jahren nicht mehr sein zu Hause ist, ankommen? Auf der Fahrt in sein Herkunftsland erzählt er von vergangenen und aktuellen Begebenheiten, die Einblicke in das Leben im Irak in den letzten 30-40 Jahren geben und sein Sesshaftwerden in der neuen Heimat Deutschland thematisieren.

Das Buch hat mir sehr gut gefallen. Die Sprache ist flüssig und nicht kompliziert, aber sehr poetisch. Die Vergangenheit wird von Said beobachtend erzählt. Manchmal mit etwas Humor, aber nicht zu viel. Gerade so viel, dass es nicht als Ironie bezeichnet werden kann. Er macht sich auch nicht lustig über Menschen, Situationen, Länder, sondern erzählt kurz, knapp, bündig und sehr treffsicher. Ein außergewöhnliches Buch, das mit weichen Worten die harte Wirklichkeit erfasst und mich sehr berührt und nachdenklich gemacht hat.

Ich kann das Buch sehr empfehlen für diejenigen, die ein besonderes Buch zu schätzen wissen und leise, bedeutungsvolle Geschichten mit viel Power mögen.

Bewertung vom 05.02.2022
Mrs Potts' Mordclub und der tote Nachbar / Mord ist Potts' Hobby Bd.1
Thorogood, Robert

Mrs Potts' Mordclub und der tote Nachbar / Mord ist Potts' Hobby Bd.1


ausgezeichnet

Eine Nachfolgerin für Miss Marpel ist gefunden. Welch ein Vergnügen !!!

Auf dem Nachbargrundstück hört Mrs. Potts spät abends beim Schwimmen Geräusche und Stimmen, die nichts Gutes verheißen. Nachdem sie die Polizei verständigt hat, die erst einmal abwartet, forscht sie auf eigene Faust und findet am nächsten Tag die Leiche ihres Nachbarn. Dieser Fall beschäftigt sie sehr und da die Polizei nicht weiterkommt, beginnt sie mutig eigene Recherchen. Plötzlich steckt sie unversehens mitten in einer peinlichen Situation mit „ihrem“ Mordverdächtigen. Und so geht es weiter. Sie fragt ganz unverblümt und genau die Punkte ab, die heikel und offen sind. Dabei hat sie im weiteren Verlauf Hilfestellung von zwei Frauen aus der Gemeinde. Die Geschichte spitzt sich weiter zu, nachdem alle drei immer mehr über mordverdächtige Personen zusammentragen.

Das Buch zu lesen war das reinste Vergnügen. Ich musste es immer mal wieder aus der Hand legen, um meine eigenen Überlegungen anzustellen, wer als Mörder in Frage kommt. Es ist ein richtiges Puzzlespiel mit vielen unerwarteten Wendungen, für die dann auch zusätzlich Detective Sergeant Malik sorgt. Alle vier an der Mordauflösung beteiligten Personen waren mir sehr sympathisch. Mit viel Liebe zum Detail wurden die Charaktere und ihr Privatleben ausgestaltet. Jede der vier Frauen ist für sich eine Persönlichkeit. Der nächste Band mit Mrs. Potts und Co. und ich bin wieder dabei.

Ich kann für alle Fans von Miss Marple eine uneingeschränkte Leseempfehlung für diesen tollen Krimi mit Mrs. Potts geben. Sie ist eine würdige Nachfolgerin.

Bewertung vom 30.01.2022
Diana / Ikonen ihrer Zeit Bd.5
Heiland, Julie

Diana / Ikonen ihrer Zeit Bd.5


ausgezeichnet

Lebendig, glaubhaft und kenntnisreich erzählt
Der Roman handelt von dem Leben von Diana Spencer, der späteren Prinzessin von Wales, und beginnt mit den Jugendjahren und der ersten zufälligen Begegnung mit Charles, dem britischen Thronfolger. Erzählt wird der Roman in meist kürzeren Kapiteln mit Rückblicken bis zu dem Zeitpunkt der Scheidung nach der sie nicht mehr die Prinzessin von Wales ist.

Das Buch hat mich sehr überrascht. Obwohl die meisten Informationen aus der Regenbogenpresse über die Prinzessin bekannt waren, hat mir das Buch über das Leben von Diana außerordentlich gut gefallen. Julie Heiland hat ihr Leben so hautnah und lebendig verpackt, dass das Buch mich sehr gefesselt hat. Sie hat einfühlsam und mit viel Kenntnis das Leben im Palast und die Schwierigkeiten von Diana erzählt. Das, was ich mir nie so richtig vorstellen konnte, z. B. wie die Tonbandaufzeichnungen entstanden sind, hat das Buch jetzt beantwortet. Besonders gut hat mir auch gefallen, wie die Veränderung von Diana von einer Jugendlichen zu einer jungen Frau und weiter bis zur selbstbewussten Frau und bis zur schwierigen Trennung von ihrem Ehemann mit Worten vermittelt wurde.

Mit sehr viel psychologischem Sachverstand wird die Situation Dianas beschrieben. Ich habe durch den Roman unzählige Details, die mir nicht bekannt waren, erhalten und nun ein abgerundetes Bild vom Leben der Prinzessin von Wales im Palast. Auch wenn die Dialoge zwischen den Personen nicht so abgelaufen sind, sind sie doch sehr glaubwürdig. Für mich war das Buch ein richtiger Wohlfühlroman, wenn auch immer ein bisschen das tragische und traurige Ende der Königin der Herzen im Hinterkopf war.

Eine Kaufempfehlung für alle, die eintauchen wollen in die Struktur der britischen Monarchie und gleichzeitig Diana noch einmal lebendig werden lassen möchten.

Bewertung vom 06.12.2021
Von ganzem Herzen ...
Austen, Jane

Von ganzem Herzen ...


sehr gut

Persönliche Einblicke in das Leben von Jane Austen
Die Ausgabe der Briefe von Jane Austen in den Buch „Von ganzem Herzen…“ ist sehr hochwertig. Der Einband ist liebevoll verspielt gestaltet, das Buch ein richtiges Schmuckstuck. Das Leben von Jane Austen ist in verschiedene Kapitel eingeteilt, die überwiegend mit den unterschiedlichen Wohnorten verbunden sind. Die abgedruckten Briefe wurden von Jane Austen an Personen aus ihrem engeren Familienkreis geschrieben. Die innigste Korrespondenz hatte sie mit ihrer Schwester Cassandra. Deren Briefe an Jane sind leider von der Familie nicht aufbewahrt worden, so dass die Gegenseite zu Janes Briefen fehlt. Zusätzlich zu den Briefen wurden auf jeder Seite mehrere Zeichnungen und/oder Fotografien abgebildet, die aus der Zeit stammen. Dadurch konnte ich mich sehr gut in die Lebens- und Zeitumstände der Austens hineinversetzen.
P. Hughes-Hallett hat jedem Kapitel eine kleine Zusammenfassung vorangestellt und zusätzlich kurze Hinweise einzelnen Briefen nachgestellt.
Trotz dieser Erläuterungen konnte ich zahlreiche Personen und Initialen nicht zuordnen. Ein Verzeichnis mit Erklärung der erwähnten Personen hätte mir das Verständnis sehr erleichtert. Manche Personen im Register am Ende des Buches zu finden war mühsam. Ein kleiner Familienstammbaum der Familie Austen zur Einordnung wäre auch sehr angenehm gewesen. Zudem erforderte die Schrift, da sie eine Schmuckschrift ist, meine ganze Aufmerksamkeit und war abends schwierig zu lesen.
Trotz der Stolpersteine kann ich das Buch jedem Jane Austen Fan sehr nahe ans Herz legen. Man erfährt, womit die Schwestern sich beschäftigt haben und welchen Vergnügungen sie nachgegangen sind. Insgesamt ist die Ausgabe ein wunderbares Geschenk für Menschen, denen auch die Atmosphäre in den Bücher von Jane Austen gefällt.

Bewertung vom 29.11.2021
Sternflüstern
Carlin, Paula

Sternflüstern


gut

Verwunschen
Das Buch hat ein wunderschönes Cover und mich damit eingeladen, es zu lesen.
Die Sprache ist angenehm, etwas poetisch und mit vielen Metaphern, auch etwas mystisch und verwunschen. Es ist dIe Geschichte von Irith, die um einen Menschen trauert, der für sie sehr inspirierend für das eigene Leben war. Sie schätzt außerdem den Wert alter Gegenstände und durch deren Verwendung in Mosaiken entdeckt sie ihre künstlerische und kreative Seite in sich.
Ich habe mich schwer getan, an einigen Stellen das Buch weiter lesen zu wollen. Der Roman plätscherte so voran und ich folgte einfach den Worten, ohne, dass ich wusste, wohin es führen wird. Das ist mir irgendwie schwer gefallen, da ich nicht wusste, was diese Begegnung mit dem Künstler bedeutete. Aber genau so muss sich auch Irith nach seinem Tod gefühlt haben, sie ist einfach weitergegangen Stück für Stück und hat ihn überall gesucht. So ist sie in den verwunschenen Garten von ihm gerufen worden und entdeckt damit auch ihre intuitive Seite. Zwei weitere Frauen, die in einer besonderen Weise mit ihr verbunden sind, lernt sie im Verlauf der Geschichte kennen
Das Buch zeigt, wie aus einem zerbrochen geglaubten Leben (Seele) nach dem Tod eines wichtigen, geliebten Menschen und der Anwesenheit anderer Menschen das eigene Leben wieder zusammengesetzt werden kann, wenn man sich dem Fluss des Lebens wieder anvertrauen kann.
Der Inhalt des Buches hat mich sehr nachdenklich gestimmt und ruft bei mir immer noch eine Suche nach Worten hervor, wie es mir gefallen hat. Der Schreibstil ist zart und gut lesbar. Manchmal wirkte die Handlung etwas konstruiert, aber dann doch auch sehr gut vorstellbar oder das Ende sogar wünschenswert.
Ich glaube, dass es ein sehr schönes Geschenk für Menschen ist, die trauern und in der Trauer keinen Weg finden, dem eigenen Leben wieder Bedeutung zu geben.

Bewertung vom 20.11.2021
Eine Bibliothek in Paris
Charles, Janet Skeslien

Eine Bibliothek in Paris


sehr gut

Mutige Frauen in einer bedrohlichen Zeit
„Eine Bibliothek in Paris“ ist ein Roman zu wahren Begebenheiten in Paris zwischen 1939 und 1945. In der Geschichte wechselt der Erzählstrang der Vergangenheit mit Odile (1939) mit dem der neueren Zeit mit Odile und Lilly (1983) ab. Zum einen Teil sind die Handelnden fiktive Charaktere, zum anderen aber real in der Zeit lebende Personen.
Die Autorin hat sehr gut nachvollziehbar die stetige Verschlechterung der Atmosphäre nach der deutschen Besatzung Frankreichs beschrieben. Das Bedrückende, Gefährliche und Lebensbedrohliche der Naziherrschaft hat sie sehr realistisch in Worte gefasst. Die Protagonistin der 1983er Jahre ist Lilly, die mit ihrer Familie in Amerika lebt und Odile im höheren Alter als Nachbarin kennenlernt und an deren Entwicklung der Leser/die Leserin teilnimmt.

Der Roman hat mich bis auf einige Passagen sehr gefesselt, so dass immer Spannung vorhanden war und ich von Odiles Geheimnis durch die Geschichte gezogen wurde. Die Familiensituation von Odile ist authentisch beschrieben worden und ich mochte Odile sehr gern. Mit Lilly hatte ich meine Probleme, sie wirkte auf mich etwas gebrochen, das ist nach ihren Erfahrungen aber auch nicht verwunderlich. Insgesamt ist es ein kurzweiliger Roman mit ernstem Hintergrund und gutem Schreibstil, der die verborgene Arbeit der Bibliotheksbeschäftigten in der schwierigen Zeit des 2. Weltkrieges in Frankreich nicht in Vergessenheit geraten lassen möchte.
Die Erwähnung des Dewey-System fand ich etwas nervig, da es an keiner Stelle näher erläutert wurde. Die Einbindung hätte meiner Ansicht nach geschickter gestaltet werden können.
Sehr gefallen hat mir, dass ich mit Hilfe des Buches sowohl über die Bibliothek als auch über damals lebende, sehr interessante Personen erfahren habe. Von mir gibt es daher eine uneingeschränkte Leseempfehlung, wenn man gern historische Romane liest.

Bewertung vom 30.10.2021
Die Ullsteinfrauen und das Haus der Bücher
Rygiert, Beate

Die Ullsteinfrauen und das Haus der Bücher


sehr gut

Leben am Wendepunkt

Der Roman erzählt die Geschichte von drei Frauen, die Ende der 20er Jahre alle beim Ullstein-Verlag beschäftigt sind. Jede hat ihre eigenen Vorstellungen und Ideen für ihr Leben. Die Charaktere von Vicki Baum und Rosalie Gräfenberg sind von Beate Rygiers sehr liebenswert und entsprechend der Zeit sehr selbstbewusst gezeichnet. Die etwas schüchterne Lilli und ihre Familie hatte ich ebenfalls sofort ins Herz geschlossen.
Im Verlauf der Geschichte wird gerade Rosalie, in die sich Dr. Franz Ullstein verliebt, sehr übel mitgespielt und alle versuchen, sie in ihrer Misere zu unterstützen.
Beate Rygiert hat die teilweise mondäne Lebenswelt der höheren gesellschaftlichen Schicht der damaligen Zeit sehr gut eingefangen. Die gesamte Familie Ullstein wird sehr lebensnah eingeführt und man kann sich gut vorstellen, welche Befürchtungen die Familie durch die neue Liebe von Dr. Franz Ullstein hatte. Das letzte Drittel des Buches liest sich dann wie ein spannender Krimi.
Ein kleiner Stammbaum der Familie Ullstein hätte mir den Einstieg am Anfang in die Geschichte der großen Familie sicher erleichtert. Das habe ich vermisst.
Leider hatte ich daher während des Lesens die Ullstein Familie im Internet nachgeschlagen. Das hat mir sehr viel von der Spannung der schönen Geschichte genommen.
Zusammengefasst ist es ein sehr empfehlenswerter Roman, der den Zeitgeist Ende der 20er/ Anfang der 30er Jahre aufleben, aber auch den politischen Umbruch bereits deutlich werden lässt. Eine Leseempfehlung für alle, die Zeitgeschichte mit biografischen Zügen mögen.

Bewertung vom 30.10.2021
Auf Basidis Dach
Ameziane, Mona

Auf Basidis Dach


ausgezeichnet

Wunderbar frisch, mutig und nachdenklich stimmend
Mona Ameziane hat zwei Herkunftsländer, mütterlicherseits ist sie Deutsche und väterlicherseits Marokkanerin. Da sie in Deutschland aufgewachsen ist, war bei Ihr immer eine Sehnsucht danach auch das Herkunftsland ihres Vaters kennenzulernen und besser zu verstehen. In diesem Buch nimmt sie uns mit auf eine Reise nach Marokko. Sie erzählt aber auch von ihren Erfahrungen und Gefühlen in Deutschland als junge Frau mit binationaler Identität.
Sie berichtet von Ihrer marokkanischen Familie, ihren Erlebnissen auf Reisen in Marokko und Begebenheiten von ihrem einjährigen Schüleraufenthalt in Marokko. Ein wesentlicher Punkt ist die Identitätssuche oder -findung. Wer bin ich, wohin gehöre ich und wie sind die beiden Kulturen und die zwei verschiedenen Religionen in einer Familie miteinander vereinbar. Aber auch der Frage wird nachgegangen, wie ist das Fremdbild von Menschen mit „sichtbarem“ oder nicht „sichtbarem“ Migrationshintergrund in Deutschland? Was bedeutet es für das eigene Leben in Deutschland, nach Terrorereignissen gerade die Wurzeln in dem Herkunftsland der Täter zu haben?
Das Buch hat mich interessiert, weil ich gern mehr über Marokko gelernt hätte und auch erfahren wollte, was es bedeutet, einen Teil der Familie in einem weit entfernen, nicht europäischen Land zu haben. Meine Erwartungen sind nicht enttäuscht worden. Mona Ameziane erzählt humorvoll, kurzweilig und sehr persönlich von ihren Erfahrungen und Gedanken zu den angesprochenen Themen. Der Text ist sehr angenehm zu lesen, da die Worte gut gewählt sind und der Schreibstil sehr gut ist. Es ist nie langweilig geworden, obwohl es kein Roman ist. Mit viel Selbstironie und einem hohen Reflexionsvermögen hat sie mich mitgenommen in ihre Lebenswelt.
Was das Buch für mich zu einem besonderen Leseerlebnis gemacht hat, sind Mona Amezianes präzise Gefühlsbeschreibungen. Sie hat eine sehr bildhafte Sprache und trifft genau die richtigen Worte. Das Buch hat mich sehr bewegt und meine eigene Sichtweise überdenken lassen. Es hat mir aber auch Argumente gegeben mit denen ich mich besser blinden Anfeindungen und Fremdenhass gegenüber gewappnet fühle. Auf der anderen Seite hätte ich sehr gern noch mehr über Marokko und die Menschen dort erfahren und war etwas traurig als das Buch zu Ende war.

Bewertung vom 04.10.2021
Wenn die Faust des Universums zuschlägt
Wimmer, Johannes

Wenn die Faust des Universums zuschlägt


ausgezeichnet

.... mit viel Liebe geschrieben

Ein zartes, leises und ganz persönliches Buch, das Johannes Wimmer über den Verlust seiner kleinen Tochter, die kein Jahr alt geworden ist, geschrieben hat. Das Buch ist in einzelne kurze Abschnitte gegliedert, die von den Tagen der ersten Diagnose bis zum Abschied reichen. Dazwischen sind einzelne Rückblenden aus seinem vergangenen Leben eingestreut, die sehr nachdenklich machen. Der Hauptteil erzählt von den Sorgen, der Ungewissheit und den Fragen, die beide Elternteile hatten, nachdem bei ihrer wenige Monate alten Tochter Maxi eine schwere Tumor-Erkrankung diagnostiziert wurde. Der Autor nimmt die Leserinnen und Leser hautnah bei seinen Klinik-Erfahrungen, auf die Intensivstation, zu seiner Hochzeit und den Abschiedsvorbereitungen mit. Er ist ein guter Beobachter und kann sehr treffsicher und einfühlsam Situationen erfassen und beschreiben. Bei allem Schweren und der tiefen Trauer der Eltern geht es den Eltern darum, ihre Tochter Maxi bei ihrem Übergang mit allen Kräften zu unterstützen. Johannes und seine Frau Clara haben jedoch gewusst oder geahnt, dass sie nur die Balance in dieser schwierigen Zeit halten können, wenn sie sich und ihre Liebe nicht aus den Augen verlieren. Man spürt als Leser:in zwischen allen Zeilen die Liebe zu ihren Kind und die Liebe füreinander. Das ist das Hoffnungsvolle, das weiter über den traurigen Tod der kleinen Maxi hinaus wirkt.

Sehr erstaunt hat mich die Odyssee der Arztbesuche und haben mich die Kommentare von Ärzten und Pflegepersonal bevor die Diagnose gestellt wurde. Mit mehr Einfühlsamkeit und mehr Vertrauen in die Eltern, dass sie sehr wohl in der Lage sind, eine Verhaltensänderung an ihrem Kind frühzeitiger als Ärzte erkennen zu können, wäre man wahrscheinlich auch früher zu der Diagnose gekommen.
Ich vermute, dies ist ein Buch, das Eltern mit schwer erkrankten Kindern eine gute Hilfestellung geben kann. Viele Entscheidungen, die angefallen sind, wurden mit Bedacht getroffen. Und sei es auch nur die Einrichtung einer WhatsApp-Gruppe, die nur zur Information von Familienmitgliedern und Freunden diente. Der persönliche Kontakt aber ansonsten sehr erwünscht war.
Ein Buch für alle, die den Arzt Dr. Johannes Wimmer ganz nah kennenlernen möchten.

Bewertung vom 02.10.2021
Die Hebamme
Hoem, Edvard

Die Hebamme


ausgezeichnet

Geboren 1793 - Beginn eines langen Lebens einer modernen Frau

Edvard Hoem hat aus Kirchen- und Gerichtsunterlagen Daten von Personen zusammengetragen, die zu der Zeit, in der der Roman spielt, real gelebt haben. Daraus ist diese wunderbar ausgeschmückte Erzählung über die Hebamme Stine entstanden. Die Geschichte spielt zwischen 1800 bis 1877 in der Nähe des norwegischen Lang-Fjords und erzählt den Lebensweg von Marta Kristine und ihrer Familie. Marta Kristine ist die älteste Tochter des Schuhmachers und Schlachters Anders und seiner Frau Karen. Auf der Fahrt zu ihrem neuen Heimatort 1800 nach Nessert hat sie als Siebenjährige ein traumatisches Erlebnis, welches sie für ihr Leben prägt. Im weiteren Verlauf bekommt sie insgesamt elf Kinder.

Marta Kristine ist ein eigenwilliges und sympathisches Kind, das ich sofort ins Herz geschlossen hatte. Auch wenn ich ihr Verhalten nicht immer verstanden habe, so hat es mir sehr viel Freude bereitet, sie auf ihrem Lebensweg zu begleiten. Viele Schicksalsschläge nimmt sie hin und geht mit Zähigkeit und Ausdauer ihren Weg in diesem harten Land und zu dieser teilweise sehr harten Zeit. Der Autor versucht besonders auch die Zeit und die Umstände in seiner Erzählung einzufangen und die Lebensbedingungen und Traditionen für die Familien im 19. Jahrhundert in Norwegen zu beschreiben. Das habe ich besonders geschätzt an diesem Roman. Es passiert viel in dem Roman, auch zahlreiche dramatische Ereignisse. Der Erzählstil des Autors ist allerdings weniger emotional, sondern eher beschreibend und ruhig. Das muss man mögen.

Ich hatte mir zuerst unter dem Roman - trotz gelesener Leseprobe - etwas anderes vorgestellt. Ich dachte, dass es ein Meilenstein für die Frauen im Norden sei, eine professionelle Begleitung bei der Geburt zu haben. Aber die Geschichte hat es mich anders gelehrt. Wie immer sind Neuerungen gesellschaftlich mit viel Widerstand verbunden und nicht von heute auf morgen umsetzbar.
Mir hat der Roman sehr gut gefallen, weil er mir eine ganz andere Lebenswelt sehr plastisch vor Augen geführt hat. Welche Sachen für uns heute selbstverständlich sind und wie sehr Menschen vor 200 Jahren darum gerungen haben. Außerdem hat mir gut gefallen, dass ich nebenbei Bruchstücke aus der Geschichte Norwegens erfahren habe. Ein lesenswerter Roman, wenn man gern in eine alte Zeit abtauchen möchte.