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LaberLili

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Insgesamt 162 Bewertungen
Bewertung vom 18.04.2023
Skaterherz
Heijnis, Brenda

Skaterherz


ausgezeichnet

Das Herz, das in mir schlägt, ist das, mit dem ich geboren wurde; das Herz, so wie es heute in mir schlägt, ist so nicht das, mit dem ich geboren wurde; es ist geflickt, musste bereits mehrmals neu zu schlagen beginnen…; und von all der von allerlei Komplikationen geprägten Zeit, die ich auf der Herz- und Gefäßchirurgie verbrachte, ist mir der Abend am Meisten in Erinnerung geblieben, der so unfassbar leise geworden war, als man die Bettnachbarin abholte. So leise. Bis der Rettungshubschrauber kam. Der Helikopter, über den man zuvor mitgeteilt hatte, er würde ihr Spenderherz bringen.

„Skaterherz“ ist ein Jugendbuch, das ich als Erwachsene vor meiner (geplanten) Herz-OP nicht hätte lesen sollen und das ich direkt danach nicht ertragen hätte können. Tatsächlich habe ich es bereits Mitte Dezember 2022 als Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt bekommen und so neugierig ich auch auf den Inhalt war: ich habe mich nicht dazu überwinden können, es vor den danach erneut anstehenden postoperativen Routinechecks zu lesen; ich habe erst hören müssen, dass mein Herz „gut“ ist.

Die Geschichte beginnt mit dem Unfalltod Boyds, und der damit einhergehenden Transplantation Elias‘. Abwechselnd erzählen nun beide, wie es ihnen geht: Boyd, dem es erst nun dämmert, was es bedeutet, tot zu sein, und den es anfuchst, wie wenig Elias die ihm neu gegebenen Möglichkeiten nutzt, und Elias, der völlig davon überfordert ist, dass etwas körperliche Anstrengung nicht länger gleich seinen Tod bedeuten könnte, und mit Ängsten hadert, die ihn vorher geschützt haben und nun unnötig werden – was absolut authentisch dargestellt ist, ebenso wie die „Freundschaft“ zwischen Elias und Boyd, bei der zwischen den Zeilen, Elias‘ Gewissenskonflikt, das fremde Herz, im Wissen, dass jemand sterben musste, nun als seines anzunehmen, klar erkennbar ist. Dass ihm Boyd nun so klar erscheint, gibt dem Ganzen zwar etwas leicht Mystisches, was aber von Anfang an dadurch gedämpft wird, dass Elias selbst in Betracht zieht, so kurz nach der Transplantation zu halluzinieren, auch wenn er dabei letztlich nachprüfbare Fakten seines Spenders erfährt.

Das Buch, in dem die Konflikte eigentlich nur innerlich stattfanden und das generell eher eben diesen Seelenstress thematisierte; das Spitalgeschehen wirkte da eher wie ein Bilderrahmen; endet versöhnlich und ist von Akzeptanz geprägt.

Mir hat dieser kurze Roman nun sehr gut gefallen, weil er einfach so „echt“ und unaufgebauscht wirkte; ich würde ihm insbesondere auch „beteiligten Dritten“ empfehlen, die sich etwas mehr die Gefühlsachterbahn von ihnen vertrauten Patient*innen hineinversetzen können möchten, deren Umstände sich plötzlich um bis zu 180° gedreht haben und dass bzw. warum es ggf. eben auch anstrengend ist, sich mit dieser objektiv viel besseren Situation (neu) arrangieren zu müssen, wenn das strenge Diktat der Krankheit, das längst zu einem Automatismus geworden ist, mit einem Mal wegfällt und man sich deutlich freier und gedankenloser bewegen kann.

Bewertung vom 13.04.2023
Lass das mal den Opa machen! / Offline-Opa Bd.2
Habicht, Günter

Lass das mal den Opa machen! / Offline-Opa Bd.2


gut

Dem ersten Habicht-Band war ich letztlich eher mittelprächtig zugetan, da „Günter Habicht“ mir zu wenig originell und im Verlauf auch zu sehr gen Online-Omi Renate Bergmann konzentriert war, aber hatte damals schon entschieden, einem zweiten Buch Günter Habichts doch auch noch eine Chance geben zu wollen, vornehmlich um herauszufinden, ob er sich doch selbst noch mehr als starke Hauptfigur etablieren würde können.
Nein, in meinen Augen hat er das absolut nicht geschafft; tatsächlich fand ich „Lass das mal den Opa machen“ nun noch etwas schwächer als „Wo kommen wir denn da hin“ und stufe diesen Band insgesamt aber als ungefähr gleichwertige Kann-man-muss-man-nicht-Drei-Sterne-Lektüre ein: Vor Allem zum Ende hin verfiel man wieder in die Unart, ständig auf Renate Bergmann zu verweisen, aber hatte man da im ersten Teil noch einige Anekdötchen beizutragen, die vor Allem dazu beitrugen, mal zu zeigen, wie die Online-Omi von ihrem Umfeld wahrgenommen wird, wurde hier eigentlich wieder und wieder zitiert, was die Online-Omi irgendwann mal in Bezug auf Kindererziehung (heute und früher) gesagt hatte, und kurioserweise war Renate Bergmann somit die Figur, die in diesem Buch am Meisten zu sagen schien, denn Günter Habicht ist absolut kein kommunikativer Mensch und selbst wenn er sich mit seiner Frau unterhielt, hatte das was häufig eher etwas von Wohngemeinschaft als von Familie. Und vor Allem in diesem Buch, in dem es doch um das Großvaterwerden geht, hat es mir echt an Herzlichkeit gefehlt (auch wenn Günter hier nun auffällig oft beiläufig betont hat, wie toll er seine Frau -noch immer- findet, aber auch diese kleinen Liebesbekundungen wirkten so konstruiert und übertrieben; wie jemand, der im Gespräch mit Dritten extralaut ist, damit es Erwähnte bloß auch mitbekommen, was er über sie zu sagen hat, denn Brigitte direkt gegenüber kam auch dem Günter eher keines dieser Komplimente über die Lippen); es geht im Übrigen tatsächlich fast ausschließlich darum, Großvater zu werden und nur wenig darum, Großvater zu sein: Da ist auch das Covermotiv missverständlich und es gibt auch nicht eine Szene, in der Günter Habicht tatsächlich selbst die Windeln des Enkels wechselt; allerdings endet das Buch auch bereits kurz nach der Geburt des Enkels. Beginnt das Buch mit dem zum ersten Mal auf den Enkel aufpassenden Günter, ist dies zugleich auch die Schlussszene: Hier erzählt Günter Habicht eigentlich nur, wie er die Schwangerschaft seiner Tochter erlebt hat und was er sich überlegt hat, wie das früher so alles war und was für ein Opa er nun gerne sein möchte.
Das „einzige Abenteuer mit Kinderwagen“, das Günter somit bisher erlebt, ist sein Gang ins Fachgeschäft, um einen Kinderwagen zu kaufen und mir war das Großvatersein letztlich hier viel zu theoretisch; vornehmen kann man sich da ja viel, und okay, eigentlich hat Günter Habicht auch nur wenig anderes getan als sich vorzunehmen, was er als Opa tun wollte, wenn das Kind überhaupt erst da wäre.

Ich habe die Lektüre zwar sehr schnell beenden können; der Schreibstil war wieder eher locker, aber was den Humor angeht, hat mir das Buch eher nur einige eher müde Lacher entlocken können; tatsächlich würde ich das Buch auch eher der leichten Unterhaltung zuordnen, aber definitiv nicht unter „Humor“ kategorisieren. Ich bin mir übrigens noch unsicher, ob ich dem echten Autor hinter Bergmann/Habicht dafür Respekt zolle, so krass unterschiedliche Hauptfiguren entworfen zu haben, oder doch Zweifel daran habe, dass derselbe Autor Bücher für beide Charaktere schreibt, weil sie eben auch in der Darstellung (Bergmann eher aktiv als vorpreschende Erzählerin, Habicht eher passiv der gedankenvolle Beobachter schreibend) so völlig anders sind.
Auf ein weiteres Habicht-Buch bin ich jetzt aber überhaupt nicht mehr neugierig; von mir aus kann dieses Spin-off getrost wieder eingestellt werden.

Bewertung vom 09.04.2023
Cook For My Heart - Das Liebeschaos wird serviert
Susanne, Sievert

Cook For My Heart - Das Liebeschaos wird serviert


ausgezeichnet

Ich mag den Titel dieses Romans nicht und finde diesen "Das Liebeschaos wird serviert"-Untertitel ganz besonders schlimm; noch übler wird der Name für mich dadurch, dass bereits die Kurzbeschreibung keinen Zweifel daran lässt, dass die Protagonistin unter einer eindeutigen Essstörung leidet. Generell finde ich das Cover da zu schmalzig-cosy; es ist meiner Meinung nach viel zu heimelig angesichts der Thematik – die mich übrigens zunächst überlegen lassen hat, ob ich dieses Buch überhaupt lesen sollte. Denn: been there, done that. Wer selbst Erfahrungen mit bzw. eine Vergangenheit in Sachen Anorexia athletica, Sportbulimie etc. hat, läuft hier durchaus Gefahr, getriggert zu werden; mein Wendepunkt war dem von Caroline sehr ähnlich und ich habe an jener Stelle tatsächlich heulend dagesessen, obschon das alles zig Jahre hinter mir liegt. Wer in dieser Hinsicht noch fragil ist: Lest das Buch nicht! Ich denke zwar, es kann hilfreich sein, Angehörigen und Freund*innen die Intensität dieses Verhaltens und die gesamte Problematik ein wenig näherzubringen, aber ich sehe "Cook for my Heart" vor Allem für AKUT Betroffene als völlig ungeeignet ein.

Die Produktbeschreibung des Verlages, in der die drei Hauptfiguren charakterisiert werden, hatte mich zudem mutmaßen lassen, dass der Roman letztlich von allen Dreien erzählt werden würde; tatsächlich erfährt man aber nur die Perspektive Carolines und generell würde ich den Roman auch eher unter "Jugenddrama" als unter "NA Romance" einstufen, denn der Fokus lag doch sehr eindeutig auf Carolines Körper(nicht)bewusstsein und ihrer Selbstwahrnehmung bzw. den Auswirkungen, die ihr Essverhalten auf die mitunter sehr authentisch hilflos wirkende Familie hatte. Dass sie nun zum ersten Mal überhaupt romantische Gefühle entwickelte, war da eher Beiwerk und auch, wenn Simon eindeutig ein gewisses Interesse an Caroline entwickelte, war eigentlich vom ersten Kapitel an klar, dass Caroline sich total in Mitchel verkuckt hatte, dass ich die künstlich aufgebauschte "Für welchen Kerl wird sie sich entscheiden?"-Frage völlig unnütz fand. Ich fand es da die deutlich entscheidendere Frage, ob Caroline das Ende der Geschichte selbst überhaupt noch lebend erleben würde bzw. ob nicht das Interesse beider Jungs an Caroline schlagartig erlöschen würde, wenn sie erstmal das wahre Ausmaß ihres Verhaltens und die damit auch für sie einhergehende Belastung (bitte lasst uns nicht so tun als wäre der Umgang mit einer Essstörung nicht auch für das engste Umfeld des/der direkt Betroffenen eine Herausforderung) erkannten.

Wie gesagt: Es gab zum Schluss hin eine Art Wendepunkt, nach dem aber für mich alles "zu leicht" geschildert wurde, und ganz generell räume ich ein, dass ich diesen Roman; als Drama, nicht als Romanze!; sehr gerne gemocht habe, aber nun wirklich kurz überlegt habe, ihm wegen des ganzen Endes doch einen Stern abzuziehen, da es mir einfach nur zu abrupt kam. Ich habe einfach selten einen eigentlich in sich geschlossenen Roman gelesen, dessen Ende dabei doch so laut nach einer Fortsetzung rief, weil eben doch nicht so einfach so schnell alles so gut sein könne.

Bewertung vom 23.03.2023
Das Sanatorium / Ein Fall für Elin Warner Bd.1 (eBook, ePUB)
Pearse, Sarah

Das Sanatorium / Ein Fall für Elin Warner Bd.1 (eBook, ePUB)


weniger gut

Wie man bei totaler Ahnungslosigkeit ein Cover gestaltet: unbedingt eine aufregende Catch Phrase gut sichtbar platzieren, wie z.B. „Du willst hier gar nicht mehr weg. Bis es zu spät ist.“ Völlig egal, dass die mit ihrem Lebensgefährten anreisende Protagonistin schon während der Anreise die abgelegene Lage des neuen Luxushotels verflucht, und der ganze Aufenthalt davon geprägt ist, dass man hofft, möglichst bald wieder von dort wegzukommen. Ganz zu schweigen von der als total unangenehm empfunden beschriebenen Atmosphäre des Hotels, in dem sich immer mal wieder Memorabilien in Form altertümlicher medizinischer Instrumente finden, die früher im Sanatorium Anwendung fanden und im Hotel nun als sehr eigentümliche Dekoobjekte herhalten – klar wer gibt nicht gerne ein paar Hundert Franken pro Hotelübernachtung aus, um am Frühstücksbüffet dann genau diejenigen Stahlspitzen zu bestaunen, die genau dort, wo jetzt der Brötchenkorb steht, ein paar Jahrzehnte zuvor Leuten zwecks Lobotomie ins Hirn gerammt wurden? Da dürfte Elin Warner, Hauptfigur und derzeit freigestellte britische Kriminalbeamtin, nicht die Einzige sein, die dem gegenüber ein gewisses Unbehagen verspürt.
Generell wird das Gebäude übrigens auch an nicht einer Stelle so beschrieben als dass es Ähnlichkeit mit dem auf dem Cover gezeigten Anwesen haben könnte, sondern merkwürdigerweise wie ein so lieb- und trostloser Kasten, dass ich mich teils schwertat, mir ein umgebautes Sanatorium vorzustellen anstelle eines abgerissenen Sanatoriums, das durch einen hässlichen Betonklotz ersetzt worden war.

Ich liebe Locked-In-Thriller gemeinhin, erst recht wenn sie eine Eingeschneit-Thematik beschreiben; und ich habe Reese Witherspoons Buchclub-Empfehlung tatsächlich im Vorfeld als echte Empfehlung verstanden, aber: „Das Sanatorium“ war für mich ein echter Reinfall.
Gleich am Anfang wird eine Figur verschleppt, was niemand mitbekommt, und zunächst einmal geht es nur darum, dass Elin aufgrund eigener Flashbacks ihren Bruder verdächtigt, in ihrer Kindheit ein als Unfall getarntes Verbrechen begangen zu haben, und dass nun irgendwie geklärt wissen will, aber mit ihrem Bruder reden will sie andererseits auch nicht. Kurz: Es passiert nichts. Schneesturm, Lawine, knapp 40 Leute konnten nicht rechtzeitig evakuiert werden und sitzen da nun gemeinsam fest, aber in „Das Sanatorium“ spielt nur eine Handvoll dieser Menschen eine Rolle. Der Rest tritt überhaupt nicht in Erscheinung, sondern sitzt ganz ruhig im Hintergrund und selbst als dann, nachdem der Roman schon fast halb rum ist, doch zumindest mal ein erstes Mordopfer entdeckt wird, findet nicht einmal ein „Die Anderen werden allmählich unruhig.“ Erwähnung.
Es bleibt nicht bei einem Opfer und ich habe noch nie einen Thriller gelesen, in dem es derart gleichgültig bis völlig abgebrüht aufgenommen wurde, dass da plötzlich mehrere „frische“ Mordopfer umherlagen.

Elin hat als britische Polizistin in der Schweiz natürlich gar keine Befugnis, aber nun ist sie halt als „Profi“ schon vor Ort und sonst kann ja grad keiner mehr dahinkommen. Profi in Anführungszeichen, denn Elins Überlegungen, ob sie überhaupt in den aktiven Dienst zurückkehren soll, sollten rational gesehen einfach nur zu einem „Gott bewahre! Bloß nicht!“ führen: sie ist die mieseste Ermittlerin, die ich je erlebt habe, und ich denke nicht, mich allzu weit aus dem Fenster zu lehnen, wenn ich behaupte jede*r Hobby-Detektiv*in könnte problemlos mit ihr konkurrieren.
Natürlich löst sie den Fall letztlich korrekt auf (allerdings wirklich auch erst als Zweite) – aber erst nachdem sie ihn bereits drei, oder waren es gar vier, Mal falsch gelöst hatte. Jedes noch so kleine Indiz führte sehr schnell zu: „Heureka, ich hab’s: XY war’s!“, ehe unmittelbar darauf deutlich wurde, dass XY es eben keinesfalls gewesen sein konnte.

Nach 60% des Romans, und ich kann mir ehrlich gesagt selbst nicht erklären, dass ich ihn bis dahin nicht längst abgebrochen hatte, nahm die Geschichte Fahrt auf und wurde überhaupt erstmal zum Thriller und Whodunnit; bis dahin war es meiner Meinung nach in erster Linie echt nur ein quälend undurchsichtiges Geschwisterdrama; da war ich tatsächlich gespannt, wie das alles aufgedröselt werden würde und wer der Bösewicht war - der ganz zum Schluss übrigens höchstpersönlich groß und breit ausführen musste, was er warum getan hatte und wie die ganzen Zusammenhänge waren, damit das überhaupt offensichtlich und verständlich wurde. Denn Elin hatte sich auch hier wieder rein auf Indizien verlassen und wusste eigentlich gar nichts außer dass dies nun ganz bestimmt (also vielleicht) der wahre Bösewicht sein müsste.
Kurz: sämtliche Ermittlungsarbeit war im Grunde genommen einfach nur ein Ins Blaue raten.

Der Epilog ließ nun darauf schließen, dass es noch weitere Bände rund um Elin Warner geben soll, aber für mich gilt auch da lediglich: „Gott bewahre! Bloß nicht!“

1 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 05.03.2023
Ohne mich
Schüttpelz, Esther

Ohne mich


sehr gut

In diesem eigentlich zeitgenössischen Roman ist die Protagonistin Mitte 20 und damit generationstechnisch hinter mir angesiedelt, aber ich habe „Ohne mich“ tatsächlich als insofern zeitlos empfunden als dass die Erzählung mich durchaus auch an den Millenniumswechsel zurückzuversetzen vermochte: Da ich bei Münster großgeworden bin und einige Mitschüler*innen doch auch dort studiert haben, ehe es sie mal weniger mal deutlich entfernter weit verstreut hat, hatte ich ohnehin eine breitere Identifikationsbasis und ich bin mir wirklich unsicher, ob diese Novelle für mich ansonsten überhaupt fassbar gewesen wäre, ganz egal, ob ich die Gedankenspiele der Erzählerin habe nachempfinden können.
Prinzipiell ist „Ohne mich“ ein einziges Gedankenspiel: die Erzählerin gibt, ohne auch nur einmal ins Zaudern zu geraten, direkt wieder, was in ihrem Kopf vor sich geht, erzählt dabei von aktuellen Begebenheiten…. es ist als läse man ein schnell heruntergerattertes Tagebuch. Nicht nur dass ihre Kurzzeitehe bereits geendet ist, neigt sich nun auch das Studium der erzählenden Figur dem Ende zu und symptomatisch wird letztlich nur gefragt, was der Eine mit dem abgeschlossenen Philosophiestudium mit diesem denn nun überhaupt anfangen wolle, während sowohl Protagonistin als auch ihre Jura-Kommiliton*innen zuvor diskutieren, welche berufliche Richtungen sie nun eigentlich mit ihren Jura-Abschlüssen einschlagen wollen, ehe der Erzählerin auffällt, wie „unfertig“ die eben zu Ende studiert Habenden wirken, wenn man sie mit denen vergleicht, die nach der Schule im Heimatort ansässig geblieben sind, eine Ausbildung begonnen haben, teils bereits geheiratet und Kinder bekommen, und deren Umfeld immer weitgehend gleich geblieben ist. Partiell wirkte die Erzählerin für mich wie am Rande einer Depression stehend, teilweise befürchtete ich ein Alkoholproblem und war erleichtert, als an einer Stelle bekundet wurde, dass sie nun drei Monate keinen Alkohol getrunken habe (was ihr offensichtlich nicht schwergefallen war), aber im Großen und Ganzen lebte man hier ein Jahr lang mit einer Figur mit, die alles mit sich selbst auszumachen versuchte bzw. alle Belastungen vor sich hin- und weiterzusammenschob, dass man erahnte: Irgendwann würde sie ins Stolpern geraten.
Da war ich zwischendurch tatsächlich versucht, ans Ende zu linsen, um zu erfahren, ob die Erzählerin ihre eigene Geschichte überhaupt überleben würde oder ob der Titel „Ohne mich“ womöglich einfach nur auf das Romanende anspielen würde. Ferner habe ich ein paar Mal zum Buch gegriffen und es direkt wieder beiseitegelegt, weil ich mich in jenen Momenten kaum auf die irgendwie träge, irgendwie überdrehte Erzählung einlassen konnte, zu erdrückend fand ich die Wucht, mit der die Geschichte da auf mich zukam. Letztlich habe ich, um dieser greifbaren Beklemmung zu entgehen, einen sonnigen Tag abgewartet, an dem ich mich nachmittags nach draußen auf den Balkon setzen und mir die Sonne während des Lesens ins Gesicht scheinen lassen konnte. So, zwar im sicheren Zuhause, aber ohne vier Wände direkt um mich herum, habe ich „Ohne mich“ dann, und zwar sehr gefesselt, am Stück gelesen.

Letztlich weiß ich gar nicht so recht, was ich mit diesem Werk anfangen soll: eine echte Geschichte erzählt es nicht, für mich war es aber ein Buch, das leise „Du bist nicht alleine, Anderen geht es auch so, diese Gedanken sind normal“ schrie. Am Ende habe ich es wirklich gerne gelesen, aber ich habe keine Ahnung, wem ich diese Lektüre weiterempfehlen wollen würde, zu welchem Anlass (und wiederum: an wen) ich ein Exemplar hiervon verschenken würde. Ich glaube, das ist ein Roman, über den man im besten Falle einfach von sich aus stolpert, so wie die Erzählerin über ihren weiteren Lebensentwurf stolpert.

Bewertung vom 26.02.2023
Jetzt ist Sense
Rath, Hans

Jetzt ist Sense


gut

Seit „Saufen nur in Zimmerlautstärke“ (gegenwärtiger Titel: „Halb so wild“) warte ich darauf, dass Hans Rath einen ähnlichen Kracher vorlegt; in „Jetzt ist Sense“ habe ich nicht einfach nur deswegen all meine Hoffnungen gesetzt, sondern auch, weil Sebastian Niedlich mit seinen Büchern rund um den Tod als eine tragende Romanfigur längst bewiesen hat, dass „der“ Tod durchaus für amüsante Unterhaltungsliteratur geeignet ist – und von Pratchetts Scheibenwelt-TOD will ich gar nicht erst groß anfangen.
Leider hinkt „Jetzt ist Sense“ da doch sehr hinterher und ist deutlich mehr Dora Heldt als Sebastian Niedlich. Den in der Beschreibung erwähnten „lebhaften Austausch“ sowie die „therapeutische Hilfe“ habe ich auch gar nicht so wahrgenommen; für mich war das hier ein Roman rund um eine alleinstehende Frau, die ab ihrem 50. Geburtstag eine mehr oder weniger lockere Bekanntschaft mit dem Tod entwickelt hat. Selbst das Thema „Tod“ an sich ist für mich eher abgefrühstückt worden; zwischendurch wurde mal erwähnt, dass man Thanatos‘ Schwestern, den Göttinnen eines eher brutalen Todes, besser aus dem Weg gehen solle, aber ansonsten wirkte es eher so „na, wenn Thanatos kommt, ist das schon okay, aber wäre schon besser, wenn er einfach später nochmal wiederkommt“. Der Tod, der in seinem Job gerne abgelöst werden würde, kommt bei Sebastian Niedlich definitiv auch sehr viel besser rüber; hier war das in meinen Augen eher unterschwellig.
Generell waren mir die Figuren hier zu wenig prägnant; selbst Olivia stand meinem Gefühl nach kaum deutlicher im Mittelpunkt als die Nebenfiguren. Ferner gab es einfach absolut keine Person, bei der ich gebibbert haben würde, dass Thanatos sie bitte (noch) nicht holen würde – und das, obschon man grad im weiteren Verlauf ständig damit rechnen musste, dass nun irgendwer sterben würde.

Letztlich habe ich „Jetzt ist Sense“ als Unterhaltungsroman empfunden, der die typischen Anforderungen an einen solchen erfüllt, dabei aber kaum mehr als das Minimum erreicht. Ich habe auch vergleichsweise lang an diesem Buch gelesen; das war eher gemütlich kapitelweise weglesen, aber definitiv weit von quasi gefressen und am Stück eingesogen entfernt.
Ich hoffe also weiter, dass Hans Raths nächstes Buch nun das sein wird, das mich ähnlich zu begeistern vermag wie dereinst “Saufen nur in Zimmerlautstärke“.

Bewertung vom 11.02.2023
Totes Moor / Janosch Janssen ermittelt Bd.1
Engels, Lars

Totes Moor / Janosch Janssen ermittelt Bd.1


gut

Nachdem ich diesen Serienauftakt gelesen habe, bin ich zwar durchaus gewillt, auch den nächsten Band der Reihe zu lesen; dennoch rechne ich aktuell nicht damit, diese neue Serie längerfristig zu verfolgen: Janoschs Heimatort Grimmbach, in den er zurückgekehrt ist, klingt einfach nur öde, langweilig, unspektakulär… im Vergleich erschien mir selbst das Kuhkaff, in dem ich aufgewachsen bin, wie eine regelrechte Partyhochburg, und ich tue mich schwer damit, zu glauben, dass jemand sehr beschaulich aufgewachsen ist und, kaum kehrt er ein knappes Jahrzehnt nach dem Abi zurück, dort Sodom und Gomorrha herrschen soll, dass es für eine ganze Reihe an Kriminalromanen reicht.
Nun wurde hier zwar ständig „Fulda“ als Köder in den Teich geschmissen; Fulda ist in der Nähe, die ganzen Jüngeren strebt es mindestens bis nach Fulda, die Kripo ist in Fulda ansässig…; was vermutlich suggerieren soll, dass die weiteren Fälle alle irgendwo rund um Fulda spielen werden und Janosch nur in diesem Örtchen wohnen wird, aber ich muss zugeben, dass mich Fulda hier aufgrund der wiederholten Erwähnungen schon sehr genervt hat, denn „Totes Moor“ spielt sich eigentlich komplett in Grimmbach ab.
Was mich aber persönlich eher gestört hat, waren die persönlichen Verstrickungen des Ermittlerteams in den Fall „Matilda“: Janosch zählte zu den letzten Personen, die Mathilda gesehen hatten, sein Vater galt dereinst als Hauptverdächtiger und seine jetzige Chefin ist nicht nur ebenfalls nicht ortsfremd, sondern zudem die Mutter einer weiteren Mitschülerin von Janosch und Mathilda. Jene Beamtin schien mir nicht erst ein wenig weltfremd, als sie in einer Szene beteuerte, Janosch könne ein ganz guter Polizist werden, was so klang als hätte er grad drei Tage Schulpraktikum geleistet und nicht bereits die komplette Ausbildung durchlaufen und schon zumindest ein paar Jahre als Polizist gearbeitet. Nein, ich fand es auch völlig irritierend, wie sie Janosch wegen dessen persönlicher Betroffenheit nicht in den Fall involvieren wollte, ihn dann doch ins Team holte, ihn ständig wieder rauswerfen wollte… wie gesagt: seine Chefin kam selbst von dort, deren Tochter war mit Matilda und Janosch zur Schule gegangen und ebenfalls auf der Party gewesen, nach der die nun ermordet aufgefundene Matilda spurlos verschwunden war. In meinen Augen hätte Diana Quester aufgrund ihrer eigenen familiären Verbindungen ebenso wenig damals den Verschwundenenfall bearbeiten dürfen wie sie heute den Mordfall hätte leiten dürfen.
Wäre „Totes Moor“ nun eine darauf aufgebaute Erzählung, wie hinterrücks auf eigene Faust ermittelt wird: okay. Aber so ganz hochoffiziell? Gleich zwei Ermittler mit direkter Verbindung zum Mordopfer: das hört sich an als würde jemand in einer Spitzenposition etwas vertuschen wollen, aber nun, hier war es lediglich Diana Quester, die auf Janoschs Präsenz im Team (mal mehr, mal weniger, mal gar nicht) beharrte und das erschien mir so dubios, dass ich den Gedanken, wieso man der möglichen künftigen Verteidigung von vornherein so sehr in die Hände spielen wollte, einfach nicht loswurde.
Da fand ich die Auflösung schon eher unspektakulär, und das, obschon es doch sogar noch einen dramatischen Showdown gab (der auch hier wie zumeist in derlei Romanen wiederum völlig überflüssig war).

Im Grunde genommen eine solide Kriminalgeschichte; ob ich weiter an der Serie interessiert bleibe, mache ich allerdings stark davon abhängig, ob in Band 2 ein „neutraler“ Fall bearbeitet werden wird oder ob Janosch Janssen da wieder persönliche Beziehungen zu Opfern, Zeugen, Verdächtigen etc. unterhalten wird (hoffentlich nicht!).

Bewertung vom 14.01.2023
The Man I Never Met – Kann man lieben, ohne sich zu kennen? (eBook, ePUB)
Cook, Elle

The Man I Never Met – Kann man lieben, ohne sich zu kennen? (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Dieser Roman hatte mich angesprochen, weil die bereits in der Kurzbeschreibung angesprochenen Umstände denen gleichen, die dazu führten, dass ich geheiratet habe ;) und damit dazu, dass die im deutschen Untertitel aufgeworfene Frage für mich absolut eindeutig zu beantworten ist und sie mich nur dazu führte, zu denken: „Buch, du bist ein Kitschroman. Wehe, du sagst, nö, geht nicht, und drehst Hannah stattdessen einen Mann aus ihrer direkten Umgebung an!“

Apropos Kitschroman: Eigentlich können nur völlig schmalzige Geschichten mit so vielen glücklichen „Zufällen“ enden, wie es dieser Roman tut, und mir schien der Schluss von „The Man I Never Met“ viel zu übertrieben; aaaaaaawww, das muss Schicksal sein!; weswegen ich eigentlich einen Stern in der Endwertung abziehen würde, denn das war echt zu viel für mich, aber ich packe den Stern wieder dazu, weil jemand im Verlag raffiniert genug war, das Erscheinungsdatum dieses Romans ausgerechnet auf den Valentinstag zu legen – und zum Valentinstag ist diese Geschichte mit diesem Schluss definitiv angemessen herzzerreißend romantisch.

Dabei ist „The Man I Never Met“, ehe es in dieses schmalztriefende Schicksalsbrimborium mündet, erstaunlich unkitschig: Frau in London und Mann auf der anderen Seite des großen Teichs kommen zufällig miteinander in Kontakt, entwickeln eine Art immer inniger werdender Telefonfreundschaft, Mann nimmt Job in London an und plant darum seinen Umzug… alles sieht super aus, und das Buch ist zu kaum einem Viertel vorüber, als sie ihn eigentlich am Flughafen abholen soll – und man sich beim Lesen schon fragt, um was es nun die nächsten drei Viertel noch gehen soll, denn das Happy End ist nah, aber dann taucht der Kerl gar nicht am Flughafen auf.
Hier erzählt die Handlung übrigens keine klassische Ghosting-Geschichte, denn es wird hier schnell offengelegt, was hinter Daveys „Verschwinden“ steckt, wobei ich mit diesem Grund absolut nicht gerechnet gehabt hätte und ab da schon befürchtete, der Roman würde nun noch den Nicholas Sparks machen. „The Man I Never Met“ ist über weite Strecken hinweg also ein eher ernsthafter, wenn auch äußerst unterhaltsamer, Liebesroman, in dem Hannah auch nicht vornehmlich, von Liebeskummer geplagt, weinend in der Ecke sitzt, sondern auch versucht, das Kapitel Davey für sich abzuschließen und ihr Leben ohne ihn wieder aufzunehmen. Umgekehrt gilt für Davey Ähnliches, und da erzählt der Roman sehr lange die Geschichte zweier Menschen, die zweifelsohne fast ein Paar geworden wären und einander noch immer im Kopf und Herzen tragen, zwischen denen es aber doch zu einem Cut gekommen ist.

Für mich blieb es erstmals auch ziemlich offen, wie „The Man I Never Met“ enden würde; da habe ich den Roman schon auch als recht spannend und nicht wirklich vorhersehbar empfunden; meiner Meinung nach ist dies ein wirklich toller zeitgenössischer Liebesroman, aber die letzten Seiten (und zwar nur diese!) waren mir halt einfach viel zu rührend, grade dafür, dass die Geschichte bis dahin sehr lässig erzählt worden war.

Bewertung vom 13.01.2023
Das Hotel
Haderer, Katharina V.

Das Hotel


sehr gut

Ich war in der Erwartung eines Mysterythrillers, der womöglich paranormale Elemente beinhalten könne, an das Lesen dieses Buchs gegangen: Tatsächlich habe ich „Das Hotel“ nun aber eher als Drama empfunden, bei dem bis zur Auflösung unklar blieb, ob es sich nun eher im Bereich Spiritualität oder SciFi abspielte.

Die als Ich-Erzählerin auftretende Protagonistin erwacht regelmäßig aufs Neue mit dem Gedanken „Endlich Urlaub!“ in einem Hotelzimmer und erlebt in dieser Ferienanlage, in der alles perfekt zu sein scheint, dennoch sehr diffuse Tage, die von Gedankenfetzen und Erinnerungsfragmenten, nicht greifbaren Flashbacks, durchdrungen sind. Mit einer Geschichte wie sie „Und täglich grüßt das Murmeltier“ erzählt kann „Das Hotel“ aber nicht verglichen werden, denn die Hauptfigur Alice ist sich nicht bewusst, dass sie diese Dinge schon einmal erlebt hat, dass sie Personen bereits kennengelernt hat etc., sie hat lediglich stets so ein vages Déjà-vu-Empfinden. Mit jedem Neubeginn ihres Urlaubs haben sich auch kleine Details verändert und wer hier nicht wirklich aufmerksam liest, den dürfte die Geschichte vermutlich bald langweilen, denn die Tage sind eben doch sehr gleich. Für mich bestand die hauptsächliche Spannung eigentlich nur darin, was sich quasi von einem Tag zum anderen geändert hatte, und zu rätseln, warum das so sein könnte. Zudem erlebt Alice immer mal wieder „weiße Bilder“, ganz so, als befinde sich ihre Urlaubsumgebung in einer Art Matrix.

Ohne zu spoilern: Nach dem ersten Zehntel des Romans, also quasi mit dem Ende der gängigen Leseprobe, war ich mir sehr sicher, dass „Das Hotel“ eine gegenwärtige Nahtoderfahrung berichtet und Alice tatsächlich um ihr Leben kämpfend auf einer Intensivstation läge. Von diesem Glauben habe ich nie wirklich abgelassen, aber so ab der Hälfte gab es immer wieder Momente in der Geschichte, die mich mit dieser Theorie doch auch haben hadern lassen; aber da fühlte ich mich dann auch sehr an „Im nächsten Leben wird alles besser“ von Hans Rath erinnert – die Auflösung hat mich tatsächlich auch ein wenig überrascht, obschon sie weitgehend einer der vier Szenarien entsprach, die ich mir bis dahin zurechtgelegt hatte; zugleich war sie mir aber auch ein bisschen zu kaputterklärt. Denn während die Geschichte zuvor sehr viel auf Empfindungen, Stimmungen und Wahrnehmungen basierte, wurde sie letztlich eher eiskalt und nüchtern, fast schon technisch, erklärt und Alice schilderte plötzlich, grade im Vergleich zuvor, kaum noch, was sie fühlte und das passte für mich nicht so recht, da sie es schließlich war, die sich hier plötzlich mit diesem ganz großen Knall konfrontiert sah.

Ich habe „Das Hotel“ zwar gerne gelesen, aber es war nun auch keines dieser Bücher, die ich gar nicht aus der Hand legen konnte: Durch die ganzen ständig wiederholten Tagesabläufe fand ich die Geschichte, trotz der veränderten Nuancen in der Handlung, mitunter ebenfalls ermüdend, da hätte mir der Schluss auch ruhig bereits zu einem etwas früheren Zeitpunkt erfolgen können. Aber grad wer „Matrix“, das täglich grüßende Murmeltier und eben den erwähnten Rath-Titel mochte, dem würde ich „Das Hotel“ dennoch auch als Lektüre nahelegen.