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Top-Rezensenten Übersicht

Benutzername: 
katharina.51
Wohnort: 
Kaiserslautern

Bewertungen

Insgesamt 62 Bewertungen
Bewertung vom 12.05.2023
Die Sache mit dem Wald
Herzog, Sven

Die Sache mit dem Wald


ausgezeichnet

Ein Buch über den Wald kann aus so vielen Sichtweisen geschrieben werden, dass es fast nicht möglich erscheint, sämtlichen Aspekten gerecht zu werden. Wieviel allein in den letzten hundert Jahren, aus meist forstwirtschaftlicher Perspektive geschrieben wurde, davon geben die mehr als zweihundert Quellenangaben des Autors einen Überblick

Das Buch ist nicht nur für Förster von einem Forstmann geschrieben, jeder andere Mensch, der sich für die Thematik "Wald" interessiert wird mit profundem Wissen belohnt. Man muss sich im Klaren sein, dass man keine Waldromantik erwarten darf, oder Einblicke in die Verarbeitung des Waldes in der Literatur.
Der Autor ist Arzt und Diplomforstwirt, er hat einen Lehrstuhl für Wildökologie und Jagdwirtschaft an der TU Dresden inne. Dies zu wissen, hilft zu verstehen, von welcher Seite er sich hauptsächlich mit dem Thema "Wald"befasst. Als Wissenschaftler hat er sich fundiert mit den Fakten auseinandergesetzt und eröffnet dem Leser sein umfassendes Wissen und zeigt die Vielschichtigkeit der Problematiken auf.
Viele Veröffentlichungen in einschlägigen Fachzeitschriften bezeugen seine Leidenschaft für Forst und Wild.
Das vorliegende Buch ist ein Sachbuch von einem absoluten Kenner der Materie geschrieben.
Eine Bewusstmachung, welche Rolle der Wald für die Menschheit von Anfang an gespielt hat.

Bewertung vom 29.04.2023
Weniger ist Meer
Neder, Christine

Weniger ist Meer


gut

Eine junge Frau, effizient, durchgeplant, mit ständiger Todo-Liste im Kopf, kann Entscheidungen treffen, weiß was sie will und handelt entsprechend.
Sie geht reflektiert durch ihr Leben und die Welt und zieht ihre Konsequenzen, die sie entsprechend verwirklicht.
Sie ist Reisebloggerin und Journalistin und verdient damit ihr Geld, Reisen als Konsum, 3000 km für 40 Euro, die Länder von außen betrachten. Nach vier Jahren und vierzig Ländern, verliert sie den Faden, sie braucht was anderes, sie braucht Ruhe, einen Ort, ein Zuhause, aber nicht mehr in Berlin.
Nach einem Urlaub in Portugal weiß sie, dass sie ihren Platz gefunden hat, es muss am Meer sein. Nachdem sie dort das Surfen als neue Dimension des Leben kennengelernt hat, baut sie für sich und ihre Familie ein Haus am Meer in Portugal.
Ihr Buch ist mit bezaubernden Fotografien ausgestattet, die einen wehmütig stimmen, wenn man zu denen gehört, die es nicht geschafft haben auszuwandern.
Wie hat die Autorin es nur geschafft? Die Antwort darauf gibt sie schon gleich auf den ersten Seiten ihres Buches:
"Die Freiheit beginnt dort, wo die Angst endet." "Auf den Mut kommt es an."
Der Titel des Buches ist zwar treffend, aber leider schon so, oder in ähnlicher Form von anderen Autoren bemüht worden.
Titelvorschlag: Eine durchgeplante Deutsche, die auszog, um das "dolce far niente" zu lernen.

Bewertung vom 25.04.2023
Als wir Vögel waren
Banwo, Ayanna Lloyd

Als wir Vögel waren


sehr gut

Die Geschichte von Emmanuel und Yejide:

Emmanuel, ein Rastafari, bricht sein nasiräisches Gelübde, das ihm verbietet, sich jemals die Haare zu scheren, oder einen Toten zu sehen. Er begeht dieses größte Sakrileg aus Not, denn er hat nur eine Arbeit, ausgerechnet als Totengräber gefunden. Er ist selbst entsetzt darüber. Er hat es für seine Mutter getan, doch kann er gerade deswegen nicht mehr bei ihr leben, weil sie ebenfalls eine Rastafari ist und nach den Gesetzen der Religion lebt.

Yejide, eine Kreolin, die einer stark matriarchalischen Familie angehört, hat die Gabe und Verpflichtung geerbt, mit den Toten zu leben, sie zu rufen und sie zu ehren, sie sieht und spürt den Tod im Voraus.
Beide lernen sich auf dem Friedhof Fidelis auf der Insel Trinidad kennen.
Yejide sagt zu Emmanuel:" ...was Sie über Gräber wissen und was ich über Gräber weiß, ist nicht dasselbe."
Trinidad ist ein Völker- und Sprachengemisch, wo sich viele alte Rituale, mitgebracht aus den jeweiligen Ursprungsländern erhalten haben

Die Geschichte der beiden Liebenden ist ein furioses Drama, das sich in der Welt der Lebenden und in der Welt der Toten abspielt, geschrieben in der starken Sprache der Autorin.

Den Schlüssel zum Verständnis dieses Werkes liefert sie uns in dem beigefügten Interview, das dem Leser klar macht, dass sie kein Geistermärchen geschrieben hat, sondern selbst in dieser Realität lebt.
Für einen Leser aus der nüchternen Atmospäre der westlichen Welt, kann dieses Buch verstörend wirken, oder auf Unverständnis stossen.

Moses: Die Beschäftigung mit Toten, ist Gott ein Gräuel.

Bewertung vom 19.04.2023
Die Tage in der Buchhandlung Morisaki
Yagisawa, Satoshi

Die Tage in der Buchhandlung Morisaki


gut

Das Buch ist das Debüt des Autors Satoshi Yagisawa, es wurde schon 2009 in Japan herausgegeben und jetzt verfilmt. Es erhielt den Chiyoda Literature Prize, von dem leider nicht herauszufinden war, um welche Art von Literaturpreis es sich handelt.
Wer die japanischen graphic novels kennt, erkennt die Verwandschaft mit dem vorliegenden Buch. Nicht nur das Cover weist darauf hin, sondern auch die Sprache des Autors. Sie ist sachlich, nur das Wichtigste wird in schnörkellosen Sätzen zum Ausdruck gebracht.
Die Hauptperson ist die 25jährige Takako. Nach einer misslungenen Liebesbeziehung wird sie von ihrem Onkel Satoru in seinem Aniquariat für Bücher aufgenommen. Es befindet sich in dem Tokyoter Stadtteil Jinbocho, dem größten Antiquariatsviertel der Welt, Treffpunkt für Literaten und Künstler, eine neue Welt für Takako. Doch sie interessiert sich überhaupt nicht für das Lesen und muss fortan zwischen Büchertürmen leben, bis sie eines Tages endlich den Zauber und die heilende Wirkung von Literatur entdeckt. Das Leben nimmt seinen Lauf.
Takako lernt, dass man aussprechen soll, was man fühlt.

Für mich war das Buch etwas mager, mir hat auch eine gewisse Spannung gefehlt, meine Erwartungen an das Buch waren zu hoch.

Bewertung vom 02.04.2023
Samuels Buch
Finzi, Samuel

Samuels Buch


sehr gut

Mit leichter Hand und feiner Ironie skizziert Samuel Finzi die Stationen seiner heiteren Kindheit bis in sein junges Erwachsenenalter.
Der Sohn von sephardischen Eltern wollte, wie der Rest der großen Familie hinaus in die Welt. Er war von Kind an an Kunst interessiert, schon als Zehnjähriger, gefördert vom Vater, kannte er alle avantgardistischen Filme, die es zu der Zeit, etwa mitte der siebziger Jahre, in Bulgarien zu sehen gab. Als er sich für ein Studienfach entscheiden soll entdeckt er "plötzlich und vollkommen unerwartet den Wunsch, vor anderen ein anderer zu sein. Ich begann, Gefallen daran zu finden, fremde Worte zu sagen und sie mir anzueignen", schreibt Samuel Finzi, zum Leidwesen seines Vaters, der selbst Schauspieler ist. Die sich abzeichnende politische Wende ermöglicht es ihm nach Paris zu gehen, wo er nach enttäuschenden Erfahrungen die Schauspielschulen aufgibt. Er lernt einen bulgarischen Theatermacher kennen, der ihn für sein Stück in Berlin engagiert.
So kommt Samuel Finzi nach Deutschland.
Das Buch ist vielleicht für den Leser, der Samuel Finzi als Schauspieler nicht kennt, nicht ganz so spannend, da ihm gewisse Aspekte des Interesses fehlen, doch wird dies wieder wett gemacht durch die historischen Informationen zum Beispiel über die Sepharden, oder das vergangene Bulgarien und nicht zu vergessen die erste Familie des Staates, Familie Schivkov.

Bewertung vom 30.03.2023
Tochter einer leuchtenden Stadt
Suman, Defne

Tochter einer leuchtenden Stadt


sehr gut

Smyrna, eine der uralten Städte, wo sich Morgenland und Abendland trafen, wo die Straßen nach Nachtigall und Jasmin benannt wurden, wo der Duft von Opium, Haschisch und Rosen sich mit der frischen Brise vom Meer her vermischte. Smyrna war eine wahre kosmopolitische Stadt, in der Nationen und Religionen friedlich zusammen lebten, sich zu ihren jeweiligen Festen gratulierten, voneinander lernten, nicht nur ihre verschiedenen Sprachen.
Gerade deshalb war sie als Pulverfass für die Politik geeignet, für diejenigen, die die Fäden des Weltgeschehens in der Hand hielten und die Lunte in das Herz der Stadt legten. Das bisherige Leben ging 1922 in Flammen auf, Vertreibung, Flucht und Tod im Gefolge. Smyrna wurde zu Izmir, "einfarbig und einsprachig". Jahrhundertelange Völkerverständigung war dahin.

Der Leser begegnet abwechselnd verschiedenen Personen, die die Vielfalt des levantinischen Lebens illustrieren. Ihre Geschichten mäandern durch die Zeit, bis sie im Brand von Smyrna kulminieren, wo alles Geschehen zusammenfindet und die Erzählkunst der Autorin ihren Höhepunkt erreicht.
So stellt man sich die Sprache der Scheherazade vor, orientalisch opulent, ein überquellender Schatz an Wörtern, mit vielen Einzelheiten und Nebensächlichem in schimmernder, schillerner Sprache ausgeschmückt, die die Atmosphäre verdeutlichen, leider allerdings den Lesefluss hemmen und viel von der Spannung wegnehmen.
Allein schon des historischen Geschehens wegen, sollte man dieses Buch mit seinem wunderschönen Einband lesen.

Bewertung vom 25.03.2023
Institut für gute Mütter
Chan, Jessamine

Institut für gute Mütter


ausgezeichnet

Frida Liu, 38 Jahre, Akademikerin, lebt mit ihrer 18 Monate alten Tochter Harriet alleine. Ihr Mann, mit dem sie sich das Sorgerecht teilt, hat sie wegen einer Jüngeren verlassen.
An einem einzigenTag lässt sie die Tochter für zweieinhalb Stunden alleine, weil sie vor lauter Stress die Zeit vergisst. Prompt wird sie angezeigt.

Der mächtige KSB Kinderschutzbund bestimmt von da an ihr Leben. Sie gerät in die Mühlen der Justiz. Die absurden Beobachtungen, Behauptungen, Meinungen und Analysen von Beamten, Psychologen, Sozialarbeiterinnen und Richterinnen, die ihr Innerstes nach außen wenden, entscheiden über ihr weiteres Leben. Sie wird vor die Wahl gestellt, entweder sie geht ein Jahr lang in ein geschlossenes Trainingscamp, wo sie lernen soll, eine gute Mutter zu sein, oder ihr werden ihre elterlichen Rechte entzogen. Da Frida natürlich ihr Kind nicht verlieren will, muss sie sich für das Trainingsprogramm entscheiden.
Was das bedeutet weiß vorher niemand, es ist geheim und soll geheim bleiben.
Als Leser ergreift einen eine tiefe Verzweiflung, Hilflosigkeit und Wut über das, was da geschieht.
Die Autorin hat in großer Sensibilität und profunden Beobachtungen Fiktion und Realität meisterhaft verknüpft.
Die Grausamkeit des willkürlichen Kindesentzugs beschreibt sie in tiefen Erkenntnissen und Gefühlen, die den Leser zu Tränen rühren.

Zur weiteren Information sei dem Leser empfohlen einige der vielen Artikel, die im Internet zu finden sind, über den amerikanischen Kinderschutz zu lesen.

Bewertung vom 20.03.2023
Der Geheimnishüter von Jaipur / Jaipur Bd.2
Joshi, Alka

Der Geheimnishüter von Jaipur / Jaipur Bd.2


ausgezeichnet

Die Autorin Alka Joshi hat eine Trilogie geschrieben, deren ersten Band wir schon kennen, es ist die Hennakünstlerin, deren leben hier im zweiten Band weiterverfolgt wird.
Liebe, Leid, Intrigen, Armut, Reichtum, Gold und gutes Essen sind die Zutaten, gewürzt mit vielen indischen Wörtern und Eigennamen, bei denen das Herz jedes romantischen Indienliebhabers höher schlägt. Wir kennen schon Jaipur, die Stadt in Rosa, in der wir juwelenbehangene Maharanis treffen und Männer, die Turbane in allen Regenbogenfarben tragen.
Wir schreiben jetzt das Jahr 1969 und die Protagonistin Lakshmi ist aus der heißen, staubigen Provinz Rajastan nach Shimla, dem ehemaligen Sommersitz der Engländer an den Hängen des Himalaya verzogen, wo sie mit ihrem Ehemann Dr. Kumar ein Hospital betreibt, zum Segen der Menschen um sie herum.
Da beginnt ein weiteres Abenteuer.

Eine unterhaltsame spannende Geschichte, die keinen Anspruch darauf erhebt, ein fundiertes Bild über die indische Gesellschaft zu liefern, oder gar zu großer Literatur gezählt zu werden.
Ein Unterhaltungsroman mit Lokalkolorit, der so oder anders überall auf der Welt seine Geschichte erzählen könnte.

Bewertung vom 28.02.2023
Wovon wir leben
Birnbacher, Birgit

Wovon wir leben


sehr gut

Es wird nicht viel geredet in dem Dorf im Innergebirg, wo der Hausberg mit seinen langen Schatten vor der Sonne steht. Getratscht wird, doch das, was in der Tiefe der Seele vor sich geht, erzählt man sich oft selbst nicht, Arbeit bestimmt das Leben.
Julia ist aus der Stadt zurückgekehrt in ihr Heimatdorf, die zwei schrecklichen Wörter arbeitslos und lungenkrank zieht sie hinter sich her. Sie will sich von ihrer Mutter trösten und pflegen lassen, doch die ist weg, hat den Vater sitzenlassen in dem trostlosen Dorf, wo es nicht einmal mehr eine Bäckerei gibt. Der Vater ist auch arbeitslos, die Fabriken haben zugemacht, für die Männer ist das Rauchen und Saufen im Wirtshaus geblieben.
Es herrscht ein rauer Ton, "es fehlt ihnen der Segen der Arbeit, der Dank der Ablenkung, damit es um nichts sonst gehen muss."
Da die Mutter nicht mehr da ist, soll Julia in Anspruch genommen werden.
"Wenn eine Frau ausfällt, muss die andere herhalten. So geht das Rezept zur alten und ewigen Suppe."
Der Vater und der Freund, beide haben Erwartungen an Julia, sie soll mit ihnen zum Wir werden, wo sie doch gerade erst auf dem Weg war ihr Ich zu finden. "Sie hat ein anderes spezifisches Gewicht."
Sie gerät in das Dilemma Pflicht und Verantwortung zu übernehmen, oder ihren eigenen Weg zu gehen, eine der schwersten Entscheidungen, vor die das Leben einen stellen kann.
Was ist das Richtige, oder darf man auch mal was Falsches tun?

In diesem Buch ist nicht die Rede von Feinsinn oder Schöngeist, es geht um das alltägliche harte Leben, das einem zugeteilt wird. Man hat keinen Einfluss darauf, in welches Elternhaus man hineingeboren wurde, man muss mit Krankheit und Schicksaschlägen zurechtkommen. Als Leser ist man froh, wenn man dort nicht leben muss, dass es einen selbst nicht getroffen hat.
Die Autorin hat mit ihren klugen Sätzen, ihren erfahrenen Beobachtungen, wie mit Hammerschlägen den Nagel auf den Kopf getroffen.
Die nüchterne Sprache in lapidarer Poesie trifft genau das Thema und die Umwelt des Buches.
Man sollte nicht den Hinweis der Autorin übersehen, in dem sie auf die Quelle ihrer Inspiration zu diesem Werk aufmerksam macht. Es sind wissenschaftliche Arbeiten der Sozialpsychologin Marie Jahoda über die arbeitende Klasse aus den dreißiger Jahren des letzten Jahrhunderts.

Bewertung vom 24.02.2023
Aus ihrer Sicht
Céspedes, Alba de

Aus ihrer Sicht


sehr gut

Alessandra ist das Mädchen, aus dessen Sicht dieses Buch geschrieben wurde.
Sie wächst in einem ärmlichen römischen Haushalt auf, zusammen mit ihren Eltern und der Hausdienerin.
Die Mutter, eine feinsinnige Pianistin, die als Klavierlehrerin Geld verdienen muss ist ihre absolute Bezugsperson, der sie in jeder Hinsicht ähnlich ist.
Sie öffnet ihr die Augen und schärft ihre Sinne für die Umwelt, die Natur, das Leben der Frauen des Südens, wo man heiratet um Kinder zu bekommen, das Leben der Männer des Südens, die erst spät nach Hause kommen, erwarten, dass das Essen auf dem Tisch steht und die Hemden gebügelt sind. Die Männer, die ihr Leben getrennt von den Frauen führen, geschuldet der Tradition, der Erziehung, der Religion und der Armut, sind das ewige Thema.
Alessandras Eltern leben so.
Der Vater ist innerlich und äußerlich fern von den Frauen der Familie, ein kleiner Beamter, der keinerlei Interesse oder gar Verständnis hat für die Sensibilität und Feinsinnigkeit von Frau und Tochter, im Gegenteil, er verhöhnt, verlacht und verbietet sogar.
So sieht das Männerbild von Alessandra aus, bis sie jemanden heiratet, von dem sie will, dass er ganz anders sein soll.
Alessandra hat eine naive Vorstellung von der idealen Liebe, ähnlich der, wie man sie in den englischen Romanen des 19. Jahrhunderts findet, romantisch, mädchenhaft, märchenhaft, ewiges Verliebtsein, niemals sich ändernd. Sie soll nicht den Zwängen des alltäglichen Lebens unterworfen sein.
Alessandras Leben ist völlig verschieden von dem typischen Leben der damaligen italienischen Frau und doch ist es ihr nicht genug, sie will den Freiraum, den sie hat nicht selbst füllen. Sie will wahrgenommen werden, unbedingt reflektiert werden, in der Person ihres Geliebten. Sie ist übersensibel, sie steigert sich hinein in diese nicht zu stillende Sehnsucht nach dem absoluten Aufgehen in der Person des Geliebten. Bis zu einer tiefen Verzweiflung.
Ihr Mann lebt in seiner Männerwelt und kann ihr das was sie braucht nicht geben. Kein erfahrener Mensch ist um sie, der ihr das Leben erklären könnte.
Und so nimmt das Schicksal seinen Lauf.

Alba de Céspedes hat ein Buch geschrieben vom Erwachsenwerden, vom Erwachsensein, ein Buch von Männern und Frauen, ein Buch von grundverschiedenen Arten zu leben, von früher und von heute und vor allem ein Buch von der Liebe, die, nicht richtig verstanden, zu einer großen Qual werden kann.
Ihr Buch erfüllt die Kriterien der guten Literatur: prodesse et delectare, nützen und erfreuen, belehrend und unterhaltend.

Unbedingt lesenswert ist im Nachwort die Analyse von Barbara Vinken.