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Benutzername: 
Max Gutbrod
Wohnort: 
Berlin

Bewertungen

Insgesamt 24 Bewertungen
Bewertung vom 04.09.2023
Das Jahrhundert der Verbände
Eschenburg, Theodor

Das Jahrhundert der Verbände


ausgezeichnet

Man spürt, dass ein Zeitzeuge berichtet, der viel erlebt, eine eigene Sicht des Vorgefallenen hat, die durchaus eigenwillig ist, teilweise vorurteilsbehaftet wirkt, aber dabei immer interessant bleibt. Der eigentlich viel engere Titel mag auch dem Versuch geschuldet sein, sich Angriffen insbesondere zur Machtergreifung zu entziehen – Eschenburgs Verhalten im Nationalsozialismus legte ja Kritik nahe. Besonders erhellend fand ich die Darstellung der Gewerkschaften in der Nachkriegszeit.

Ein kleiner Fund: Über die Literaturliste wurde ich auf Rüstow aufmerksam und dessen Schrift über "Versagen des Liberalismus" aufmerksam, bisher kannte ich nur Eucken, Böhm und (natürlich) Erhard.

Bewertung vom 28.08.2023
Erinnerungen eines Schauspielers
Minetti, Bernhard

Erinnerungen eines Schauspielers


sehr gut

Lange stand das Buch in meinem Regal. Ich hatte den „Minetti“ in Suttgart, anderes von Bernhard mit ihm im Fernsehen gesehenen und ein Bild von ihm als Faust im Kopf, war eher pflichtschuldig angetan, aber wusste eigentlich nicht viel mit dem Buch anzufangen. Eine Passage über Bilder, die er bei Vorstellungen herstellte, fand ich eher eitel, seine Vorlieben bezüglich Maler belanglos, so wie auch die Bemerkungen zur jungen Generation auch die zu seiner Schauspielkunst inspirieren nicht wirklich. Dann begann ich meiner Bibliothek nach einem Besuch in dem so anregenden Meiningen zu durchsuchen, als Erbeserbe könnte es ja erwähnt sein. Natürlich war da wenig, auch zu Brahm als wesentlichem Nachfolger nichts. Plötzlich fielen meine Blicke aber auf andere Themen, die mir wichtig sind, so die Bemerkungen über den doch wohl einflussreichen Kritiker Schulze-Vellinghausen, über den man sonst wenig finden kann, Hinweise darauf, wie die Zusammenarbeit des Regisseurs Sellner mit dem Maler (und Bühnenbildner!) Baumeister bewertet wurde. Danach kam ich darauf, wie bedacht und selbstkritisch er seine Rollen beleuchtet, etwa den Prospero, die verschiedenen Beckett-Rollen, die Herausforderungen der Bernhard-Stücke, wie er in der Zusammenarbeit mit anderen Schauspielern wie Bergner lernt. Erfreulich ist die Urteilsfreude, die mehrere Generationen Regisseure und Schauspieler betraf, wie etwa en passant Corinna Kirchhoff gelobt wird, Gedanken, die doch oft Farbe haben, also nicht einfach lobend oder abwertend sind. Wenn man daher etwas über Lietzaus Schwierigkeiten in Berlin liest, hofft man fast, auch seine – von der Politik wohl töricht bestimmte – Nachfolge behandelt zu finden, Peyman, Zadek und Grüber werden sowohl als die Anleiter gewürdigt, die ein Schauspieler braucht, als auch in ihrer Bedeutung als Theaterermöglicher. Wer mehr über das Theater in der Nazi-Zeit wüsste als ich könnte sicher auch vieles Erhellende auch über die Nachkriegszeit finden.
Natürlich hat auch diese Urteilsfreude Grenzen. Das scheint in einer schon wieder interessanten Weise partiell Stein zu treffen. Da fragt sich Minetti denn auch selbst, ob er als Schauspieler oder Kritiker zuschaut, und scheint letzterem weniger Wert beizumessen. In der Tat scheint seine Bewertung der Stein-schen Möwe mehr als in anderen Fällen ein Bild des Stückes vorauszusetzen, der Bericht über den Besuch einer Probe, den er ewig hätte fortsetzen können und die er doch hurtig sich genötigt fühlte zu verlassen, auf ein Außerordentliches zu deuten, das ihn beschäftigte, aber doch verschlossen blieb.
Wie auch immer, so viel vorwärtsdrängender Enthusiasmus wie in diesem Buch wirkte auf mich anregend, ich begann, über Thomas Bernhard nachzudenken, meine Botho Strauß Bücher und Programme zu lesen….
Rühles Rolle dürfte weit über die einfache Redaktion hinaus gehen, aber zu einer gewissen Distanz vom Ego beitragen – man liest die Texte sozusagen durch das Filter eines klugen Betrachters.

Bewertung vom 21.12.2019
'Komm' aus dem Staunen nicht heraus'
Fassbaender, Brigitte

'Komm' aus dem Staunen nicht heraus'


gut

Man spürt die Bemühung der Art von steter Hochleistung, wie sie viele Spitzensänger erbringen müssen auch darin, anders Memoiren schreiben zu wollen. Viele werden gut bewertet, so etwa Mödl, Fischer-Dieskau und Hotter. Über das Spezifische ihrer Kunst erfährt man aber wenig. Über Böhm und Celibidache hört man, wie gnadenlos sie waren, die Grossartigkeit gerade der Aufnahme mit Celibidache scheint an Fassbaender aber vorbei gegangen zu sein.
Ob Fassbaender gut daran tut, sich sozusagen mit dem Octavian zu identifizieren, wäre eine gesonderte Betrachtung wert - mich hat eine Aufnahme als Dalila viel mehr als ihr Hänsel und Grete, Rosenkavailier und Fledermaus beeindruckt.

Bewertung vom 21.12.2019
Tradition ¿ Verfassung ¿ Repräsentation
Burke, Edmund

Tradition ¿ Verfassung ¿ Repräsentation


ausgezeichnet

Sonja Sall meint in ihrer Besprechung, "Vielleicht war seine intellektuelle Beweglichkeit die pragmatische Konsequenz aus der Erkenntnis,, "dass unser Zeitalter nicht dem entspricht, was wir uns alle wünschen." Nachdem das 20. Jahrhundert durch die tief gelitten hat, die ihre ideologischen Wünsche versucht haben durchzusetzen, sollten gerade pragmatische Denker wie Burke in ihren Wandlungen wichtiger werden, weil sie die Möglichkeiten des Realismus darstellen.

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