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Buchdrache

Bewertungen

Insgesamt 118 Bewertungen
Bewertung vom 12.05.2018
Der Sommerdrache / Die ewigen Gezeiten Bd.1
Lockwood, Todd

Der Sommerdrache / Die ewigen Gezeiten Bd.1


ausgezeichnet

Das Buch hat mir wirklich unglaublich viel Freude bereitet. Zu Beginn wurde ich etwas mit Namen zugeworfen, aber das gab sich; hier hätte sich ein Glossar angeboten, denke ich. Darüber hinaus ist das Buch aber pure Freude. Maia ist ein ganz wunderbarer Charakter mit ihren Ecken und Kanten und wirklich tollen Seiten. Sie hat einen nicht leichten Packen zu tragen, der ihr zudem von höheren Mächten noch schwerer gemacht wird. Sie beißt sich aber trotz aller Schwierigkeiten durch und ist hilfsbereit und mutig.
Außerdem gibt es Drachen und oh mein Gott, sind die toll! Die kleinen Drachenbabys haben es mir einfach angetan, sie sind so zuckersüß! Man merkt, dass die Drachen dieser Welt keine tumben Tiere sind, sondern hochintelligente Wesen, die sogar eine eigene Kommunikation kennen. Diese zu entschlüsseln, ist noch niemandem gelungen, aber es bereitet wirklich sehr viel Freude beim Lesen, gemeinsam mit Maia zu versuchen, der Drachensprache auf die Spuren zu kommen.
Dazu gibt es noch eine übernatürliche Bedrohung, der alle versuchen auf die Schliche zu kommen, und einige eigentlich gute, aber doch nicht so gute Parteien, die versuchen, die Ereignisse nach ihrem jeweiligen Gusto zu deuten, um sich einen Vorteil zu verschaffen. Das ganze vor dem Hintergrund eines faszinierenden und facettenreichen Worldbuildings. In Lockwoods Welt gibt es viele Geheimnisse zu entdecken!
Natürlich ist das Buch auch ganz wunderbar vom Autor selbst illustriert worden; einige kennen Lockwood vielleicht schon vorher von seiner Tätigkeit als Illustrator. Ich schätze seine Werke sehr und freue mich daher riesig, dass seine Werke auch sein eigenes Buch schmücken.
Ich vergebe eine klare Leseempfehlung besonders für Leser, die Eragon und die Lady Trent Reihe mochten.

Bewertung vom 02.05.2018
Ready Player One
Cline, Ernest

Ready Player One


ausgezeichnet

Die 80er Jahre sind eine legendäre Epoche der Popkultur. Comics, Filme, Bücher und Musik sprossen wie wild – und auch die Videospiele nahmen so richtig Fahrt auf. In seinem Science Fiction Roman »Ready Player One« widmet sich Ernest Cline genau dieser Zeit.

In der nahen Zukunft sieht die Realität auf der Erde nicht rosig aus. Energieknappheit und Nahrungsmangel haben die Zivilisation zugrunde gerichtet und jetzt geht es eigentlich nur doch darum, irgendwie zu überleben. Wie verlockend es da scheint, in die virtuelle Realität der OASIS abtauchen zu können, ein MMO, das von James Halliday entwickelt wurde. Kurz vor seinem Tod baute er jedoch ein Easter Egg in das Spiel ein und vermachte der Welt als Todesbotschaft, dass derjenige, der sein Easter Egg finden würde, sein gesamtes beachtliches Vermögen und die OASIS erben würde. Wadde Watts mit seinem Avatar Pazival ist einer der zahlreichen Jäger, die verbissen nach dem Easter Egg suchen und dabei gegen die korrupte Firma IOI antreten.

Der Roman hat zwei Handlungsebenen: einmal jene in der OASIS, die voll von Magie und Science Fiction und der geballten Ladung Popkultur der 80er ist, und zum anderen die in der wirklichen Welt, in der Wade Watts (von mir auch Wait What genannt) lebt. Das Buch ist ein richtiges Fest für Nerds, gleichzeitig aber auch mit einer tollen Botschaft versehen.

Wade findet in der OASIS Freunde für’s Leben, während seine Wirklichkeit außerhalb der OASIS ziemlich trist aussieht. Er hat agoraphobische Züge und außerhalb der OASIS keinerlei soziale Kontakte. In der OASIS aber ist es möglich, ein komplett anderes Leben zu führen und damit auch Kontakte zu anderen Spielern frei von jeglichen Vorurteilen, Rassismus, Homophobie ect. zu knüpfen. Das ist natürlich auch für die Menschen, die von solchen Stigmata betroffen sind, ein Segen, da sie in der Anonymität der OASIS jede beliebige Identität annehmen können.

So toll das auch ist, so geht doch nichts über soziale Kontakte in der realen Welt. Parzival schwärmt seit Ewigkeiten Art3mis hinterher, einer weiteren Jägerin, doch lange Zeit kennt er sie nur über die OASIS und somit nicht die wirklich Person hinter dem Avatar. Es könnte ja auch ein pikliger fetter Mittdreißiger sein, dem der Avatar Art3mis gehört …

Ein bisschen gibt das Buch auch zu denken. Sämtliche Akteure gehen voll in einem Onlinespiel auf und leben förmlich dafür – und sterben sogar dafür. Ja, sterben. IOI schreckt auch nicht vor kriminellen Taten zurück, um die Herrschaft über die OASIS und damit eine enorme wirtschaftliche Goldgrube zu ergaunern. Es ist ein Videospiel! Da sollte man nicht sein ganzes Leben darum herum aufbauen und schon gar nicht sollte man Leuten in der wirklichen Welt dafür schaden. Umso wichtiger ist daher, dass am Ende betont wird, dass es eben »nur« ein Videospiel ist trotz seiner guten Eigenschaften, völlig vorurteilsfrei soziale Kontakte knüpfen zu können.

Das ganze Drumherum des Buches, die Paratexte, sind auf diesen 80er Jahre Stil abgestimmt. So gibt es zum Beispiel im Buch keine Teile sondern Level und das Cover ziert Pacman und es hat einen Pixellook, was supercool aussieht.

»Ready Player One« ist auf jeden Fall eine Empfehlung. Leser, die mit der Kultur der 80er vertraut sind, werden ein wahres Fest an Anspielungen und Referenzen vorfinden. Aber auch darüber hinaus kann das Buch sehr viel Freude bereiten, und gerade Lesern, die auch nur ein wenig spieleaffin sind, sei es sehr ans Herz gelegt.

Bewertung vom 29.04.2018
Die Optimierer
Hannig, Theresa

Die Optimierer


sehr gut

Eine Gesellschaft, in der jeder Sozialpunkte sammelt und anhand dieser seinen unverrückbaren Platz in der Gesellschaft zugewiesen bekommt? Klingt wie Zukunftsmusik, gibt es in China aber tatsächlich. Theresa Hannig stellt in ihrem dystopischen Roman »Die Optimierer« die Frage, ob solch eine Gesellschaft das Paradies oder ein Alptraum wäre.

Samson Freitag ist Lebensberater. Anhand einer umfassenden Datenbank über jeden Bürger stellt er ein Profil seines Kunden zusammen, mit dessen Hilfe er den optimalen Platz für den Bürger in der Gesellschaft bestimmen kann. Einmal festgelegt kann ein Bürger seinen ihn zugewiesenen Platz nicht mehr verlassen, es sei denn, er sammelt massiv Sozialpunkte an. Samson ist glühender Verfechter des Systems, doch als er irrtümlicherweise beschuldigt wird, eine falsche Beratung gegeben zu haben, geht es auf einmal steil bergab mit ihm. Das System will ihn um jeden Preis optimieren, ob er nun will oder nicht.

Normalerweise wird so eine Dystopie eher aus der Sicht ihrer Gegner erzählt. Interessant ist hier, dass Samson, unser Protagonist, jedoch ein glühender Verfechter des Systems ist. Er selbst merkt gar nicht, was das für negative Auswirkungen auf ihn und sein Umfeld hat.

Die Menschen der nahen Zukunft gehen fast nur noch mit einer optischen Linse durch das Leben, das ihnen steten Zugang zu einem personifizierten Onlinefeed ermöglicht und über das sie ihre Umwelt steuern können, beispielsweise ihre Autos oder Fahrstühle. Segen oder Fluch? Scheinbar ist alles dadurch leichter und bequemer geworden. Gleichzeitig wird aber alles, was durch die Linse gesehen wird, ausgenommen, gespeichert und ausgewertet. So beziehen die Lebensberater beispielsweise auch ihre Daten für die Beratung und die Sozialpunkte eines jeden Bürgers werden auf dieser Grundlage berechnet. Es sind die totalen gläsernen Bürger.

Auch wenn Samson anfangs voll hinter diesem System steht, merkt man durch die Reaktion seiner Mitmenschen auf ihn und das, was er sagt, was in vielen anderen vor sich geht, wenn sie mit diesem System konfrontiert sind. Und dass das alles nur an der Oberfläche so toll erscheint, merkt man ohnehin schnell daran, als Samson auf einmal eine Menge Punkte verliert, ohne wirklich was dafür zu können.

Mich persönlich hat sehr schockiert, wie diese Gesellschaft mit psychischen Krankheiten umgeht. Da wird nicht lang gefackelt und anhand einer billigen Checkliste Samson eine paranoide Schizophrenie diagnostiziert, die vielleicht nicht einmal existiert. Und dann werden ihm dafür auch noch Sozialpunkte abgezogen! Für mich ist so etwas eine absolute Horrorvorstellung, pure Stigmatisierung, die extreme Folgen hat und zu einer sozialen Abwertung führt.

Das zentrale Thema des Romans ist ganz klar Überwachung durch den Statt, der die absolute Kontrolle über die Leben seiner Bürger hat und mit ihnen machen kann, was er will. Auch wenn zunächst alles ganz toll und rosig erscheint, erkennt man doch schnell, wie es unter der Oberfläche modert. Das ist kein feel good Roman, ganz im Gegenteil! Er löst durchaus Unbehagen aus, wenn man darüber nachdenkt, dass das alles gar nicht so unwahrscheinlich ist. Wie viele von uns geben schon jetzt ihr ganzes Privatleben auf Facebook preis? Viel zu viele. Der Schritt zu einer Gesellschaft wie der in »Die Optimierer« ist da weiß Gott nicht mehr so weit.

»Die Optimierer« ist ein Roman, den ich nur wärmstens empfehlen kann. Er regt zum Nachdenken an, ist gleichzeitig aber durch seinen eingängigen Schreibstil sehr zugänglich und ist zudem sehr aktuell! Aktueller, als man so denken mag.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 22.04.2018
Unter einem Banner (eBook, ePUB)
Brandt, Elea

Unter einem Banner (eBook, ePUB)


sehr gut

Wie schon bei Opfermond kam ich auch hier sehr schnell und sehr gut in die Welt hinein und hatte alsbald große Freude am Lesen. Elea hat einfach einen Schreibstil, der das einem unheimlich leicht macht. Außerdem schafft sie es einfach spielend, Charaktere zu erschaffen, die einem unheimlich schnell ans Herz wachsen mit all ihren Ecken und Kanten und liebenswürdigen Seiten und den kleinen Details.
Ich wollte mehr als nur einmal durch den Bildschirm meines eReaders greifen und Benrik für seine großmäulige Art links und rechts eine verpassen! Und gleichzeitig ging es mir doch sehr nahe, seinen Werdegang bei der Rückeroberung des Throns zu verfolgen, weil schnell klar wurde, dass unter der Maske des oberflächlichen Großmauls, das alles begattet, das nicht bei drei auf den Bäumen ist, ein ziemlich verletzlicher Mensch steckt, der endlich aus dem Schatten seines Vaters treten will.
Auch Reykan hat die vielen kleinen Details, die ihn einfach zu einem tollen Protagonisten machen. Er hat beispielsweise immer ein kleines Märchenbüchlein bei sich (ob wir diese Märchen vielleicht eines Tages in einem Spin off lesen dürfen?), aus dem er liest, wenn er etwas Trost braucht. Da es mir ebenso geht mit meinen Märchenbüchern, war das einer der vielen Punkte, die mir Reykan so sympathisch gemacht haben.
Vor dem Hintergrund der Rückeroberung des Throns ist »Unter einem Banner« vor allem eine Geschichte zweier Menschen, die aneinander wachsen. Reykan muss vergangene Traumata überwinden, ausgelöst durch den Krieg und den Verlust vieler vertrauter und auch geliebter Menschen. Gleichzeitig steht er immer wieder im inneren Konflikt mit seinen eigenen Bedürfnissen (so zum Beispiel, endlich dem Krieg zu entkommen, indem er aus dem Dienst austritt) und seinen Treueschwüren König und Land gegenüber (so zum Beispiel, als er sich dem Willen seines Königs beugt, der ihm den Austritt verweigert, und später, als er sich verpflichtet, Benrik zu helfen).
Für Benrik heißt diese Reise, aus dem Schatten seines Vaters zu treten und zu lernen, ein selbstständig und verantwortungsbewusst handelnder und Entscheidungen treffender König zu werden. Dabei muss er etliche Hürden überwinden und das Vertrauen seiner künftigen Untertanten gewinnen, in denen sich sein Bild eines hurenden Schönings festgesetzt hat. Er muss aus sich heraus wachsen und zeigen, dass er seines Erbes würdig ist.
Dabei unterstützen sich nach anfänglichen Startschwierigkeiten Benrik und Reykan gegenseitig. Das heißt auch, dass sich allmählich romantische Gefühle zwischen ihnen entwickeln. Manch einer mag homosexuelle Beziehungen in Büchern vielleicht nicht so. Denen sei gesagt: Ich persönlich fand diesen Aspekt des Romans als nicht allzu aufdringlich. Klar, er ist deutlich da, aber die persönliche Entwicklung der Charaktere steht immer noch im Vordergrund, von der das nur ein Teilaspekt ist. Außerdem fühlt es sich nicht an, als sei die homosexuelle Beziehung beider Charaktere nur drin, weil das gerade »in« ist, sondern wurde ganz im Gegenteil ganz natürlich eingeflochten. Mir persönlich hat auch dieser Aspekt des Romans zugesagt.
Auch weg von den Charakteren und hin zur Welt kann der Roman überzeugen. Das Mittelalterfeeling wurde toll zum Leser transportiert. So spricht der König beispielsweise von sich in der ersten Person Mehrzahl und es gibt Pfalzen. Positiv fiel zudem auf, dass wir auch die Folgen des Krieges für die einfache Bevölkerung zu sehen bekommen und nicht nur den Blick von oben auf die Situation erhalten. Das gibt dem noch einmal mehr Tiefe.

Bewertung vom 17.04.2018
Schnee wie Asche / Ice like Fire Bd.1
Raasch, Sara

Schnee wie Asche / Ice like Fire Bd.1


weniger gut

2.5*
So weit, so gut. Irgendwie erwartet man nach dieser Inhaltszusammenfassung vor allem ein Roman, in dem die Protagonistin in irgendwelchen entlegenen Winkeln herumkraucht, dem Amulett nachjagt und überhaupt allerhand Abenteuer quer durch die ganze Karte erlebt. Das, was der Leser dann am Ende bekommt, hat damit nur bedingt etwas zu tun, und das war in mehrerlei Hinsicht enttäuschend, nicht nur, weil man nicht wirklich das bekommt, was man erwartet.

Der Weltenbau ist durchaus interessant und macht neugierig. Wir haben die acht Magsignien, Amulette, in denen die Magie der jeweiligen Königreiche begannt ist. Derer gibt es acht: vier Rhythmus-Königreiche und vier Jahreszeitenkönigreiche. Mit den Magsignien können die Herrscher bestimmte Eigenschaften ihrer Untertanten verstärken, zum Beispiel Mut und Kraft. Mehr Magie gibt es nicht, weil die Quelle der Magie schon vor langer, langer Zeit verloren ging.

An und für sich eine interessante Ausgangssituation. Leider geht das völlig unter langweiligen Charakteren und einem 08/15 Plot verloren. Jahrelang begleitet Meira Mather, einen der wenigen Überlebenden, Altersgenosse und zukünftiger König von Winter – sollte das Reich jemals wieder auferstehen. Die beiden gehen durch dick und dünn und sind beste Freunde für’s Leben. Ganz nebenbei sind beide auch noch ineinander verknallt, aber das darf ja nicht sein, weil er der König ist und sie ein Niemand (das merken wir uns mal bitte). An und für sich geht das alles aber gut und ein sonderlich großer innerer und äußerer Konflikt entsteht dadurch aber nie. Sobald Mather aber an einer Stelle zusammen mit anderen durchtrainierten Männern mit nacktem Oberkörper erscheint, fliegt Meira förmlich das Höschen weg und sie verfällt in Begattungsstarre. Ach, auf einmal?!

Außerdem bringt uns das diese Stilblüte ein: »Mathers Bauchmuskeln, die aussehen, als könnten sie einen Kuhnacken durchtrennen, wirken neben Theron und drei duzend anderen Soldaten nicht mehr ganz so umwerfend.« (S. 188) Mir fliegt auch gleich was weg, und das ist ganz bestimmt nicht mein Höschen, sondern etwas deutlich stabileres.

Erinnern wir uns Meiras Stellung in der Gesellschaft: gemeines Fußvolk, das zufällig in die Position des letzten Widerstandes eines untergegangenen Volkes geriet. Das macht sie aber immer noch nicht zu einer politisch wichtigen Person, jedenfalls nicht für ein anderes Land außer Winter und Frühling, den beiden Konfliktparteien. Dennoch wenden sich die Rebellen mitsamt Mather an eines der Rhythmus-Königreiche, um ein Bündnis mit ihm gegen Frühling zu erwirken. Und was ist der Preis? Meira soll an den Kronprinzen des Reiches verheiratet werden. Wieso? Es erschließt sich mir absolut nicht. Sie hat keinerlei Wert für das Reich, da sie auch für Winter nicht diese Bedeutung nach außen hin hat. Warum sollte man darauf eingehen und den eigenen Kronprinzen an irgendwen verheiraten? Meira kann (zu diesem Zeitpunkt) nichts von Wert zu diesem Bündnis beitragen.

Zu diesem Zeitpunkt. Das ist das Stichwort. Denn wie es der Zufall so will, ist natürlich an Meira viel mehr dran, als es das Auge zunächst sieht. Der Roman kommt mit einer Menge Tropes daher und arbeitet diese nicht sonderlich kreativ auf. Rebellen, die für ihre Freiheit kämpfen, verschollene Erben, all der Kram.

Das macht den Roman zu einem kleinen Happen für zwischendurch. Es ist ok, wenn man ihn gelesen hat, aber sonderlich bereichernd war er nicht. Ein durchaus Interesse weckender Weltenbau geht unter einem Haufen langweiliger Charaktere und Widersprüchen unter.

Bewertung vom 11.04.2018
Palace of Glass - Die Wächterin / Palace-Saga Bd.1 (eBook, ePUB)
Bernard, C. E.

Palace of Glass - Die Wächterin / Palace-Saga Bd.1 (eBook, ePUB)


sehr gut

Manchmal nehmen Bücher einen ungewöhnlichen Weg bis zur Veröffentlichung. Mit dem ersten Roman von C.E Bernard, dem Pseudonym von Christine Lehnen, wollte es nicht klappen. Dabei war das der perfekte Roman, jedes Wort musste sitzen. Nachdem der aber nicht seinen Weg zu einem Verlag schaffte, beschloss sie, einfach drauf los zu schreiben, irgendwas, worauf sie gerade Lust hatte. Und weil sie es nun mal kann, schrieb sie den Roman eben auf Englisch und schickte ihn dann an eine Londoner Agentur. Die vermitteln nämlich weltweit. Es war die Ironie des Schicksals, dass ausgerechnet ein deutscher Verlag zuschlug. Und so kommt es, dass wir nun »Palace of Glass – Die Wächterin«, Teil 1 der Palace-Saga, in Händen halten dürfen.

Der Roman ist ein wahrer Pageturner. So viel steht auf jeden Fall fest. Auf ihn aufmerksam geworden bin ich auf der diesjährigen Leipziger Buchmesse während der großen Seraph Fantasynacht, wo die Autorin samt Roman einen sehr positiven Eindruck hinterlassen hat. Dieser bestätigt sich auch, nachdem ich den ganzen Roman las.

»Place of Glass« hat eine bemerkenswerte Sogwirkung. Der Leser wird zwar gerade am Anfang ziemlich mit Worldbuilding zugeschmissen, was zumindest bei mir zur Folge hatte, dass ich mir nicht merken konnte, welche Art von Magdalenen was kann. Aber gerade dieses Worldbuilding ist abgesehen von der etwas zu großen Masse gerade am Anfang ziemlich cool und wirklich gut gelungen. Bernard hat eine spannende nahe Zukunft erschaffen, bei der man unbedingt dabei sein will. Nun ja, zumindest beim Lesen, nicht in persona, denn es ist schon eine recht düstere, diktatorische Zukunft, die sie da erschafft.

Jeglicher Hautkontakt ist außer zur Fortpflanzung verboten, seit die Magdalenen entdeckt wurden. Das heißt, dass sich jeder extrem verhüllen muss, stets Handschuhe tragen und sogar die Hände werden mittels eines Kummerbund genannten Kleidungsstückes hinter den Rücken gebunden, damit man auch trotz Handschuhen ja niemanden berühren kann. Außerdem werden hohe Kragen getragen, die teils bis über den Scheitel gehen, damit man sich auch im Gesicht nicht berühren kann. Alles in der Gesellschaft ist darauf ausgelegt, dass auch ja kein auch noch so kleiner und unvorsichtiger Kontakt entstehen kann. Bernard beschreibt das alles sehr gut und hat das gut durchdacht, welche Mittel eine solche Gesellschaft ergreifen könnte, um Berührungen zu verhindern.

Überhaupt beschreibt Bernard vieles sehr eindrucksvoll. Besonders Stoffe, die für Rea als Schneiderin und Seide im Besonderen für alle Magdalenen eine besondere Rolle spielen, und auch die Kampfszenen stehen im Fokus und werden von der Autorin sehr eindrucksvoll beschrieben. Man merkt, dass sie sich dabei sehr viel Mühe gegeben hat, dem Leser diese Dinge, die einen nicht geringen Teil im Roman einnehmen, auch wirklich gut vor Augen zu führen. Und es ist gelungen! Mir hatte es immer sehr viel Spaß gemacht, die Kampfszenen zu lesen.

Des Weiteren schafft es die Autorin, einen sehr schönen Blick in das Innenleben der Protagonistin zu erzeugen. Rea lebt unter ständigem Druck und Angst, entdeckt werden zu können. Das ist eine große psychische Belastung für sie, und das kann der Leser sehr gut nachvollziehen.

Ein wenig sauer stieß mir dabei jedoch auf, dass ich völlig unvorbereitet über die Erwähnung von selbstverletzendem Verhalten gestoßen bin.

Bewertung vom 09.04.2018
Minusgefühle
Seelig, Jana

Minusgefühle


sehr gut

Warnung! Im Folgenden wird die psychische Erkrankung Depression behandelt, damit verbunden auch u.a. Suizidalität und SVV.

»Die Depression aber ist ein mieses Arschloch, das auch vor den größten Verantwortungen im Leben nicht halt macht.« (S. 109)

2015 schrie Jana Seelig in die Welt hinaus, was es heißt, an einer Depression erkrankt zu sein, einer Krankheit, die als Volkskrankheit Nr. 1 gilt und über die noch immer so viel Unwissen und Falschwissen kursiert, dass auch heute noch ein großer Nachholbedarf besteht. Ihr Buch »Minusgefühle – Mein Leben zwischen Hell und Dunkel« trägt seinen Teil zu dieser Aufklärung bei.

»Minusgefühle« ist ein Buch, das mich von der ersten Seite an angesprochen hat. Es gab einfach so viel, wo ich da saß, nickte und sagte: »Ja. So ist es!« Denn ich kann sehr gut Jana Seeligs Situation nachvollziehen. In unserer Gesellschaft ist es nicht leicht, an einer Depression erkrankt zu sein, das Stigma psychisch erkrankter Menschen ist immer noch stark. Es handelt sich dabei eben nicht um einen Schnupfen oder gar einen Beinbruch, man sieht die Krankheit nicht. Dabei ist es eben nicht mit einem »Dann reiß dich mal zusammen, dann wird das schon!« oder einem »Dann fahr halt mal für zwei Wochen in den Urlaub!« getan.

Man kann ein junger, dynamischer Mensch wie Jana Seelig sein, gute Noten, Erfolg im Job, in der Liebe, im Privaten haben, aber eine Depression macht davor nicht halt. Man steigert sich da nicht rein. Man ist nicht aufmerksamgeil. Man braucht nicht nur mehr Ablenkung und weniger Stress. Man kann sich auch nicht einfach zusammenreißen. Man springt da auch nicht auf einen Hypetrend auf. Man muss auch nicht »einfach nur« positiver denken. Denn »einfach nur« ist nichts an dieser Erkrankung.

»Warum kann ich nicht einfach einen Hirnturmor haben?« (S.25), fragt sich die Autorin. Eine Frage, die sich wahrscheinlich viele Erkrankte stellen. Mit einem Hirnturmor scheint man als Erkrankter viel akzeptierter zu sein – und vor allem bekommt man wesentlich schneller Hilfe. Therapieplätze für psychisch Erkrankte sind auch heute noch, 2018, heiß begehrt und viel zu rar, da die Krankenkassen, die Plätze der niedergelassenen Therapeuten künstlich beschränken. Neulich gab es im Spiegel (Nr. 11 10.3.18) einen guten Artikel zu dem Thema, in dem geschrieben stand, dass jeder Therapeut täglich 33 Stunden arbeiten müsste, um alle Erkrankten behandeln zu können.

Dabei ist Jana Seelig nicht immer auf den Mund gefallen. Sie spricht die Dinge an, wie sie sind, nimmt sich dabei nicht immer selbst ernst, denn so kann man immer noch am besten dem Schrecken dieser Erkrankung begegnen.

Dem Text ist eine Triggerwarnung vorangestellt und sie ist sehr angebracht. Es werden neben der psychischen Krankheit selbst auch unter anderem Drogen- und Alkoholmissbrauch, psychische und körperliche Gewalt, Suizidalität und selbstverletzendes Verhalten thematisiert. Daher sollte man das Buch nur lesen, wenn man weiß, dass diese Themen einen nicht triggern. Was mich aber noch zu einem anderen, allgemeinerem Punkt bringt: Ist es echt so schwer, nicht einfach vor jeden Roman eine Triggerwarnung zu setzen, in dem sensible Themen behandelt werden? Es wäre so einfach! »In diesem Buch werden psychische Erkrankungen behandelt.« Damit wäre es doch schon getan! Ich vermisse das so sehr in so gut wie allen Romanen. So eine Triggerwarnung spoilert nicht, macht das Lesen für viele Menschen um einiges leichter.

Man muss es eigentlich nicht noch einmal groß betonen: »Minusgefühle« ist ein sehr empfehlenswerter Text, wenn es darum geht, einen Einblick in das Leben eines an Depression erkrankten Menschen zu erhalten, wie es ist, mit dieser Krankheit zu leben, und was es heißt, damit sein Umfeld zu meistern. Ein Leben mit Depression ist möglich, man braucht nur ein wenig mehr Hilfe.


Ich danke dem Verlag für die Bereitstellung des Rezensionsexemplares!

Bewertung vom 28.03.2018
Flammenwüste Bd.1
El-Bahay, Akram

Flammenwüste Bd.1


weniger gut

Abbruch nach 214 Seiten

Der Beginn des Romans weckt durchaus Interesse. Schön baut der Autor die orientalisch anmutende Wüstenkultur auf. Auch sehr schön zu lesen ist, wie er die lokalen Legenden und Märchen in die Erzählung einfließen lässt und der Welt so mehr Tiefe verleiht.

Und dann … hört es eigentlich auch schon auf mit den guten Ideen. Nicht ganz gewöhnliches Wüstensetting und schöne Grundideen mit den Geschichten in der Geschichte hin oder her, man muss diese guten Ideen auch zu Papier bringen können. Und das kann Akram El-Bahay definitiv nicht.

Apropos Papier: Die Charaktere sind ebenso flach und interessieren mich absolut null. Es ist mir vollkommen egal, ob sie ihre große Liebe finden oder auf dem Weg dorthin gehäutet und gevierteilt werden. Außerdem weiß ich nach den knapp 200 Seiten von Anûr nichts weiter außer dass er einen Großvater hat und Geschichten erzählt. Wow. Much Charaktertiefe. Ach ja, vergessen wir die dämliche Kackbratze nicht.

Denn genau das ist er. Ich fasse es nicht, wie unglaublich dämlich er sich die ganze Zeit benimmt und selbst dann blindlings und mit wehenden Fahnen in Gefahren rennt, vor denen er ausdrücklich gewarnt wurde! Nachdem man eine aufregende und anstrengende Flucht hinter sich hatte, konnte ja keiner wissen, dass man müde wird, sobald man ein wenig zur Ruhe gekommen ist. Herrgott noch mal! Und dann ist es genau Anûrs Kamel, das mitten in einem Sandsturm panisch davonrennt – mit Anûr oben drauf. Zumindest die Kamele, die ich aus Dokus kenne, sehen in einem Sandsturm sehr entspannt aus. Die Probleme, mit denen sich Anûr auf seinem Weg konfrontiert sieht, wirken alle so dermaßen konstruiert und an den Haaren herbeigezogen, dass es weh tut!

Überhaupt, was kann der Junge eigentlich? Außer absolut jede Gefahr am Wegesrand mitzunehmen, meine ich. Er ist Geschichtenerzähler, scheint aber keine Ahnung von der Welt um sich herum zu haben. Es gibt Ghoulas in der Wüste? Konnte ja keiner wissen, auch wenn er tausend Geschichten über die kennt! Ein bisschen weniger Naivität den Risiken seiner Reise gegenüber würde ihm ganz gut zu Gesicht stehen.

Diverse Tropes müssen natürlich auch ausgereizt werden, unter anderem die Jungfrau in Nöten. Da ploppen mythische Kreaturen auf und wollen einen fressen. Aber da liegt doch die schöne Jungfer in Nöten und muss unter Einsatz des Lebens gerettet und sofort schlägt das Schwanzbarometer aus. Kann mir keiner sagen, dass nicht ab dem ersten Auftauchen dieser besagten Dame der Loveinteresst klar war. Sie ist ja SO!SCHÖN!

Und dann noch das Lektorat, wozu mir nur eines einfällt: Ernsthaft?! Es war die Seite 191, die dafür sorgte, dass mir beinahe die Augen aus dem Kopf fielen. Ich bin schon vorher über einige unglückliche Satzkonstruktionen gestolpert, denen es sicher gut getan hätte, wenn man schlicht die Satzglieder lesefreundlicher umgestellt hätte. Seite 191 setzte dem jedoch die Krone auf. Auf einer einzigen Seite tauchte ganze sechs Mal das Wort »sieh« auf. Sieh da! Sieh hier! Sieh dort! Und von diesen sechs Mal wurde es geschlagene drei Mal falsch »sie« geschrieben. Aua! Fiel das nicht auf?

Mein Fazit zu diesem Buch lautet schlicht nein.Von dem Drachen habe ich auf diesen 214 Seiten nicht viel mitbekommen, aber nachdem der ganze Rest so eine Katastrophe ist, ist es auch nicht wirklich schade darum. Die Charaktere und ihre Schicksale interessieren mich kein Stück, weil sie alle flach wie ein Brett sind und mit Tropes wird auch noch fröhlich um sich geworfen. Und Anûr selbst ist überhaupt die größte Katastrophe in desem Wortunfall.

0 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 19.03.2018
Opfermond
Brandt, Elea

Opfermond


sehr gut

2017 veröffentlichte Elea Brandt ihren Debütroman »Opfermond«, ein Fantasy-Thriller, der in der rauen Wüstenstadt Ghor-El-Chras spielt und mittlerweile auch für den zweiten Deutschen Phantastik Preis in der Kategorie Bestes Debüt nominiert ist. Verdient!

In den finsteren Gassen von Ghor-El-Chras finden sich täglich zahllose Mordopfer, meist nur arme Schlucker, die niemand vermisst. Doch dieses Mal ist der Sohn eines einflussreichen Stadtherren darunter. Der Mörder Varek wird damit beauftragt, den Mörder zu stellen. Auch die Hure Idra ist daran interessiert, den Mord aufzuklären, denn die Täter scheinen auch mit dem Tod ihrer Freunde in Verbindung zu stehen. Zusammen entdecken die beiden dabei jedoch eine viel größere Gefahr, als sie zunächst geahnt hatten.

Wer mit dem Lesen dieses Romans anfängt, sollte eine Weile einplanen. Nicht etwa, weil das Buch so lang ist, sondern weil es, wenn man erst einmal beginnt, einen nicht mehr los lässt und es so leicht passieren kann, dass dann mal eben ein ganzer Tag rum ist – und ein Buch durchgelesen.

Der Roman kann nicht unbedingt durch seine absolut unvorhergesehen Plottwists bestechen, denn das sind sie nicht wirklich. Aber das ist nicht schlimm, denn dafür tischt uns Elea Brandt einige wunderbare Charaktere auf. Besonders Idra mit ihrer großmäuligen Art – sie ist absolut nicht auf den Mund gefallen – hat damit einen gewissen Charme. Auch die Dynamik zwischen den Charakteren macht sehr viel Spaß und ist einfach wunderbar zu verfolgen.

Durch die Konstellation der Protagonisten, ihre Charaktereigenschaften und ihre Hintergründe ergeben sich einige spannende Konstellationen, die den Plot vorantreiben und ihm ein sehr natürliches Empfinden geben. Idra beispielsweise weiß, dass alles seinen Preis hat, was auch für Informationen gilt, weshalb sie das, was sie weiß, nicht so einfach Varek preisgeben will. Hätte sie es gemacht, wäre der Fall wesentlich schneller gelöst, das ahnte sie jedoch zu dem Zeitpunkt noch nicht. Zudem traute sie Varek nicht über den Weg, was allerdings auf Gegenseitigkeiten beruht.

Ein ganz besonderer Genuss während der Lektüre waren die Dialoge. Sie fühlen sich absolut natürlich an und sind Elea Brandt wirklich gut gelungen. Ich wagte zu behaupten, dass sie wirklich das Beste am ganzen Roman sind. Durch sie bringt Elea die Figuren wunderbar zum Leser und gestaltet sie absolut plastisch. Nichts wirkt irgendwie gekünstelt, alles passt.

Und dann das Ende! Es ist kein Happy End, kann es vielleicht auch gar nicht geben. Ghor-El-Chras ist ein hartes Pflaster und es geht hier düster und hart zu. Da ein Happy End zu erwarten, hätte einfach nicht gepasst. Vielmehr ist es ein wehmütiges, aber auch sehr gefühlvolles Ende, der Roman hätte nicht passender abschließen können.

Einziger Wehmutstropfen: Varek, auch wenn er ein Charakter ist, der mir grundsätzlich gefällt, war hin und wieder zu selbstmitleidig. Sein Selbsthass und seine Verachtung für das, was er unfreiwillig tun muss, passt, jedoch kommt es manchmal einfach zu häufig und zu stark durch. Etwas weniger wäre hier mehr gewesen.

Das bleibt jedoch nur ein kleiner Kratzer. Trotzdem ist das Buch ein absolut gelungenes Debüt und wird auch nicht mein letztes sein, das ich von der Autorin lese. »Opfermond« ist jedem zu empfehlen, der nicht gerade zart besaitet ist und düstere Fantasy mag.

Bewertung vom 22.02.2018
A Natural History of Dragons
Brennan, Marie

A Natural History of Dragons


ausgezeichnet

Das Buch ist geschrieben, als sei es ein tatsächliches Memoir der mittlerweile alternden Lady Trent, die auf ihr Leben zurückblickt. Der erste Teil der Reihe »A Natural History of Dragons« schaut auf ihre jungen Jahre und die Wurzeln ihrer Reputation als bedeutende Drachenforscherin zurück. Der Stil des Memoirs ist daher vielleicht etwas eigen, aber gerade das lässt das Buch aus der Masse an Fantasy herausstechen: Es ist einmal etwas erfrischend Anderes.

Das bringt lediglich den Nachteil mit sich, dass einige der Charaktere und die Beziehung zwischen einigen Charakteren hinten über fallen. Lady Trents Fokus liegt eben auf ihrer Entwicklung als Drachenforscherin, worin ihre Familie bis auf ihren Vater, der sie an einen nachsichtigen Ehemann verheiratete, anscheinend keine große Rolle spielte. Daher fehlt so ein wenig die Dynamik zwischen Tochter und Eltern. Auch die Entwicklung ihrer Beziehung zu Jacob, ihrem Ehemann, bleibt eher blass und lässt sich nur erahnen.

Dafür bekommen wir ein sehr genaues Bild von Lady Trent. Sie ist ein wirklich bemerkenswerter Mensch. Der Roman spielt in einer komplett erdachten Welt, jedoch mit viktorianischen Anlehnungen vor allem in der Kultur der Menschen. So ist es für die junge Isabella zum Beispiel ganz und gar nicht angebracht, sich für Naturwissenschaften zu interessieren. Das tut sie jedoch mit einer solchen Leidenschaft, dass auch ihrem Vater klar wird, dass ihr das nicht auszutreiben ist, ohne ihr jegliche Lebensfreude zu nehmen. Isabella schafft es jedoch, sich in einer Gesellschaft durchzusetzen, die ihr mehr »weibliche« Beschäftigungsfelder vorschreiben will, in denen sie jedoch größtenteils keine Freude findet. Trotz allem gesellschaftlichen Druck schafft sie es sich durchzusetzen und kommt schließlich an ihre Drachen und damit zur Erfüllung ihres Lebenstraumes. Zudem kann sie dabei auch noch mit ihrem Intellekt beeindrucken und sich somit in gewissen Kreisen eine kleine Reputation aufbauen.

Überhaupt ist Isabella ein faszinierender Charakter. Es ist eben doch nicht normal, mit neun Jahren auf die Idee zu kommen, eine tote Taube zu sezieren. Mich haben in diesem Alter zwar im Fernsehen auch fast nur die Naturdokus interessiert, dennoch wäre ich entgegen Isabella nicht auf die Idee gekommen, mich mit Fachliteratur zu diesem Themenfeld zu beschäftigen – oder eben tote Tiere aufzuschneiden, um zu sehen, was drin ist. Das macht Isabella zu einem ungewöhnlichen Charakter, der immer wieder mit seinem Umfeld und dessen gesellschaftlichen Normen in einem Spannungsfeld steht. Zu sehen, wie sie damit umgeht und die Situation zu ihrem Besseren wenden will, ist faszinierend.

Isabella erinnert an Shallan aus Brandon Sandersons Stormlight Archive – wenn auch mit dem Unterschied, dass dort die Wissenschaften ein nahezu ausschließlich weibliches Beschäftigungsgebiet ist und sich Shallan da nicht erst gegen diese Art von gesellschaftlichen Normen stemmen muss. Trotzdem: Beide sind starke, durchsetzungsfähige junge Frauen, die einen außergewöhnlichen Intellekt besitzen und sich gegen alle Widrigkeiten durchbeißen können.

Auch wenn das Buch als Memoir geschrieben ist, so ist es doch ein waschechter Abenteuerroman. Auf in den wilden Westen! Nur eben mit Drachen. Das Buch macht viel Spaß beim Lesen und bietet eine Menge Kurzweil.

Als i-Tüpfelchen obendrauf ist das Design des Buches ein echter Hingucker. Nicht nur das Cover sieht umwerfend aus, auch im Buch selbst gibt es einige wirklich gelungene und sehenswerte Illustrationen von Örtlichkeiten und vor allem Drachen, die im Buch auftauchen.

Alles in allem ist das Buch eine ausgesprochene Empfehlung für alle Liebhaber der Fantasy und vor allem für die, die endlich mal wieder einen vernünftigen Drachen-Roman lesen wollen. Eine starke Frauenfigur, Abenteuer satt und Drachen obendrauf. Was will man mehr?