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Hoelzchen

Bewertungen

Insgesamt 57 Bewertungen
Bewertung vom 03.10.2024
Als wir nach den Sternen griffen
Herold, Theresa

Als wir nach den Sternen griffen


ausgezeichnet

Mit diesem Roman reisen wir zurück ins Jahr 1989. Die Unzufriedenheit in der DDR wächst und die Einwohnerinnen und Einwohner werden mutiger. Einigen von ihnen gelingt im Sommer 1989, die Flucht in die Botschaft der BRD in Prag. Auch Tobias, ein junger, alleinerziehender Vater aus Halle, hört von diesen Geschehnissen. Seit seine Frau Doreen Republikflicht begangen hat, steht er stets im Visier der Stasi. Kurzerhand beschließt er mit seiner vierjährigen Tochter auch die Reise nach Prag zu wagen. Auch er verschafft sich Zutritt in die Botschaft. Dort lernt er die junge Botschaftsangestellte Judith kennen und zwischen den beiden entwickelt sich eine tiefe Zuneigung. Immer mehr DDR-Bürgerinnen und Bürger finden Zuflucht in der Botschaft. Am Ende sind es tausende die dort ausharren und auf die Ausreise in die BRD hoffen. Die Situation wird immer unzumutbarer und die BRD setzt alle Hebel in Bewegung um eine Lösung herbeizuführen. Dann endlich besucht Außenminister Genscher die deutsche Botschaft in Prag und erlöst alle Beteiligten mit dem Satz der in die Geschichte einging. Wird es für Tobias und Judith eine Zukunft geben?
Die Autorin Theresa Herold hat es mit ihrem neuen Roman sofort geschafft, mich zu fesseln. Die Lektüre ist spannend und abwechslungsreich geschrieben und obwohl man den Ausgang der Geschichte kennt (abgesehen von der Liebesgeschichte) ist man neugierig, wie die einzelnen Entwicklungsschritte sich ergeben. Eine aufregende Zeit für uns alle, egal ob Ost- oder Westbürger. Ich war damals Anfang zwanzig und habe im Westen gelebt. Natürlich verfolgte man die Ereignisse und war über die Medien informiert. Tatsächlich habe ich mir damals überhaupt keine Gedanken darüber gemacht, welche Zustände damals in der Botschaft geherrscht haben müssen. In der Nachbetrachtung ist es logisch, dass die hygienischen Zustände, die Schlafsituationen und die Bereitstellung der Versorgung allen Beteiligten viel abverlangten. Das zeigt dieser Roman in aller Deutlichkeit und Umfang. Mit Tobias und Judith hat die Autorin zwei sympathische Protagonisten geschaffen und je nach Kapitel wird die Situation aus deren Sicht geschildert. Tobias Beweggründe lassen sich gut nachvollziehen und auch Judiths Gedanken sind authentisch dargestellt. Der Roman schafft ein gutes Gleichgewicht, es wird nie kitschig. Theresa Herold bietet uns eine tolle Kombination zwischen Unterhaltung und historischen Ereignissen. Es macht einfach großen Spaß, dieses Buch zu lesen. Das Buchcover zeigt die Zuflucht in die Botschaft und ist passend gewählt. Lediglich mit dem Titel hadere ich ein wenig.
Vor 34 Jahren feierten wir die Wiedervereinigung und es ist gut, dass es immer wieder Neuerscheinungen von Romanen gibt, die uns an die Vergangenheit erinnern und somit auch jüngeren Generationen Geschichte in unterhaltsamer Form zugänglich gemacht werden kann.

Bewertung vom 03.10.2024
Kasino
Sahler, Martina;Wolz, Heiko

Kasino


ausgezeichnet

Das bekannte Autorenteam Martina Sahler und Heiko Walz versteht sich auf historische Romane. Der neue Roman versetzt die Leserschaft ins Jahr 1847. Die junge Claire Engel möchte gerne Croupière in der Spielbank in Baden-Baden werden. Doch die Zeit ist noch nicht reif dafür. Man gibt ihr eine Stelle als Garderobenfrau im Casino. Durch ihre freundliche und umsichtige Art gewinnt sie schnell neue Freunde und auch eine Liebesbeziehung zu einem Mann bahnt sich an. Dann plötzlich ist ihr großer Tag gekommen und sie darf am Roulettetisch arbeiten, doch Missgunst seitens der Kollegen kommt auf und das Auftauchen ihres Bruders bringt ihr Ansehen in Gefahr.
Ich bin immer wieder erstaunt, wie ideenreich das Autorenduo daherkommt. Als Schauplatz haben sie nun also das mondäne Baden-Baden gewählt. Auch wenn heute der Glanz von früher vermutlich verschwunden ist, so ist die Stadt mit Casinos verknüpft, wie keine andere in Deutschland. Noch meine Eltern sprachen mit Ehrfurcht über Baden-Baden. Umso schöner, einen Roman über dieses Städtchen zu lesen. Martina Sahler und Heiko Walz schaffen es, uns die Geschichte der Stadt und das Flair, welches herrschte, näher zu bringen. Hintergründe und Entstehung werden anschaulich beschrieben. Verpackt in einem Unterhaltungsroman um die sympathische Protagonistin Claire Engel. Eine Frau, die ihrer Zeit voraus ist und die willensstark an ihren beruflichen Plänen festhält und ein modernes Leben führen möchte. Der Roman lässt sich sehr gut lesen. Man findet einen modernen, flüssigen Schreibstil mit kurzen Kapiteln, die abwechslungsreich sind. Man merkt dem Roman nicht an, dass ein Duo dahintersteckt. Es gibt keine Brüche und der Text ist geschmeidig. Informativ ist auch das Nachwort und ein weiterer Teil ist in Planung. Ich freue mich darauf.
Für die Leserschaft dieses Genres ganz klar eine Leseempfehlung.

1 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 25.09.2024
Ein anderes Leben
Peters, Caroline

Ein anderes Leben


sehr gut

Ein anderes Leben ist das Debüt der Schauspielerin Caroline Peters, welche ich sehr schätze und somit auch neugierig auf diesen Roman war. Erzählt wird das Leben von Hanna. Sie kommt in den 1930er Jahren auf die Welt, verliert im Krieg ihren Vater und flüchtet mit Mutter und Geschwister in den Westen. Als Studentin hat sie neben ihrem Freund aus Kindheitstagen noch zwei weitere Freunde. Diese drei Männer werden im Laufe ihres Lebens ihre Ehemänner und von allen bekommt sie eine Tochter. Die jüngste Tochter ist die Erzählerin dieser Geschichte. Sie lässt uns teilhaben an das Familienleben, welches man wohl als unkonventionell bezeichnen kann. Hanna ist in ihrem ganzen Leben auf der Suche, vielleicht ist sie auch der Zeit voraus, aber in ihrem Verhalten ambivalent. Mal modern, mal konservativ. Einfach haben es Männer und Töchter nicht mit ihr. Bewundernswert, dass alle gut miteinander auskommen. Die Väter bleiben Freunde, auch die vielen Großelternpaare verstehen sich, sie bilden eine große, harmonische Familie.
Die Ich-Erzählerin springt in ihrer Erzählung in den Zeitebenen hin und her, so dass es der Leserschaft nicht immer leicht gemacht wird, den roten Faden zu behalten. Dennoch lässt sich der 240 Seiten umfassende Roman gut lesen und Caroline Peters behält das Wesentliche im Auge. Beim Lesen reflektiert man automatisch die eigene Familiengeschichte, denkt über Verluste nach und erkennt Parallelen. Das farbenfrohe Buchcover verrät nicht viel und regt zum Nachdenken an: das Leben als Seifenblase, die irgendwann platzt? Wie dem auch sei. Ich hatte eine gute Lesezeit und empfehle das Buch gerne weiter.

Bewertung vom 08.09.2024
Im Warten sind wir wundervoll
Inden, Charlotte

Im Warten sind wir wundervoll


gut

Romane mit historischen Bezügen aus der Nachkriegszeit, gehören zu einem meiner Lieblingsgenres. Immer wieder bin ich überrascht, wie vielfältig die Geschichten sein können. In diesem Roman lese ich nun zum ersten Mal von den „War Brides“. So nannte man die Frauen, die sich hier in Deutschland in einem amerikanischen Soldaten verliebten und denen die Amerikanische Regierung erst nach einiger Zeit ein Visum gewährte, um in die USA einzueisen und dann innerhalb kürzester Zeit zu heiraten. Um solch eine Geschichte geht es in erster Linie in diesem Roman, der zwei Handlungsstränge aufweist. In der Vergangenheit geht es um die junge Studentin Luise Adler, die sich in einem amerikanischen Soldaten verliebt. Als seine Dienstzeit in Deutschland endet und er zurück in die USA muss, hoffen die beiden auf ein schnelles Wiedersehen, aber die amerikanischen Behörden machen ihnen das Leben schwer. Schließlich ist es soweit und Luise darf als „War Bride“ in die USA reisen. Sie landet in New York am Flughafen, alle weiteren Frauen werden von ihren Verlobten abgeholt, nur Luise nicht. Ihr Verlobter Joseph Hunter ist nicht da. Flughafenangestellte nehmen Anteil an Luises Situation und unterstützen sie bei der Suche nach Joseph. In der zweiten Erzählebene reist Luises Enkelin 70 Jahre später von Deutschland nach New York. Dort will sie ihren deutschen Verlobten mit einem Besuch überraschen, denn er verbringt dort ein Auslandssemester. Auf dem langen Flug nach New York, beginnt sie ihrem Sitznachbarn Luises Geschichte zu erzählen und zwischen den beiden entwickelt sich schnell eine enge Vertrautheit.
Der Schreibstil von Charlotte Iden ist modern und recht einfach gehalten, leider fehlt mir die Tiefe. Vieles wird angerissen, aber es wird nur an der Oberfläche gekratzt. Das ist wirklich schade, denn die Geschichte und ihre Protagonisten hätten mehr Potential gehabt. Ich habe den Roman im E-Book Format gelesen. Hier haben die Kapitel keine Überschriften. Lediglich eine Kombination von arabischen und römischen Zahlen. Hier wären Überschriften sehr wünschenswert und hilfreich oder zumindest Jahreszahlen. Ziemlich hilflos manövrierte ich mich durch das Buch, da nicht immer sofort klar war, in welcher Handlung man gerade steckte. So dauerte es auch, bis ich einen Zugang zum Buch fand. Das Buchcover ist wenig aussagekräftig, aber ganz ok. Das Nachwort der Autorin ist informativ und trägt zum Verständnis bei.
Leider hat mich der Roman in dieser Form nicht überzeugen können, so dass ich nur 3 Sterne vergeben möchte.

Bewertung vom 08.09.2024
Der Morgen nach dem Regen
Levensohn, Melanie

Der Morgen nach dem Regen


ausgezeichnet

Johanna ist Anfang sechzig und hat viele Jahrzehnte in New York gelebt und für die UN gearbeitet. Nun hat sie das Haus ihrer verstorbenen Tante geerbt und ist nach Deutschland zurückgekehrt. Ihre Tochter Elsa ist aus beruflichen Gründen von New York in die Niederlande gezogen. Johanna und Elsa hatten vor einigen Jahren ein Zerwürfnis und haben sich entfremdet und pflegen kaum noch Kontakt zueinander. Nun hat Elsa gesundheitliche Probleme. Sie braucht eine Auszeit und will sich in Deutschland im Haus ihrer Mutter erholen. Das Zusammentreffen reißt alte Wunden auf und die Stimmung ist schlecht. Es braucht lange, um wieder zueinander zu finden und klärende Gespräche führen zu können.
Was für ein Roman! Auch in der Nachbetrachtung bin ich immer noch tief berührt und meine Gedanken sind bei diesem Buch. Melanie Levensohn ist wirklich eine Meisterin darin, die Gefühle ihrer Protagonistinnen ohne wenn und aber aufzuzeigen. Häufig schlägt man sich beim Lesen von Romanen als Lesende auf die Seite einer Person und Sympathien dominieren in eine Richtung, doch hier ist es anders. Die Autorin schafft es, dass ihre Leserschaft Verständnis und Mitleid für beide Protagonistinnen aufbringt. Die Erzählungen über Johannas Tätigkeiten bei der UN sind brillant und ich hatte das Gefühl, bei den Einsätzen dabei zu sein. Ich habe sehr viel über diese Arbeit erfahren und danke der Autorin, dass sie uns daran teilhaben lässt. Mit diesem erworbenen Wissen, ist meine Wertschätzung für die Angestellten der UN nochmals gestiegen. Es gibt viele Stellen in diesem Roman, die unter die Haut gehen, berühren und traurig machen. Doch es gibt auch Hoffnung: es ist nie zu spät, Situationen zu ändern, egal in welcher Lage man sich befindet und wie immer stellt man fest: Reden hilft.
Johanna und Elsa sind mir sehr ans Herz gewachsen und ich hätte sie gerne noch ein bisschen länger begleitet. Das wunderschön gemalte Buchcover mit den fröhlichen Farben stimmt positiv und ist gut gewählt. Der Schreibstil der Autorin gefällt mir so gut, dass ich mir nun ihren Debütroman zulegen werde. Für „Der Morgen nach dem Regen“, auch der Titel ist sehr passend, wie man am Ende des Buches feststellen wird, gibt es von mir 5 Sterne.

Bewertung vom 08.09.2024
Zwei in einem Leben
Nicholls, David

Zwei in einem Leben


ausgezeichnet

„Zwei in einem Leben“ von David Nicholls habe ich an einem Tag durchgelesen. Dieses Bedürfnis habe ich nicht oft und sagt eigentlich schon alles über diesen wunderbaren Roman aus. Mit Michael (42 Jahre) und Marnie (38) hat David Nicholls zwei sympathische und authentische Protagonisten geschaffen. Die beiden sind alleinstehend, tragen beide noch das Päckchen ihrer gescheiterten Ehen mit sich, leben sehr zurückgezogen und habe eine gemeinsame Freundin: Cleo. Um Michael und Marnie aus ihren Schneckenhäusern zu holen, hat sie die Idee einer mehrtägigen, gemeinsamen Wanderung mit weiteren Freunden und Bekannten. So trommelt sie sieben Personen zusammen. Michael wird der Guide sein, denn seine Passion ist das Wandern, was sich gut mit seinem Job als Erdkundelehrer vereinbaren lässt. Michael will eigentlich nur seine Ruhe haben, widerwillig beugt er sich Cleos Wunsch. Zum Start der Wanderung gibt es schon zwei Absagen und nach einer Nacht springen drei weitere Personen ab. Michael hofft, dass auch die übriggebliebene Marnie, die als freie Lektorin im Homeoffice arbeitet, abbrechen wird und er nun endlich seine Ruhe finden wird. Doch Marnie, untrainiert wie sie ist, findet Gefallen an der Wanderung und so durchqueren sie gemeinsam Großbritannien von Küste zu Küste. Die anfängliche Abneigung wandelt sich in Sympathie und sie entdecken mehr und mehr Gemeinsamkeiten.
Oft merkt man schon auf den ersten Buchseiten, ob der berühmte Funke überspringt, wie es hier der Fall ist. Ich kenne bislang keine Romane von David Nicholls. Was für ein Versäumnis, denn ich habe mich somit um einen großen Lesespaß gebracht. Dies gilt schleunigst zu ändern. Sein moderner und humorvoller Schreibstil gepaart mit einer amüsanten Geschichte, trifft genau den richtigen Ton eines guten Unterhaltungsromans. So viele kleine Wahrheiten stecken in diesem Roman, und immer wieder ertappte ich mich beim Lesen mit zustimmendem Nicken. Auch die Bezüge zur überstandenen Pandemie gefallen mir sehr gut. Aktueller kann ein Roman nicht sein. Der Romanaufbau ist übersichtlich und die Kapitel sind abwechselnd aus der Sicht Michaels und Marnies geschrieben. Das schafft Nähe und lässt sie besser verstehen und einordnen. Sehr gut gefallen mir auch die Kartenskizzen, diese veranschaulichen die Wanderung von Küste zu Küste und man hat das Gefühl dabei zu sein. Das moderne Buchcover ist perfekt gewählt und hat etwas von einer optischen Täuschung. Je nach Betrachtungsweise sieht man zwei Gesichter oder eine Landkarte. Ich mag solche Bilder. Viel zu schnell hatte ich die 438 Seiten beendet und war wirklich ein bisschen traurig Michael und Marnie loszulassen. Ich habe sie liebgewonnen und hätte sie gerne noch länger begleitet. Eine Fortsetzung würde ich mich sehr wünschen.

Bewertung vom 07.09.2024
Die Unmöglichkeit des Lebens
Haig, Matt

Die Unmöglichkeit des Lebens


sehr gut

Die Engländerin Grace Winters ist eine 72jährige, pensionierte, verwitwete Mathematiklehrerin. Überraschenderweise kommt sie zu einer Erbschaft: Christina, eine Arbeitskollegin, die nach Ibiza ausgewandert ist und zu der sie seit über 40 Jahren keinen Kontakt mehr hatte, hat Grace ihr Haus auf Ibiza vererbt. Zwar ist Grace sehr verwundert, dass das Haus ihr zugedacht ist und ganz gegen ihre Art reist sie nach Ibiza. Bei ihrem Versuch, etwas über Christina und ihren Tod in Erfahrung zu bringen, trifft sie auf Christinas engen Freund Roberto. Er schlägt Grace einen gemeinsamen Tauchgang im Mittelmeer vor, dieser soll Grace helfen, die Dinge besser zu verstehen. Was sie dann erlebt, ist unglaublich, mystisch und paranormal und bringt Grace weiteres Leben durcheinander. Die neu gewonnenen Fähigkeiten helfen ihr, mit ihren Selbstzweifeln besser umzugehen und sie wird endlich Frieden finden.
Für mich ist dies der erste Roman von Matt Haig und ich habe mich für die Hörbuchfassung entschieden, weil ich die Sprecherin Leslie Malton als Schauspielerin sehr zu schätzen weiß. Der Klappentext verspricht einen unterhaltsamen Roman, was er auch definitiv ist, mir jedoch dann doch zu sehr ins mystische abdriftet, denn ich gehöre nicht zur Leserschaft von Fantasyromanen. Dennoch hatte ich meinen Spaß und habe mich gut unterhalten gefühlt, was vor allen Dingen an der hervorragenden Leistung von Leslie Malton liegt. Ihr zuzuhören ist einfach toll und sie macht diesen Roman zu einem wirklichen Erlebnis. Ob ich diesen Enthusiasmus beim geschriebenen Roman entwickelt hätte, weiß ich nicht. Mit Grace Winters hat Matt Haig eine sympathische Protagonistin geschaffen und der Schreistil beeindruckt mich durchaus. Komplexe Themen werden angesprochen und die Freude am Schreiben und Recherchieren ist klar zu erkennen. Die Inselbeschreibungen sind wunderschön und umfangreich. Auch wenn man, so wie ich, Ibiza nicht kennt, kann man sich alles sehr gut vorstellen und man bekommt Lust, diese Insel zu besuchen und auf den Spuren von Grace zu wandern. Aber bitte ohne paranormale Ereignisse.
Von mir gibt es 4 Sterne Leseempfehlung.

Bewertung vom 07.09.2024
Und morgen wieder schön
Sand, Marie

Und morgen wieder schön


ausgezeichnet

Der Roman umfasst zwei Teile. Der erste Teil beginnt 1968. Amanda ist noch nicht volljährig, kommt aus der rheinischen Provinz und hat bislang im Friseursalon ihrer Mutter gearbeitet. Doch das reicht ihr nicht und in einer Nacht und Nebel Aktion reist sie nach Paris. Dort hofft sie, ihre Träume verwirklichen zu können. Doch aller Anfang ist schwer. Es läuft nicht so wie erwartet, aber dank ihrer Freunde Catherine und Ben gibt sie niemals auf und der Erfolg stellt sich ein. Nachdem Amanda vier Jahre in Paris gelebt hat, kehrt sie 1976 nach Deutschland zurück. In Berlin öffnet sie ihren eigenen Friseursalon und dieser zweite Teil des Romans umfasst die Zeit bis 1981. Amanda arbeitet sehr unkonventionell und Reichtümer kann sie mit dieser Arbeitsweise nicht erwerben, doch ihre Kundinnen wissen ihre Arbeit zu schätzen. Nach der Brustkrebserkrankung ihrer Freundin erkennt sie ihre wahre Passion und sie leistet einen wertvollen Beitrag, Frauen zu unterstützen, um den Verlust der Haare während einer Chemotherapie besser verkraften zu können.
Marie Sand hat uns mit ihrem Buch „Und morgen wieder schön“ einen sehr berührenden Roman geschenkt. Während der erste Teil von der Leichtigkeit der Jugend erzählt, denn Amanda und Catherine sind zwei unerschrockene Frauen und leben ihr Leben, müssen wir im zweiten Teil erkennen, dass es das Leben nicht immer gut mit uns meint. Die Autorin schafft es, genau den richtigen Ton zu treffen: emotional, aber nie kitschig. Auf 284 Seiten beschränkt sie sich auf das Wesentliche und als Leserin erkennt man, dass es genauso richtig ist. Nicht zu viel und nicht z wenig. Der Roman wird mich noch einige Zeit beschäftigen und da leider immer noch viel zu viele Frauen an Brustkrebs erkranken, sind diese Bücher so wichtig. So gibt uns dieser Roman ein gutes Signal: auch in einer Krise muss niemand allein sein und darf auf Unterstützung hoffen. Sowohl von Freunden und Freundinnen, wie auch von Fremden, die wie Amanda, einfach nur helfen wollen.
Wie man im Nachwort erfährt, gab es in Berlin die Friseurmeisterin Elisa Leimbach. Ihr Leben und ihre Arbeit hat Marie Sand zu diesem wunderbaren Roman inspiriert. Vielen Dank dafür und eine absolute Leseempfehlung mit 5 Sternen.

Bewertung vom 07.09.2024
Hortensientage
Inusa, Manuela

Hortensientage


ausgezeichnet

Hortensientage ist für mich der erste Roman der Autorin Manuela Insusa und der Funke ist sofort übergesprungen. Es ist ein sehr persönlicher Roman, denn wir werden an der Lebens- und Liebesgeschichte ihrer Großeltern Lisa und Werner teilhaben. Der Roman ist in abwechselnden Zeitebenen geschrieben. Oma Lisa ist verwitwet und lebt in einem Seniorenheim in Hamburg. Sie ist eine lebensbejahende Frau. Sie ist mittlerweile 87 Jahre und macht das Beste aus ihrer Situation, ist kontaktfreudig und hat im Heim schon viele Freundschaften geschlossen. Regelmäßig bekommt sie Besuch von ihrer Enkelin Ela. Die beiden sind sehr eng miteinander und Ela ist als Autorin immer auf der Suche nach Romanideen. Ela ist realistisch und weiß, dass in naher Zukunft ihre Oma diese Welt verlassen wird und mit ihr die vielen ungesagten Lebenserlebnisse. Sie drängt Lisa, ihr mehr zu erzählen, doch Lisa möchte die traurigen Erlebnisse für sich behalten, doch als sie merkt, wie wichtig es Ela ist, öffnet sie sich und Ela erfährt viele neue Familiengeschichten.
Der 330 Seiten umfassende Roman hat mich von Beginn an überzeugt. Der lockere und moderne Schreibstil ließ mich nur so durchs Buch fliegen. Die Protagonistinnen muss man einfach liebhaben. Lisa ist im Geburtsjahr meiner Tante geboren und somit hatte ich gleich Bilder vor Augen. Oft fühlte ich mich beim Lesen an meine eigene Familiengeschichte erinnert, denn diese Generation hat so unfassbar viel erlebt und die Lebensläufe ähneln sich. Geprägt durch Krieg, Hunger, Verluste und Wiederaufbau hat sich diese Generation nie unterkriegen lassen. Manuela Inusa gelingt es hervorragend, uns diese Zeiten näher zu bringen. Die im Einband abgebildeten Fotos schaffen Nähe und unterstützen diesen sehr persönlichen Roman. Nach dem Romanende hatte ich das Gefühl, diese Familie wirklich gut zu kennen, so als wären sie alle gute Bekannte von mir. Auch die vielen Hamburgbezüge haben mir sehr gut gefallen und wurden perfekt eingearbeitet.
Von mir gibt es 5 Sterne.

Bewertung vom 29.08.2024
Vielleicht kannst du nachkommen
Kurz, Sarah

Vielleicht kannst du nachkommen


sehr gut

Nach dem Ende des 2. Weltkrieges lernt die junge Erika den britischen Soldaten George kennen und sie verlieben sich ineinander. Doch George ist nur wenige Monate in Deutschland stationiert. Zuhause in England haben seine Eltern bereits eine Hochzeit arrangiert. Der Kontakt zu Erika bricht ab. Erika ist schwanger, setzt aber George nicht darüber in Kenntnis. Sie bringt ihre Tochter Anne zur Welt und heiratet neu und bekommt weitere Töchter. Über George verliert sie nie ein Wort. Bis zu ihrer Volljährigkeit ist Anne ahnungslos. An ihrem 21. Geburtstag macht Erika reinen Tisch und berichtet von George. Erikas Cousine Elisabeth kann Anne helfen, einen Kontakt nach England herzustellen, denn Anne will ihren Vater kennenlernen und somit reist sie nach London. Dort nehmen nicht alle ihre Ankunft positiv auf. Zum Glück lernt sie Paul kennen und das Leben scheint es plötzlich so einfach und gut mit ihr zu meinen, wenn Anne sich nicht immer selbst im Wege stehen würde.
Da ich sehr gerne Romane lesen, die in der Nachkriegszeit spielen, passt dieser Roman von Sarah Kurz perfekt in mein Beuteschema. Der Einstieg gelingt leicht. Der Roman ist in zwei Teile gegliedert. Im ersten Teil steht Erika im Mittelpunkt. Wir erfahren über ihre familiäre Situation und über die Bekanntschaft mit George. Dieser Teil erscheint mir ein wenig zu sachlich und der Funke sprang nicht sofort über. Mich beschleicht der Eindruck, dass sich die Autorin erst „einschreiben“ musste. Denn im zweiten Teil, der den Zeitsprung in die 60er Jahre beinhaltet, stellt sich ein angenehmer Lesefluss ein. Dieser Teil gefällt mir wesentlich besser. Der Autorin gelingt es gut, Annes Situation zu beschreiben. Bilder entstehen im Kopf: Anne auf der Fährüberfahrt, die Wohnung in London, Anne erkundet die Stadt. Der flüssige Schreibstil hat mich dann in einem schnellen Tempo durch das Buch getragen. Das Debüt der Autorin ist gelungen und ich freue mich auf weitere Romane von ihr.