Benutzer
Top-Rezensenten Übersicht

Benutzername: 
Raumzeitreisender
Wohnort: 
Ahaus
Über mich: 
Buchwurm, der sich durch den multidimensionalen Wissenschafts- und Literaturkosmos frisst

Bewertungen

Insgesamt 747 Bewertungen
Bewertung vom 23.05.2024
Mysterien
Hamsun, Knut

Mysterien


weniger gut

"Ja, das ist wahr, ich gebe zu, dass ich ein lebender Widerspruch bin, und ich verstehe das selbst nicht." (141)

Damit beschreibt der 29-jährige Protagonist Johan Nilsen Nagel, der eines Tages im Jahr 1891 in der kleinen norwegischen Hafenstadt auftaucht, treffend sich selbst. Er spielt verschiedene Rollen, führt Diskussionen, verschenkt Geld, spielt den Beschützer, den Schwindler, kauft unnütze Artikel und verliebt sich mehrfach. Seine wahre Biografie bleibt nebulös, wird nur durch die frühere Bekannte Kemma, die ihn besucht, angedeutet. Selbst sein Name und sein Beruf sind offensichtlich falsch.

Die vielen unnützen Gespräche mit dem Kohlenausträger Johannes Grögaard (Minute), der hübschen Pastorentochter Dagny Kielland, der alleinstehenden Martha Gude, dem juristischen Bevollmächtigten Reinert, dem Doktor Sternersen usw. bringen kein Licht in den Tunnel. Man fragt sich bis zum Schluss, worum es eigentlich geht. Nagel ist eine zerrissene Persönlichkeit, die, wie Knut Hamsuns Sohn zugestand, Ähnlichkeiten mit dem Autor selbst hat. Das ist wohl das mysteriöse an der Geschichte.

Bewertung vom 13.05.2024
Griechischstunden
Kang, Han

Griechischstunden


gut

Zwei Menschen, die mit persönlichen Verlusten zu kämpfen haben, begegnen sich in Seoul in einem Griechisch-Kurs, in dem Alt-Griechisch gelehrt wird, die Sprache des Philosophen Platon.

Schülerin ist eine begabte junge Frau, die kürzlich ihre Mutter verloren hat und in einem Sorgerechtsstreit ihren neunjährigen Sohn abgeben musste. Die Ereignisse führten dazu, dass sie ihre Sprache verloren hat.

Ihr Lehrer leidet darunter, in zwei verschiedenen Kulturen, in Deutschland und in Südkorea, aufgewachsen zu sein. Zudem muss er sich aufgrund einer Augenkrankheit damit abfinden, allmählich zu erblinden.

Es handelt sich um eine Erzählung, in die Träume, Visionen und Erinnerungen eingeflochten sind, die die jetzige Einsamkeit und Sensibilität der Protagonisten verdeutlicht. Alt-Griechisch dient als Schnittstelle zur Außenwelt.

Im Laufe der Zeit erkennen sie einander und lernen zögerlich sich zu vertrauen. Es ist ein stiller Roman, der sich voller Poesie zweier sensibler Menschen widmet, die mit Verlustängsten zu kämpfen haben und sich kaum zu öffnen bereit sind.

Han Kang gelingt es auf unnachahmliche Art und Weise, den Fokus auf die Innenwelten zu richten. Obwohl sprachlich ausgereift, verliert man dennoch manches Mal den roten Faden zwischen Gegenwart, Vergangenheit, Traum und Wirklichkeit.

Bewertung vom 10.05.2024
Und noch ein Küßchen!
Dahl, Roald

Und noch ein Küßchen!


gut

Das Buch enthält vierzehn kleine Geschichten, die in die Kategorie "Schwarzer Humor" gehören. So wird in "Geschmack" bei einer Weinprobe getrickst oder man schaut sich Tricks anderer Leute ab, wie in "Mein Herzblatt". In "Lammkeule" wird den Lesern gezeigt, wie man eine Mordwaffe auf angenehme Art und Weise verschwinden lassen kann.

Eine Verwechselung kann böse Erinnerungen wach rufen. Diese Erfahrung macht Mr. Perkins in "Der rasende Foxley". Aber besser eine Verwechselung ohne Folgen als eine Fehleinschätzung wie in "Einsatz" mit erheblichen Folgen. Einen hohen Preis bezahlt auch Mr. Drioli für sein wertvolles Kunstwerk in "Haut".

Roald Dahl beendet oftmals seine Geschichten an einer Stelle, an der sich der Leser das Ende denken kann. Er deutet den Schluss an, überlässt es aber der Fantasie der Leser, sich die Konsequenzen bildhaft vorzustellen. Das gilt auch für die Geschichte "Hals", in der eine Frau ihren Kopf durch eine Skulptur steckt und sich nicht befreien kann.

Der Autor schreibt nicht nur über fiese Racheaktionen (siehe in "Nunc Dimittis"), sondern er nimmt auch die Künstliche Intelligenz und ihre Folgen in "Der große automatische Grammatisator" vorweg. Wenngleich mir "Küßchen, Küßchen!" besser gefallen hat, handelt es sich um typische lesenswerte Roald Dahl- Geschichten.

Bewertung vom 05.05.2024
Küsschen, Küsschen!
Dahl, Roald

Küsschen, Küsschen!


sehr gut

Billy Weaver merkt in "Die Wirtin" leider zu spät, dass ein einsames Gasthaus seine Tücken hat. Aber man kann dem Tod ein Schnippchen schlagen, denkt William Pearl in "William und Mary", macht aber die Rechnung ohne seine Ehefrau Mary. Die Boshaftigkeit kennt keine Grenzen und "Der Weg zum Himmel" ist für Mr. Foster, der sich über die Flugangst seiner Frau lustig macht, nicht weit.

Es sind makabere kleine Geschichten voller schwarzem Humor und ohne Happy End, die Roald Dahl (1916 – 1990) in diesem kleinen Büchlein vorstellt. Da hat in "Des Pfarrers Freude" der als Pfarrer verkleidete Antiquitätenhändler Mr. Boggies, der seine Mitmenschen betrügt, noch richtig Glück gehabt, dass er mit dem Leben davon kommt. Aber die Schadenfreude ist groß.

Einen Schaden hat auch Mrs. Bixby in "Mrs. Bixby und der Mantel des Oberst" erlitten und das gleich in doppelter Hinsicht. In dieser Beziehungsgeschichte hat jeder seine Geheimnisse. Und Geheimnisse hat auch Albert Taylor in "Gelée Royale", wenn es um seine Bienenzucht und seinen besonderen Gelée geht. In "Georgy Porgy" geht es um die tiefsitzende Angst eines Pfarrers vor Frauen.

Autor Dahl lässt die letzte Reaktion der Betroffenen in seinen Geschichten meist weg. Das ist ein Stilmittel von ihm. Hier ist die Fantasie der Lesers gefragt. Aber er verfasst auch wahre Geschichten, so in "Genesis und Katastrophe" über ein bekanntes Baby, was trotz schwieriger Umstände überlebt hat. Der Welt hätte einiges erspart werden können. Ob die seltsame Katze in "Edward der Eroberer" überlebt hat, muss der Leser entscheiden.

"Schwein" ist eine Horrorgeschichte, die dem vegetarischem jungen Koch Lexington gewidmet ist. Und in "Der Weltmeister" müsste man "Weltmeister" eigentlich in Anführungsstriche setzen. Auch hier ist die Fantasie des Lesers gefragt, wie die Geschichte ausgeht. Das Buch ist zwar in die Jahre gekommen, aber Roald Dahls Inszenierungen von Bosheit, Heimtücke und schwarzem Humor sind zeitlos lesenswert.

Bewertung vom 03.05.2024
Radikal emotional
Urner, Maren

Radikal emotional


sehr gut

Die Ausgangslage ist düster. Die Menschheit ist dabei, ihre Lebensgrundlage zu zerstören. Sechs von neun ökologischen planetaren Grenzen sind bereits überschritten und befinden sich im Hochrisikobereich. Der amerikanische Physiker Edward Teller hat bereits 1959 auf der Konferenz "Energy and Man" im Beisein der Führung der Ölkonzerne auf die Folgen der Verbrennung der fossilen Treibstoffe hingewiesen und die Klimakatastrophe damit vorhergesagt.

In den 1980er Jahren war es u.a. Hoimar von Ditfurth, der das Thema analysiert und einem breiten Publikum vorgestellt hat. Er hat sich darüber gewundert, dass die Menschen in Anbetracht der Situation nicht schreiend auf die Straße rennen (Innenansichten eines Artgenossen, S. 393). Maren Urner analysiert die emotionale Seite und beantwortet auch diese Frage aus Sicht einer Neurowissenschaftlerin und Medienpsychologin. Ihre Analyse ist radikal, wie der Titel des Buches erwarten lässt.

Die Autorin stellte in der Vergangenheit ihr Konzept des dynamischen Denkens vor und verknüpft dieses mit den drei Schritten der radikalen Emotionalität, die sie in diesem Buch vorstellt. Es geht um emotionale Reife durch radikale Aufmerksamkeit, kommunikative Reife durch radikale Ehrlichkeit und um soziale Reife durch radikale Verbundenheit. Im Fokus stehen das "wofür" und nicht das "wogegen", die Begriffe "normal" und "erfolgreich" sowie die Aufhebung des Lagerdenkens. Gefühl und Verstand sind eine Einheit.

Es sind nicht wissenschaftliche Erkenntnisse, die unser Verhalten ändern, sondern die emotionale Betroffenheit. Etwas zu wissen und etwas zu tun sind zweierlei. Wir sind keine rational denkenden und handelnden Wesen. Es ist daher hilfreich, wenn wir uns unserer Emotionen bewusst sind und sie nicht verdrängen. Die Autorin spricht in diesem Zusammenhang von emotionaler Reife. Hiobsbotschaften sollten nicht zur "Pandemie der Hilfslosigkeit" führen, sondern zu mehr Aktivität.

Neben der emotionalen Reife gilt es, ehrlich mit unseren Emotionen und unseren Mitmenschen umzugehen, mit dem Ziel, eine kommunikative Reife zu erlangen. Was bislang als normal und erfolgreich galt, muss hinterfragt werden. Die Begriffe sind kulturell verankert, aber nicht statisch. Erfolgreiche Klimaklagen machen deutlich, dass manches, was bislang als normal galt, verändert werden muss. Einer kollektiven Realitätsverweigerung muss entgegengewirkt werden.

Freiheit bedeutet Selbstverantwortung. Wir sind aber keine Einzelwesen, sondern gehören Gruppen an, mit ähnlichen Zielen. Eine lebenswerte Zukunft zu gestalten erfordert eine soziale Reife. Trennungen im Kopf müssen aufgehoben werden, Politik und Persönliches lassen sich nicht trennen, ebenso wenig wie Herz und Hirn oder Mensch und Umwelt. Strukturen müssen hinterfragt werden, wenn sie Menschen krank machen. Gesundheit erfordert eine gesunde Umgebung, insofern befinden wir uns alle in einem Boot.

Es handelt sich um ein Buch mit Tiefgang, welches einem die Augen öffnet. Der Aufnahmekanal ist aber der Verstand, der – wie wir gelesen haben – alleine keine Veränderungen bewirken kann. Das beispielhafte Vorleben unserer Politiker und der Menschen mit Macht, Ansehen und Geld bewirkt mehr, wie bereits an dem rosa Trikot von dem Fußballer Lionel Messi deutlich wurde. Wie man die soziale Reife und das Verantwortungsgefühl dieser einflussreichen Menschen erhöht, bleibt nebulös.

Bewertung vom 02.05.2024
Alien Earths
Kaltenegger, Lisa

Alien Earths


sehr gut

"Sind wir allein im Universum? Und wie finden wir andere Lebensformen? Für mich sind das zwei der faszinierendsten Fragen der Wissenschaft." (220) Damit ist die Motivation der Astronomin und Astrophysikerin Lisa Kaltenegger deutlich geworden.

Mit dem Thema haben sich in der Vergangenheit viele Autoren beschäftigt, z.B. Carl Sagan, Heinz Haber, John Gribbin oder Hoimar von Ditfurth, aber nicht auf der aktuellen Datengrundlage, die Lisa Kaltenegger zur Verfügung steht.

1995 wurde der erste extrasolare Planet entdeckt, inzwischen sind es mehr als 5000. Die Autorin beschäftigt sich mit der Frage, wie man Planeten in fernen Sonnensystemen finden kann und ob dort geeignete Rahmenbedingungen für Leben vorhanden sind.

Wir können nur Vergleiche mit den Verhältnissen auf der Erde vornehmen. Die Lichtspektren von Vegetationen und Organismen und ihren Vorstufen werden ermittelt und mit den Spektren interstellarer Planeten verglichen, um habitable Zonen zu identifizieren.

Wo liegen die Grenzen der Forschung? Selbst wenn geeignete Planeten gefunden werden, setzen Raum und Zeit Grenzen. Wir können die Entfernungen nicht überbrücken und unser Zeitfenster muss nicht dem Zeitfenster einer fremden Zivilisation entsprechen.

Der Blick in den Raum ist ein Blick in die Vergangenheit und sollten wir jemals Signale aus den weiten des Weltraums empfangen, die auf einen intelligenten Absender schließen lassen, handelt es sich um Signale einer längst vergangenen Zivilisation.

Die Autorin beschreibt auch einige kosmologische Kuriositäten. Zudem äußert sich in diesem lesenswerten Buch auch zur Rolle der Frau in der Wissenschaft und macht deutlich, dass der Weg zur Normalität mit Hindernissen gepflastert ist.

1 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 22.04.2024
Nachruf auf mich selbst.
Welzer, Harald

Nachruf auf mich selbst.


schlecht

"Nachruf auf mich selbst" bedeutet soviel wie, das Leben Revue passieren zu lassen und sich der Endlichkeit bewusst zu werden. (27) Zur Untermauerung, dass Endlichkeit unmittelbar in den eigenen Fokus rücken kann, erzählt Harald Welzer seine eigene Krankheitsgeschichte. (53)

Der Autor bemängelt, dass es in unserer Kultur keine Methodik des Aufhörens gibt und Endlichkeitsprobleme (z.B. die Endlichkeit von Ressourcen oder die Endlichkeit des Lebens) nicht wahrgenommen werden. Der wirtschaftliche Stoffwechsel müsse verkleinert und nicht vergrößert werden. (27) Diese Erkenntnis, in Verbindung mit Nachhaltigkeit, ist nicht neu. Welzer stellt im zweiten Kapitel Lebensgeschichten einiger bekannter Persönlichkeiten vor, die erfolgreich die Bremse gezogen und mit bestimmten anfangs erfolgreichen Handlungen aufgehört haben.

Eine Politik, die auf Wissenschaft gegründet ist, bezeichnet Welzer als immer totalitär. (71) Man wundert sich über gar nichts mehr, wenn man ein paar Seiten vorher liest, dass die naturwissenschaftlichen Arbeiten am CERN mit kultischen Handlungen, mit denen man Regen oder eine gute Ernte beschwört, verglichen werden. (67) Und naturwissenschaftliche Erkenntnisse werten nicht in "Gut und Böse" und haben nichts mit Eugenik zu tun. (71) Da begeht Welzer Kategoriefehler.

In seinem Nachruf (Kapitel 3) erläutert Welzer einige Punkte, über die man während seiner Lebenszeit nachdenken sollte und nicht erst, wenn es zu spät ist. Während er eine Fehlertoleranz positiv sieht, spricht er sich gegen das Optimieren aus. Aber beides gehört zusammen und beeinflusst die (nicht nur) technische Entwicklung.

Ich finde, dass Buch hätte man auf Kernaussagen reduzieren können. Teilweise werden Sachverhalte behandelt, die nicht neu sind, sondern seit Jahrzehnten diskutiert werden. Zudem werden die eigene Lebensgeschichte und Sachverhalte vermischt. Es ist schwer, einen roten Faden zu finden.

Bewertung vom 07.04.2024
Bumm!
Evers, Horst

Bumm!


weniger gut

Der Roman spielt in verschiedenen Zeitebenen ab 1807, die miteinander verknüpft sind. Und auch innerhalb der großen Zeitsprünge gibt es kleine Zeitsprünge von mehreren Jahren. Zudem geht es um unterschiedliche Verbrechen und Tatorte. Unter diesem komplexen Wirrwarr leidet die gesamte Story.

Feste Größen sind die alteingesessene Charlottenburger Gaststätte "Treulose Tomate" und die mysteriöse Organisation "Telegraph". Hier verbirgt sich ein Geheimnis, welches die Zeitebenen miteinander verbindet. Hier wollte einst ein Freiherr von Dolmen wertvolle Kunstschätze dubioser Herkunft gegen einen seltsamen Tauschpreis veräußern.

Und auch Mascha Grollow ist eine rätselhafte Figur, die – so scheint es – die Zeiten überdauert. Sie taucht als Romanfigur bei dem Schriftsteller Sebastian Stark auf, der die reale Vergangenheit des Kriminalassistenten und späteren Kommissars Ernst Gennat um 1904 beleuchtet und sie trifft in der Gegenwart real den Schriftsteller Stark.

Auch der Name Kunboldt zieht sich durch die Geschichte, 1807 als Magistrat und im Jahr 2043 als Kunboldt Genetics, einer Bio-Firma. Die Verbrechen bedingen einander und wertvolle Bilder dienen der Finanzierung. Insgesamt handelt es sich nicht um einen leicht lesbaren spannenden Krimi, sondern um eine undurchsichtig verschachtelte Geschichte.

Bewertung vom 02.04.2024
Erzähler der Nacht
Schami, Rafik

Erzähler der Nacht


gut

Rafik Schami, ein syrisch-deutscher Schriftsteller, lässt seine Protagonisten in seinem Buch Geschichten erzählen. Wie kommt es dazu?

Der Roman spielt im Jahre 1959 in Damaskus. Kutscher Salim verzaubert Menschen mit seinen Erzählungen. Er gilt als der beste Geschichtenerzähler von Damaskus. Als aufmerksamer Zuhörer verwertet er Informationen seiner Fahrgästen für seine eigenen Erzählungen, die er entsprechend ausschmückt.

Eines Tages raubt ihm eine Fee seine Stimme. Seine sieben Freunde, alle, wie er selbst, um die 70 Jahre alt, können ihn erlösen, indem sie ihm einmalige Geschenke machen. Nachdem sie einiges erfolglos ausprobiert haben, kommen sie zu dem Ergebnis, dass jeder von ihnen Salim eine besondere Geschichte erzählen muss.

So kommt es, dass Salims Freunde, Schlosser Ali, Lehrer Mehdi, Friseur Musa, Minister Faris, Emigrant Tuma, Kaffeehausbesitzer Junis und der unschuldig verurteilte Isam bei ihren abendlichen Besuchen Geschichten erzählen. Jeder ist an einem Abend an der Reihe, Mehdi beginnt.

Die Geschichten zwischen Märchen und Realität machen einen großen Teil des Romans aus und so bleibt die spannende Frage, ob die Freunde ihr Ziel erreichen. Das Buch ist leicht verständlich und vermittelt einen Eindruck von der orientalischen Lebensweise in Damaskus vor ca. 60 Jahren.

Bewertung vom 22.03.2024
Der Fremde
Camus, Albert

Der Fremde


gut

Protagonist Meursault, ein junger Franzose, tötet in den 1930er Jahren in Algerien einen Araber und wird aufgrund dessen zum Tode verurteilt. Die Geschichte wird aus seiner Perspektive erzählt.

Meursault ist ein emotionsloser, distanzierter Mensch, der vielen Geschehnissen des Alltags gleichgültig gegenübersteht. Er orientiert sich nicht an gesellschaftlichen Normen und versteht moralische Grundsätze nicht.

Das wird bereits zu Beginn der Geschichte durch sein gleichgültiges Verhalten beim Tod seiner Mutter deutlich. Seine Gleichgültigkeit, welche offensichtlich seiner Natur entspricht, wirkt auf sein Umfeld gefühllos und unangepasst.

Aus Sicht des Richters ist sein Verhalten ein Indiz für seine kalte, amoralische, berechnende Natur. Seine nihilistische Art wird Meursault zum Verhängnis. Er hat auch nicht das Bedürfnis, sich zu rechtfertigen.

Das Aufeinanderprallen unterschiedlicher Perspektiven, der Einzelgänger gegen die Normen der Gesellschaft, der Nihilist gegen den Gläubigen, machen den Kern der Geschichte aus.

Einer irrationalen Welt des Absurden ein rationales Raster überzustülpen (hier: begreifbare Motive für die Tötung), ist zum Scheitern verurteilt. Aber wen stört es? Meursault hat sich seinem Schicksal ergeben und die Gesellschaft ist ebenfalls zufrieden.

Es handelt sich um einen Roman, in dem Konsequenzen des Existenzialismus aufgezeigt werden. Was bedeutet es, Mensch zu sein? Wenn man den Sinn des Lebens selbst gestaltet, unter Anerkennung der Irrationalität des Lebens, eckt man an.