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Verena

Bewertungen

Insgesamt 148 Bewertungen
Bewertung vom 12.04.2024
25 letzte Sommer
Schäfer, Stephan

25 letzte Sommer


weniger gut

Leider zu oberflächlich

Zunächst vorweg: das Cover hat mich sofort angesprochen; die Inhaltsangabe tat dann ein Übriges. Zwei Menschen, die recht unterschiedlich sind und eine Unterhaltung darüber führen, was wirklich wichtig ist im Leben.
Leider war die Umsetzung sehr enttäuschend. Die beiden Figuren sind sehr klischeehaft. Der eine der Managertyp, handysüchtig und workaholic, aber so gut verdienend, dass er sich eine Art Landhaus leisten kann um am Wochenende Natur pur zu tanken; der ältere der beiden Männer als eine Art Aussteiger aus eben diesem Hustle-Lifestyle, jetzt Kartoffelbauer und großer Philosoph. Und da ist schon das nächste Problem, denn die sehr gekünstelt wirkenden Unterhaltungen der beiden Männer wirken wie eine Mischung aus Glückskeks-Texten, Fernsehphilosophenweisheiten und Infotexten, die man so auch in den Webauftritten von Life-Coaches finden könnte.
Schade eigentlich, denn auch wenn die Grundidee das Rad nicht neu erfindet, hätte man doch viel rausholen können. So blieb es ein sehr oberflächlicher Text, der Tiefe vorgaukelt.
Positiv am Hörbuch möchte ich noch die angenehme Sprechstimme anmerken.

Bewertung vom 05.04.2024
Keine Spaghetti sind auch keine Lösung
Neumayer, Silke

Keine Spaghetti sind auch keine Lösung


weniger gut

Zu viel des Guten

In diesem Roman geht es für 3 Freundinnen aus Hamburg in die Toskana, wo ihre Freundin Amelie ihnen ihr Castello vererbt hat. Das Castello entpuppt sich vor Ort in ein heruntergekommenes Anwesen, Amelies Leben vor ihrem plötzlichen Tod war alles andere als la dolce vita und auch die Beziehung der seit Jugendtagen befreundeten Frauen ist alles andere als rosig. Bis zu Amelies Beerdigung wollen sie an frühere Zeiten anknüpfen, doch das ist leichter gesagt als getan. Mia, Poppy und Schröder (klassische Namen für Mittfünfzigerinnen) haben zusätzlich jede selbst ihr Päckchen zu tragen bzw. eher ein ganzes Paketauto voll davon.

Was macht die toskanische Küche aus? Ein paar ausgewählte Lebensmittel von hoher Qualität ergeben vermeintlich simple Speisen.

Weniger ist mehr sozusagen. Hätte sich die Autorin an diesem Motto ein Beispiel genommen, wäre das ein schöner Roman geworden, denn sprachlich gefiel er mir sehr gut. Nur eben der Inhalt. Wenn man denkt noch mehr dramatische Wendungen können eigentlich nicht mehr kommen, dann wartet im nächsten Kapitel nicht nur eine, nein, da stehen mindestens drei parat. Ich hatte kurz überlegt, ein paar hier aufzulisten, aber wollte dann doch auf Spoiler verzichten. So viel sei gesagt: es wird dadurch teilweise ein bisschen lächerlich, was mich gleichzeitig auch irgendwie traurig stimmt, denn ein paar der endlosen Themen, die dargeboten werden, sind echt ernste Themen.

Deshalb einen Punkt für die Sprache, einen Punkt für die Spaghetti, aber mehr kann ich beim besten Willen nicht geben.

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Bewertung vom 04.04.2024
The Happiness Blueprint
Zetterberg, Ally

The Happiness Blueprint


gut

Süße Schweden Story

Klara lebt in London, doch als ihr Vater an Krebs erkrankt, zieht sie zurück nach Schweden, um ihn zu unterstützen. Das bedeutet auch, dass sie ihn in seiner Firma vertreten soll, obwohl sie keine Ahnung vom Fliesenlegen hat. Gleich am ersten Tag feuert sie Mitarbeiter, die hinter ihrem Rücken misogyne Sprüche über sie ablassen. Deshalb braucht sie kurzer Hand Ersatz für die beiden und so kommt schnell Alex ins Spiel. Er macht nicht nur den Job, für den er eingestellt wurde, sondern hilft Klara auch bei allerhand Organisatorischem, was ihr nämlich genauso wenig liegt wie das Handwerk selbst. Er synchronisiert ihre Kalender und bald beginnen die beiden darüber zu kommunizieren.

Die Idee mit den Smartphonekalendern fand ich originell und es passte gut zum Inhalt und den beiden Charakteren. Beide haben ihre Päckchen zu tragen: Klara, die sich irgendwie immer anders als alle anderen fühlte, nicht nur wegen ihrer Diabetes-Erkrankung, und Antworten sucht, warum sie so ist, wie sie ist. Alex trauert um seinen Bruder, der bei einem Verkehrsunfall ums Leben kann; Depressionen und Panikattacken prägen sein Leben.

Aber natürlich finden die beiden im Laufe der Geschichte zueinander und helfen sich gegenseitig, ein klassisches Beispiel für eine Slow-Burn Lovestory. Ein paar dramatische Einzelheiten weniger hätten dem Ganzen gutgetan, so wirkt alles leicht überladen. Stattdessen hätte ich gerne noch ein bisschen mehr gespürt, dass wir uns in Malmö befinden, ein wirklich süßes Städtchen am Øresund.

Bewertung vom 25.03.2024
Das andere Tal
Howard, Scott Alexander

Das andere Tal


ausgezeichnet

Außergewöhnliches Debüt!

Was für ein grandioses Debüt. Zart und kraftvoll zugleich. Ein philosophisches Gedankenexperiment in poetischer Sprache; es inspiriert, es fordert, es ist voller Hoffnung und hoffnungslos, es ist eine ganz andere Welt und doch wirkt sie so nah.
Die Verbindung wird geschaffen durch Odile, die Protagonistin. Zunächst lernen wir sie als 16jährige kennen, sie ist in der Schule, eine Außenseiterin, sie ist zum ersten Mal verliebt, sie und ihre Mitschüler:innen stehen vor der Entscheidung, welche Berufe sie ergreifen werden. So weit, so „normal“. Dann erkennt sie in vermummten Gestalten die Eltern ihres Freundes Edme. Sie weiß, was das bedeutet: Edme wird sterben.
Denn seine Eltern sind Besuchende aus dem Tal östlich von Odiles Tal. Ein identisches Tal, allerdings 20 Jahre in der Zukunft. Sie sind gekommen, um ihren Sohn noch einmal zu sehen. Auch im Westen gibt es das Tal, 20 Jahre in der Vergangenheit. Über die Berge kann man jeweils dorthin gelangen, doch die Grenzen sind bewacht, man darf nicht alleine reisen. Entscheidungen im jeweiligen Tal, auch die, wer ein anderes Tal besuchen darf, trifft das Conseil.
Natürlich bereitet es Kopfzerbrechen, wenn man anfängt zu überlegen, wie genau das Reisen in die anderen Täler funktioniert, wie viele Versionen es jeweils östlich und westlich gibt. Doch Autor Scott Alexander Howard macht es seinen Leser:innen zumindest dahingehend leicht, dass er immer bei Odile bleibt. Sie ist sozusagen die Verbindung zwischen den Tälern.
Viele Themen werden behandelt: Liebe, Verlust und Trauer, Freiheit, Macht, Schicksal, …
Das Wissen über Edmes Zukunft wirkt sich schicksalhaft auf Odiles Leben aus. Gleichzeitig ist da, angedeutet, immer die Möglichkeit Einfluss zu nehmen und den Zeitstrahl zu ändern und damit nicht nur Edmes Schicksal, sondern auch Odiles.
„Das andere Tal“ ist ein außergewöhnliches Erstlingswerk, dass mich immer wieder an Kazuo Ishiguro erinnerte, aber doch ganz individuell ist.

Bewertung vom 10.03.2024
Mühlensommer
Bogdahn, Martina

Mühlensommer


sehr gut

Ausflug nach Hause

Protagonistin Maria lebt in München, arbeitet in der Werbebranche und ist alleinerziehende Mutter zweier Töchter. Als ihr Vater einen Unfall hat kehrt sie zurück auf den Einödhof, auf dem sie aufgewachsen ist; eine alte Mühle, in der noch die Eltern und ihr Bruder mit seiner Familie leben. Allerdings sind die familiären Bande nicht mehr so eng wie einst, weshalb Maria mit gemischten Gefühlen heimkehrt.

Kindheitserinnerungen, geprägt von auf dem ersten Blick idyllischem Landleben, treffen auf die aktuelle Situation: zerstrittene Geschwister, unklare Hofübergabe, pflegebedürftige Angehörige, Zukunftsvisionen, Sehnsucht nach Heimat, der ständige gegeneinander Ausspielen des Landlebens und des Lebens in der Stadt – viel wird angesprochen in „Mühlensommer“. Zwischen den beiden Zeitebenen klafft eine große Lücke, die erzählerisch leider nicht ganz geschlossen wird: wann/wo/wie bogen die Geschwister falsch ab, sodass sie nicht mehr richtig miteinander reden können? Das wäre meines Erachtens nötig gewesen, so wirkt die Lösung der vielen Probleme, die im Kern auf den Streit zurückgehen, letztlich ein bisschen zu abrupt.

Autorin Martina Bogdahn wuchs selbst auf einem Einödhof in Mittelfranken auf, lebt als Fotografin in München; die Mühle ihrer Familie ist mittlerweile bekannt für traditionell gebackenes Holzofenbrot.

Vieles, wovon der Roman (mit autobiografischen Zügen?) handelt, kam mir bekannt vor: aufwachsen auf dem Bauernhof; viele Jahre in verschiedenen Großstädten; Rückkehr aufs Land; Hofübergabe; das ständige Zwischen-den-Stühlen-stehen, wenn v.a. Menschen, die weder auf dem Land bzw. weder in der Stadt gelebt haben, mit einer ganzen Ladung Vorurteilen auf die jeweils anderen Lebensentwürfe ankommen. Einige der zumeist kurzweiligen Erzählepisoden sind geprägt von Längen, aber vor allem die Anekdoten aus der Kindheit sind unterhaltsam und meist sehr dynamisch erzählt. Auch die Authentizität der Erzählung ist durchgehend zu spüren. Eine Leseempfehlung für alle, die gerne einen buchigen Ausflug aufs Land unternehmen.

Bewertung vom 05.03.2024
Demon Copperhead
Kingsolver, Barbara

Demon Copperhead


sehr gut

Dickens in den Südstaaten

Barbara Kingsolvers „Demon Copperhead” hat viele renommierte Auszeichnungen gewonnen, u.a. den Pulitzer Prize. Der Roman ist ein Coming-of-Age Roman und wird aus der Perspektive von Damon Fields, Spitzname Demon Copperhead, erzählt. Der Sohn einer alleinerziehenden Teenie-Mom wächst in einem Trailerpark in den Appalachen in Virginia auf. Die kleine Familie lebt zwar in Armut, aber doch liebevoll zusammen mit gutem Draht zu den Nachbarn. Als die Mom heiratet, ändert sich alles. Nach ihrem frühen Tod wird er von Pflegestelle zu Pflegestelle gereicht. Zu Armut gesellen sich Gewalt und Drogen. Aber immer ist da, wenn auch phasenweise unterdrückt, Demons Kreativität, mit der er das Schlimme, das ihm widerfährt, verarbeitet.
Wer beim Namen des Titelhelden noch nicht stutzig wurde, wird es vielleicht beim Klappentext: der Inhalt des Romans ist stark an Charles Dickens‘ „David Copperfield“ angelegt.
David Copperfield ist einer meiner Lieblingsklassiker, deshalb war Demon Copperhead ein Must-Read. Kingsolver hat sich einiges vorgenommen und das zum Großteil umsetzen können. Die Figuren, die Art und Weise, wie sie an die viktorianischen Vorbilder angelegt sind, ihre Geschichten und Handlungsstränge in die amerikanischen Südstaaten Ende unserer heutigen Zeit verlegt wurden, ist super akribisch und gelungen. Allerdings fehlte mir die Leichtigkeit, die Dickens trotz der schweren Themen, die er in seinem Bildungsroman aufarbeitet, mit eingewoben hat. Die typische Skurrilität und Liebenswürdigkeit der dickensischen Figuren kann Kingsolver nicht erschaffen. Humor blitzt zwar auch bei Demon immer wieder durch, aber er wirkt ob der schlimmen Gesamtsituation sehr schwarz. Man fühlt sich irgendwie gefangen in einem Strudel voller Ungerechtigkeiten; Hoffnung, so typisch für Dickens, kommt bei Kingsolver selten durch. Deshalb kann ich gut verstehen, dass viele dem Roman „poverty porn“ unterstellen.
Der Sprecher des Hörbuchs, der Schauspieler Fabian Busch, konnte mich leider auch nicht zu 100% überzeugen, wirkte er doch meist emotionslos.
Kingsolver hatte sich viel vorgenommen, heftige Themen präsentiert, aber nicht ganz das Herz des Originals erreicht. 3,5 Sterne.

Bewertung vom 29.02.2024
Krummes Holz
Linhof, Julja

Krummes Holz


sehr gut

Erinnerungsstrudel

Knapp 20 Jahre alt ist Jirka, als er nach fünf Jahren Internat an einem glühend heißen Sommertag auf den Hof der Familie zurückkehrt. Dieser wurde in den letzten Jahren vom Vater und der älteren Schwester Malene bewirtschaftet. Ebenfalls da sind Oma Agnes, mittlerweile dement, und Leander, der Sohn des ehemaligen Hofverwalters. Gemischte Gefühle wäre eine Untertreibung für das, was Jirka bei der Heimkehr empfindet. Der Ort ist so eng verbunden mit Erinnerungen an die ersten 14 Jahre seines Lebens. Und genau in diese Erinnerungen und deren Band zur Gegenwart taucht Julja Linhofs Erzählung ein. Jirkas Aufwachsen ist einerseits geprägt von typischen Landkindheitserinnerungen, die mir selbst sehr bekannt vorkamen. Andererseits ist da aber auch viel Gewalt – verbal, emotional, körperlich – die die Figuren einander antun. Hinzu kommt eine Sprachlosigkeit, durch die es beinahe unmöglich scheint, den Kreislauf der Dinge zu durchbrechen.
Mit atmosphärischem, durchdringendem Stil lässt Linhof die Leser:innen teilhaben daran, wie Jirka zurück auf dem Hof mit all den Gefühlen und Erinnerungen, die er versuchte zu verdrängen, konfrontiert wird. Sprachlich so intensiv, dass man manchmal vergisst, dass es sich bei „Krummes Holz“ um einen Debütroman handelt.
Mein einziger Kritikpunkt ist, dass die Geschichte, vor allem gegen Ende, ein bisschen überladen wirkt, wodurch einzelne Stränge (zum Beispiel eine genauere Betrachtung der Beziehung der beiden Geschwister zu einander) ein wenig untergehen. Nichtsdestotrotz eine absolute Empfehlung.

Bewertung vom 20.02.2024
Yellowface
Kuang, R. F.

Yellowface


gut

Geschichte mit Sogwirkung, aber auch Luft nach oben

Man kann R. F. Kuang nicht mehr aus dem Weg gehen, selbst wenn man möchte. Nach "Babel" ist "Yellowface" überall. Und das Cover mit den markanten Augen auf leuchtend gelbem Hintergrund ist natürlich sehr prägnant.

Athena Liu, junge literarische Sensation, stirbt vor June Haywards Augen. June, die auch gerne so erfolgreich wäre wie ihre einstige Kommilitonin, entdeckt bei Athena ein unveröffentlichtes Manuskript, nimmt es mit, bearbeitet es und gibt es als ihr eigenes Werk aus.

Diversität, Rassismus, kulturelle Aneignung sind zentrale Themen von „Yellowface“, denn die geklaute Geschichte beschäftigt sich mit chinesischen Arbeitern in der britischen Armee während des 1. Weltkriegs – eher weniger Junes literarisches Zuhause. Das Pseudonym "Juniper Song" tut sein Übriges. Die Shitstorms in den Sozialen Medien sind vorprogrammiert und wirken sehr authentisch.

„Yellowface“ ist äußerst dynamisch; wie June als Ich-Erzählerin sich immer tiefer und tiefer in ihre Lügen verstrickt und wie letztendlich das ganze Lügenkonstrukt zusammenbrechen zu droht, hat eine regelrechte Sogwirkung. Was mir gut gefallen hat, war die Zeichnung der beiden Protagonistinnen. Sowohl June als auch Athena sind so köstlich unsympathisch (ganz grandios ist übrigens die Performance der Sprecherin des englischen Hörbuchs, die beide Charaktere wunderbar darstellt).

Dennoch kann ich nicht mehr als 3 Sterne geben, denn irgendwas fehlte mir. Kuang beschreibt, was tatsächlich in der (kulturellen) Welt immer und immer wieder passiert. Das ist es auch schon. Sie beschreibt es, aber es kommt wenig Neues dazu. Zudem hilft die überspitzte satirische Darstellung manchmal nicht wirklich; dadurch geht Authentizität verloren, die an anderen Stellen des Romans gut durchscheint.

Bewertung vom 14.02.2024
Somebody to Love / Northern Hearts Bd.1
Weiler, Rebekka

Somebody to Love / Northern Hearts Bd.1


sehr gut

Berührende Geschichte für New Adult Fans

Ich bin nicht als große New Adult Leserin bekannt, kenne die Autorin aber schon seit vielen Jahren, weshalb logischerweise auch ihr neuster Roman ein Must-Read war.

Was mich bei NA Romanen mit am Meisten stört, ist etwas wirklich sehr Genrespezifisches, stört aber die tatsächliche Zielgruppe nicht, deshalb ignoriere ich es in meiner Bewertung^^
Was mich auch meist stört, ist die Sprache. Hier sind Rebekka Weilers Romane eine große Ausnahme, denn sie heben sich vom sprachlichen Niveau schon deutlich ab von anderen New Adult Werken. (Ganz toll fand ich persönlich es, dass kaum das allseits beliebte Wörtchen „verdammt“ vorkam^^)

Dass Rebekka Trauer äußerst realistisch darstellen kann, weiß man, wenn man ihre anderen Romane gelesen hat. Auch hier ist das wieder eine der großen Stärken der Geschichte. Freyas Freund Hendrik wurde bei einem Einbruch in einem Schweinemassenbetrieb von einem Wachmann, den er angeblich angegriffen hatte, erschossen. Monate später finden Freya und Hendriks Drillingsbruder Emil Hinweise, dass damals doch nicht alles so ablief, wie die Polizei vermutete. Der Alltag beider ist geprägt vom Versuch, eine Balance zwischen Normalität und Trauer zu finden. In diese „neue Normalität“ kommen nun auch noch Gefühle, die Freya und Emil füreinander entwickeln und zunächst natürlich überhaupt nicht wahrhaben wollen. Die gemeinsame Trauer, das Aufkeimen neuer Liebe, der eigene Struggle und auch die Reaktionen anderer Figuren auf die neue Beziehung sind alle für sich gut dargestellt, aber mir war der Übergang zu knapp dargestellt. Ich hätte es toll gefunden, wenn die Geschichte an dieser Stelle mehr in die Tiefe gegangen wäre. Gleichzeitig mochte ich nicht alle Nebenhandlungen, da sie wenig Mehrwert hatten und die Dynamik von Freyas und Emils Geschichte stellenweise unterbrachen.

Allerdings glaube ich, dass New Adult Fans hier wirklich auf ihre Kosten kommen werden und kann ihnen den Roman nur empfehlen.

Bewertung vom 29.01.2024
Die Hexen von Cleftwater
Meyer, Margaret

Die Hexen von Cleftwater


sehr gut

Erschreckend aktuell

Im Jahr 1645 lebt im kleinen Ort Cleftwater im heutigen England Martha, eine einfache Frau, die seit Jahrzehnten der gleichen Familie dient. Ihr Leben ändert sich schlagartig, als gewaltsam Männer ins Haus dringen und Küchenhilfe Prissy mitnehmen. Sie wird der Hexerei beschuldigt und plötzlich ist für Martha und ganz Cleftwater nichts mehr wie zuvor. Niemand ist sicher vor Hexenjäger Makepeace, vor allem nicht die Frauen. Martha, die sich als Hebamme mit Frauenkörpern auskennt, soll helfen bei der Suche nach „Beweisen“. Die inhaftierten Frauen werden allen nur denkbaren Foltermethoden unterzogen; ihre Körper abgesucht nach „Teufelszeichen“.

Es ist gruselig, wie die patriarchalischen Machtstrukturen, der religiöse Fanatismus (vor dem nicht mal der Priester sicher ist!) und die omnipräsente Misogynie zwar Teil einer Geschichte sind, die vor fast 400 Jahren spielt, aber alles dennoch erschreckend aktuell wirkt. Die Willkür und die Brutalität, mit der gegen die Frauen vorgegangen wird, ist eindringlich dargestellt. Egal, was die Frauen sagen: ihnen wird nicht zugehört, kein Glauben geschenkt, Fakten werden ins Absurde verdreht, ihre Aussagen gegen sie verwendet. Grandios daher die Entscheidung, die weibliche Protagonistin stumm sein zu lassen. Hilft es Martha zunächst sogar, dass sie nicht sprechen kann? Frauen haben schließlich in der portraitierten Gesellschaft nichts zu sagen. Aber natürlich versucht Martha zu kommunizieren, versucht den Frauen zu helfen, was schwierig ist, ohne sich selbst in Gefahr zu bringen; versucht mit einer Wachspuppe, einem Atzmanns, irgendwie Einfluss auf das Geschehen zu nehmen. Was aus damaliger Sicht wohl als Hexerei eingestuft worden wäre, wirkt heute hilflos und verzweifelt und letztendlich scheint nur eine Naturgewalt den Menschen helfen zu können.

Auch wenn sich in der zweiten Hälfte die von wahren Begebenheiten inspirierten Ereignisse ein wenig überschlagen, ist der Roman unglaublich spannend, ein wahrer Pageturner und unbedingt zu empfehlen.