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Benutzername: 
PMelittaM
Wohnort: 
Köln

Bewertungen

Insgesamt 463 Bewertungen
Bewertung vom 02.10.2024
Die Modeschöpferin von Manhattan
Weng, Joan

Die Modeschöpferin von Manhattan


sehr gut

New York 1939: Daisy Goldenblatt arbeitet als Saleslady für Valentina Schlee, einer bekannten Modeschöpferin, die viele Berühmtheiten unter ihren, im übrigen streng limitierten, Kundinnen hat und für jede Gelegenheit das passende Kleid entwirft. Daisy liebt ihren Job, doch ihre Familie erwartet, dass sie bald Alistar Fraser heiratet, der wie sie aus den Südstaaten kommt. Sie möchte ihre Familie nicht enttäuschen, wünscht sich aber eigentlich ein anderes Leben.

Joan Weng hat mit diesem Roman Berlin verlassen und den großen Teich überquert, ist sich aber sonst treu geblieben. Frauen stehen im Mittelpunkt ihrer Geschichte, aus ihren Perspektiven wird auch erzählt. Hauptfigur ist Daisy, aber man lernt auch eine Reihe anderer Frauen gut kennen. Eine davon ist natürlich die titelgebende Valentina Schlee, damals berühmt, heute leider so gut wie vergessen. Auch wenn sie etwas zu kurz kommt, erfahren wir einiges über sie und lernen eine Reihe ihrer Kundinnen kennen, wie zum Beispiel Greta Garbo und Mercedes de Acosta, aber auch für Valentina eher untypische wie Eleanor Roosevelt, die einige wunderbare Szenen bekommen hat. Wichtig sind auch Katej, Daisys lebenslustige Kollegin und beste Freundin, sowie Daisys Tante, bei der sie wohnt, und die einer lieblosen Ehe gefangen ist.

Joan Weng erzählt gewohnt leicht, locker und humorvoll, es macht Spaß, den Roman zu lesen. Die Charaktere sind gut gelungen, man kann sie sich vorstellen, und hätte Lust, die eine oder andere persönlich kennenzulernen. Ich könnte mir auch vorstellen, sie noch einmal wieder zu treffen, vielleicht kommt die Autorin ja noch einmal zurück nach New York.

Der Roman entführt einen in das New York jener Zeit, man kann die Atmosphäre spüren. 1939 ist zudem historisch gesehen kein uninteressantes Jahr, New York zwar weit weg von den Geschehnissen in Europa, dennoch bleiben diese nicht ohne Auswirkungen auf die USA. Zudem gibt es mit Christopher Flanagan einen Charakter, der überlegt, als Kriegsberichterstatter nach Europa zu fahren, etwas, was auch direkte Auswirkungen auf Daisy hat, die mit Christopher befreundet ist und tiefere Gefühle für ihn hat. Insgesamt merkt man, dass Joan Weng wieder gut recherchiert hat, ihr Nachwort sollte man unbedingt auch lesen.

Joan Wengs Roman erinnert an eine leider mittlerweile fast vergessene Modeschöpferin und erzählt um diese herum einen locker leichten Roman, der gut unterhält.

Bewertung vom 29.09.2024
Ich fürchte, Ihr habt Drachen
Beagle, Peter S.

Ich fürchte, Ihr habt Drachen


sehr gut

Prinz Reginald hat es nicht leicht, sein Vater besteht darauf, dass er auf eine Abenteuerreise geht um ein Held zu werden, etwas, was ihm so gar nicht liegt.

Prinzessin Cerise soll heiraten, eine Menge Prinzen freien um sie, doch keiner erfüllt ihre Erwartungen. Als Prinz Reginald, mit ganz anderer Absicht, am Hof auftaucht, verliebt sie sich in ihn.

Robert Thrax hat ganz andere Sorgen. Er hat die Nachfolge seines Vaters als Drachenjäger angetreten, eine Aufgabe, die ihm gar nicht liegt.

Kurze Zeit später sind Reginald, Cerise und Robert unterwegs, einen größeren Drachen zu jagen und zu töten, wobei letzteres natürlich Reginald zufallen soll. Man wird schnell fündig, doch dann läuft die Sache stark aus dem Ruder.

Der Titel und der Klappentext lassen einen leichten Roman mit Humor erwarten, jedenfalls war das beim mir der Fall. Peter S. Beagle ist bekannt als Autor von „Das letzte Einhorn“, von dem ich allerdings bisher nur die Verfilmung kenne. Diese hat aber auch traurige und tragische Töne, die man letztlich auch hier finden kann. Zu Beginn ist der Roman tatsächlich leicht und auf gewisse Weise humorvoll, doch nach einiger Zeit ändert sich der Ton, es wird gefährlich und auch blutiger. Ich fand es dennoch passend, und auch im weiteren Verlauf mochte ich die Geschichte, auch wenn ich ihre Entwicklung so nicht erwartet hatte. Ein Roman, der überraschen kann und nicht vorhersehbar ist, ist oft ein guter Roman, dies empfand ich auch hier so.

Die drei Protagonist:innen sind sehr unterschiedlich, am nächsten kam mir Robert, den man auch im Kreis seiner liebenswerten Familie und Freunde kennenlernt, und dessen Emotionen man gut nachvollziehen kann. Cerise hat mich ein bisschen genervt, aber eine Prinzessin, die sich selbst das Schreiben beibringt, hat auch meinen Respekt verdient, ganz abgesehen von ihrem Mut. Reginald ist der, den man am wenigsten greifen kann, er scheint vor allem nicht besonders talentiert. Ihn lernt man auch zunächst, im Gegensatz zu den beiden anderen, nicht im privaten Umfeld kennen. Doch auch in ihm steckt mehr als zunächst vermutet.

Peter S. Beagles Welt ist mittelalterlich und an unsere angelehnt, es gibt aber Magie und vor allem Drachen. Die meisten davon sind klein, weniger gefährlich, eher lästig, und werden Drachlinge genannt. Diese sind überall in der Stadt und am Hof zu finden, größere gibt es weiter draußen. Es gibt viele verschiedene Arten, manche davon findet man auf der Illustration des Vor- und Nachsatzpapiers. Die Geschichte ist märchenhaft und glänzt mit einigen herrlichen Satzbildungen, wie zum Beispiel: „Stattdessen verneigte sich Kronprinz Reginald vor König Antoine und Königin Hélène mit aller Gravitas seiner illustren Abstammung und sank mit der Zielsicherheit und Anmut eines Sonnenuntergangs auf die Knie. Der dunkle Stoff seines feinsten Umhangs senkte sich um ihn wie abendliche Wolken über dem Meer“ (Seite 118).

Der Roman entwickelt sich anders als erwartet, die märchenhafte Geschichte wird düsterer und gefährlicher. Mir hat das gut gefallen. Ich mochte auch den Erzählstil, der gut zur Geschichte passt, hin und wieder mit herllichen Sätzen punktet und verschiedene Perspektiven liefert. Und nun habe ich Lust, weitere Romane Peter S. Beagles zu lesen.

Bewertung vom 23.09.2024
P.S. Morgen bist du tot
Kurian, Vera

P.S. Morgen bist du tot


sehr gut

Chloe ist eine von sieben Psychopath:innen, die in eine anonymen klinische Studie an der John Adams University in Washington aufgenommen wurden und dafür die Studiengebühren erlassen bekamen. Doch Chloe hat mehr im Sinn als zu studieren, sie will sich endlich für etwas rächen, das man ihr vor Jahren antat. Doch dann werden andere Studienteilnehmer ermordet und plötzlich ist Chloes eigenes Leben in Gefahr.

Chloe ist nicht die einzige Teilnehmerin der Studie, die man näher kennenlernt, neben ihr neu am College ist Andre, der sich mehr oder weniger in die Studie hineingeschummelt hat, Charles dagegen ist schon im dritten Jahr und stammt aus reicher Politikerfamilie. Erzählt wird aus den Perspektiven dieser Drei, jedoch nur Chloe erzählt in Ich-Form selbst. Weitere, aber seltenere Perspektiven sind die des Studienleiters und dessen Doktorandin.

So lernt man vor allem die oben genannten Drei gut kennen. Chloe, die sehr selbstbewusst ist, sich aber immer wieder überschätzt, Andre, der intelligenteste der Drei und mir am sympathischsten, der aber immer sein Geheimnis hüten muss, und Charles, der sich ganz gut in seinem Leben eingerichtet hat, nun aber auch in Gefahr schwebt. Natürlich gibt es auch offizielle Ermittler, die nach den Morden eingesetzt werden, diese sind aber nur Nebenfiguren, wir Leser:innen folgen den Ermittlungen, die Chloe, Andre und Charles gemeinsam anstellen, immer vorsichtig den anderen beiden gegenüber, den der/die Täter:in könnte selbst aus der Studie stammen.

Die Erzählform gefällt mir sehr gut, so hat man ganz verschiedene Einblicke, auch auf die einzelnen Protagonist:innen. Und auch wenn ich es mir hin und wieder etwas an Logik fehlte, vor allem gegen Ende, habe ich den Roman gefesselt gelesen und eigene Überlegungen angestellt, wer hinter allem stecken könnte, und die Lösung sogar vor den Protagonist:innen entdeckt. Es steckt auch eine gewisse Faszination darin, dass es sich sowohl bei den Opfern als auch dem/der Täter:in um Psychopath:innen handelt, die eben nicht immer „normal“ handeln, das hat die Autorin auch ganz gut dargestellt.

Psychopath:innen als Protagonist:innen sind besondere Charaktere, die Autorin hat sie, meiner Meinung nach, gut gezeichnet. Die Erzählweise aus verschiedenen Perspektiven, nur eine davon in Ich-Form, gibt dem Roman etwas besonderes und hat mich sehr angesprochen. Das Geschehen fand ich hin und wieder etwas überzogen oder auch unlogisch, das hat meine Leselust aber nur wenig gehemmt. Unterm Strich ist der Roman originell und ich könnte mir sogar vorstellen, die drei Protagonist:innen in einer Fortsetzung wiederzutreffen.

Bewertung vom 20.09.2024
Roter Sommer
Harbour, Berna Gonzalez

Roter Sommer


ausgezeichnet

Im Sommer 2010 geht es heiß her, es ist WM, Krake Paul sagt Turniergewinner voraus, und in Madrid wird im See eines Parks ein ermordeter Jugendlicher gefunden. Comisaria María Ruiz und ihr Team ermitteln, und schnell stellt sich heraus, dass es in Santander einen sehr ähnlichen Todesfall gegeben hat.

Vor zwei Jahren las ich bereits einen Roman der Reihe, „Goyas Ungeheuer“, der mir gut gefallen hat, ich freue mich, dass der Pendragon Verlag nun einen weiteren Band, und zwar offenbar den ersten der Reihe, auf Deutsch veröffentlicht hat, und hoffe, dass die restlichen noch nachziehen werden. „Roter Sommer“ ist somit früher angesiedelt, und hatte ich in „Goyas Ungeheuer“ Probleme mit der Protagonistin, ist sie mir hier sympathischer. Als Frau und Vorgesetzte in einer Männerwelt hat sie es nicht leicht, doch sie weiß sich durchzusetzen. Mit von der Partie ist auch wieder der Journalist Luna, der kurz vor seiner Entlassung steht und seine eigenen Ermittlungen anstellt, schließlich einiges beisteuern kann. In Santander ermittelt zudem ein früherer Vorgesetzter Marías.

Auch den beiden toten Jugendlichen kommt man auf gewisse Weise nahe. Man kann sich gut in die Familien, die Familienverhältnisse und die Probleme der beiden hineinversetzen. Von Anfang an habe ich Trauer um die beiden verspürt, bis zum Ende hat mich der Roman auch emotional gepackt, so dass ich ihn kaum aus der Hand legen konnte.

Man kann zwar schnell ahnen, in welche Richtung es gehen könnte, das tat der Spannung für mich aber keinen Abbruch. Es sind erschütternde Hintergründe, und der Tod der beiden wird zunehmend tragischer. Tragisch auch, weil das Ganze leider aus dem Leben gegriffen ist.

Gut gefällt mir auch, dass Lokalkolorit mitschwingt, man liest nicht nur, dass es in Spanien spielt, man fühlt es auch.

Für mich das einzige Manko ist das völlig unnötige Ingefahrkommen gegen Ende, das für mich auch ein Logikbruch ist, zumindest kann ich die Motivation hier nicht nachvollziehen, obwohl ansonsten der Fall in meinen Augen nachvollziehbar gelöst wurde. Ohne wäre der Roman mir glatte 5 Sterne wert gewesen, so ziehe ich einen halben Punkt ab.

Im ersten Band der Reihe um María Ruiz ist mir die Protagonistin sympathischer als in dem Nachfolger, den ich bisher gelesen hatte. Interessant ist auch hier wieder der Fall, zudem gefällt mir der Lokalkolorit und dass ich emotional berührt wurde. Ich hoffe, die restlichen Bände der Reihe werden auch noch auf Deutsch veröffentlicht. Ich vergebe 4,5 Sterne, die ich, wo nötig, aufrunde.

Bewertung vom 10.09.2024
Elantris
Sanderson, Brandon

Elantris


ausgezeichnet

Elantris war eine wunderschöne Stadt und die Elantrier nahezu gottgleiche magische Wesen – bis vor zehn Jahren das Unglück über die Stadt hereinbrach. Seitdem ist Elantris dem Untergang geweiht, und die Elantrier lebende Tote.

Als Elantrier wird man nicht geboren, man wird eines Tages zum Elantrier. Diese Verwandlung, Shaod genannt, gibt es immer noch, sie scheint jedoch entartet, und so werden die neuen Elantrier nun gefürchtet, für tot erklärt und in dem von einer hohen Mauer umgebenen Elantris ausgesetzt. So geschieht es auch dem Kronprinzen von Arelon, Raoden, der sein Schicksal aber nicht einfach so akzeptieren möchte.

Prinzessin Sarene sollte eigentlich Raoden heiraten, doch als sie in seinem Heimatland ankommt, muss sie erkennen, dass sie statt Braut nun Witwe ist. Doch auch sie nimmt ihr Schicksal selbst in die Hand.

Der Priester Hrathen kommt nach Arelon, um die Bevölkerung zu seiner Religion zu bekehren. Sein Oberster hat ihm dafür drei Monate Zeit gegeben, dann soll Arelon zwangsbekehrt werden. Keine leichte Aufgabe für Hrathen, wie er bald erkennen muss.

Mein erster Roman von Brandon Sanderson ist gleichzeitig dessen Romandebüt aus dem Jahr 2005, und hat mich in vielem überrascht. Ich weiß nicht genau, was ich erwartet hatte außer einem spannenden Roman, das was ich bekommen habe, ist einiges mehr. Die Geschichte ist in so vielem unvorhersehbar, genau wie seine Charaktere. Sie hat mich schnell gepackt und ich habe sehr mitgefiebert und mitgelitten. Er ist sehr düster, aber auch hoffnungsvoll. Wenn das der Debütroman des Autors ist, freue ich mich sehr auf weitere seiner Werke.

Im Mittelpunkt stehen die drei bereits benannten Charaktere, die ebenfalls jeweils eigene Überraschungen zu bieten haben, vor allem Hrathen hat mich beeindruckt, hatte ich ihn doch zunächst als unsympathischen Antagonisten eingeschätzt, was ihm nicht gerecht wird. Jede:r hat eine interessante Entourage um sich, auch hier gibt es Charaktere die tiefgehend gezeichnet sind und es in sich haben.

Erzählt wird aus den Perspektiven der drei Protagonist:innen. Vor allem die Geschehnisse in Elantris sind sehr düster, doch gibt es auch Humor im Roman, der vor allem durch Sarenes Perspektive hinzukommt, denn diese ist sehr eigenwillig und hat nicht vor, eine typische Prinzessin zu sein.

Die Welt außerhalb Arelons und Elantris bleibt relativ blass, nur Sarenes Heimat lernen wir etwas näher kennen. Dennoch wird die Welt greifbar, wir erfahren etwas über Religionen und Kulturen. Arelon und Elantris bilden aber den Mittelpunkt der Geschichte. Nicht nur Elantris, sondern auch das unmittelbar angrenzende Arelon, zu dem Elantris gehört, hat sich in den letzten zehn Jahren sehr verändert, auch dieses nicht unbedingt zu seinem Vorteil. Sowohl in Elantris als auch in Arelon werden die Ereignisse der Geschichte und die Handlungen der drei Hauptcharaktere ihre Auswirkungen haben. Das ist alles sehr komplex, greift aber gut ineinander und bleibt logisch.

Der Roman ist in sich abgeschlossen. Mein Buch enthielt noch die Kurzgeschichte „Elantris Hoffnung“, die den Roman ein bisschen erweitert, aber erst nach dessen Abschluss gelesen werden sollte.

„Elantris“ ist ein sehr spannendes, aber auch komplexes Lesehighlight, mit sehr gelungenen Charakteren und einer interessanten Geschichte, dem man einige Aufmerksamkeit schenken muss, dafür aber auch reich belohnt wird.

Bewertung vom 09.09.2024
RAUCH
Sigurdardóttir, Yrsa

RAUCH


ausgezeichnet

Eine Gruppe ehemaliger Studienfreunde reist zu einer Beerdigung auf die Westmännerinseln, nicht ahnend, dass der Tripp in einem Albtraum enden würde.

Erzählt wird in zwei Zeitebenen. Die erste lässt uns aus Sicht eines der Freunde die Erlebnisse der Gruppe miterleben, die andere setzt ein paar Tage nach deren Ankunft ein, als Iðunn, die einzige Rechtsmedizinerin Islands auf den Inseln ankommt, da dort Leichen gefunden wurden, erzählt wird hier aus Sicht Iðunns. Dieser Erzählstil bringt sehr viel Spannung in den Roman. So erfährt man manche Erkenntnis der Ermittler, und hinterher erst, was wirklich geschehen ist. Oder man erlebt mit der Clique etwas, das später bei den Ermittlern relevant, aber nicht unbedingt direkt richtig eingeordnet wird. Als Leser:in weiß man manchmal mehr, aber eben oft nicht alles. Nach und nach erfährt man immer mehr, erst am Ende wird das Gesamte offenbar. Das Buch aus der Hand zu legen fällt daher zunehmend schwerer.

Sehr gut gefällt mir auch das Setting. Schon Island alleine wäre beeindruckend, aber die Westmännerinseln legen noch eine Schippe oben drauf. Sie spielen im Roman ihre Rolle und machen Lust, mehr über sie zu erfahren. Die Geschichte spielt in der kalten Jahreszeit, die Stimmung ist entsprechend, kalt und stürmisch.

Die Charaktere sind vielfältig und gut gezeichnet, natürlich lernt man sie vor allem aus Sicht der beiden Hauptfiguren kennen, was gut zur Erzählweise passt. Etwas gestört hat mich die familiäre Problematik Iðunns, darauf hätte ich verzichten können, die Geschichte hätte auch ohne funktioniert. Iðunn selbst ist offenbar bereits in vorherigen Romanen aufgetreten, diese habe ich bisher noch nicht gelesen.

„Rauch“ ist ein sehr spannender, atmosphärischer und raffiniert erzählter Thriller, der neben viel Tragik ein interessantes Setting und gut gezeichnete Charaktere mitbringt.

Bewertung vom 02.09.2024
Drachengift / Drachen Trilogie Bd.3
Heitz, Markus

Drachengift / Drachen Trilogie Bd.3


sehr gut

1927: Ein Chemie-Unternehmen hat ein Mittel gefunden, mit dem man Drachen innerhalb kürzester Zeit töten kann, das für Menschen aber unschädlich sein soll. Um näheres darüber zu erfahren, reist Ahmat Fayence auf den amerikanischen Kontinent, da das Mittel dort produziert werden soll.

Gregorij ist mittlerweile der Zar von Russland – und abhängig vom Drachen Tugarin. Vor seiner Ehefrau, der Drachenjägerin Silena, konnte er das bisher verbergen. Diese reist ebenfalls nach Amerika, und lernt dort den undurchsichtigen Umberto kennen. Währendessen hat Leída Havock die Sky Guard übernommen.

Die Expertin Ulrika Mang wird vom Officium Draconis beauftragt, eine Bestiensäule im Freisinger Dom zu untersuchen.

Der dritte und vorerst letzte Band der Drachenreihe führt, nachdem bisher Europa und Asien Schauplätze waren, dieses Mal auch nach Amerika. Die einheimischen Drachen haben dort ein ähnliches Schicksal wie die indigene Bevölkerung erlitten, schon die Wikinger brachten europäische Dracheneier mit. Doch so ganz scheinen die amerikanischen Drachen noch nicht ausgerottet zu sein. Ein großer Teil der Handlung findet auf dem amerikanischen Kontinent statt, wo man auch auf einen bekannten Erfinder trifft.

Daneben spielt das Geschehen vor allem in Russland, aber auch Großbritannien und Frankreich sind Schauplätze. Viele Altvordere gibt es nicht mehr, dafür lernt man einen neuen Drachen kennen, der besondere Fähigkeiten mitbringt und große Ambitionen hat.

Die Geschehnisse in Russland um Grigorij fand ich am wenigsten spannend, im Gegenteil ein bisschen ermüdend, da sich manches wiederholt. Gut gefallen hat mir hier aber Igor Vatjankin, der unter Grigorij die Ochrana leitet. Grigorij selbst hat mich doch etwas enttäuscht, nach allem, was er bisher mitgemacht hat.

Neu ist Ulrika Mang, die Sensationelles entdeckt. Leider landet dieser Handlungsstrang etwas im Nirgendwo, da er am Ende offen bleibt. Im Nachwort macht Markus Heitz aber gewisse Hoffnungen, dass er irgendwann wieder zu den Drachen zurückkehrt. Bei den Zwergen und, ganz aktuell, bei den Albae hat er das bereits umgesetzt, ich hoffe, die Drachen folgen bald, denn nicht nur dieser Strang endet offen, es gibt weitere, die nach einer Fortsetzung rufen.

Ansonsten ist die Geschichte wieder sehr spannend, recht blutig, aber auch immer wieder einmal humorvoll, letzteres insbesondere dann, wenn der französische Altvordere Vouivre mit an Bord ist. Erzählt wird erneut aus vielen verschiedenen Perspektiven, auch von Drachen, und mit einer ganzen Reihe überraschender Wendungen. Ich wurde auch dieses Mal wieder gut unterhalten.

Wie gewohnt gibt es auch hier eine Karte, ein Glossar und ein Personenregister.

Auch der dritte und vorerst letzte Band der Drachenreihe hat mich gut unterhalten. Leider sind am Schluss einige Handlungsstränge noch nicht zu Ende geführt, ich hoffe, der Autor kehrt irgendwann zu den Drachen zurück und beendet diese. Dennoch ist der Roman sehr spannend und wartet mit einigen überraschenden Wendungen und hin und wieder Humor auf.

Bewertung vom 21.08.2024
Düstergrab / Frida Paulsen und Bjarne Haverkorn Bd.6
Fölck, Romy

Düstergrab / Frida Paulsen und Bjarne Haverkorn Bd.6


gut

Am Tag nach der Beerdigung eines alten Schulfreundes Fridas meldet sich der Totengräber bei ihr, das Grab scheint geschändet, wurde etwa der Leichnam entwendet? Wie sich herausstellt, ist das Gegenteil der Fall, auf dem Toten liegt eine weitere Leiche, ein junges Mädchen. Es kommt noch schlimmer, denn die Tote ist offenbar zusammen mit ihrer Zwillingsschwester vor ein paar Jahren spurlos verschwunden. Da Bjarne Haverkorn mittlerweile Cold Cases bearbeitet, wird er für die Ermittlungen seinem alten Team zugewiesen. Diese kommen nur schwer in Gang, und dann gibt es auch noch ein Attentat auf ein Teammitglied.

Der sechste Band der Reihe fordert Frida einiges ab, sie bekommt sogar Zweifel, ob sie wirklich den richtigen Beruf gewählt hat. Vor allem der verletzte Kollege bringt sie sehr ins Grübeln. Dazu ist ihr Freund für längere Zeit in Bayern und sie fragt sich, wie die Beziehung weitergehen wird. Bereitet die Autorin womöglich das Ende der Reihe vor?

Leider hat mir dieser Band weniger gut gefallen als frühere, so fand ich den Fall um das tote Mädchen ausreichend, der zusätzliche Anschlag auf den Polizisten zu viel. Daraus hätte man vielleicht einen eigenen Fall machen können.

Auch sonst wirkt manches für mich etwas aufgesetzt, zum Beispiel auch das Verhalten des verletzten Kollegen Fridas, es gibt einige Klischees und zu wenig Spannung. Die Auflösung konnte mich auch nicht richtig überzeugen. Wahrscheinlich fände ich es gar nicht so schlimm, wenn die Reihe bald zu einem Ende käme.

Natürlich ist es schön, die bekannten Charaktere wiederzutreffen. Überzeugt hat mich auch wieder Bjarne, der einfach sehr sympathisch ist. Ich mag, dass er neu verliebt ist, das steht ihm gut, und seine Freundin ist sehr sympathisch. Interessant fand ich auch die Storyline rund um das Eichenblatt, das auf der Toten gefunden worden ist, hier gab es informative Hintergrundinformationen.

Für mich ist dieser Roman leider einer der schlechteren der Reihe, einiges wirkt aufgesetzt, es fehlt an Spannung und auch die Auflösung konnte mich nicht recht überzeugen.

Bewertung vom 18.08.2024
Maybrick und die Toten vom East End
Glas, Vanessa

Maybrick und die Toten vom East End


ausgezeichnet

London 1910: An Joseph Maybricks erstem Tag als Leiter der H-Division in Whitechapel wird ein toter, auf grausame Weise getöteter, Junge gefunden. Maybrick zieht den Arzt Dave Roberts hinzu. Gemeinsam nehmen sie die Ermittlungen auf.

Hester Jaager und Heath Ellis kennen sich seit ihrer Kindheit, nun führen sie eine Schmuggler- und Hehlerbande an. Leicht ist das nicht immer, andere Gangs machen ihnen das Leben schwer.

Ich mag schon lange historische Krimis, die in Großbritannien spielen, und die H-Division trifft man öfter in Romanen, Serien und Filmen. Die Autorin hat gut die Atmosphäre in den Londoner Slums getroffen. Maybrick selbst stammt auch von dort, kennt sich also aus. Die Erzählung ist dadurch recht düster, es wird aber darauf verzichtet, allzu blutige und brutale Details zu beschreiben, auch Roberts' Obduktionen werden nicht weiter ausgeführt, lediglich die Ergebnisse berichtet. Genug physische und psychische Gewalt gibt es dennoch, oft wird sie aber eben nicht ausführlich beschrieben.

Mich hat der Roman schnell gepackt. Erzählt wird aus verschiedenen Perspektiven, so dass man einigen Charakteren sehr nahe kommt, Neben den oben schon erwähnten sind das Maybricks Ehefrau Sue, Jorma, ein Junge, der einer der Konkurrenzgangs von Hester und Heath angehört, Gwendolyn, ein Mädchen, das mit Hesters Nichte befreundet ist, und, allerdings nur einmalig, einer der Corporal, die Maybrick unterstehen. Nach und nach lernt man die Charaktere so immer besser kennen, kommt ihnen nahe und fühlt mit ihnen. Das Ende ist nachvollziehbar, aber auch verstörend auf seine Weise.

Ich hoffe sehr, dass der Band der Beginn einer Reihe ist, ich würde sehr gerne wissen, wie es mit allen weitergeht, manches ist am Ende offen. Das könnte durchaus so bleiben, und man kann sich selbst vorstellen, wie es weiterginge, aber es wäre auch schön, mehr zu erfahren.

Vanessa Glas' Debüt hat mir sehr gut gefallen, der Roman ist atmosphärisch, spannend und man kommt den Charakteren sehr nahe, kann gut mitfühlen. Ich hoffe auf weitere Bände mit Maybrick und Roberts.

Bewertung vom 16.08.2024
Five Broken Blades / The Broken Blades Bd.1
Corland, Mai

Five Broken Blades / The Broken Blades Bd.1


ausgezeichnet

Ein Prinz, ein Schläger, eine Diebin, ein Spion, eine Mörderin und ein Fürstensohn machen sich auf, einen unsterblichen König zu töten.

Nicht oft packt mich ein Roman so schnell wie dieser, schnell mochte ich die Protagonist:innen, den Erzählstil und die spannende Handlung, und habe bis zum Ende mitgefiebert. Erzählt wird in relativ kurzen Kapiteln aus den wechselnden Perspektiven der sechs Protagonist:innen, oft geht das regelrecht ineinander über. Alle Perspektiven sind in Ich-Form geschrieben, wodurch einem das Geschehen schnell nahe kommt. Die Charaktere sind sehr unterschiedlich, jede:r hat seinen eigenen Grund, jede: r hat seine eigenen Geheimnisse, und untereinander gibt es immer wieder ein gewisses Misstrauen, das auch manchmal auf mich als Leserin überging.

Zunächst sind die Protagonist:innen in Zweiergruppen unterwegs, erst etwa zur Mitte des Romans treffen alle sechs aufeinander. Die Fünf im Titel ist übrigens dennoch richtig, denn einer ist mehr oder weniger nur als Beobachter dabei, spielt aber trotzdem eine nicht unwesentliche Rolle.

Die Geschichte ist sehr spannend, immer wieder muss man bangen, ist misstrauisch, fühlt mit allen Sechs mit und lernt diese nach und nach immer besser kennen, entwickelt mehr und mehr Verständnis für sie. Es gibt auch immer wieder einmal humorvolle Szenen und auch die Romantik wird nicht vergessen. Ich hatte sehr unterhaltsame Lesestunden.

Die Welt erscheint mir noch ausbaufähig, die Autorin hat sie offenbar an koreanischen Mythen und Legenden angelehnt. Zu Beginn des Romans gibt es eine Karte der Welt.

Das Ende ist überraschend, so hatte ich es nicht erwartet, und es ist vor allem nur ein vorläufiges Ende, im Original ist auch bereits ein zweiter Band erschienen, der hoffentlich auch auf Deutsch erscheinen wird.

Der Roman ist spannend und unterhaltsam, bringt interessante Protagonist:innen mit, die man im Laufe der Zeit liebgewinnt, sowie ein paar Überraschungen. Am Ende stellt man fest, dass die Geschichte noch weitergehen wird, ich freue mich darauf.