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Insgesamt 136 Bewertungen
Bewertung vom 09.02.2020
The Plus One - Sie baut sich Mr. Right einfach selbst
Archer, Sarah

The Plus One - Sie baut sich Mr. Right einfach selbst


gut

"The Plus One" hat mir am Anfang ziemlich gut gefallen. Die Grundidee stimmte, die "Zutaten" klangen vielversprechend, aber die Umsetzung hat hier und da leider nicht gepasst. Da ist zum einen Kelly. Sie ist ein schräger Charakter mit Ecken und Kanten und kleinen Macken, vor allem aber mit dem Problem, in sozialen Situationen einfach nicht kompetent zu sein. Sie ist nicht der Typ für tiefe Freund- und Liebschaften, sondern macht eher ihr eigenes Ding. Das fand ich ganz nett, weil sie mir dadurch ehrlich erschien und ich mich hier und da gut in sie hineinversetzen konnte. Im Laufe der Zeit wurde sie für mich aber immer naiver und zugleich zu zurückhaltend und feige. Sie verstrickt sich mehr und mehr in Lügen und Ausweichmanöver, um ihre vorgegebene Ethan-Geschichte aufrecht halten zu können und lässt sich dabei immer wieder klein machen und in die Ecke drücken, sowohl von ihrer Familie als auch von Kollegen. Je eigenständiger der Roboter Ethan wird, umso mehr entwickelt Kelly einen schwachen Charakter und das fand ich nicht nur schade, sondern habe es auch nicht nachvollziehen können. Sie hatte anfangs mehr Biss und mehr Persönlichkeit, die ihr irgendwie nach und nach abhanden kommen, als sie ihre Zeit mit Ethan verbringt.
Völlig unglaubwürdig fand ich darüber hinaus die Tatsache, dass Kelly ihren Roboter Ethan innerhalb von nur einem ganzen Wochenende (!!) fertig baut und programmiert - und zwar so dermaßen perfekt und menschlich, dass niemand auch nur irgendetwas merkt oder komisch findet an ihm. Robotertechnikerin, die Kelly ist, hin oder her, aber das war doch ein bisschen zuviel "Fiktion", als dass ich das so glauben könnte. Liest man andere Bücher darüber, wie schwer und zeitraubend und zermürbend es ist, Künstliche Intelligenzen so zu programmieren, dass sie menschlich wirken und selbstständig denken lernen, dann kann man sich gut ausmalen, dass eine komplette Roboterherstellung nicht an einem Wochenende zu machen ist. Aber gut, das mag auch Meckern auf hohem Niveau sein; schließlich handelt es sich hierbei ja um eine fiktive Geschichte und da kann ein Autor ja eigentlich schreiben, was er möchte.
"The Plus One" ist durchaus eine niedliche und romantisch angehauchte Story, bei der es meiner Meinung nach aber irgendwann weniger um die Romantik und das Verliebtsein als solches geht. Eher wird es eine Geschichte über Kelly, die sich mit 30 langsam aus den Vorstellungen und Vorgaben ihrer Familie und ihrer eigenen kleinen Welt herauskämpft. Irgendwann geht es gar nicht mehr so sehr um Ethan, sondern nur um Kelly und darum, wie sie ihre Umwelt erlebt.
Es gibt im Verlauf dieser Geschichte einige kleine Längen in der Handlung, wodurch sich der Mittelteil für mich etwas zog. Gleichzeitig, und diesen Gegensatz empfand ich leider als sehr schade, führt die Autorin manche (wichtigen) Momente einfach nicht ausführlich genug aus. Gerade alle Situationen, die damit zu tun haben, Ethan in der Gesellschaft anderer Leute zu erleben, Gespräche und Dialoge zwischen ihm und realen Menschen zu verfolgen - diese Situationen zu beschreiben und Ethan dadurch tatsächlich ein stückweit "menschlich" wirken zu lassen, darauf verzichtet Frau Archer irgendwie völlig. Immer wenn es spannend wird und sich die Handlung dahin neigt, Ethan jetzt in Aktion im "realen Leben mit anderen realen Personen" zu erleben, dann bricht die Szene ab und die Autorin setzt erst später in einem anderen Kontext wieder ein. Man liest eigentlich nur einzelne Szenen zwischen Kelly und ihm, aber nicht zwischen der Welt und ihm. Irgendwie hat es sich die Autorin dadurch auch ein bisschen zu leicht gemacht. Hier hätte sie sich vielleicht schon die Mühe machen können, einzelne Szenen genauer herauszuarbeiten und auch die Reaktionen der Personen auf Ethan darzustellen. Das hätte das Ganze in meinen Augen realer wirken lassen.
Trotzdem ist "The Plus One" eine kurzweilige, nett-amüsante Romantikgeschichte mit futuristischem Ansatz, die im Verlauf ein wenig schwächelt, aber ein

Bewertung vom 11.11.2019
Dear Evan Hansen
Emmich, Val; Levenson, Steven; Pasek, Benj; Paul, Justin

Dear Evan Hansen


sehr gut

Die Geschichte "Dear Evan Hansen" ist zunächst als Musical in den USA, Kanada und in London erschienen, bevor sie in Buchform geschrieben wurde. Als ich das gehört habe, war ich gleichermaßen neugierig und skeptisch. Schon während des Lesens konnte ich die Musical-Vorgeschichte kaum glauben und habe mich mehrfach gefragt, wie man diese Story ernsthaft als Musical darbieten will...?! (Aber es stimmt: man muss nur mal ein wenig googeln und wird spätestens bei Youtube fündig und kann sich Trailer und Songs aus den verschiedenen Versionen des Musicals in den USA und UK anschauen.)
So skeptisch war ich vor allem deshalb, weil dieses Buch voll von Gedankengängen und von Beschreibungen emotionaler Befindlichkeiten der Hauptfigur Evan Hansen ist. Und ich konnte mir beim besten Willen nicht vorstellen, wie man all das, diese Intensität und Eindringlichkeit des Seelenlebens von Evan, in ein Musical packen wollte. Ob das letztlich gelungen ist oder nicht, kann ich auch nicht beurteilen. Ich kenne nur das Buch und die paar Trailer, die man online finden kann. Die haben mich tatsächlich nicht überzeugt, und ich bin froh, dass ich die Geschichte von Evan Hansen als Buch kennenlernen konnte und nicht als Musical. Das Musical würde ich tatsächlich (nach diesen ersten Eindrücken) nicht sehen wollen.

Aber worum geht´s eigentlich, fragt sich jetzt vielleicht mancher. Es geht um Evan Hansen, ein geborener Außenseiter und Einzelgänger in seinem letzten Schuljahr. Eigentlich möchte er das gar nicht sein - allein und außen vor bei den anderen -, aber er ist es nun mal. Der soziale Umgang fällt ihm schwer, Kontaktaufnahme zu anderen findet kaum statt. Freunde hat er nicht, eine Freundin dagegen hätte er schon ganz gern, und zwar Zoe, für die er schon eine ganze Weile heimlich schwärmt. Ich fand es im Buch etwas schade, dass man so wenig über die Hintergründe seiner sozialen Schwierigkeiten erfährt. Anfangs dachte ich, mal wieder wird das Autismus-Syndrom bemüht (passiert in letzter Zeit meiner Meinung nach viel zu oft!), dann dachte ich an eine Soziale Phobie. Aber das scheint es alles nicht zu sein, und so bleibt diese Frage - "Warum ist Evan so?" - für mich letztlich ein wenig ungeklärt, was ich schade, aber nicht störend für die Handlung fand. Evan soll laut seines Therapeuten jeden Tag einen positiven Brief an sich selbst schreiben. Einer dieser Briefe gelangt durch Zufall in die Hände von Schulrüpel Connor, zufällig Zoes Bruder. Am Tag darauf begeht Connor Selbstmord - und plötzlich glauben alle, Evan und Connor seien beste Freunde gewesen. Evan, der zum ersten Mal in seinem Leben von Anderen positive Rückmeldungen und Aufmerksamkeit erhält, schafft es nicht, die Wahrheit zu sagen. Aber wie lange kann er diese Lüge vor den anderen, aber auch vor sich selbst, aufrecht halten?

Die Geschichte von Evan ist ein Auf und Ab der Gefühle und man weiß gar nicht so recht, welches Gefühl man eigentlich zulassen und welchem man nachspüren sollte. Man leidet man Evan mit, freut sich mit ihm, aber auch diese unterschwellige Traurigkeit, das Gefühl von Einsamkeit und Verzweiflung gingen zumindest mir sehr an die Nieren. Mich hat die Geschichte definitiv nicht kalt gelassen, und das ist ja eigentlich mit das Beste, was ein Buch bewirken kann. Es ist kein Buch zum herzlich-mitfühlenden Weinen, auch laut Lachen wird einem eher selten passieren. Aber am Ende denkt man über sehr viel nach, finde ich, trotz mancher Schwächen in der Geschichte.
Auf das Musical kann ich gut und gerne verzichten, aber dass ich das Buch gelesen habe - darüber bin ich froh.

Bewertung vom 03.08.2019
Mein Leben basiert auf einer wahren Geschichte
Freytag, Anne

Mein Leben basiert auf einer wahren Geschichte


ausgezeichnet

Eigentlich ist "Mein Leben basiert auf einer wahren Geschichte" das erste Buch, das ich von Anne Freytag lese - lässt man das eine andere außer Acht, dass sie unter einem Pseudonym geschrieben und das mich damals ziemlich begeistert hat. Aber während seit vielen Jahren viele Leser von den Büchern von Anne Freytag schwärmen und ihre Bücher auch oft nominiert für oder sogar ausgezeichnet sind mit verschiedenen Preisen, habe ich in dieses Freytag-Universum bisher noch nicht richtig reingeschnuppert. Das ist nun mit diesem Buch hier passiert. Und nun ich bin ge-freytagt.
Ich glaube, das liegt eher an ihrem Schreibstil und an ihrer Art, Dinge und Gedanken auszudrücken, als tatsächlich an der Handlung. Denn ganz ehrlich: wer ein "spannendes" Buch mit viel Handlung sucht, der ist bei "Mein Leben basiert auf einer wahren Geschichte" an der falschen Adresse. Die Handlung ist schnell erzählt: Rosa und Frank sind auf der Reise durch Australien. Gerade erst kennengelernt, stellen sie fest, dass sie gut kompatibel sind (vielleicht auch mehr?) und reisen zusammen los. Aus zwei wird drei, als plötzlich Franks bester Freund David vor beiden steht, der erst nicht mit, dann aber doch nach Australien wollte. Fortan gibt es Spannungen der verschiedensten Art zwischen den drei jungen Reisenden.
Die Handlung ist also eher überschaubar. Und die Drei sind Personen mit Ecken und Kanten und manchmal komischen Vorstellungen, niemand, den man als Leser sofort ins Herz schließt, zumindest ging es mir so. Genau das macht sie aber zugleich so real und unglaublich gut getroffen. Ihre Gedankengänge, ihre Gefühlswelt, ihre Regungen und gerade auch die Nicht-Regungen eines jeden der Drei - genau da hat Frau Freytag das Herz ihres Buches hinein gelegt. Das ist das Besondere dieser Geschichte. So unterschiedlich Rosa, Frank und David irgendwie auch sind, ich konnte jedem seine Erzählung nachfühlen. Ich habe nachempfinden können, was in ihnen vorgeht, und das schafft nicht jedes Buch. Bei manchen Büchern bleibt es eine Geschichte auf Seiten, aber hier glaube ich sofort, dass genau das Beschriebene in Australien anderen - echten - Personen auch wirklich passieren könnte.
Es fällt einem ja auch nicht schwer, sich gedanklich in die Hitze und den Reibungen der Reise hineindenken zu können. Die Kapitel des Buches sind selten länger als drei Seiten und gleichen eher einer Momentaufnahme der jeweiligen Gedanken- und Gefühlswelt der 3 Protagonisten, als wirklich große Handlungsstränge aufzufahren. Die Sätze sind manchmal arg abgehackt und wie atemlos ausgestoßen, was mich anfangs schier ungeduldig gemacht hat, zugleich aber den Reiz des Buches ausmacht und irgendwann einen solchen Sog entwickelt hat, dass das Buch bei mir keine zwei Tage ungelesen blieb.
Das Ende dann ist ... ungewöhnlich, muss ich sagen, damit hätte ich nicht gerechnet, auch wenn es irgendwie die ganze Zeit auf der Hand lag. Mutig, aber auch ehrlich finde ich es vor allem von Frau Freytag, dieses Ende zu wählen und dazu zu stehen. Vielleicht ist auch gerade das ein weiterer besonderer Punkt der Freytag-Schreibe.

Bewertung vom 19.07.2019
Tage in Cape May
Cheek, Chip

Tage in Cape May


gut

Effie und Henry kommen gerade von der Highschool, haben frisch geheiratet und verbringen ihre Flitterwochen in Cape May, einem Badeort, den Effie noch von früher kennt. Dort ist nicht viel los, die Sommersaison ist schon vorbei, und beide müssen sich eingestehen, dass sie sich trotz der gerade erst entdeckten intimen Beziehung, die sie nun offiziell ausleben dürfen, irgendwie ein bisschen langweilen. Beide wollen gerade früher wieder abreisen, als sie auf alte Bekannte von Effie treffen, mit denen sie damals als 8-jährige ihre Sommer in Cape May verbracht hatte. Schnell liegt eine amourös-leidenschaftlich aufgeladene Stimmung in der Luft, die die junge Ehe von Henry und Effie schnell auf die Probe stellt.

"Tage in Cape May" ist ein sehr ruhiges, gemächliches Buch - man spürt förmlich den Eindruck dieser trägen, nach-sommerlichen Tage der späten 50er Jahre in dem kleinen verschlafenen Ort Cape May, in dem einfach nichts los ist - oder zumindest viel zu wenig, sodass die Geschehnisse eben derart ihren Lauf nehmen, wie sie das tun. Das ist letztlich auch das, was mir gut gefallen hat am Buch und mich ein bisschen versöhnt hat mit der Geschichte an sich: die Stimmung, die Autor Cheek hier einfängt und auf Papier bringt, ist gut getroffen und beschrieben. Man fühlt sich beim Lesen tatsächlich ein wenig so, wie man es sich von damals aus den Nachkriegsjahren der 50er in einem kleinen verschlafenen amerikanischen Badeort vorstellt.
Aber Effie und Henry blieben mir beide zu fremd, zu wenig persönlich, als dass ich mit ihnen hätte "mitleiden" können. Die Handlung ist zudem letztlich schnell erzählt und auch die Motive sind überschaubar. Es geht um (mitunter ziemlich ausschweifend und zugleich plump erzählte) Leidenschaft, intime Verwicklungen, Ehebruch - und das alles vor dem Hintergrund der prüden 50er Jahre, in denen all diese Themen noch so viel mehr verpöhnt und unmöglich waren, als sie es heute sind. Insofern wagt sich Chip Cheek mit den Moral- und Anstandsvorstellungen von damals an ein ungewohntes Thema heran, erfindet das Rad jedoch nicht neu und bringt nichts, das einem im Kopf bleibt. Bei mir wuchs von Seite zu Seite die Frage, warum eigentlich. Warum schreibt er über dieses Thema? Warum schreibt er diese Geschichte? Was ist die Botschaft? Gerade die letzten Seiten haben mich noch unzufriedener zurückgelassen, weil sie, was die Beziehung zwischen Henry und Effie betrifft, zwar der Realität entsprechen würden, aber gerade deswegen zugleich einen faden und äußerst langweiligen Beigeschmack nach der ganzen Erzählung vorher hinterlassen. Bei mir hat es bei diesem Buch nicht "Klick" gemacht.

Bewertung vom 24.06.2019
Die verlorenen Briefe des William Woolf
Cullen, Helen

Die verlorenen Briefe des William Woolf


gut

"Die verlorenen Briefe des William Woolf" hätte ein weiterer Schatz aus der Reihe der wunderbaren Bücher aus dem Wunderraum Verlag sein können. Und zugegeben, anfangs war ich auch ziemlich begeistert und gefangen von dieser schönen Romanidee, die die Autorin Helen Cullen da hatte.
Brief-Detektive, die versuchen, verloren gegangene Briefe durch Recherche und Suche doch noch zuzustellen; eine eigens dafür eingerichtete Abteilung in der Londoner Post - und das alles noch nicht zu Zeiten von Internet und Social Media, was die Suche ja irgendwie erleichtern würde. Nein, die Geschichte von William Woolf spielt Anfang der 90er, jene Zeit, als man noch Telefonbücher wälzen oder sich eben selbst auf die Socken zu einer Adresse machen musste, um etwas herauszufinden.
Die Geschichte startet entsprechend auch mit einigen herrlich kuriosen und auch feinfühligen Briefen, die William aus den Massen von nicht zugestellter Post herausfischt. Das tut er mit Leidenschaft und Interesse. Und eines Tages stolpert er über einen besonders besonderen Brief, einen in einem mitternachtsblauen Umschlag, der an "Meine große Liebe" adressiert ist. William verliert sich in diesen Worten, und als es nicht bei einem Brief bleibt, sondern neue dazu kommen, kann er nicht umhin, sich zu fragen, ob nicht vielleicht tatsächlich er selbst gemeint ist mit diesen Worten...?
Allzu gern lässt er sich auf diese Gedankenspielerei ein und sehnt jeden neuen Brief herbei, wohl auch deshalb, weil es in seiner eigenen Ehe mehr als kriselt und alle Zeichen auf Trennung stehen.

Soweit zur schnellen Zusammenfassung, die aber wiederum auch bereits alles relevante aufzählt, was es zu diesem Buch zu sagen gibt. Denn letztlich bin ich ziemlich enttäuscht von dem, was Frau Cullen aus ihrer so tollen und interessanten Romanidee gemacht hat. Wo anfangs noch diese außergewöhnlichen Briefe vorgestellt wurden, verliert sich der Zauber dieser Briefzustellungs-Abteilung zunehmend über die Seiten, weil einfach nicht mehr davon erzählt wird. Nein, fortan wird das Buch eine Erzählung über eine gescheiterte Ehe und die unglücklichen Versuche von William und seiner Frau Clare, zu kitten, was eigentlich gar nicht mehr zu kitten und retten ist. Immer mehr geht es nur um Streits, um Auseinandersetzungen, um das Aneinander-Vorbeileben der beiden. Clare wurde mir von Seite zu Seite unsympathischer und hatte damit bei mir einen sehr schweren Stand, neben der unbekannten geheimnisvollen Verfasserin der mitternachtsblauen Briefe zu bestehen und sich zu behaupten. Damit bekam ich beim Lesen leider überhaupt nicht das, was ich mir erhofft hatte, und auch nicht das, was die Inhaltsangabe vermuten lässt.
Ich hätte William eine romantische Geschichte gegönnt, mit geheimnisvollen Briefe, einer Schnitzeljagd gleich, einer lebensverändernden Suche nach der Briefverfasserin, die tatsächlich nicht erst auf den letzten 20 Seiten des Buches stattfindet. Aber das bietet "Die verlorenen Briefe des William Woolf" leider nicht, und so kommt es, dass ich zum ersten Mal tatsächlich ein bisschen enttäuscht von einem Buch aus dem Wunderraum Verlag bin.

Bewertung vom 13.05.2019
Der Verrat
Sandberg, Ellen

Der Verrat


sehr gut

Viele Leser schwärmen vom Vorgängerbuch "Die Vergessenen" von Ellen Sandberg, welches ich jedoch gar nicht kenne. Ich habe "Der Verrat" daher ganz ohne Erwartungen gelesen. Auf gewisse Weise ist "Der Verrat" ein Krimi, jedoch ein ungewöhnlicher, der an vielen Stellen eher an eine Darstellung einer verkorksten Familiengeschichte erinnert. Denn in erster Linie geht es um drei Schwestern, von denen eine (Nane) 20 Jahre für einen Mord im Gefängnis saß - dem Mord am Sohn des späteren Ehemanns ihrer Schwester Pia. Pia hat keinen Kontakt zu Nane, sie kann ihrer Schwester nicht verzeihen. Als Nane dann entlassen wird, bahnen sich jedoch zunehmend Zweifel an, ob die Straftat wirklich so abgelaufen ist, wie es damals schien.

Ellen Sandberg versteht es, den Spannungsbogen kontinuierlich aufzubauen und zu verstärken, dennoch gab es für mein Empfinden hier und da einige Längen im Erzählfluss. Die Figuren machen es einem nicht so leicht, sie zu mögen, zugegeben. Gerade Hauptfigur Pia empfand ich gar nicht als Sympathieträgerin, und die anderen beiden Schwestern kommen auch etwas zu kurz, finde ich. Dennoch werden die Charaktere mit ihren zunächst gut unter Verschluss gehaltenen Mängeln und Fehlern im Verlauf immer klarer dargestellt, was mit den gut gewählten Zeitsprüngen aus der heutigen Zeit in die Zeit des Verbrechens vor 20 Jahren noch zusätzlich für Neugier auf den Ausgang des Buches sorgt. Die Lösung des Falles ist dann eine Überraschung, die den gewünschten Aha-Effekt erzielt, den man sich dann von einem guten Krimi erhofft - auch wenn "Der Verrat" erst gar nicht wirklich wie ein Krimi wirken mag.

Bewertung vom 11.03.2019
Schönheit regiert / The Belles Bd.1
Clayton, Dhonielle

Schönheit regiert / The Belles Bd.1


gut

Ein Autor kann ja schreiben, was er möchte. Genügend Themen gibt es auf der Welt - und darüber hinaus. Immerhin sind Lesergeschmäcker bekanntlich verschieden und irgendwie findet wohl jeder Leser über kurz oder lang etwas, was ihm gefällt. Trotzdem ereilt mich bisweilen der Gedanke, dass manche Geschichten vielleicht auch einfach nicht hätten geschrieben werden müssen. "The Belles" ist in meinen Augen eine solche Geschichte, - eine Geschichte, die die Welt nicht wirklich braucht.
Als ungefragtes Rezensionsexemplar eingetroffen, hatte dieses Buch zugegeben auch keinen einfachen Stand bei mir. Kurz gesagt, geht es um eine handvoll ausgewählter junger Damen (alle 16 Jahre alt), die die Gabe und Fähigkeit besitzen, andere Menschen schön zu machen. Sie heißen einfallsreicherweise "The Belles". "Glücklicherweise" leben diese in einer grauen, simpel gehaltenen und von einer schrecklich dummen und arroganten Königsfamilie regierten Welt als Untertanen, und werden schon mit nichtssagender grauer Haut und roten Augen geboren. Damit besteht natürlich reichlich Bedarf an Schönheit, für die man aber teuer bezahlen muss. Leider ist diese neu erworbene Schönheit - wie realitätsnah! - vergänglich und so halten die Veränderungen (Haarverlängerungen, Hautfärbungen, weißere Zähne, längere Beine und und und) mitunter nur ein paar Wochen. Man liest die Geschichte aus der Sicht von Camelia, einer der "Belles", die als Schönheitsgeberin zum Spielball der regierenden Mächte wird.
Ich empfinde die Geschichte definitiv (nur) für jüngeres Lesepublikum gedacht (ab 13 aufwärts), was vielleicht erklärt, warum ich mit dieser Geschichte rund um die Schönheit nicht warm geworden bin. Die ganze Darstellung der Welt der "Belles" und ihrer - plump gesagt - hässlichen Untertanen war mir zu plakativ und zu simpel gehalten. Diese Unterscheidung zwischen Schwarz und Weiß, Gut und Böse springt mir hier einfach zu sehr ins Auge. Auch die Handlungsstränge und Motive der Figuren sind mir zu vorhersehbar. Zugleich verliert sich die Autorin für meinen Geschmack viel zu häufig in blumigen Beschreibungen; sie schreibt so Metaphern-reich, dass mir beim Lesen fast ganz schwindelig wird, weil ich überhaupt nicht mehr verstehe, was sie mir eigentlich sagen möchte. Das verstärkt noch den Eindruck einer zuckersüßen, klebrig-rosa Geschichte, die irgendwie aus einem Kleinmädchentraum entsprungen zu sein scheint. Und so ganz falsch liege ich mit dieser Idee gar nicht, denn im Nachwort erzählt die Autorin, dass sie die Romanidee bereits mit 12 hatte, als ihr erstmalig klar wurde, wie oberflächlich manche Menschen sind, wenn es um Schönheit geht.
Natürlich steckt in dieser Geschichte und damit in dem Anliegen der Autorin auch ein Funken Wahrheit, die den mitunter kranken Schönheitsidealen und -vorstellungen der heutigen Welt einen Spiegel vorhalten möchte. Und die unkonventionelle Idee, jene Moral "Wahre Schönheit kommt von innen" auf diese Weise darzustellen, ist sicher lobenswert. Jüngere Leserinnen mögen an dieser Geschichte und der Fortsetzung (es wird wohl eine geben, denn es endet ziemlich offen!) ihren Lesespaß haben. Etwas abgeklärtere Leser*innen werden hier wohl weniger auf ihre Kosten kommen.

1 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 19.12.2018
Das Geheimnis um Nebula / Explorer Academy Bd.1
Trueit, Trudi

Das Geheimnis um Nebula / Explorer Academy Bd.1


sehr gut

Als ich das Buch gesehen habe, war ich zunächst sehr überrascht, denn mir war nicht bekannt, dass National Geographic auch Belletristik-Bücher herausbringt. Aber da es um eine Abenteuergeschichte einer Explorer Academy geht, also um junge Nachwuchsforscher, passt es doch irgendwie.
Und die Geschichte an sich hat mir auch ganz gut gefallen, auch wenn ich sicher gar nicht mehr der Zielgruppe entspreche. Diese liegt sicher bei jungen Lesern ab 11 Jahren, würde ich sagen.
Cruz wird an der Explorer Academy aufgenommen, zusammen mit anderen jungen Forschern, hat jedoch von vorneherein das schwere Los zu tragen, dass manche bösen Zungen sagen, er habe diesen Platz nur bekommen, weil er mit einer der Dozentinnen verwandt sei. Letztlich schafft es Cruz, sich selbst zu beweisen und zu zeigen, dass er absolut richtig dort ist, auch ohne verwandtschaftliche Bande.
Die Abenteuergeschichte hat mir gut gefallen, ein bisschen sehr auf Spannung und Action ausgelegt das Ganze. Ich hätte mir mehr Einblicke in den wirklichen Unterricht, in Faktenvermittlung und den Schulalltag gewünscht, das ging für meinen Geschmack immer ein bisschen unter. Eine Geschichte wie die von Harry, Ron und Hermine wird man hier nicht finden. Dafür geht die Autorin leider zu wenig in die menschliche und emotionale Tiefe. Es geht eher um eine rasante Erzählung, bei der (aus Erwachsenenaugen) auch nicht alles so richtig Sinn macht. Merkwürdig fand ich auch, dass der eigentliche Unterricht der Kinder nur wenige Tage lang dauert, bevor die Kinder zum Ende des Teil 1 ein Forschungsschiff betreten und fortan auf diesem Schiff um die Erde segeln. Darum wird es in den nächsten Teilen der Buchreihe gehen. Eine richtige Schule ist das hier also eigentlich nicht, eher ein "Riesen-Abenteuer mit Freunden" (und damit leider nicht so ganz an der Realität, wie man es von National Geographic sonst eigentlich gewöhnt ist), wird so manches Kind neidvoll anmerken. Aber zur kurzweiligen Unterhaltung passt diese Geschichte von Cruz sehr gut, das Ende macht zudem sehr neugierig darauf, wie die Geschichte wohl weitergeht.

Bewertung vom 21.11.2018
Fahrräder für Utrecht
Baier, Jochen

Fahrräder für Utrecht


gut

"Fahrräder für Utrecht" lag schon eine ganze Weile bei mir herum. Irgendwie hat es mich bisher nicht zu dieser Geschichte gezogen, muss ich zugeben. Jetzt habe ich sie aber doch mal gelesen und sitze nun mit gemischten Gefühlen da, weil ich diese Erzählung irgendwie nicht richtig einschätzen kann. Sie behandelt ohne Frage ein wichtiges Thema, oder vielmehr nur ein kleines schreckliches Detail einer viel größeren historischen Tragödie. Insofern ist das Thema von Beginn an schwierig und kann in seiner Behandlung auch sehr daneben gehen. Die Grundidee, die Herr Baier hier verfolgt, finde ich eigentlich sehr schön, auch deswegen wollte ich das Buch lesen: die Fahrräder symbolisch in die Niederlande zurückbringen, die damals unrechtmäßig entwendet wurden. Es finden sich einige Leute, die dieses Vorhaben gern begleiten und mitfahren - zumindest bis zu dem Punkt, wo es dann ernst wird, als es nämlich wirklich um die "Übergabe" geht.
So gelungen ich die Idee an sich finde, hat sich bei mir irgendwie kein richtiges "Ankommen im Roman" eingestellt, wie ich es bei anderen Büchern oftmals (und bestenfalls) erlebe. Zum einen bin ich mit Hauke und seinen direkten Freunden einfach nicht warm geworden. Haukes Erzählstil fand ich zuweilen holprig, ausschweifend, zu jugendlich und naiv gehalten für einen 40-Jährigen. Das hat einfach nicht immer gepasst. Wäre Hauke jünger gewesen, um die 20, und hätte sich besten Wissens und Gewissens in diese Aktion begeben - ich hätte sie ihm mehr abgekauft. Denn so habe ich beim Lesen tatsächlich mehrfach vergessen, dass es sich hier um erwachsene Menschen handelt, die doch eigentlich selbst Lebenspläne haben sollten, anstatt sich so plan- und ahnungslos in ein vermeintliches Abenteuer zu begeben.
Insgesamt erschien mir die Geschichte dann auch etwas zu langatmig und zu lang geraten, teilweise auch zu Dialog-lastig, zumal viele Unterhaltungen einfach überflüssig und mit Vorurteilen gespickt waren. So handelt es sich bei "Fahrräder für Utrecht" in meinen Augen um eine gute, nachdenklich stimmende Idee, die aber in ihrer Ausführung zu sehr wackelt.

Bewertung vom 04.10.2018
How to be a girl
Korbik, Julia

How to be a girl


weniger gut

Ich habe dieses Buch bekommen - von allein hätte ich das Buch vermutlich nie gelesen. Ich gehöre mit meinen "Ü30" auch nicht mehr zur Zielgruppe. Das als Info vorab, dass ich sicherlich nicht die optimalste Leserin für dieses Buch bin.
Aber vielleicht sollte das auch wiederum total egal sein. Denn ob nun 13 oder über 30 - das Mädchen/ Frausein mag einen ja dennoch beschäftigen. Mich aber ehrlich gesagt nicht so sehr. Ich bin für Gleichberechtigung und finde auch Emanzipation wichtig. Gleichzeitig habe ich nie Bevormundung oder Rückstufungen aufgrund meines Geschlechts erlebt. Da mag ich Glück gehabt haben, richtig. Und das mag auch der Grund dafür sein, dass ich solche Emanzipations- und Feminismus-Diskussionen zuweilen als zu gewollt, zu kleinlich und zu belehrend empfinde. Ich bin kein Freund von allzu plakativen Feminismus-Bekundungen, mit denen man die Geschlechterkluft meiner Ansicht nach meistens noch verstärkt. Denn wenn ich - wie hier in diesem Buch - immer wieder Formulierungen wie "Schülerinnenzeitung", "Staatsbürgerinnenrechte" oder "Freundinnenschaft" lese, dann verdrehe ich unweigerlich die Augen und denke mir, wie blöd das klingt.
Und da habe ich auch gleich den nächsten Punkt, der mir an "How to be a girl" nicht gefallen hat. Das Buch möchte gern für Gleichberechtigung und Emanzipation der jungen Frauen sein, bedient dabei aber das Hauptklischee der Rollenverteilung gleich selbst. Denn warum sonst ist dieses Buch in rosa-metallic Farben gehalten (=DIE Mädchenfarbe schlechthin)? Warum befinden sich zwar einige schematische Kopf-Abbildungen von bekannten oder bemerkenswerten Frauen darauf, aber beispielsweise Vertreterinnen des asiatischen oder afrikanischen Raums werden völlig außen vor gelassen? Ist das nicht schon ein weiteres großes Klischee?!
Ich kann mir vorstellen, dass junge Mädchen in der Pubertät, die sich tatsächlich erstmalig im Leben mit Geschlechterunterschieden konfrontiert sehen, aus diesem Buch inhaltlich etwas mitnehmen. Denn Julia Korbik spricht einige wichtige Themen an und versucht sich auch, anhand von historischen Daten und Statistiken zunächst an die harten Fakten zu halten. Das kann durchaus zur Meinungsbildung beitragen. Das Buch gibt in dieser Hinsicht auch gute Denkanstöße, über Rechte und Pflichten und Privilegien, die mit dem einen oder anderen Geschlecht einhergehen mögen. Mir haben auch die Vorstellungen von bekannten und auch nicht so bekannten Frauen gefallen, die auf den unterschiedlichsten Bereichen erfolgreich oder zumindest aufgefallen sind. Manche davon kannte ich selbst nicht und fand die Vorstellungen daher recht interessant.
In meinen Augen sollte man "How to be a girl" jedoch nicht für sehr viel mehr als diese kleine Informationssammlung verwenden. Manche Inhalte, Tipps der Autorin oder auch diese ständigen unterschwelligen Feminismus-Formulierungen sind für mich einfach zuviel und nicht nachvollziehbar.
Ich habe z.B. den Gedanken, dass die Autorin unbedingt möchte, dass Mädchen sich auflehnen und etwas an ihrer Lage und gesellschaftlichen Rolle ändern - egal, ob sie das wollen oder nicht. Was ist mit Mädchen, denen es geht wie mir als Mädchen? Bei denen alles in Ordnung ist, die nicht bevormundet oder in irgendwelche Geschlechterschubladen gesteckt werden? Die zufrieden damit sind, ein Mädchen zu sein und sich auch so zu benehmen? Wenn ich mich in solch ein Mädchen hineinversetze, habe ich das Gefühl, Frau Korbik möchte mir sagen, das ist nicht ok. Dass ich dennoch unbedingt etwas ändern muss. Immer wieder sind Sätze zu finden wie "Um dich gegen soziale Normen auflehnen oder sie verändern zu können, musst du sie erst einmal erkennen." oder "Veränderung fängt bei dir selbst an". Ich finde, das setzt junge Mädchen ganz schön unter Druck und lenkt sie zugleich in eine ganz klare feministische Richtung - was man als 13-jährige aber noch gar nicht überblicken und auch die Folgen nicht abschätzen kann.