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Sonja
Wohnort: 
Kassel

Bewertungen

Insgesamt 41 Bewertungen
Bewertung vom 04.10.2022
Wie wir Menschen die Welt eroberten / Unstoppable Us Bd.1
Harari, Yuval Noah

Wie wir Menschen die Welt eroberten / Unstoppable Us Bd.1


sehr gut

Wie haben Menschen früher gelebt? Wie war das damals mit den wilden Tieren und dem Feuer? Weshalb hat der Mensch - der Homo Sapiens - irgendwann die Welt beherrscht und beherrscht sie bis heute? Diese Fragen versucht uns Yuval Noah Harari in dem Buch "wie wir Menschen die Welt eroberten" zu erklären - in kurzen, gut zu lesenden Kapiteln und mit schönen Bildern. Es wird erklärt, was heute davon bekannt ist, wie Menschen früher gelebt haben - aber auch, was man heute nicht weiß und nicht mehr herausfinden wird.
In dem Buch sind zwei Dinge sehr gut zu verstehen: Der Homo Sapiens hat Fantasie und kann gut Geschichten erzählen, dadurch können die Menschen sich zusammenschließen und viel mehr erreichen als jedes andere Tier und jede andere Menschenart. Das hat die Welt verändert, immer ein bisschen mehr, aber so, dass es die einzelnen Menschen gar nicht bemerkt und gewollt haben. Aber über die lange Zeit sind alle anderen Menschenarten und viele Tiere ausgestorben, ohne dass es die Menschen wollten oder wirklich gemerkt haben.
Gut ist, dass am Ende des Buches die Leser dazu aufgefordert werden, ihre Kräfte zu nutzen, um neue Geschichten zu erzählen, die helfen können, unsere Erde wieder etwas besser zu machen.

Bewertung vom 28.09.2022
Schlangen im Garten
vor Schulte, Stefanie

Schlangen im Garten


sehr gut

Das Buch beginnt mit Trauer und Wut - eine Familie kommt nicht über den Tod der Mutter hinweg. Jedes Familienmitglied findet einen anderen Weg, mit seiner Trauer umzugehen: Das Tagebuch wird vom Vater gegessen, die Tochter prügelt sich aus Wut, die Brüder versuchen, die Familie halbwegs zusammenzuhalten und sind doch genauso traurig und wütend.
Aber nach und nach finden sich Gefährten, finden sich Geschichten, die die Mutter betrachten, in der Trauer helfen und die Wunden nach und nach heilen.

Wieder eine bildgewaltige Sprache, mit der Stefanie von Schulte schreibt. Eine stringente Geschichte darf man nicht erwarten, das war auch schon in "junge mit schwarzer Hahn" so, aber dafür kann man sich durchgehend an der Spracher erfreuen und man spürt die Erleichterung, die schrittweise einsetzt. Das heißt aber auch: man muss sich ganz auf das Buch und die Gefühle einlassen - und nicht auf Logik und Naturgesetzt bestehen.

Bewertung vom 18.09.2022
Ein dunkler Ort / Felix Bruch Bd.1
Goldammer, Frank

Ein dunkler Ort / Felix Bruch Bd.1


sehr gut

Ein neues Ermittler-Team, und sie haben es nicht leicht miteinander, die beiden. Ensteht zunächst der Eindruck, dass nur Felix Bruch der Kommisar mit den starken psychischen Problemen ist, stellt sich nach und nach heraus, dass auch seine neue Kollegin, Nicole Schauer, unter ihrer Vergangenheit und ihren Wutausbrüchen leidet. Und das vor dem Hintergrund, dass ein Mädchen verschwunden ist und es naturgemäß schnell gehen soll, um sie möglichst lebendig wieder zu finden.

Frank Goldammer hat einen Krimi mit deutlichen Gruselelementen geschrieben, um technische Ermittlerarbeit geht es hier nur minimal. Vielmehr versuchen die beiden Komissare vor allem emotional nachzuspüren, was passiert sein könnte, welche Akteure welche Motivation zum Handeln haben. Dabei unterstützen sie sich gegenseitig mehr, als sie sich jeweils zugestehen möchten. Das Buck liest sich sehr flüssig und spannend, die Sprache ist klar, die Geschichte gut und logisch aufgebaut. Die Gruselsequenzen waren mir ziwschendurch zu ausführlich, aber das ist ja eher Geschmackssache. Und auch wenn die beiden Kommissare sich gegenseitig - und damit auch womöglich den Lesern - auf die Nerven gehen, sind sie mir dann in ihrer Eigenwilligkeit durchaus ans Herz gewachsen. Auf den zweiten Band kann man gespannt sein!

Bewertung vom 06.06.2022
Eine Frage der Chemie
Garmus, Bonnie

Eine Frage der Chemie


sehr gut

Die Autorin Bonnie Garmus hat mit Elizabeth Zott eine Protagonistin geschaffen, die so gar nicht in ihre Zeit zu passen scheint - selbst in der heutigen Zeit würde sie besonders und unangepasst erscheinen.
Als Chemikerin arbeitet sie in den 60er-Jahren nur zwischen Männern, diese haben von der Idee der Gleichberechtigung bisher nichts gehört, die meisten nutzen die Kenntnisse der begabteren Frau schamlos aus. Zott findet jedoch den Mann, der ihre Begabung versteht und respektiert - u.a. weil er ganz für die Forschung lebt und ihn soziale Prämissen wenig interessieren. Die entstehende Beziehung ist sehr innig, das Schicksal ist aber nicht besonders fair und irgendwann steht Zott vor der Entscheidung, in eine Kochshow zu gehen, um sich und ihr Kind ernähren zu können. Dies macht sie und füllt auch diese Aufgabe ganz anders aus, als es von einer Frau in dieser Zeit erwartet wird.

Trotz der teilweise herben Schläge, die die Protagonistin im Laufe der Geschichte einstecken muss, liest sich das Buch leicht und ist in humorvoller Sprache geschrieben. Der Charakter von Elizabeth Zott ist fazinierend, führt aber dazu, dass sie immer auch unnahbar bleibt - zu sachlich nimmt sie selbst eigene Emotionen wahr, zu sehr ist sie mit der Wissenschaft beschäftigt. Im Verlauf der Geschichte häufen sich am Ende (leider) die wohlmeinenden Zufälle, mit denen die Personen zusammengeführt und die Geschichte zu einem guten Ende geführt wird.

Bewertung vom 28.05.2022
Saftig vom Grill
Mangold, Matthias F.

Saftig vom Grill


gut

Das - in jeder Hinsicht - übersichtliche Rezeptbuch hat ein schönes Titelbild und schöne Fotos. Ansonsten überzeugt mich das Konzept nicht: Zwar gibt es am Ende ein Register, ein Inhaltsverzeichnis ist aber nicht vorhanden. Die Kategorien "ganz pur", "ganz klassisch" und "ganz kreativ" sind wenig aussagekräftig, die Rezepte sind sehr fleischlastig. Richtig vegetarisch/vegan scheint mir nur ein Rezept zu sein, darüber hinaus wird dann zumindest Fischsauce eingesetzt (okay, kann man vegan ersetzen) oder die "Zauberformel" sind dann doch Sardellen. Insgesamt komme ich auf 21 Rezepte, das ist für einen Einstieg in Ordnung, aber doch eben - übersichtlich. Wirklich gut übersichtlich sind die Rezepte, diese sind gut erklärt und scheinen auch alle gut nachgrillbar zu sein.
Am wenigsten Zugang habe ich schließlich zum "magischen" des Buches. Hier eine Zauberformel, dort eine fantastische Idee: da komme ich mir leider ein wenig doof vor, weshalb können es nicht einfach Tipps und Tricks sein? Aber gut, jedes Kind braucht einen Namen, dann soll es hier halt mal die Magie sein....

Bewertung vom 02.05.2022
Die andere Schwester / Karlstad-Krimi Bd.2
Mohlin, Peter; Nyström, Peter

Die andere Schwester / Karlstad-Krimi Bd.2


ausgezeichnet

Der zweite Band um den schwedischen Ermittler John Adderley, der nach seinem Aufenthalt in Amerika als Undercover-Agent gleichzeitig noch von seinen Verfolgern gejagt wird. In Schweden ist er mit dem Fall einer Ermordeten betraut, deren ungleiche Schwester tief in der Geschichte steckt. Dabei kann er jedoch kaum ermitteln, da er selber Ziel von seinen Verfolger wird, vielmehr versucht er, ohne Rücksicht auf die Wahrheitsfindung, seine eigene Haut zu retten.
Von der Geschichte durchaus interessant, in der Sprache sehr prägnant, liest sich das Buch schnell und spannend. Hinter die Geschichte geguckt, bleibt aber vor allem Fassade: eine Identifikation mit dem Ermittler fällt schwer, zu sehr ist er mit seinen eigenen Fragen beschäftigt, selbst die Last, die er sich auflädt, scheint er im weiteren Verlauf wieder von sich abzuschütteln. Beim ersten Band hatte ich den Eindruck, man müsse ihm mehr Demut wünschen. Prompt wird er im zweiten Band ordentlich in die Mangel genommen - aber demütiger wird er nur sehr bedingt. Die weiteren Figuren sind zudem eher stereotyp - insbesondere nahezu alle Frauen sind gestört, die Männer sind geringfügig besser, vielleicht aber nur, weil sie etwas blasser bleiben. Atmosphärisch bleibt der Krimi zudem hinter vielen anderen skandinavischen Krimis zurück.
Insgesamt also eher leichte Lektüre, die sich gut weg liest. Über die Geschichte nachdenken sollte man aber lieber nicht so intensiv.

Bewertung vom 03.04.2022
Der große Fehler
Lee, Jonathan

Der große Fehler


ausgezeichnet

Das Cover des Buches ist selten der Grund, es auszuwählen. In diesem Fall ist der Elefant mit Straßenraster auf weißem Hintergrund so ausdrucksstark, dass er alleine schon Grund genug wäre, das Buch zu wählen.
Mit der Geschichte hat der Elefant nur wirklich am Rand zu tun, die Erzählung nach konrektem Vorbild blickt in das Leben von Andrew Green zurück, der die Geschichte und städtebauliche Entwicklung von New York maßgeblich mitgeprägt hat. Auf zwei Ebenen findet die Erzählung statt - zum einen nach der Ermordung von Andrew Green, der auf offener Straße erschossen wurde, zum anderen wird sein Werdegang von seiner - armen - Kindheit an erzählt.
Die Sprache ist elegant, aber nicht zu historisierend, die Erzählfluss aufgrund der verschiedenen Ebenen etwas sprunghaft. Persönlich hat mir der Rückblick auf den Werdegang von Andrew Green deutlich besser gefallen, da seine Entwicklung, aber auch innere und äußere Widerstände gut nachvollzogen werden können. Die Ermittlungen zu dem Mord wirken da eher unzusammenhängend und zufällig.
Nicht passend finde ich allerdings den Titel, da mir eigentlich nicht klar ist, was der "große Fehler" eigentlich war - einer von Andrew Green oder der seines Mörders. Davon unabhängig ist es ein durchaus lesenswertes Buch, das einem die Stadt New York deutlich näher bringt.

Bewertung vom 01.01.2022
Mädchenmeuterei
Fuchs, Kirsten

Mädchenmeuterei


ausgezeichnet

Zugegeben, ich bin nicht gerade die Zielgruppe für das neue Buch von Kirsten Fuchs - eigentlich viel zu alt für ein Jugendbuch -, aber ich habe auch schon die "Mädchenmeute" mit großem Vergnügen gelesen, insofern stand die Fortsetzung schnell auf der Wunschliste.
Wieder begleitet Kirsten Fuchs die Truppe Mädchen auf einem vollkommen irren Abenteuer, diesmal ohne Bea, die verschwunden ist und aufgrund von mysteriösen Nachrichten gerettet werden soll. Es geht aufs Containerschiff, natürlich ohne Kenntnis der Eltern, aber mit genug Geld ausgestattet. Schnell stellt sich heraus, das so eine Reise keineswegs romantisch ist, auch auf Schiffen gibt es Arschlöcher und merkwürdige Gegebenheiten, die Fantasie und Naivität der Mädels kommt noch erschwerend hinzu.
Sprachlich finde ich das Buch toll zu lesen - die Protagonisten erzählt die Geschichte aus ihrer Sicht, jugendlich bildhaft, rauh und direkt. Da Charlotte aber gleichzeitig auch sehr zurückhaltend ist (abgesehen von der ein oder anderen wagemutigen Idee), lässt sie die Leser*innen deutlich in ihre inneren Überlegungen und Konflikte schauen, man darf miterleben, wie sie und ihre Freundinnen auch in dieser Geschichte an sich wachsen, eigene Fehler erkennen und eigene Grenzen überschreiten.
Dennoch ist das Buch am Ende doch sehr dick, es gibt die ein oder andere Länge, die für jugendliche Leser*innen durchaus eine Hürde sein könnte. Und: aus Erwachsenensicht sind die Ausgangsfragen für die Geschichte am Ende doch eher "niedlich" - wenn man sich vorstellt, mit welchen Fragen sich Jugendliche heute auseinandersetzen, hätte die Autorin hier auch mutiger sein können. Insgesamt aber ein sehr lesenswertes Buch!

Bewertung vom 13.11.2021
Wie schön wir waren
Mbue, Imbolo

Wie schön wir waren


sehr gut

"Wie schön wir waren" von Imbolo Mbue beginnt packend und kraftvoll: wie sich das Dorf Kosawa durch einen Impuls entscheidet, dem Ölkonzern die Stirn zu bieten, welche Macht hier zu entstehen scheint, ist beeindruckend.
Aus unterschiedlichen Perspektiven aus dem Dorf wird nachfolgend die Geschichte erzählt - wie versucht wird, sich gegen Konzern und Regierung zu wehren, was dieser Kampf (nicht) bewirkt und wie die Menschen ihren Umgang damit finden, ist durchaus lesenswert. Die Sprache der Erzählung ist klar und schön, unterscheidet sich zwischen den einzelnen Perspektiven jedoch kaum - auch wenn hier sehr unterschiedliche Generationen berichten.
Im Verlauf des Buches schleichen sich dann jedoch Wiederholungen ein, es entwickeln sich Längen, da die Erzählungen von zahlreichen Rückblicken getragen werden. Und man mag manchmal gar nicht weiterlesen, so hoffnungslos sind die Bemühungen, so hilflos sind die Menschen. Gewalt ist dann das letzte Mittel der Bedrängten, mit Gewalt werden letztlich die Konflikte von oben gelöst. Bildung und Recht tragen nicht zur Befreiung bei. Insofern war es für mich am Ende ein deprimierendes Buch, das den fulminanten Beginn leider nicht einlösen konnte.

Bewertung vom 10.11.2021
Fanzi
Schmidauer, Elisabeth

Fanzi


gut

„Mit Worten habe der Dichter die Welt beschworen. (…) Shakespeare habe für das Volk geschrieben und das Volk kannte die Pflanzen, von denen er schrieb und es kannte alles das, was er den Pflanzen zuschrieb (…) und ihre magische Wirkung.
„Im Gegensatz zu uns“, sagte er (…) Uns entgehe doch diese magische, zauberische und gleichzeitig sehr reale Ebene fast vollständig.
„Nur das Wortgeklingel“ und das meine er nicht abwertend! – nur das Wortgeklingel trage noch diesen Zauber mit, aber was darunterliege, eine Tiefe der Bedeutungen und Weisheit auch und Kenntnis dessen, was einen umgab, (…) das müsse das heutige Publikum sich hart erarbeiten.“ (S. 147)
Dieses Zitat erschließt sich dem Leser dieser Rezension sicher nicht ohne Weiteres.
Doch es lässt, so meine ich, drei bemerkenswerte Charakteristika dieses Buches aufscheinen.
Erstens ist es geprägt durch eine sehr eigene, mal eindringlich-mitnehmende, mal ratlos-zurücklassende Sprache. Satzbau und Interpunktion sind sehr eigenwillig.
Zweitens erweckt die Autorin nicht nur in der zitierten Passage den Eindruck, dass Sie selbst beim Schreiben um „eine Tiefe der Bedeutungen und Weisheit“ ringt – vielleicht um sich mit Skakespeare zu messen.

Drittens liest sich das Buch nicht wie ein Roman; eher wirkt es wie eine Aneinanderreihung aufsteigender Erinnerungsbilder – möglicherweise formuliert bei der Betrachtung von Familienfotos aus weit zurückliegenden, meist schweren Zeiten.

In Letzterem liegt die durchaus eindrucksvolle Qualität des Buches: Durch die eindringliche Beschreibung ausgewählter Situationen – fast vergessener Fotos – erhält der Leser intensive Einblicke in das aufreibende Leben gerne verdrängter Zeiten:
„Statt eines Begräbnisses gab es eine Trauerfeier vor dem leeren Grab. In fremder Erde, sagte der Pfarrer, und Franz wusste nicht, wie er sich fremde Erde denken sollte, und der Gedanke überfiel ihn, wie denn die Brüder gestorben waren, erschlagen, erschossen, verbrannt, ihre armen zerfetzten Körper. Wenn das Vaterland, sagte der Bürgermeister, solche Söhne hatte, die ihr junges Leben opferten, für einen großen, einen heiligen Zweck; dass das Opfer nicht umsonst war, sagte der Lehrer, heiliges Blutopfer; Gott sei ihrer Seele gnädig, sagte der Pfarrer.“ (S. 165 f)